Erich Maria Remarque - Der schwarze Obelisk

  • Kurzmeinung

    Feuerstuhl
    Tolles Buch mit autobiografischen Zügen. Spielt in "Werdenbrück". Osnabrück+Osnabrücker sind/waren aber gut erkennbar.
  • Amazon-Kurzbeschreibung:
    "Der Roman einer Generation zwischen den Kriegen: Das Inflationsjahr 1923. Es ist die Zeit der Spekulanten und Schieber, der kleinen Beamten und großen Kaufleute, der verarmten Rentner und Kriegsversehrten, einer Gesellschaft in moralischer Auflösung. Eine ganze Generation hat auf bittere Weise gelernt zu überleben - aber nicht, sich im Leben zurechtzufinden. Wie Ludwig, der im Krieg wie so viele andere seine Jugend verlor und nicht weiß, wo er hingehört."


    Der Autor (Quelle: Amazon):
    Erich Maria Remarque, 1898 in Osnabrück geboren, besuchte das katholische Lehrerseminar. 1916 als Soldat eingezogen, wurde er nach dem Krieg zunächst Aushilfslehrer, später Gelegenheitsarbeiter, schließlich Redakteur in Hannover und Berlin. 1932 verließ Remarque Deutschland und lebte zunächst im Tessin/Schweiz. Seine Bücher Im Westen nichts Neues und Der Weg zurück wurden 1933 von den Nazis verbrannt, er selber wurde 1938 ausgebürgert. Ab 1939 lebte Remarque in den USA und erlangte 1947 die amerikanische Staatsbürgerschaft. 1970 starb er in seiner Wahlheimat Tessin.



    Ich-Erzähler ist Ludwig Bodmer, der sehr jung als Soldat im ersten Weltkrieg diente. Aus seiner damaligen Gruppe ist er einer der wenigen Überlebenden, die sich in den schweren Jahren danach zurechtfinden müssen. Er macht es sogar gar nicht so schlecht - relativ unspektakulär, etwas ziellos und lässt sich durchs Leben treiben. Ludwig schlägt sich mit mehreren Jobs durch (u. a. Grabsteinverkäufer, Zeichner, Organist, Pianist, Dichter) und erzählt aus alltäglichen Begebenheiten, von den Menschen seines Alltags, von Erlebnissen mit Freunden, von beruflichen Episoden oder von der - mehr oder weniger erfolgreichen - Suche nach der großen Liebe.


    Da sind z. B. die überlebenden Kameraden mit ihren jungenhaften Streichen. :loool: Als würde man einen alten Schwarz-Weiß-Film mit Heinz Rühmann gucken, in dem die Menschen oftmals so lebenslustig, unbeschwert und amüsiert wirken. Da ist eine Kundin des Bestattungsinstituts, die mit dem mühsam gesparten Schulgeld für ihre Zwillinge gerade so deren Begräbnis bezahlen kann - Kindern, die unmittelbar nach dem 1. Weltkrieg geboren wurden und niemals richtig ernährt werden konnten. :cry: Da sind die Frauen in Ludwigs Leben, wie die lebensfröhliche Artistin Gerda, die sich zu ihm hingezogen fühlt aber dennoch die finanzielle Sicherheit an der Seite eines anderen Mannes wählt. Oder die reiche, schizophrene Isabelle, die er beim Klavierspielen im Irrenhaus kennen- und lieben lernt.


    Remarque zeichnet in dem Buch ein sehr detailliertes Bild der damaligen Zeit, die geprägt ist von galoppierender Inflation, wirtschaftlicher Rezession, Armut in der Bevölkerung und politischer Instabilität: Wo gibt es das, dass jeder Mensch - egal ob Zirkus-Artistin, Gastwirt, Handwerker, Prostituierte oder Bettler - sich 2 Mal täglich mit dem aktuellen Dollarkurs auseinandersetzen müssen?! Devisen, Tauschwaren, Essens-Gutscheine oder die Entlohnung in Form eines Abendessens sind mehr wert als bares Geld. Um die Schulden des 1. Weltkriegs leichter loszuwerden, entwertet die Regierung das Geld und verliert dabei das Volk. Die Nationalsozialisten gaukeln den Verlierern des Lebens eine Lösung ihrer Sorgen und Nöte vor und bekommen immer mehr Zulauf. Juden, Kommunisten und Intellektuellen wird die Schuld an der miserablen Lage der Bevölkerung zugeschrieben. Es entwickelt sich allmählich ein neuer nationaler Stolz (man will sich von der Regierung und den Siegermächten nichts mehr vorschreiben lassen) und ein wachsender Hang zum Militarismus entsteht. Die Schrecken des ersten Weltkriegs werden bei vielen verdrängt, der Krieg immer mehr glorifiziert und von den unversehrten Überlebenden als großes Abenteuer verherrlicht.


    Das Buch bringt eine große Lebendigkeit und sehr viel Alltags- und Lebensnähe rüber. Es hat so unheimlich viel über die damalige Zeit, die Menschen und das Leben zu erzählen. :thumleft: Jeder Charakter hat seine eigene Geschichte und man nimmt Remarque jede einzelne Figur ab, egal welche Lebenseinstellung, welches Schicksal oder welche Gesinnung sie hat.


    Ein sehr detailliertes, unheimlich interessantes und äußerst vielschichtiges Alltagsportrait der damaligen Zeit, das sehr zum Nachdenken anregt, aber auch für das ein oder andere Schmunzeln sorgt. Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: . Am Ende des Buches schildert der Protagonist Ludwig kurz, was aus den vielen Charakteren während und nach dem 2. Weltkrieg geworden ist - und machte mir damit Lust auf weitere Bücher des Autors. Mir gefällt bei Remarque stets aufs Neue, wie tiefgründig die Themen seiner Bücher sind. :thumleft:

    Liebe Grüße,
    Tine


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