Catherine Banner - Die langen Tage von Castellamare / The House at the Edge of Night

  • 1914: Für Amedeo Esposito beginnt ein neuer Lebensabschnitt, als er nach Castellamare reist, einer kleinen (fiktiven) Insel nahe Sizilien. Dort soll er seine erste richtige Stelle als Arzt antreten - es wird seine einzige bleiben. Er heiratet Pina, mit der er vier Kinder hat und übernimmt nach einem Skandal das frühere Café der Insel, das Haus am Rande der Nacht. Gemeinsam mit ihm, seiner Familie und den anderen Bewohnern Castellamares durchlebt man die Höhen und Tiefen der letzten 100 Jahre, die aufgrund der abgeschiedenen Lage der Insel diese meist etwas verzögert erreichen.
    Es ist eine wirklich schöne Familiengeschichte, in der sich all das Glück und Leid widerspiegelt, das auch dem Rest der Welt widerfährt. Amedeo wird im 1. Weltkrieg eingezogen und kehrt danach mit dem Bewusstsein zurück, diese Insel nie wieder verlassen zu wollen. Im 2. Weltkrieg werden seine und Pinas Söhne eingezogen - nicht alle kommen wieder und wenn, wird ihr weiteres Leben dadurch schwer beeinflusst. Auch der Faschismus hält Einzug auf Castellomare und zerstört den bis dahin guten Zusammenhalt der Bewohner. Nach dem Krieg erlebt nicht nur das Festland einen Aufschwung, auch den BewohnerInnen der Insel geht es zusehends besser und die bis dahin herrschenden, fast schon feudalistischen Verhältnisse beginnen sich immer mehr zu lockern. Alle bekommen Strom, der Tourismus nimmt zu, der erste Computer auf der Insel wird installiert und die nächste Generation im Haus am Rande der Nacht macht sich mit dem Café vertraut. Die Welt hält Einzug in Castellamare und in Vielen wird der Wunsch wach, auch die Welt jenseits der Insel kennenzulernen. Konflikte bahnen sich an...
    Der Schwerpunkt dieses Romans liegt klar auf dem Leben der Familie Esposito, die von Beginn an eine zentrale Stelle in diesem Mikrokosmos einnimmt. Dies liegt sicherlich auch an der ursprünglichen Funktion von Amedeo als Arzt und von Pinas als Schulmeisterin. Ebenso wie danach an ihrem Einsatz als Besitzer des einzigen Cafés und damit Treffpunkt auf der Insel. Stets sind sie miteingebunden in den Klatsch, Tratsch und die Geheimnisse die auf Castellamare kursieren und so erlebt man mit ihnen all das, was eine derart enge und kleine Gemeinschaft ausmacht. Mir persönlich hätte es gefallen, wenn die Geschehnisse im Rest der Welt etwas mehr Einfluss auf die Geschichte gehabt hätten bzw. sie deutlicher dargestellt worden wären. So bleibt es aber bei einer unterhaltsamen Familiengeschichte.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Das Haus am Rande der Nacht


    Amedeo wächst als Findelkind in Florenz im Waisenhaus auf, bis ihn der Arzt Esposito unter die Fittiche nimmt, ihm Geschichten erzählt und ihn wie einen Sohn behandelt. Durch ihn kann Amedeo später Medizin studieren, findet jedoch lange keine Anstellung, bis er auf einer winzigen Insel vor Sizilien eine Stelle als Dorfarzt bekommt.


    Auf der Insel Castellamare wird er von den Einwohnern zunächst misstrauisch beäugt. Amedeo allerdings fühlt sich sehr wohl auf der kleinen Insel und beginnt, die alten Geschichten und Legenden, die ihm von den Inselbewohnern erzählt werden, aufzuschreiben.


    Er heiratet die Lehrerin Pina, doch in der Nacht, in der ihr Kind zur Welt kommen soll, bringt auch Carmela d’Isantu, die Frau des Conte, ein Baby zur Welt und sie beschuldigt Amedeo, Vater des Kindes zu sein. Dieser Skandal führt dazu, dass Amedeo seinen Beruf als Arzt auf der Insel nicht mehr ausüben darf. Mit seiner Frau Pina, die ihm nach einigen Monaten verzeiht, renoviert er das ,,Haus am Rande der Nacht“ und sie betreiben dort eine Bar, die die Familie einigermaßen über Wasser hält. Die Bar wird zum zentralen Treffpunkt der Inselbewohner, Tratsch und Klatsch, Herzensangelegenheiten, Familienkonflikte und Politik werden dort diskutiert. Das Haus ist außerdem Herz und Mittelpunkt der Familie Amedeos, seiner Söhne, die zum Teil im Krieg bleiben, seiner Tochter Maria-Grazia, die später selbst das Café übernimmt und geschickt leitet.


    Über Generationen ist das ,,Haus am Rande der Nacht“ Heim und Heimat für die Familie Esposito und der Leser liebt und leidet, lacht und trauert mit den Figuren in diesem Mikrokosmos. Geschickt wird die Familiengeschichte mit den historischen Ereignissen verwoben. Kriege, wirtschaftliche Krisen, politische Entwicklungen verändern das Familienleben ebenso wie der aufkommende Tourismus oder der gemächliche Einzug der Moderne, wie zuerst ein Radio, dann Fernsehen und später sogar ein Computer im Café.


    Schade, dass man nicht den Originaltitel (,,The House at the Edge of Night“) ins Deutsche übernommen hat.


