Elena Ferrante - Meine geniale Freundin / L'amica geniale

  • Kurzmeinung

    Hiyanha
    Ich schließe mich Felicitas18 an - völlig überbewertetes - Buch
  • Kurzmeinung

    Felicitas18
    Belanglos, langweilig, sprachlich anspruchslos
  • Elena, Mitte 60, erhält einen überraschenden Anruf vom Sohn ihrer besten Freundin Lila: Diese ist verschwunden. Und mit ihr alles, was in irgendeiner Form ein Beweis für ihre Existenz sein könnte. Elena ist davon weit weniger überrascht als Lilas Sohn und nimmt dieses Ereignis zum Anlass, die Geschichte ihrer Freundschaft schriftlich festzuhalten.
    Sie beginnt Mitte der 50er Jahre im Rione, einem armen Viertel von Neapel. Vermögend ist dort niemand (und wenn, dann bestimmt nicht auf legalem Weg), Gewalt bestimmt den Alltag. Man verdient nicht viel, trinkt dafür umso mehr und Streitigkeiten werden mit den Fäusten ausgetragen und vererben sich von den Eltern auf die Kinder. Hier begegnen sich die freche Lila und die schüchterne Elena und sind bald unzertrennlich. Sie wetteifern darum, wer die Beste in der Schule ist, was Lila überaus leicht fällt. Doch während Elenas fleißiges Lernen mit dem Besuch einer weiterführenden Schule belohnt wird, muss Lila in der Schusterei ihres Vaters mithelfen.
    Es ist eine grausame und archaische Zeit, in der die beiden Mädchen aufwachsen. Doch Lila verfügt über eine derart große Intelligenz, Wissbegier und ein immenses Selbstbewusstsein, dass sich selbst die Jungen vor ihr fürchten und manche Erwachsene eingeschüchtert sind. Elena, ebenfalls intelligent, findet in Lila ein Vorbild, dass ihr die Kraft gibt, sich anzustrengen um in der Schule voranzukommen - ein Weg, der Lila verwehrt bleibt. Während Elena eine Klasse nach der anderen besucht und sogar auf das Gymnasium kommt, wird es für Lila immer schwieriger je älter sie wird, ihre Unabhängigkeit zu bewahren.
    Das Buch ist weit mehr als 'nur' die Geschichte einer Kinder- und Jugendfreundschaft. Die unter einem Pseudonym schreibende Autorin lässt ein Neapel auferstehen, das ich beim Lesen stets deutlich vor Augen hatte: die Armut, den Dreck, die heruntergekommenen Häuser und mittendrin die Menschen, die sich so gut wie möglich durchschlagen. Es ist ein Sittengemälde des Neapels der Fünfziger Jahre, das so eindrucksvoll und überzeugend geschrieben ist, dass ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch die folgenden Bände lesen werde, die in Italien bereits vor mehreren Jahren erschienen sind. Vielleicht ist es nicht ganz einfach zu lesen (jede Menge 'Personal' mit italienischen Namen - aber es gibt ein Personenverzeichnis) und nicht immer eine chronologische Erzählweise, aber die Mühe lohnt sich. Mir sind alle Figuren sehr ans Herz gewachsen und ich freue mich schon auf den Folgeband!

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Ein toller erster Teil lässt hoffen auf eine tolle Saga!!!


    Lila und Elena könnten unterschiedlicher kaum sein, doch sie sind unzertrennlich!
    Man merkt, dass die beiden viel verbindet und sie trotz allen Widersprüchen zusammenhalten!
    Schon von Kindheit an sind sie beste Freundinnen, doch eines Tages sind die beiden getrennt!
    Lila ist verschwunden und Elena blickt zurück auf ihre "Freundschaft" um herauszufinden, wo Lila abgeblieben sein könnte!
    Ein grandioser Schauplatz für eine solche Geschichte, tolle Charaktere ...


    Eine schwierige Zeit für die 2 Mädchen... sie hatte zusammen viele Pläne, damit es bei ihnen anders läuft.
    Zu ihren Vorsätzen zählte auch: "Sie wollte sich in Luft auflösen, nichts sollte mehr von ihr zu finden sein!" Diesen Satz hat Lila nun wahrgemacht!


    "Sie bleiben einander nahe, aber es ist stets eine zwiespältige Nähe: aus Befremden und Zuneigung, aus Rivalität und Innigkeit, aus Missgunst und etwas, das größer und stiller ist als Lieben. Liegt hier das Geheimnis von Lilas Verschwinden?"


    Ein wundervoll geschriebener Roman über Freundschaft und Rivalität ...
    Ich freu mich auf die Fortsetzung!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Eine Saga?


    In diesem ersten Teil der stark beworbenen italienischen Saga versetzt uns die große Unbekannte Autorin Elena Ferrante ins Rione, einem ärmlichen Viertel bei Neapel.
    Sie, oder sind es mehrere Autoren?, lässt Elena und Lila, die beiden Hauptfiguren zunächst Kinder sein. Wir werden Zeugen etlicher Klein-Mädchen-Spiele und Mutproben, bis die beiden schließlich zueinander finden und auf einer fragilen Beziehungsebene die bekannten Stationen des Erwachsenwerden durchleben.
    Dazu gehören dramatische Alltagsszenen der italienischen Art innerhalb der Familien, von denen es im Buch eine Menge gibt und das erste Geturtel zwischen den Jungendlichen im Rione.
    Inhaltlich konnte mich an diesem Buch nichts überraschen, geschweige denn fiebrig werden lassen, wie es die Werbung versprach.
    Für mich passt “Meine geniale Freundin” eher in das Genre Jugendliteratur der anspruchsvolleren Art und könnte hier gut mit dem feinen Stil und der versuchten sprachlichen Eleganz punkten.


    Beide Protagonistinnen sind gut in der Schule, doch nur Elena ist es vergönnt den höheren Bildungsweg einzuschlagen, obwohl auch Lila sehr intelligent ist und sogar autodidaktische Fähigkeiten ausspielen kann. Beide konkurrieren in einer versteckten Art und Weise miteinander und ich kann eigentlich keine großartige Freundschaft erkennen. Immer wieder kommt es mir so vor als wünscht die eine der anderen nichts Gutes. Das hat mich sehr irritiert. Sollte es hier nicht um eine ganz besondere Beziehung zwischen zwei Frauen gehen?


    Ich habe mich nicht geärgert das Buch gelesen zu haben, gewundert, über den Hype, der darum gemacht wird habe ich mich schon.
    Ein einfaches, leichtes Gericht mit alltäglichen Zutaten, was hier inkognito gekocht wurde. Wer’s mag, wird auch die folgenden anderen drei Teile nicht verschmähen.

  • Elena Greco bekommt von Rino dem Sohn von Raffaella Cerullo (genannt Lila) einen Anruf. Lila ist verschwunden, aber warum wunderte das Elena nicht, Lila wollte doch schon immer eines Tages verschwinden.
    Wir blenden zurück in die 50 er Jahre: Italien Rione bei Neapel, der Krieg ist ein paar Jahre zu Ende, in vielen Familien herrscht immer noch Armut. In dieser Zeit freunden sich Lila die Tochter des Schusters und Elena die Tochter des Pförtners miteinander an. Elena ist fasziniert von Lila, den Lila ist hübsch, intelligent und alle lieben sie. Aber besonders ist Elena von Lila fasziniert, ist sie doch die Klassenbeste, was Elena sofort motiviert ebenfalls besser als sie zu werden. Doch dann verlässt Lila die Schule und soll bei ihrem Vater in der Werkstatt mitarbeiten. Elena die durch die Motivation eine gute Schülerin wurde, macht die Mittelschule und später das Gymnasium. Und nun ist es Lila die besser sein will als Elena, dazu besorgt sie sich Bücher in der Bibliothek und hilft aber somit Elenas Lerneifer weiter anzuspornen. Und der Kontakt der beiden reißt nie auseinander, selbst als Elena ein paar Wochen sich auf Ischia erholt. Aber Lila ist immer einen Schritt weiter wie Elena und so sind auch viele Jungs aus Rione hinter ihr her, weil sie so hübsch ist. Mit 16 heiratet dann Lila ihren Verlobten Stefano und Elena muss nun ebenfalls versuchen einen Mann zu finden.


    Meine Meinung:
    Erkennbar ist nicht ob diese Saga auf einem realen Hintergrund basiert. Elena Ferrante hat mit diesem Buch den Start einer Familiensaga in vier Teilen begonnen. Kein Wunder benötigt die Autorin vier Bücher, wenn man in einem Band gerade mal nur 20 Jahr abdeckt. Auf über 400 Seiten erzählt sie uns die Freundschaft der beiden, ihre Familiengeschichten aber auch das Leben in Rione. Der Schreibstil ist sehr gut und flüssig, kann einen aber im Lauf des Buches schon mal ermüden. Zwar passieren mal so die einen oder anderen Unfälle, Schlägereien, fast einen Missbrauch, aber im großen ganzen war mir das zu wenig. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht warum um diese Saga so einen Medienrummel gemacht wird. Natürlich ist die Geschichte nett zu lesen, allerdings weiß ich nicht ob ich den zweiten Band lesen werde. Literarisches Meisterwerk ist es meiner Meinung nach nicht, aber ein guter Roman und wer auf solche Familiengeschichten steht, für den mag es das richtige sein. Das Cover ist recht einfach gehalten, passt aber zum Buch, von daher 3 von 5 Sterne. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Da ich dieses Buch ebenfall lesen werde (irgendwann :wink: ), jedoch in italienisch, möchte ich gerne noch auf den Literaturclub des Schweizer Fernsehens hinweisen in welchem es besprochen wurde, mit sehr interessanten, vorwiegend positiven unterschiedlichen Meinungen. Nur die deutsche Übersetzung wurde leider teilweise bemängelt, deswegen wer italienisch kann :|

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • die deutsche Übersetzung wurde leider teilweise bemängelt

    Das ist ja dumm, denn gerade habe ich mich darüber gefreut, dass es endlich in der Bücherei für mich reserviert ist. Wobei der Begriff "schlechte Übersetzung" mehrdeutig ist: Heißt es in diesem Fall, dass das, was im Original gemeint ist, nicht ins Deutsche übertragen wurde? Oder ist der deutsche Sprachstil nicht gut.


    Nachdem ich den Namen der Übersetzerin Karin Krieger bei Amazon eingegeben habe, bin ich auf etliche Bücher von italienischen Größen gestoßen, die sie ins Deutsche übertragen hat, Andrea Camilleri, Alessandro Baricco, Margaret Mazzantini, ... Bisher hatte ich an Krieger nichts auszusetzen, aber vielleicht nur, weil mir die Vergleiche zum Original fehlen. ?(


    Nach dem Lesen kann ich evtl mehr zum Thema sagen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Das ist ja dumm, denn gerade habe ich mich darüber gefreut, dass es endlich in der Bücherei für mich reserviert ist. Wobei der Begriff "schlechte Übersetzung" mehrdeutig ist: Heißt es in diesem Fall, dass das, was im Original gemeint ist, nicht ins Deutsche übertragen wurde? Oder ist der deutsche Sprachstil nicht gut.

    @Marie darf ich dir empfehlen höre rein in den "Literaturclub" das Buch wird als erstes besprochen, somit wird klar was damit gemeint ist, denn es ist vor allem Elke Heidenreich die über die Übersetzung spricht. Denn persönlich kann ich natürlich nichts dazu beitragen. :|

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • @serjena , ich habe mir die Sendung angesehen. Heidenreich behauptet zwar, es sei eine steife Übersetzung und führt einen Satz als Beispiel an, aber die Moderatorin widerspricht: Im Italienischen sei der Satz genauso.
    Und auch Thomas Strässle lobte in seinen Eingangsworten die Sprache.


    Also freue ich mich weiter auf das Buch. :cheers:

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  • Hätte ich nicht den Roman als Hörbuch (französische Übersetzung von Elsa Damien) gehabt, hätte ich wahrscheinlich nicht durchgehalten. Ellenlangen Kindergeschichten halten einbfach mein Interesse nicht lange wach.



    Das Buch ist sehr anekdotenhaft erzählt, eben mit vielen Erinnerungen aus der Kindheit gespickt. Das neapolitanische Milieu der Kleinbürger, der ärmlichen Handwerker und der Camorra-Mitläufer in den 1950er Jahren ist gut beschrieben, auch wie unterschiedlich mit den Kindern in diesem Milieu umgegangen wird. Es interessiert mich heute aber nur sehr bedingt.



    Wieso nur hat diese italienische Familiensaga (Fortsetzungen folgen) in USA solchenHype ausgelöst? Wenn ich da an die süßlich kitschigen Filme aus Hollywoodproduktion der 50er Jahre denke oder die Unterhaltungsliteratur der damaligen Zeit, ist das Bild Neapels im kollektiven Gedächtnis ein komplett anderes. Vielleicht hat das gerade die Amerikaner an den Ferrante-Romanen so interessiert. Hier wird ein ganz anderes Bild von Neapel gezeichnet, kein Platz für Kitsch.
    Oder auch das Geheimnis um die Person der SchriftstellerIn Ferrante. Wer ist sie wirklich? Solch eine Geheimnistuerei fasziniert in den Staaten.



    Ich habe diesen ersten Band über die Freundschaft zwischen Elena Greco und Lila Cerullo, beide Jahrgang 1944, zu Ende gehört. Auf die folgenden Bände warte ich nicht.

  • Das Buch „Meine geniale Freundin“ beginnt mit dem Verschwinden einer alten Dame. Der Sohn sucht seine Mutter und bittet deren liebste Freundin seit Kindheitstagen, um Hilfe. Elena glaubt, dass Lila ein altes Versprechen wahr gemacht hat und erinnert sich an ihre gemeinsame Vergangenheit in Neapel. Und schon steht man mitten in einem fulminant erzählten Roman, der sich liest, als wäre er direkt im Vesuv entsprungen, um sich in das Herz des Lesers zu fressen. Denn zweifellos hat der Erzählstrom etwas von glühend heißer Lava, die sich in Richtung Meer bewegt. Raffaella Cerullo, genannt Lila ist ein äußerst begabtes Mädchen, dem Wissen nur so zuzufliegen scheint, während sich ihre Freundin Elena alles hart in der Schule erarbeiten muss. Was jedoch keineswegs zur Verstimmung zwischen den Beiden untereinander führt. Im Gegenteil! Hier haben sich zwei junge Mädchen gesucht und gefunden.


    Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ist eine Zeit des Aufbruchs, der großen Maulhelden und Messerstechern, aus einem kleinbürgerlichen Milieu entsprungen. Ein Ort der Spieler, Engherzigen, Verlierer, Schläger und Fantasten, deren natürliche Grenze das Meer und windschiefe Klassenlehrerin ist, jedenfalls solange man noch zur Schule geht. Lila ist anders. Sie geht wie so viele überdurchschnittlich Begabte einen sehr eigenen Weg. Sie wirft die Möglichkeiten ihrer Intelligenz und Lernfähigkeit fort, weil sie kein blinder Denkapparat werden will, um es gegen Glück einzutauschen, was zu dieser Zeit dummerweise immer irgendwie mit Männern zu tun haben muss. Als könnten Frauen Glücklich sein nicht alleine! Aber das ist ein anderes Thema. Elena bleibt zunächst einmal auf der Einbahnstraße Schule, Hochzeit, Kinder. Sie übertrifft mit ihren schulischen Leistungen sogar ihre Freundin, einfach weil sie hart an sich arbeiten muss, um andere und sich selbst nicht zu enttäuschen.


    Und die Überraschung passiert. Dieses im Grunde ja relativ simple Romankonstrukt wird zu Glühen gebracht. Allein dafür gehört der Autorin schon meine Bewunderung. Das ist alles so Lebensprall erzählt, dass ich nur ins Schwärmen geraten kann. Das Italien der damaligen Zeit erscheint dem Leser vor Augen, die Menschen bekommen ein Gesicht und das Geschehen berührt den Leser. Einziges Manko: ich hätte gerne ein bisschen mehr Drama gehabt. Womit wir wieder beim Vesuv wären! Man kann nur hoffen, das der zweite Teil ähnlich gut abgeht. Auf ein neues!

  • Ich glaube das um diese Bücher von ihr viel zu viel Tamtam gemacht wird, alles eine Art Vermarktungsstrategie. Sehr schade ich jedenfalls würde mir nicht alle vier Bücher antun zu lesen.

  • "Meine geniale Freundin" ist vermutlich der Roman, der 2016 am häufigsten in den Medien erwähnt wurde. Viel Lob, nur wenig Kritik und Spekulationen wer sich hinter dem Pseudonym Elena Ferrante verbirgt. Meine Erwartungen an dieses Buch waren enorm hoch und wurden in allen Bereichen erreicht oder übertroffen.


    Die Geschichte beginnt damit, dass Lila mit schätzungsweise 70 Jahren verschwindet. Spurlos. Keins ihrer Kleidungsstücke ist noch in ihrer Wohnung, Fotos von ihr sind verschwunden oder sie hat sich raus geschnitten. Ihr Sohn wendet sich an Elena, doch auch die weiß nicht, wo ihre langjährige Freundin steckt. Elena blickt zurück und erzählt die Geschichte der beiden Mädchen. Die Handlung beginnt im Neapel der 50er Jahre, in welcher Zeit Bildung noch nicht jedem Mädchen zuteil wurde. Elena und Lila sind beide sehr klug, doch Lila scheint viel leichter zu lernen. Sie ist immer Klassenbeste, den anderen weit voraus. Elena hingegen leidet darunter immer nur die Zweite zu sein und versucht, den Abstand zu ihrer Freundin durch Lernen und Disziplin zu verringern. Die Mädchen könnten unterschiedlicher nicht sein. Während Lila ein sehr freches Mundwerk hat und aufsässig und wild ist, ist Elena die ruhigere, die um das Ansehen der Lehrer bemüht ist. Sie hält sich an Regeln und überschreitet keine Grenzen. Doch dann kommt der Tag, an dem sich entscheidet, ob die beiden Mädchen weiter zur Schule gehen dürfen. Während Elena ihre Eltern gerade so dazu überredet bekommt, weigern sich Lilas Eltern sie weiter zur Schule gehen zu lassen. Die Klassenbeste, die Geniale wird von der Schule genommen und arbeitet fortan in dem Laden ihres Vaters.


    Ich habe dieses Buch so unglaublich gerne gelesen. Der Schreibstil von Elena Ferrante ist wunderschön und beschreibend und dennoch flüssig zu lesen. Ich konnte das Buch kaum zur Seite legen. Besonders toll fand ich die atmosphärische Dichte und Authentizität des Buches. Als Leser, wandelt man selbst durch die Straßen des neapolitanischen Viertels. Man spürt die unglaubliche Hitze, hört die Streitereien der Einwohner und sieht all das "typisch neapolitanische" vor sich. Kurz: Man befindet sich mittendrin. Sehr authentisch empfand ich auch die Freundschaft der beiden Mädchen. Trotz der engen Verbundenheit und der Liebe zueinander, hören sie nie auf miteinander zu konkurrieren. Auch Neid ist für beide kein Fremdwort. Während Lila darunter leidet, dass Elena zur Schule gehen darf, leidet Elena darunter, dass sie nur die beste ist, weil ebendies Lila verwehrt bleibt. Unheimlich berührend empfand ich in diesem Roman die Sehnsucht nach Bildung. Lilas Leiden wird undramatisch und doch eindringlich zwischen den Zeilen geschildert. Nachdem sie von der Schule genommen wurde, lernt sie zunächst weiter, lernt im Alleingang sogar Fremdsprachen, doch irgendwann möchte sie davon, aus Selbstschutz, nichts mehr wissen. Auch die Rollen der beiden verändern sich. Lila war in ihrer Kindheit stets die mutige, die draufgängerische. Elena hingegen ruhig und bedacht. Während der ersten Jahre, die in diesem ersten Band beschrieben werden, werden die Rollen beinahe vertauscht. Elena erhält durch ihre Bildung mehr Selbstwertgefühl, während dies Lila genommen wird. Wir lernen Elena und Lila kennen, mit all ihren Macken. Wir begleiten sie während ihre Kindheit und der Pubertät. Erfahren ihre Selbstzweifel, ihre Veränderungen.


    In einem Gespräch sagt Lila zu ihrer Freundin, dass diese immer weiter lernen müsse. Als diese entgegnete, dass sie in zwei Jahren ihr Abitur habe, erwidert Lila, dass sie auch danach noch weiter lernen müsse, immer. Und dass sie ihr, sollte es finanziell knapp werden, unter die Arme greift.


    "(...) Du bist meine geniale Freundin, du musst die Beste von allen werden, von den Jungen und den Mädchen." (S. 398)


    Während der Leser von Beginn an in Lila die "geniale Freundin" sieht, bezeichnet diese zum Ende des Buches Elena als ebendiese. Den Buchtitel empfinde ich daher als umso passender.


    Fazit: Ein Roman, der den Leser verschiedenste Dinge fühlen lässt. Mir blieb gar nichts anderes übrig, als mich in die Rollen der Mädchen zu versetzen, darüber nachzudenken was für ein Glück wir doch haben, dass uns alle Tore zu Bildung offen stehen. Ich versank in dem atmosphärischen Schreibstil und genoss das neapolitanische Flair. Ich freue mich schon darauf, erneut in die Welt von Lila und Elena einzutauchen.

  • Geschwätzig. Das Wort kommt mir als erstes zu diesem Buch in den Sinn, und ich weiß nicht, warum so ein Gewese darum gemacht wird / wurde. Bei Amazon kann man eine halbe Seite Elogen-Superlative aus dem Feuilleton lesen.


    Eine Geschichte aus einem Neapeler Viertel, vorwiegend bewohnt von ärmeren Leuten. Eine Mädchenfreundschaft. Das Erwachsenwerden. Keine neuen Themen – was ja nicht schlimm ist – aber auch nichts, was SO besonders ist oder einen solchen Hype rechtfertigt..


    Eine unsympathische Ich-Erzählerin, die sich über ihre Altersgenossen erhebt und sie nach ihrer Bildung abtastet, auch wenn sie sich anfangs gegenüber Lila gering fühlt. Eine Freundin, die zunächst die Aufmüpfige ist, diejenige, die weiß, was sie will, um dann von der Liebe erwischt zu werden und den Weg aller Frauen zu gehen.
    Besonders angeödet haben mich die pubertären Passagen. Das Schmachten nach den Jungs. Die Frage nach Aussehen und Kleidung. Das Mädchengekicher. Klar, wer über pubertäre Mädchen schreibt, muss wohl auch darüber schreiben. Aber auch damit rechnen, dass das Interesse eines Lesers nach zig Seiten Jungs, Aussehen und Gekicher erlahmt.


    Das Personenverzeichnis vorn im Buch war ein Segen. Bis auf zwei, drei Ausnahmen ergaben die Jungs in meinem Kopf einen Klumpen aus Testosteron, Aggressivität, Dummheit und Arroganz. Der eine wie der andere.
    Dasselbe gilt für die Mädchen: Auch hier immer wieder das Zurückblättern und immer wieder die Frage „Wer ist das mal wieder?“


    Im Fall dieses Buches verdienen die Marketing- und Presseabteilung des Verlags den Applaus, aber nicht die Autorin.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • danke @Marie - ich hab mich bei meinen Bücherwürmern schon gewehrt gegen diese Buch, einfach aus dem Bauch heraus und Du bestätigst mir grade mein Bauchgefühl. Ich werde also getrost meine Finger von diesem Buch lassen und meine Zeit anderen guten Büchern widmen. :)

  • Und ich habe es mir gerade in der Onleihe vorbestellt :lol: Bücher die polarisieren erwecken sofort mein Interesse. Weil sie mir nämlich meistens gefallen :wink: Kommt aber erst im Mai, ich werde dann berichten.

  • Ich werde also getrost meine Finger von diesem Buch lassen

    Ich habe mich eben auf die Suche gemacht, ob ich wirklich so ganz allein da stehe oder ob sich noch ein Literaturkritiker findet, der ähnlich denkt. Ergebnis: Es gibt ihn. Hier kann man seine Einschätzung hören.

    ich werde dann berichten.

    Ich warte gespannt. :)

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Im Alter von 66 Jahren verschwindet Raffaella aus ihrem bisherigen Leben und tilgt sämtliche Spuren, als hatte es sie nie gegeben *wow*! Für ihre Freundin Elena kommt das nicht ganz überraschend, aber einfach so hinnehmen will sie das auch nicht und setzt sich an ihren Computer um die Geschichte ihrer beider Leben und ihrer Freundschaft aufzuschreiben.


    Die Sache mit dem „Ferrante-Fieber“ finde ich übertrieben. Solche Aussagen im Vorfeld schrauben die Erwartungen besonders hoch und lassen mich dann oft enttäuscht zurück. Hier glücklicherweise nicht.


    Elena Ferrante schreibt eine Geschichte ohne das ganz große Drama, über die Alltäglichkeiten des Heranwachsens in einfachen Verhältnissen. Ihre Erinnerungen führen zurück in das Neapel der 50er Jahre, in die Zeit als zwei ungefähr 6-jährige Mädchen sich beschnuppern und vorsichtig erste Kontakte knüpfen. Keine leichte Zeit, in der die Beiden heranwachsen, Elena schreibt selbst von „einer Kindheit voller Gewalt“, die sie jedoch mit einem Pragmatismus durchleben wie er Kindern häufig zu eigen ist. Anfangs scheinen die Rollen klar verteilt, Ich-Erzählerin Elena ist ängstlich und schüchtern, bedacht nicht unangenehm aufzufallen und möglichst alles richtig zu machen. Ihre Freundin Lila/Raffaella hingegen offenbart schon als kleines Mädchen eine charismatische Persönlichkeit, furchtlos und unberechenbar – und von außergewöhnlicher Intelligenz. Bildung war damals nicht leicht zu erlangen, schon gar nicht für Mädchen. Was Elena sich mühsam in nächtlichen Lese- und Lernmarathons erarbeitet, fällt Lila mühelos in den Schoß. Und doch ist es dann Lena, die bekommt was Lila sich sehnlichst wünscht - Zugang zu Wissen und höherer Bildung. Dadurch verändert sich die Beziehung der Mädchen. Sie wird vielschichtiger, in der Folge gibt es immer wieder Phasen, in denen sich Elena nicht mehr unterlegen fühlt, häufiger Momente der Fremdheit, von Neid und Konkurrenzdenken– die aber immer wieder in die Erkenntnis münden, wie sehr sie einander brauchen. Wenn es darauf ankommt ist die eine für die andere da, ihr Verhältnis ist und bleibt ein ganz besonderes.


    Wie Elena Ferrante erzählt, hat mich unglaublich beeindruckt. Ihre Sprache ist einfach, unaufgeregt und doch ungeheuer emotional und berührend. Sie hat einen sehr genauen Blick für Stimmungen und Details und lässt ein großes Maß an Klugheit und Lebensweisheit erkennen


    Fazit:


    Ein faszinierendes Gesellschaftsporträt, die Geschichte einer Freundschaft, so herausragend und fesselnd erzählt, dass man das Buch am Ende nur ungern zuklappt und sich fragt, wann denn um Himmels Willen die Fortsetzung erscheint.