Anja Jonuleit - Rabenfrauen

  • Kurzmeinung

    Emili
    Eine fesselnde, berührende und aufklärende Geschichte rund um das Thema: Colonia Dignidad. Sehr gut recherchiert.
  • Kurzmeinung

    Mapa
    Roman über die totalitäre Sekte Colonia Dignidad - gut recherchiert und spannend geschrieben
  • Kurzbeschreibung:
    Abends, nach der Arbeit auf dem Feld, genießen sie die Erfrischung im nahe gelegenen Bach. Unweit
    der Badestelle schlägt eines Tages eine Jugendfreizeit ihre Zelte auf.
    Eine willkommene Abwechslung für die Mädchen, die sich alsbald in den attraktiven Erich verlieben.
    Christa, blind vor Liebe, verbringt fortan viel Zeit in dem Zeltlager, hinter dem sich eine radikal christliche Gemeinschaft um einen gewissen Paul Schäfer verbirgt. Ruth hingegen zieht sich immer mehr zurück. Schließlich fasst Christa den Plan, mit »Onkel Paul« und Erich nach Chile auszuwandern. Ein folgenschwerer Entschluss. *Quelle*


    Zur Autorin:
    Anja Jonuleit wurde in Bonn geboren, lebte einige Jahre im Ausland und studierte Italienisch und Englisch. Sie arbeitete als Übersetzerin und Dolmetscherin, bis sie anfing, Romane und Geschichten zu schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Friedrichshafen.


    Meinung:
    In 3 verschiedenen Perspektiven und 2 Zeitebenen erzählt Anja Jonuleit die Geschichte in ihrem Roman Rabenfrauen, der sich mit der berühmt-berüchtigten Colonia Dignidad beschäftigt.


    Beginnend im Jahr 1959 berichtet Ruth aus ihrer Sichtweise, wie sie und ihre damalige beste Freundin Christa eine Gruppe von Freikirchlern unter der Führung des charismatischen Paul Schäfer kennenlernen. Darunter ist auch Erich, in den sich beide junge Frauen, die kurz vor ihrem Abitur stehen, verlieben. Erich entscheidet sich für Christa, die damals noch recht naiv, gutgläubig und leicht zu manipulieren ist. Ruth hingegen hat immer mehr Vorbehalte der Gruppe gegenüber, die bald weiter nach Siegburg zieht. Auch Christa geht mit ihnen, heiratet Erich und ist bald schon schwanger.


    Die zweite Perspektive erzählt von Christa, die sich anfangs auf der Überfahrt nach Chile befindet und später dann vom Leben in der Colonia Dignidad (Kolonie der Würde) berichtet, das enthaltsam ist und immer mehr ins Gewalttätige abdriftet. Eltern werden von ihren Kindern und Frauen von ihren Männern getrennt, harte Arbeit steht täglich auf dem Programm, und die Kinder werden mit Elektroschocks zu vermeintlicher Räson gebracht.


    Die letzte Sichtweise wird aus Annes Blickwinkel erzählt. Sie ist Ruths Tochter und hat gerade ihren Lebensgefährten Maximilian durch einen Unfall verloren. Als sie in ihre alte Heimat zurückkehrt, lernt sie das Ehepaar Renate und Horst kennen, das gerade aus Südamerika nach Deutschland ausgewandert ist und sich etwas merkwürdig verhält.


    Anja Jonuleit hat mit Rabenfrauen eine intensive Familiengeschichte aufs Papier gebracht, die sich mit der Colonia Dignidad auseinandersetzt. Berührend und mitreißend erzählt sie die Geschichte der Freundinnen Ruth und Christa, die so ganz verschiedene Lebenswege einschlagen. Anschaulich wird dargestellt, wie schnell man sich in einer Art Sekte wiederfindet und wie leicht Menschen zu manipulieren sind.


    Christa, die zuerst Feuer und Flamme für das Leben in der Kolonie ist, was auch durch ihren Mann Erich ausgelöst wird, merkt zu spät, auf was sie sich eingelassen hat. Paul Schäfer, der charismatische Führer der Kolonie, entpuppt sich als ein religiöser Fanatiker mit dem Hang zu Gewalt und sexuellen Übergriffen.


    Die Auflösung an sich konnte mich zwar nicht sonderlich überraschen, da sich dies schon früh abzeichnete, aber die Geschichte ist trotzdem von Anfang bis Ende fesselnd und man fiebert mit den Charakteren, vor allem Christa, mit. Eine unbedingte Empfehlung für Leser, die sich für das Thema religiöse Sekte oder speziell für die Colonia Dignidad interessieren! Im Anhang finden sich desweiteren ein Überblick über die Kolonie und ein erläuterndes Nachwort der Autorin.


    Fazit:
    Anja Jonuleit konnte mich nach Herbstvergessene auch mit ihrem neuen Roman wieder komplett überzeugen. Eine intensive Familiengeschichte, die sich mit dem Thema Colonia Dignidad beschäftigt, aber nicht durch eine reißerische Handlung, sondern durch leise Töne beeindruckt und unter die Haut geht. Unbedingte Leseempfehlung!


    Wertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Inhaltsangabe:


    Sommer 2010: Annes Lebensgefährte Maximilian ist unerwartet in der Heide verstorben. Sie kehrt in die „Baracke“ zurück, um sich um sein Vermächtnis zu kümmern und lernt gleich schon zu Beginn ihre neuen Nachbarn kennen.


