Bruno Preisendörfer - Als Deutschland noch nicht Deutschland war

  • Inhalt lt. amazon:
    »Am Tore wurden wir angehalten. Ein Sergeant kam an den Postwagen und fragte: ›Wer sind Sie? Woher kommen Sie? Werden Sie lange hierbleiben?‹« …
    ... so wurde befragt, wer zur Goethezeit an die Tore von Berlin kam. Das Gepäck wurde durchsucht, man bekam einen Passierschein – musste aber, kaum im Gasthaus angekommen, schon die nächsten Kontrollbögen, diesmal die der Polizei, ausfüllen.
    Wer mit Bruno Preisendörfer als Zeitreisender unterwegs ist, erlebt aber noch viel mehr: Er steht z. B. am 7. 11. 1775 morgens um fünf in Weimar vor dem Haus eines Kammergerichtspräsidenten namens von Kalb und sieht zu, wie Goethes Kutsche über das Pf laster rollt. Er besucht eine philanthropische Reformschule oder wird zwischen die Bauernkinder in die Bänke einer Dorfschule gesteckt. Er geht an die Universität, um Kant und Fichte zu lauschen, etwaige Verständnisschwierigkeiten müssen ihm nicht peinlich sein, es ging den Zeitgenossen ebenso.
    Aber der Zeitreisende lernt nicht nur den philosophischen Zeitgeist kennen, sondern erlebt auch handfeste Abenteuer, übersteht mit dem jungen Eichendorff einen Schiffsunfall auf der Oder, sieht aus E.T.A. Hoffmanns Eckfenster am Gendarmenmarkt Berlin brennen, oder ist bei Georg Lichtenberg in Göttingen, als der durchs Fernglas der Beerdigung von Gottfried August Bürger zusieht. Vielleicht ist er auch bei der Zofe einer Gräfin, die sich ohne fremde Hilfe nicht ankleiden kann, oder er schleicht in den Anatomiesaal von Jena, wo die Selbstmörderinnen obduziert werden, die in Weimar in die Ilm gegangen sind, stiehlt mit fronenden Bauern Korn oder gerät als Knecht mit seinem Brotherrn aneinander.
    Bruno Preisendörfer hat sich durch Hunderte von Büchern gelesen, Romane, Selbstzeugnisse, Briefe und Tagebücher. Er nimmt den Leser mit auf eine große Reise in die Goethezeit und man erlebt, wie das Lebe damals wirklich war.


    Geschichte - insbesondere deutsche Geschichte - ist sozusagen mein Steckenpferd. In diesem Buch wird der Leser auf eine Zeitreise in die Goethezeit geschickt.
    Ich habe gerade den ersten Teil, "Aus der Chaoszeit", beendet, und bin begeistert.
    Bruno Preisendörfer hat sehr viel gelesen, und er bringt das Gelesene, das Wissen, nicht einfach trocken an den Mann bzw. die Frau, sondern erzählt anschaulich und mit viel Humor. Und das nicht von oben herab, sondern ich fühle mich als Leser von ihm an die Hand genommen.
    So wie jetzt im ersten Teil, in dem wir - nach einigen allgemeinen Ausführungen zur Zeitreise, der Goethezeit überhaupt, und zu dem Flickenteppich, den Deutschland damals noch darstellte - das Weimar zur Goethezeit besuchten. Ich bin mit ihm durch die Straßen von Weimar gegangen, und er hat einige Anekdoten über Goethe, Heine, Eckermann, usw. erzählt. So, dass ich wirklich Lust habe, etwas von Goethe zu lesen.
    Ich bin wirklich gespannt, wie es weitergeht!


    Noch zum Buch im Allgemeinen: es umfasst inklusive umfangreichem Anhang 518 Seiten, ohne Anhang 442 Seiten. Im Anhang sind nicht nur das übliche Personenregister, sondern noch Zitatnachweise (das erspart dem Leser die meisten Fußnoten), Quellen- und Literaturverzeichnis, und die Goethezeit in Zahlen. Gerade das letzte ist sehr interessant, hier finden sich die Einwohnerzahlen ("Länder und Leute in Zahlen"), Maßeinheiten, "Ehe und Kinder in Zahlen", "Wer verdient wo wieviel" (Friedrich II. von Preußen erhielt nach eigenen Angaben 10.000 Taler), und noch weitere sehr interessante Zahlen, wie die Einkommensklassen, Lebensmittelpreise, Preise einer Weimarer Speisekarte...
    Außerdem sind zwei Teile mit farbigen Bildern enthalten - ein nicht ganz unwichtiger Grund, das Buch möglichst nicht als Ebook zu lesen.

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Nachdem wir uns im ersten Kapitel Weimar angesehen haben, sind wir jetzt - wie das Kapitel sagt - unterwegs auf den Straßen zu Lande und zu Wasser.
    Da war ich doch einigermaßen erschüttert - der Beginn des 19. Jahrhunderts ist ja nun nicht so lange her, wie beispielsweise das Mittelalter. Aber die Straßen waren nicht viel besser als im Mittelalter. Breite Straßen ("Chausseen") waren lediglich Kunststraßen. Reisen war nicht sonderlich angenehm, wenn man nicht der besseren Gesellschaft angehörte und "mit der Post" reiste.
    Und, habt ihr euch schon gefragt, wieso Wein- und Bierflaschen auch meistens ein Etikett am Hals haben? Weil das Personal an den Poststationen oder die Kutscher sich gern an den Flaschen, die die Reisenden mit sich führten, gütlich getan haben :anstossen: . Und so konnte man es nachprüfen [-X .
    Reisen war echt ein Abenteuer. Nicht nur die "offiziellen" Straßenräuber, sondern auch die "inoffiziellen" Räuber in den Straßenstationen, wie Wagenmeister, Kofferträger, Stallknechte, Gastwirte, Stationsvorsteher, raubten dem Reisenden das Geld. Schikane seitens der Stationsvorsteher bzw. Zöllner wegen der Geldwechselei (in nahezu jedem Kleinstaat gab es ja eine andere Währung!). Und die Kutschen waren nicht annähernd so bequem, wie man meint - selbst wenn die keinen Unfall hatten. Denn vernünftige Federungen gab es wohl nicht. Und egal, ob mit Verdeck oder ohne Verdeck, beides war nicht so das Wahre :shock: .
    Dann doch lieber zu Fuß gehen, wie Adelbert von Chamisso, der bis Syrakus ging:


    Zitat von Bruno Preisendörfer

    Er überstand unter schwierigen Bedingungen eine Weltumseglung, aber vor Fahrten mit der heimischen Post graute ihm.

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Bruno Preisendörfer hat sehr viel gelesen, und er bringt das Gelesene, das Wissen, nicht einfach trocken an den Mann bzw. die Frau, sondern erzählt anschaulich und mit viel Humor. Und das nicht von oben herab, sondern ich fühle mich als Leser von ihm an die Hand genommen.

    Das ist mir auch ganz besonders auf gefallen, aber nicht nur in diesen Sachbuch sondern auch bei "Leibnitz, Newton und die Erfindung der Zeit". Es wird mit einigen Humor gespickt geschrieben, so das es einen richtig Spaß macht ein Sachbuch in den Händen zu halten.

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Leibnitz, Newton und die Erfindung der Zeit".

    *auf Wunschliste schreib* [-X .
    Wie weit bist du denn?

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Ich bin noch bei der "Ankunft in Weimar" :lechz::lechz:
    "Leibnitz......." kann ich dir zu schicken :wink: bzw. du kannst ja auch mal in unsere MLR rein lesen

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Ich bin noch bei der "Ankunft in Weimar" :lechz::lechz:
    "Leibnitz......." kann ich dir zu schicken :wink: bzw. du kannst ja auch mal in unsere MLR rein lesen

    Danke :friends: . Ich fahre jetzt ja erstmal in Urlaub, vielleicht läuft mir Leibniz da über den Weg. Ansonsten komme ich evtl. auf das Angebot zurück.

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • die "inoffiziellen" Räuber in den Straßenstationen, wie Wagenmeister, Kofferträger, Stallknechte, Gastwirte, Stationsvorsteher, raubten dem Reisenden das Geld.

    Man musste wirklich schon ein sehr volles "Reisezahlsäckl" haben um alle Leute auf der Reise gut schmieren zu können. Ich habe das mal versucht mit 1 € zu überschlagen [-([-( Da komme ich wirklich besser ich laufe.
    Ja, ja und die Post war früher auch nicht besser als in der heutigen Zeit :-,:-, (so manchmal, nicht immer)

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Ich habe jetzt weitergelesen, und habe Kapitel 3, Stadtleben, beendet. Eins der längsten Kapitel, mit über 80 Seiten, angefangen mit allgemeinen Betrachtungen über die Größe und Einwohnerzahlen der Städte und den "Außenansichten" der Städte.
    Allerdings hat man meistens Probleme gehabt, die Städte zu betreten - am Tor wurde der Reisende erstmal ausführlich befragt, wo er absteigen wird, Reisegrund und -dauer, usw. Nicht das erste Mal, dass ich froh war, in der heutigen Zeit zu leben.
    Andererseits, als dann das Leben in den Städten geschildert wurde, und insbesondere die Salonbesuche, da wurde ich doch neidisch: einen Salon, z.B. den von Rahel Varnhagen van Ense, hätte ich doch gerne besucht, und bei einer der Gesellschaften von Goethe wäre ich auch gern Gast gewesen (allerdings waren bei einigen Gesellschaften "Franzosen, Frauen und Juden" nicht zugelassen :shock: ).
    Das Leben bei Hofe war jedoch weniger schön, wie man es sich so vorstellt :-? .
    Und, so ganz allgemein, der Standesdünkel zur damaligen Zeit ging mir doch mächtig auf die Nerven. So war es z.B. dem "Gesinde" untersagt, Theatervorstellungen zu geben - das Aus für jede Laienspielgruppe.
    Auch am Richtplatz ging es teilweise noch recht mittelalterlich zu - öffentliche Hinrichtungen z.B. :puker: .
    Insgesamt ein mehr oder weniger schöner Rundgang durch eine damalige Stadt, bei der man außer den oben erwähnten Orten noch den Markt, die Uni und das Ghetto besichtigt hat und dabei interessante Menschen kennen gelernt hat. Am Ende wird durch zwei Abschnitte ("Landleute kommen in die Stadt" und "Städter fahren aufs Land") geschickt auf den nächsten Teil, "Auf dem platten Land" übergeleitet (und, wie ich eben gelinst habe, lautet dort der erste Abschnitt "Besuch aus der Stadt" :mrgreen: ).

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Bei mir kürzlich im Regal gelandet, macht Ihr mir jetzt wirklich Lust aufs Lesen. Bis jetzt habe ich auch nur Gutes über dieses Buch gehört, und möchte am liebsten gleich anfangen, aber Deutschland, das noch nicht Deutschland war, schlägt sich dann mit "Rom" auf dem Weg zum Weltreich (als unser MRL-Buch).
    Und außerdem lese ich noch über die Europäische Esskultur von der Steinzeit bis heute. So ein Mischmasch richtet dann bloß ein Durcheinander in meinen Gehirnwindungen an, und ich werde wohl mal schön eines nach dem anderen abarbeiten.


    Aber irgendwie wäre es schon ein schönes Buch für eine MLR, so wie Ihr das geschildert habt!

  • und passend zum Reformations-Jubiläum gibt es dann jetzt auch dieses Buch 8)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • schlägt sich dann mit "Rom" auf dem Weg zum Weltreich (als unser MRL-Buch).
    Aber irgendwie wäre es schon ein schönes Buch für eine MLR, so wie Ihr das geschildert habt!

    Ich habe zwar "Als deutschland noch nicht Deutschland war " schon angefangen, aber 1. pausiere ich gerade da wir ja "Rom" lesen und 2. bin ich noch nicht allzu weit. Wenn du also magst können wir gerne eine MLR dazu machen, vllt möchte ja @Squirrel mit einsteigen :wink:

    passend zum Reformations-Jubiläum gibt es dann jetzt auch dieses Buch

    Das Buch habe ich auch schon in den Händen gehabt, da ich mir aber in letzter Zeit genug Sachbücher gekauft habe bzw. eher Thomas de Padova gönnen würde, habe ich es doch in der Buchhandlung gelassen :-,

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • gerne, aber erst nach Weihnachten - vorher geht nicht 8-[

    Ich habe damit kein Problem zu warten :wink: nach Weihnachten wird es bei uns ruhiger und falls mich es überkommt ein Sachbuch zu lesen habe ich immer noch das Mittelalter zur Verfügung :-,

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Na, ihr seid ja Herzchen :totlach: . Und ich habe heute noch in die Rom-MLR reingeschaut und überlegt, mitzumachen, andererseits habe ich Angst, mich zu sehr zu verzetteln bei zu vielen Büchern, die ich gerade gleichzeitig lese. Also lese ich allein Herrn von Goethe weiter, aber freue mich natürlich, wenn ihr hier reinspickt, und schaue im Gegenzug öfters mal bei euch vorbei :friends: .

    und passend zum Reformations-Jubiläum gibt es dann jetzt auch dieses Buch

    Steht schon längst auf der Wunschliste - aber erstmal ist der alte Geheimrat dran, bevor ich zu Luther komme :loool: .

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • und passend zum Reformations-Jubiläum gibt es dann jetzt auch dieses Buch

    ... auch das steht im Regal und harrt der LRen, die da kommen mögen.


    Ich habe zwar "Als deutschland noch nicht Deutschland war " schon angefangen, aber 1. pausiere ich gerade da wir ja "Rom" lesen und 2. bin ich noch nicht allzu weit. Wenn du also magst können wir gerne eine MLR dazu machen, vllt möchte ja @Squirrel mit einsteigen

    Ach, maiglöckchen, komm lass Dich :friends: , das ist ja ein tolles Angebot, das ich sehr gerne annehme. Und wie ich unser Squirrel kenne, wird sie uns nicht im Stich lassen. :thumleft:
    Nach Weihnachten wäre auf jeden Fall ein guter Starttermin. (Bei mir gibt es ab jetzt überhaupt nur noch gute Starttermine, weil mit 1. 10. meine Altersteilzeit beginnt, und das Plus an Freizeit werde ich auf jeden Fall in ganz viel und noch mehr Lesen investieren :D )!!
    Castor: Ich bin neugierig auf Deine Eindrücke und werde gerne hier vorbeischauen.

  • Weiter geht es mit Kapitel 4, Auf dem platten Land
    Da will ich eigentlich gar nicht auf alles eingehen, wovon da so erzählt wurde (außer dass ich ein Wiedersehen mit einem "berühmtem Sohn unserer Stadt" gefeiert habe, dem ich bis jetzt nur wusste, dass er der "Begründer der modernen Landwirtschaft" gewesen ist. Jetzt weiß ich ein wenig mehr über ihn :mrgreen: ).
    Nur ein paar Punkte sind es, die mir aufgefallen sind, und die mich aufgeregt haben.
    Es war ja kurz zuvor die Französische Revolution, in deren Verlauf Ludwig XVI. und Marie Antoinette geköpft wurden, das Zeitalter der Aufklärung, sozusagen. Jetzt hatten die Herrschaften "dort oben" natürlich vor den Leuten unten Manschetten. In den Städten war zwischen "oben" und "unten" noch das Bürgertum, sozusagen als Puffer. Doch auf dem Land gab es fast nur "oben und unten".
    Eine Schulpflicht gab es noch nicht, aber viele Kinder gingen zur Dorfschule, um die wichtigen Dinge des Lebens zu lernen: "Respekt vor der Obrigkeit und den Gesetzen". Alles weitere... Ein Zitat:

    Zitat von Bruno Preisendörfer/Friedrich Wilhelm Otte

    Schon die Frage, ob 'der Landmann' lesen können soll, ist nicht ohne Risiko zu beantworten. Wer die Bibel, den Katechismus und Rochows Schulbüchlein liest, schlägt womöglich bald die Zeitung auf. Aber: "Ist das Zeitungslesen auch dem Landmann zu verstatten?"

    Bei Lesen und Schreiben schieden sich ja schon die Geister (die Bauern sollten genug lesen können, um die Bibel lesen zu können oder Erkenntnisse über den Ackerbau, aber - Gott behüte! - keine Zeitungen, weil sie ja dadurch aufgewiegelt wurden ](*,) . Aber Rechnen? Bloß nicht, wenn die Zahlenkenntnisse über 10 hinausgingen! Die Begründung führt zu weit, steht jedoch im Buch :mrgreen: .
    Und, wie es damals halt üblich war, wurde Rücksicht genommen, wenn die Kinder ihren Eltern z.B. auf dem Feld helfen mussten, und die Schule fand zu entsprechenden Zeiten statt (beispielsweise von 7-11 Uhr).
    Was mich sehr schockiert hatte, dass die Schüler gehalten waren, auch während der Schulzeit zu arbeiten:


    Zitat von Bruno Preisendörfer

    Die Kinder alle spinnen, stricken, flechten Körbe, machen allerlei Arbeit in Draht, in Holz, in Stroh und Schilf; auch nähen die Mädchen.

    Wohlgemerkt nicht während des Werk- oder Handarbeitsunterrichts :shock: .


    Es war abzusehen, dass auch der Abschnitt über Leibeigenschaft und Fronarbeit mich sehr schockieren würde. Und er tat es. Zwar wurde die Leibeigenschaft gegen Ende des 18. Jahrhunderts abgeschafft (dank der Angst vor dem Übergreifen von der französischen Revolution), aber das war nur Theorie. In der Praxis konnten doch die Gutsbesitzer so weitermachen wie bisher. Denn wenn die Bauern aufmuckten oder sich beschwerten, haben ihnen die Gerichte aus Prinzip nicht Recht gegeben.
    Habe ich schon mal geschrieben, wie froh ich bin, in der heutigen Zeit zu leben :pray: ?

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Na, ihr seid ja Herzchen

    gell :loool::friends:

    schaue im Gegenzug öfters mal bei euch vorbei .

    das find ich schön :friends:

    ... auch das steht im Regal und harrt der LRen, die da kommen mögen.

    ich seh schon, nächstes Jahr gibt es viele Leserunden 8)

    Nach Weihnachten wäre auf jeden Fall ein guter Starttermin.

    Prima, dann sind wir uns wohl einig :dance:

    Bei mir gibt es ab jetzt überhaupt nur noch gute Starttermine, weil mit 1. 10. meine Altersteilzeit beginn

    darf ich sagen, dass ich ein klitzekleines Bisschen neidisch bin? :uups:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Da ich das Buch im Rahmen der gestrigen Lesenacht durchgelesen habe, wollte ich noch kurz meine abschließenden Eindrücke schildern.


    Kapitel 6, Essen und Trinken, fand ich sehr interessant. Vieles, was heute als selbstverständlich gilt, war halt damals noch was Besonderes - Konservendosen, z.B., die 1810 patentiert wurden, und 1813 zur Versorgung der britischen Armee dienten. Allerdings war die Legierung teilweise giftig.
    Kartoffeln, heute ein Grundnahrungsmittel, für das es zigtausend Rezepte gibt, kamen damals erst so langsam auf, waren aber schnell recht beliebt - allein schon, weil man, wenn man sie anbaute, keinen Zehnten zahlen musste (das war halt nicht überliefert seit dem Mittelalter :mrgreen: ). Und - das erste Rezept für Kartoffelbrei, erwähnt in einem Brief von 1784 :koch: .
    Andere Sachen haben sich - Gottseidank! - nicht bis in die heutige Zeit überliefert: Eine Suppe aus Bier mit eingebrocktem Brot ist heutzutage nicht mehr so ganz üblich :puker: .



    Kapitel 7, Kleidung, war ebenfalls recht interessant. Zwar war es damals nicht mehr üblich, sich dem "Stand gemäß" zu kleiden, entsprechende Vorschriften sind entfallen, aber natürlich gab es Moden - da spart er nicht mit entsprechenden Kommentaren, wie der Mode mit den Kleidern, bei denen die Taille bis unter die Brust gerutscht ist:

    Zitat von Bruno Preisendörfer

    Das wie eine Tunika am Körper hinunterfließende Gewand galt als "natürlich", aber diese Natürlichkeit wirkte peinlich, wenn sie statt mädchenhafter Anmut matronenhafte Leiblichkeit mehr ent- als verhüllte.

    Er geht u.a. noch auf die Zöpfe ein, die am Anfang der Goethezeit noch getragen, aber später demonstrativ abgeschnitten wurden. Am Ende des Kapitels steht ein Mode-Alphabet (was hat man getragen und sah wie aus?).


    Die letzten drei Kapitel drehen sich um die Sexualität, Ehe und Familie sowie Gesundheit, Krankheit, Tod.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Bruno Preisendörfer zeigt ausführlich und anschaulich, und immer von Zitaten belegt, wie das Leben der Menschen in der Goethezeit gewesen ist, und zwar quer durch alle Bevölkerungsschichten. Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall