Klappentext:
Neil MacGregor, dessen 'Geschichte der Welt in 100 Objekten' ein Bestseller geworden ist, nimmt uns in seinem neuen Buch mit auf eine Reise durch die deutsche Geschichte. Unterwegs lernen wir Objekte aus rund 500 Jahren kennen, die von den - sehr unterschiedlichen - 'Erinnerungen einer Nation' erzählen. Ob Gutenberg-Bibel oder Grimms Märchen, Eisernes Kreuz oder Bauhaus-Design, Dürers Rhinozeros oder der VW-Käfer, die Krone Karls des Großen oder die Reichstagskuppel - dem Direktor des Britischen Museums gelingt es, sie alle und ihre Geschichten zum Sprechen zu bringen in einem hinreißenden Buch über Deutschland, wie es noch nie eines gab.
Wenn man sich von dem stattlichen Umfang dieses Buchs nicht schrecken lässt, dann fällt einem auf, dass es schon fast ein Bilderbuch ist. Es hangelt sich anhand recht abstrakter Themenblöcke kreuz und quer durch die deutsche Geschichte und geht nur an einzelnen Stellen in die Tiefe. Dabei bekommt man vor allem ein Gefühl dafür, wie die Deutschen ihre Vergangenheit auslegen und verarbeiten.
MacGregors Blick ist neutral, vielleicht sogar wohlwollend - er spricht unter anderem seine Bewunderung dafür aus, dass man sich mit der NS-Vergangenheit so intensiv und fast demütig auseinandersetzt, indem man z.B. aufwändige Mahnmale errichtet, während in anderen Ländern Europas die Siegessäulen und Triumphbögen dominieren.
Auch die Hauptstadt Berlin kommt nicht zu kurz, denn man findet sonst selten so viele geschichtsträchtige und symbolisch aufgeladene Objekte an einem Ort. So schreibt MacGregor unter anderem vom Reichstag, dem Holocaust-Mahnmal, dem Brandenburger Tor und der Siegessäule und erklärt ihre jeweilige Rolle in der Geschichte.
Für mich gab es noch einige interessante Details zu entdecken, wie zum Beispiel, dass Immanuel Kant sich sein ganzes Leben nicht mehr als 16 Kilometer von seiner Geburtsstadt Königsberg entfernt hat, oder dass Dürer der erste war, der seine Kunst mit Druckerpressen in großer Zahl vervielfältigen ließ und damit gutes Geld verdiente.
Ich entspreche als Deutsche wohl nicht ganz der Zielgruppe dieses Buches, das wohl eher von Briten für Briten gedacht ist. Die deutsche Bier- und Wurstkultur braucht man mir zumindest nicht zu erklären. Dafür haben mir die Vergleiche mit der britischen Geschichte in umgekehrter Weise genützt.
Am Schreibstil habe ich eigentlich nichts auszusetzen - ansprechend, direkt, nicht unnötig kompliziert. In dem Punkt kann man der englischsprachigen Welt ruhig mal auf die Finger schauen. Allerdings waren für meinen Geschmack zu viele und zu lange Zitate von Historikern eingestreut. Ich lese dann lieber einen Fließtext. Der hätte für meinen Geschmack an manchen Stellen noch ausführlicher sein können.
Da das Buch nicht chronologisch aufgebaut ist, kann man auch sehr gut reinschmökern. Ich glaube, man muss die Kapitel gar nicht unbedingt in der richtigen Reihenfolge lesen. Es gibt Querverweise zwischen den Kapiteln und einen Sach- und Personenindex zum Nachschlagen. Man kann den repräsentativen Wälzer also bei Gelegenheit hin und wieder aus dem Regal holen.
Fazit - ein sehr empfehlenswertes Buch für alle, die sich in der allgemeinen Geschichte einigermaßen zurechtfinden; eine gesunde Mischung aus Überblicks- und Detailwissen, reichlich und sinnvoll mit Objekten illustriert. Das Konzept war für mich der Kaufgrund und ein großer Pluspunkt.
Man MUSS es nicht gelesen haben, aber es lohnt sich auf jeden Fall. Ich vergebe