    Renate und Horst sind sehr nette, aber scheinbar recht einfältige Menschen. Sie erzählen Anne von ihrem bisherigen Leben in einer Sekte in Chile. Unter dem Deckmantel der Urchristlichkeit frönten sie ein tristes Dasein in ständiger Angst und ohne menschliche Nähe und Vertrauen. Gewalt, Misstrauen und harte Arbeit begleiteten sie Tag für Tag.


    1959: Ruth und Christa sind Freundinnen fürs Leben. Noch ein Jahr bis zum Abitur haben sie und im Sommer bessern sie ihr Taschengeld mit Käfersammeln auf. Dann entdecken sie ein Zeltlager, vom Prediger Paul Schäfer organisiert. Beide Mädchen verlieben sich in Erich, der stets in „Onkel Pauls“ Nähe ist. Während Christa immer mehr in den Sumpf der urchristlichen Gemeinde gezogen wird, versucht Ruth alles, um die Freundschaft und somit auch Christa zu retten. Aber der Einfluss von Onkel Paul und seiner Gemeinde wird immer größer und bringt nicht nur ihre Freundschaft ins Wanken.


    Mein Fazit:


    Das Schicksal der Menschen in der Colonia Dignidad (zu Deutsch: Kolonie der Würde) wurde erst in den letzten Jahren so richtig bekannt, nicht zuletzt auch durch den Film mit Daniel Brühl und Emma Watson.


    Dieses Buch handelt von drei Frauen, die alle in irgendeiner Form mit dieser Sekte in Berührung gekommen sind. In wechselnden Abschnitten – Anne, Ruth und Christa – hat die Autorin veranschaulicht, was mit den Menschen passierte, die sich dem Einfluss von „Onkel Paul“ nicht mehr entziehen konnten. Zwar sind die Schicksale der drei Frauen erfunden, stehen aber für viele Menschen, die tatsächlich dort gelebt haben. Wobei man dazu sagen muss, dass nur Christa tatsächlich in der Sekte lebte. Ruth und Anne sind auf andere Weise davon betroffen.


    Was für ein Grauen offenbart sich da dem Leser? Und immer wieder stellt man sich die Frage, warum die Menschen sich das alles gefallen ließen? Wie konnte ein Mann mit einer zweifelhaften Moral nur so etwas über Jahrzehnte bewerkstelligen? Was für mich eigentlich noch schlimmer ist: Er hat nicht nur die Menschen in der Kolonie zu 100% kontrolliert, sondern auch die hiesige ortsansässige Politik auf seine Seite gezogen. Selbst die Deutsche Botschaft unterstützte ihn. Es wurde gequält, gefoltert, gemordet und abgrundtiefes Misstrauen und Verachtung gegenüber anderen erzeugt! Flucht war praktisch unmöglich und doch haben es wohl einige geschafft.


    Die Autorin hat nach Recherche von Zeugenberichten und anderen Dokumenten dieses Buch geschrieben, auch hat sie mit einigen Opfern persönlich gesprochen. Es ist fesselnd und bewegend zugleich, auch wenn mich vieles fassungslos machte. Eindringlich werden die Vorgänge in der Kolonie geschildert, dass ich manchmal den Atem anhielt!


    Fünf Sterne vergebe ich für dieses Zeitzeugnis und spreche eine klare Lese-Empfehlung aus!

  • Ein gutes Buch, über das man diskutieren kann, denn die Thematik des Romans ist alles andere als unterhaltsam. Es geht um die weit bekannte Sekte Colonia Dignidad.

    Der Roman erzählt die Geschichte drei Frauen, die mit dieser Sekte in Berührung kamen. Die Geschichte beginnt mit ihrem Bericht im Jahr 1959 und endet in der jetzigen Zeit.

    "Rabenfrauen" ist hervorragend recherchiert und gut vermittelt. Nicht nur die Kenntnisse über die Colnia Dignidad sind interessant, auch das Verhalten der Raben und die aktuelle Forschung dazu.


    Mit 400 Seiten ist es ein recht umfassender Roman, der die Zeit hat nicht nur die Charaktere ausführlich vorzustellen, sondern auch das Leben in der Sekte eingehend zu betrachten. :thumleft:

    Ohne großer Aufregung schildert die Autorin die Tatsachen und das Schrecken des Lebens, das die Sektenmitglieder unter der Leitung, des später zu 20 Jahren verurteilten, Paul Schäfer. Die Menschenrechtsverletzungen, Misshandlungen und Missbrauch kommen in dem Roman zur Sprache und wirken noch lange nach. :cry:


    Für mich war es sehr schwer nachzuvollziehen, was ausschlaggebend für den Beitritt zu der Gemeinde für viele gewesen ist. Dass die später sich nicht mehr von der Sekte lösen konnten, kann man bei der strengen Überwachung leichter nachvollziehen.

    Erschütternd, berührend und sehr spannend erzählt. :thumleft:


    Würde das Buch uneingeschränkt weiterempfehlen. Sehr gut recherchiert, berührend und fesselnd erzählt. Eine kleine Anmerkung noch, was das Cover betrifft. Man sieht es inzwischen selten, dass das Cover an den Inhalt angepasst ist. In diesem Roman stimmt alles: Cover und die Geschichte. :)

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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