    Eine wunderbarer und sehr poetischer Roman. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • wunderschön


    Aufmerksam gemacht hat mich das Cover und der Buchtitel... nach der Leseprobe war ich mir unsicher, ob ich nun weiterlesen soll oder nicht.
    Eine Freundin von mir hat das Buch gewonnen und nach dem Lesen an mich weitergegeben. Somit wollte ich an einem ruhigen Abend mal reinlesen ...


    Ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus den Händen legen... wunderbar geschrieben, traumhaft schöne Beschreibungen! Ein Ort zum Verlieben! Sofort würde ich dort Urlaub machen wollen!


    Aber auch Schicksale und Ereignisse kommen nicht zu kurz!


    Eine Insel mit vielen Geschichten und Sagen ... weit weg vom "Fortschritt" und Zivilisation ...
    Sehr gut gefällt mir, dass egal was sich im Laufe der Jahre auf der Insel tut oder verändert...
    das Fest zu Ehren von Santa Agata, der Heiligen der Insel, bleibt!!!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


  • Amadeo Esposito, geboren im Januar 1875, Waisenkind, Geschichtensammler, mit einem Arzt als Pflegevater, wird er später selber Arzt, der um eine Festanstllung zu erhalten, 1914 auf die Insel Castellamare zieht. Immer wieder finden Geschichten Platz in Amadeos roter Kladde, die sein Pflegevater ihm geschenkt hat.
    Durch Verstrickungen darf Amadeo bald nicht mehr als Arzt auf der Insel arbeiten, betreibt deshalb mit seiner Frau Pina die Inselbar „Das Haus am Rande der Nacht“, in der sich die Dorfgemeinschaft immer wieder auf Limonello, Tratsch und Gespräche trifft.
    Amdeos Lebens- und Familiengeschichte wird über fast 100 Jahre erzählt, nachfolgende Generationen bleiben auf der Insel und so erfährt man vieles über deren Tradition, Religösität, Aberglaube, Nachbarschft, Hilfsbereitschaft vor dem Hintergrund des Zeitgeschehens, wie dem ersten Weltkrieg, dem Sieg der Faschisten und dem zweiten Weltkrieg, Finanzkrisen, dem Wirtschaftsaufschwung danach und technischem Fortschritt bis hin zum Jahre 2009.
    Die Inselgemeinschaft lebt etwas isoliert und so gelangt Manches erst mit etwas zeitlicher Verzögerung dorthin.


    Die Familiengeschichte wird eher ruhig und unspektakulär erzählt, stellenweise auch etwas zu langatmig. Manchesmal hätte ich mir etwas mehr Tiefe gewünscht, denn so hat mich das Buch nicht wirklich gepackt.


    Fazit: Insgesamt seichte Unterhaltung, die eher so dahinplätschert.

  • Drei Generationen, ein grosse Familienepos…


    Wenn ein Autor auf knapp 480 Seiten ein umfassendes Familienepos schreiben möchte, kann das nur im Zeitraffer geschehen. Und genau das ist hier leider passiert.
    Die Geschichte beginnt 1914 und endet 2009 umfasst somit zwei Weltkriege, die Ermordung Kennedys, die erste Mondlandung um nur einige der ausserordentlichen Ereignisse zu erwähnen, welche hier mit dem Leben der Bewohner und deren Schicksal versucht wird zu verweben.
    Vieles wird aufgegriffen, jedoch genau so schnell wird eine neue Begebenheit beschrieben und somit bleibt dem Leser nichts wie einige Fragmente, in der Hoffnung dass diese im Verlauf der Geschichte ergänzt werden, was jedoch nicht immer der Fall ist. Somit schleichen sich unweigerlich Ungenauigkeiten ein, und sind sehr irritierend.
    Der Roman ist in fünf Motto aufgeteilt und dem ersten Kapitel wird jeweils eine Geschichte vorangestellt deren Herkunft die Autorin im Anhang ausführlich erklärt.
    Allerdings fehlt eine Erklärung des Grundes wieso in dieser Erzählung das Fest der Heiligen Agata auf der Insel Castellamare jeweils im Juni gefeiert wird. Dabei werden diese Feierlichkeiten der Sant'Agata welche einen hohen Stellenwert in Sizilien haben immer vom 3. bis 5. Februar veranstaltet, und am 17. August findet nochmals ein Gedenktag statt. (Die fiktive Insel Castellamare ist in diesem Roman Sizilien vorgelagert)
    Ich erwarte dass solch tatsächliche Ereignisse, wenn sie in einem Roman um der Geschichte willen verschoben werden, auch erklärt werden.
    Genau so wäre es angebracht wenn schon, in diesem Fall italienische Wörter, um dem Lokalkolorit gerecht zu werden, eingefügt werden, diese in einem Register aufgeschlüsselt werden, denn nicht alle Leser wissen was z.B eine „tonnara“ ist.
    Trotz Mängel in diesem Roman fühlte ich mich gut unterhalten, hätte gerne :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne gegeben, werde jedoch noch einen :bewertungHalb: Stern abziehen müssen wegen des Covers welches eine Freundschaft zweier Mädchen suggeriert, was in keiner Form in diesem Buch passiert.
    Denn auch wenn sich Maria-Grazia und Concetta fast ein ganzes Leben lang in Freundschaft zugeneigt sind, ist der Altersunterschied zu gross als das man diese eine Mädchenfreundschaft nennen könnte.

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter