Rafik Schami - Sieben Doppelgänger

  • Über den Autor:
    Rafik Schami wurde 1946 in Damaskus geboren. 1971 kam er nach Deutschland, studierte Chemie und schloss das Studium 1979 mit der Promotion ab. Er gehört mittlerweile zu den bedeutendsten Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet und in 29 Sprachen übersetzt. Seit 2002 ist Rafik Schami Mitglied der Bayrischen Akademie der Schönen Künste. Im Sommersemester 2010 hatte er die Brüder-Grimm-Professur der Universität Kassel inne. Rafik Schami lebt in Marnheim (Pfalz).
    Doch Rafik Schami schreibt nicht nur selbst, er gründete 2011 die Literaturreihe „Swallow Editions“ für Literatur aus den arabischen Ländern, mit der er jungen arabischen Autoren Übersetzungen und damit ein breiteres europäisches Publikum ermöglicht. Außerdem gründete er mit Freunden zusammen 2012 den Verein „Schams“ zur Förderung und Unterstützung von syrischen Kindern und Jugendlichen, bei dem er direkt Schulprojekte in Syrien fördert, aber auch die korrekte Verwendung der Spenden überwacht, wie er in einer Lesung im November erzählte.
    (Quelle: Wikipedia, Amazon, dtv-Homepage des Autors)


    Buchinhalt:
    Er kann einfach nicht nein sagen. Immer wenn ein Buchhändler, eine Volkshochschule oder eine andere Kulturinstitution anruft und um eine Lesung oder einen Vortrag bittet, sagt er zu. Also hetzt der begnadete Erzähler kreuz und quer durch Deutschland, kennt jedes Hotel – und wird sich selbst dabei ganz fremd. Da bringt ihn eines Tages ein Freund auf die Idee, sich zu vervielfältigen. Mit einer Zeitungsannonce werden Doppelgänger gesucht, die fortan für ihn auf Reisen gehen sollen, während der echte Rafik Schami zu Hause in Ruhe neue Bücher schreiben kann. Doch die Katastrophe bleibt nicht aus...
    (Quelle: Klappentext)


    Der Roman in der verlinkten dtv-Ausgabe umfasst 166 Seiten.


    Meine Meinung:
    Was passiert mit einem Autor auf Lesereise? Er ist dauernd unterwegs, ständig woanders, weiß vielleicht manchmal gar nicht mehr genau, wo er ist und vor allem hat er keine Zeit mehr das zu tun, was er am liebsten tut – schreiben. Also muss Abhilfe her, wenn es auch anfangs nur eine verrückte Idee zu sein scheint. Aber mit fast schon deutscher Akribie und Gründlichkeit sucht der Autor seine Doppelgänger, wählt sie sehr sorgfältig aus, bildet sie regelrecht aus und schließt Verträge mit Hand und Fuß. Dann schickt er seine Doppelgänger auf Reisen und genießt sein Leben zu Hause – endlich hat er wieder Zeit zu schreiben!
    Anfangs läuft auch alles wie geschmiert, aber dann entwickeln die Doppelgänger eine Form von Eigenleben und jeder natürlich ein ganz anderes als der Rest. Lässt sich manches noch handhaben und korrigieren, so gerät nach und nach alles außer Kontrolle und am Ende? Tja, am Ende passiert was ganz anderes als man denkt – das müsst Ihr aber selbst herausfinden, das verrate ich jetzt nicht. :loool:


    Mit viel Witz und Ironie und in seinem bekannt leichten Stil, aber auch mit einer gehörigen Portion Menschenkenntnis, was die Unzulänglichkeiten von uns allen angeht, beschreibt Rafik Schami in diesem kleinen, aber feinen Roman seinen Traum vom Leben eines Autoren: gleichzeitig Lesereisen veranstalten und schreiben zu können. Geschrieben hat er ihn 1999, also in einer Zeit, in der er schon als Autor erfolgreich war und das Dilemma zwischen Reisen und Schreiben aus eigener Erfahrung kannte. Vielleicht hat er ja selbst ein wenig mit dieser Idee geliebäugelt, sich von einem Doppelgänger doublen zu lassen? Wer weiß das schon. Falls ja, können wir froh sein, dass er es wohl nicht in die Tat umgesetzt hat, denn seine Lesungen sind einfach nur traumhaft schön – orientalische Märchenstunden vom feinsten. Und so ist auch dieser Roman: eine Märchenstunde mit dem Grundgedanken „was wäre wenn....“ und mit einem ebenso orientalisch-märchenhaften Ende, das man so nicht kommen sieht. Zumindest ich habe es nicht so kommen sehen. Aber das macht Rafik Schamis Erzählkunst aus – er kann auch einen in Deutschland spielenden Roman wie ein Märchen gestalten und den Leser am Ende mit einer Überraschung zurücklassen, ohne ihn zu enttäuschen. Dieser Roman war vor vielen Jahren mein Einstieg, mein Kennenlernen eines Autoren, dessen Bücher ich seither liebe. Und sollte er mal wieder auf Reisen gehen, so werde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um mich noch einmal von seinen Erzählungen in die Welt seiner Geschichten entführen zu lassen.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier


  • Müsste ich mal wieder aus dem Archiv holen.

    tu das - ich hab es im Urlaub auch zum zweiten Mal gelesen weil ich so richtig Lust darauf hatte :)

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Kai Seyfarth - Entscheidung in Aleppo: Walter Rößler, Helfer der verfolgten Armenier