Thomas de Padova - Leibniz, Newton und die Erfindung der Zeit (Start: 16.06.16)

  • Ich habe ja als Österreicher schon mal generell ein bißchen ein Problem mit der deutschen Geschichte, da mir die wenige geläufig ist.
    Als ich dann in diesem Teil des Kapitels von dem gesamteuropäischen Vertragswerk in Münster und Osnabrück las, musste ich irgendwie an EU-Verhandlungen denken. Und an das Buch von Hugo Portisch über die EU als Friedensprojekt.
    Warum war Schweden da eigentlich invoviert bei den Auseinandersetzungen, auf welcher (außer auf ihrer eigenen) Seite standen die?
    Ich glaube, da muss ich mal wieder ganz gehörig Geschichtsbücher wälzen und mich nicht immer nur um die Krisenherde der neueren Zeit kümmern.


    Während Newton - wie Squirrel schon schreibt - einen emotional desaströse Start ins Leben hinlegt (außer die Beziehung zu den Großeltern war sehr glücklich), wächst Leibniz sehr bürgerlich geschützt auf. Dieser Unterschied wird sicher das Leben beeinflussen.

    :study: Audre Lorde: Sister Outsider (eBook)

    :study: Joseph Roth: Hiob (eBook) - MLR

    :study: Thomas Chatterton Williams: Selbstportrait in Schwarz und Weiss - Unlearning Race



    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


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    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Als ich dann in diesem Teil des Kapitels von dem gesamteuropäischen Vertragswerk in Münster und Osnabrück las, musste ich irgendwie an EU-Verhandlungen denken.

    stimmt, eine gewisse Ähnlichkeit kann man nicht leugnen - allerdings waren die Ausgangsbedingungen damals doch entschieden anders :) die Schweden sind wohl aus Machtgründen in den Krieg mit eingestiegen, die wollten ihren Einfluss ausdehnen.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Ich finde das Cover schon mal sehr ansprechend, und wenn man das Buch aufschlägt, sieht man sich mit einer schönen alten Weltkarte und mythologischen Figuren konfrontiert.

    Mir gefällt das Cover auch schon mal richtig gut :thumleft: Vorallen das man auf dem Cover die beiden Protagonisten genauso sieht, wie auch die *Abhänigkeit* der Zeit von der Rotation der Erde! Irgendwie alles miteinander vereint

    Dass Thema Zeit ist wirklich ein faszinierendes Gebiet, eigentlich kämpft man den ganzen Tag damit, und weiß gar nicht so recht, wer der Gegner ist.

    Ich finde es ziemlich schlimm, das wir immer mehr Hektik und Streß im Alltag verbreiten. Das man nie wirklich zur Ruhe kommt, das wir es hier und da doch *verlernt haben* und Zeit zu nehmen.

    Das Wort "Schäfer" hatte ich definitiv mit arm verknüpft, aber dabei nicht berücksichtigt, in welchem Kontext hier der Schäfer steht. Also war sein Großvater bereits durch die Schafe zu Geld und einem Titel gekommen

    Ich dachte auch immer Schäfer sind nicht wirklich reich, aber in dieser Zeit wohl :wink: Okay, wieder etwas gelernt!

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Hier erfahren wir unter anderen auch, das sich anhand des Lots Wissenschaftler Gedanken gemacht haben dieses auch als Pendel für die Zeitmessung einzusetzen.


    Gebannt vom gleichmässigen Hin und Her pendelnder Gewichte, zählten sie die Schwingungen und bauten die akkuratesten Zeitmesser, die Menschen bis dato entwickelt hatten. Mit der Pendelzeit differenzierte sich die Uhrzeit im 17. Jahrhundert erstmal in Minuten und Sekunden aus.......


    Aber was messen solche Uhren? Was ist das was wir *Zeit* nennen.........

    Zeit :-k Wenn ich bedenke das mir auf Arbeit eine Zeit vorgegeben wird.
    @Squirrel braucht die exakte Zeitmessung für ihre Experimente. Bei mir läuft es, wie folgt hab.....Meine Tour ist in sogenannte ZAB`s unterteilt (50 Stück gibt es davon) Jeden Tag nun habe 2 solche ZAB zu zählen, diese Ergebnisse werden dann in den Computer eingegeben. Dieser wiederum rechnet dan hoch wieviel ich ungefähr über das Jahr auf dieser Tour zu tun habe. So das jedes Jahr *kontrolliert* wird ob die Tour noch richtig ausgelastet ist oder ob etwas weg genommen oder wieder dazu kommen muss.


    Zitat von Thomas De Padova

    In einer Welt der Unruhe.

    Ja, leider lassen wir uns wahrscheinlich viel zu oft dazu bringen :cry::cry:

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


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  • Im 1. Kapitel erfahren wir erstmal das es zur Zeit von I. Newton und G.W. Leibnitz 2 unterscheidliche Kalender gibt. Okay, wieder mal etwas neues erfahren....immer wieder diese Bildungslücken [-([-(:D
    Ausserdem erfahren wir das schon 4900 v. Chr. anhand des Sonnenverlaufes eine gewissen Zeiteinteilung zwischen Tag + Nacht, zwischen Sommer und Winter unterschieden wurde. Zwar wurde der Mond auch in dieser Zeit beobachten, aber dieser "Versuch" einen Kalender zu erstellenverlief sich irgendwann. Einzig heute noch wird der Mond zur Bestimmung des Osterfestes und damit auch von Ch. Himmelfahrt bzw. Pfingsten benutzt.


    I. Newton wird am 25. Dezember 1642 geboren. Da lebt sein Vater schon nicht mehr, so das er in den ersten 3 Lebenjahren mit deiner Mutter alleine war. Dann nimmt die Mutter einen Heiratsantrag eines wohlhabenden Geistlichen an und lässt den Sohn in der Obhut der Großmutter zurück :cry::cry:
    Es ist wohl so das sein Stiefvater nie etwas mit dem jungen Newton zu tun haben wollte. Genau dieser Umstand, nimmt man heute an....

    Zitat von Thomas De Padova

    An seiner Verlassenheit wird Isaac Newton ein Leben lang leiden. Als Student wird er eine Liste seiner Jugendsünden aufstellen und bekennen, seiner Mutter und seinem Stievater damit gedroht zu haben, sie mit dem ganzen Haus in Flammen aufgehen zu lassen. Seine Zurückgezogenheit, sein Trübsinn und Misstrauen gegenüber Menschen, vllt auch die späteren schweren Depressionen können in Zusammenhang mit dieser frühen Verlusterfahrung und den damit verbundenen Ängsten angesehen werden.

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  • Bezüglich der Definition der Zeit von Newton und Leibniz fällt die Entscheidung gar nicht leicht, beide Varianten haben ja einen unbestreitbaren Wahrheitsgehalt. Allerdings kann ich mir auch nicht vorstellen, wie man im Alltag mit Zeit ohne realen Bezugspunkt umgehen könnte. Mit diesen abstrakten Vorstellungen tu ich mir immer schwer, obwohl wir in der Zeit ja schwimmen wie ein Fisch im Wasser. Der merkt ja auch nichts vom ihn umgebenden Element.
    Interessant fand ich auch Newtons beide Geburtsdaten, nach den unterschiedlichen Kalendern, und seine Herkunft aus einer Schafzüchterfamilie, in der weder Vater noch Großvater schreiben konnten. Und dann kommt da so ein Genie auf die Welt!!
    Leibniz als 8-jähriger, der die Bibliothek seines Vaters in Beschlag nimmt, ist aber auch eine sehr sympathische Erscheinung.

  • In schweren Zeiten sind sie außerdem geboren worden, Newton im Bürgerkrieg in England und Leibniz am Ende eines langen, europaweiten Religionskrieges. Deutschland, in Kleinst- und Kleinstaaten zersplittert, muss ja wirtschaftlich völlig am Ende gewesen sein. 30 Jahre Krieg, eine ganze Generation hat nichts anderes erlebt als unvorstellbares Elend, Angst und Leid, und trotzdem kann das den Forschergeist nicht bremsen, nicht die Neugier nach Wissen und Erkenntnis. Mich beeindruckt das immer außerordentlich, wenn ich mir diese Umstände vorzustellen versuche, da verneige ich mich in Gedanken immer voller Ehrfurcht unseren Vorfahren gegenüber. Auf ihrem oft scheußlichen Leben, ihrem qualvollen Sterben baut unser Wohlstand auf. Und 350 Jahre herum sind ja auch wieder nicht so schrecklich lang, wenn man den Gang der Geschichte betrachtet.
    Ist Euch auch aufgefallen, dass unser Gottfried Wilhelm am kommenden Dienstag seinen 370. Geburtstag feiert? - Und da gab es noch keine Uhren mit Minuteneinteilung!

  • Während Newton - wie Squirrel schon schreibt - einen emotional desaströse Start ins Leben hinlegt (außer die Beziehung zu den Großeltern war sehr glücklich), wächst Leibniz sehr bürgerlich geschützt auf. Dieser Unterschied wird sicher das Leben beeinflussen.

    Muss ja auch ein seltsamer Stiefvater gewesen sein, der das Kind seiner Angetrauten nicht mit in sein Haus aufnimmt, und dann kommt die Mutter auch noch mit drei Halbgeschwistern zurück. Was mir gut gefallen hat, wie sich dieses einsame Kind mit allem befasst, was es sieht, wie alles sein Interesse erweckt. Und dann erstellt der Isaac auch noch ein so präzises Ziffernblatt (statt die Schafe zu hüten), dass sich auch die Nachbarn daran orientieren. Gut, dass man ihn auf eine weiterführende Schule gegeben hat, aber ich denke, diesen Wissensdrang hätte nichts und niemand aufzuhalten vermocht.
    Ich finde auch die Abschnitte zwischendurch immer sehr interessant, in denen uns der Autor vom Einfluss der Uhren auf das allgemeine öffentliche Leben erzählt. Kann man sich gut vorstellen, wie die großen Räderuhren auf den Kirch- und Stadttürmen zu allen möglichen Zeiten geschlagen haben, die uns gar nichts bedeuten würden ... z. B. das Schließen der Stadttore, die Eröffnung des Marktes, den Beginn der Ratsversammlungen ... Und immer wieder muss man sich bewusst machen, welch willkürliche und junge kulturgeschichtliche Errungenschaft die Einteilung in einen 24-Stundentag ist. Eigentlich schade, wie weit wir uns heute vom Leben im Einklang mit der Natur, der Länge des Sonnentages oder dem Wechsel der Jahreszeiten entfernt haben.
    Und doch muss der Mensch diesen Wunsch nach einer Strukturierung des Tages schon lange in sich getragen haben, sonst hätten wohl die tragbaren, schön gestalteten Sonnenuhren nicht so viel Zuspruch gefunden.
    Aber auch Leibniz war ein ganz aufgeweckter und wissbegieriger Jüngling, obwohl er nicht den Zugang zur Astronomie und zu Experimenten hatte wie Newton. Was der alles hinterfragt hat, ist ja wirklich erstaunlich, und in seiner Gedankenwelt scheint auch alles mit allem in Verbindung zu stehen. Mir wäre in meinen Jugendjahren nicht einmal die Frage eingefallen, wie man einen Punkt, einen Teil und ein Ganzes definieren kann, geschweige denn wäre ich zu einer Antwort gelangt.
    Eher kann ich noch seine Faszination von der Unendlichkeit (vom Atom bis zum Universum) teilen. Woraus besteht das alles, was uns umgibt, das Weltall, und wir selber auch? Diese Fragen stellt sich wohl jeder Mensch im Laufe seines Lebens beim Blick in den nächtlichen Himmel einmal.
    Ein faszinierendes Buch hast Du uns da empfohlen, Squirrel! Ich wollte es ja schon längst kaufen, und bin froh, dass wir es nun auch noch gemeinsam lesen.

  • die heutigen Kapitel muss ich erst noch lesen :uups: deshalb erstmal noch ein paar Kommentare zu Euch von mir

    Bezüglich der Definition der Zeit von Newton und Leibniz fällt die Entscheidung gar nicht leicht, beide Varianten haben ja einen unbestreitbaren Wahrheitsgehalt. Allerdings kann ich mir auch nicht vorstellen, wie man im Alltag mit Zeit ohne realen Bezugspunkt umgehen könnte.

    Ja die subjektive Zeit ist genauso reell - ich merke das an mir, dass mir Tage, an denen ich viel Neues sehe und unterwegs bin, mir immer viel länger vorkommen als Tage zu Hause… aber trotzdem kann ich nicht aus meiner Haut und bin mehr der Mess-Typ und kann daher mit Newtons Definition besser umgehen. Mir fehlt wie Dir dieser Bezugspunkt - mein Vorstellungsvermögen kann ohne einen Bezugspunkt nicht arbeiten. So hab ich auch immer Probleme, mir das Universum vorzustellen oder gar die Tatsache, dass es sich noch immer ausdehnt…. wohin dehnt es sich aus???? ?( Ich brauch irgendwie für meinen Alltag eine Art klares Koordinatensystem, eben die messbare Zeit :uups:

    Leibniz als 8-jähriger, der die Bibliothek seines Vaters in Beschlag nimmt, ist aber auch eine sehr sympathische Erscheinung.

    Auch wenn uns als Bücherwürmer das Bild natürlich sympathisch ist, so tat mir der Junge gleichzeitig auch leid. Ein Bub in dem Alter sollte auch spielen und toben, nicht in einer Universität aufwachsen, den Büchern überlassen. 8-[

    Mich beeindruckt das immer außerordentlich, wenn ich mir diese Umstände vorzustellen versuche, da verneige ich mich in Gedanken immer voller Ehrfurcht unseren Vorfahren gegenüber.

    Solche Umstände entziehen sich ja eigentlich unserem Vorstellungsvermögen - "Deutschland" als der zentrale Hauptkriegsschauplatz muss total verwüstet und ziemlich menschenleer gewesen sein :pale: und trotzdem haben sich die Menschen immer wieder aufgerafft, trotz aller widrigen Umstände, den Herrschenden sehr willkürlich ausgeliefert… ja, mir geht es wie Dir, man kann sich nur verneigen vor so viel Lebenswillen und Wissbegier :applause:

    Ist Euch auch aufgefallen, dass unser Gottfried Wilhelm am kommenden Dienstag seinen 370. Geburtstag feiert?

    nein *schäm* - dann können wir ja darauf anstoßen am Dienstag :anstossen:

    Muss ja auch ein seltsamer Stiefvater gewesen sein, der das Kind seiner Angetrauten nicht mit in sein Haus aufnimmt

    und eine seltsame Mutter, die damit einverstanden ist [-( es ist wirklich erstaunlich, dass Newton trotz dieser Kindheit so eine Neugier aufs Leben und seine Rätsel entwickelt hat - oder hat er sie gerade deswegen entwickelt, weil er so sich selbst überlassen war? :-k


    Beide, Leibniz wie Newton, müssen sehr intelligente Kinder gewesen sein, aber beide auch recht alleine :-s

    Ein faszinierendes Buch hast Du uns da empfohlen, Squirrel! Ich wollte es ja schon längst kaufen, und bin froh, dass wir es nun auch noch gemeinsam lesen.

    Danke - ich hab es übrigens von einer ganz lieben Freundin geschenkt bekommen - huhu @Moose :winken:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Ja, das hab ich auch mal irgendwo gelesen, dass nicht mehr viele Menschen da waren nach dem 30-jährigen Krieg. Und wenn der kümmerliche Rest auch noch davon gelaufen wäre, dann gäbe es heute womöglich gar keine Deutschen. Aber die blieben ja Gott sei Dank in diesem schönen Land und haben Europa wesentlich mitgestaltet.

  • Ein Bub in dem Alter sollte auch spielen und toben, nicht in einer Universität aufwachsen, den Büchern überlassen.

    Aber ich glaube, der war schon so veranlagt. Sehr gerne soll er sich ja nicht bewegt haben, Süßes hat er geliebt; ich denke für den kleinen Gottfried Wilhelm war die Bibliothek schon mehr als nur ein Ort, den er mangels anderer Beschäftigung aufgesucht hat. Mit Gleichaltrigen war es ihm wahrscheinlich zu langweilig, da fehlten die geistigen Anreize.
    Der Newton hat sich ja auch von seinen Kommilitonen und ihren Wirtshausbesuchen ferngehalten. Für kluge und neugierige Geister gibt es dort halt nichts Spannendes zu entdecken.

  • Und wenn der kümmerliche Rest auch noch davon gelaufen wäre, dann gäbe es heute womöglich gar keine Deutschen.

    na, das konnten sie ja nicht - ohne Erlaubnis des Herrschers durften die Landesbewohner ja nirgendwo hin, schon kaum außer Landes. Das war früher noch richtig heftig, die Menschen waren echt angekettet und konnten nicht einfach so weiterziehen 8-[

    Sehr gerne soll er sich ja nicht bewegt haben, Süßes hat er geliebt;

    ich glaub, ich bin mit Leibniz verwandt :totlach:

    Für kluge und neugierige Geister gibt es dort halt nichts Spannendes zu entdecken.

    Vermutlich hast Du recht, zwei derart außergewöhnliche Geister konnten mit den normalen Gleichaltrigen nicht viel anfangen. Und trotzdem bleibt da bei mir so ein vages Gefühl, auch wenn es sehr wahrscheinlich nicht richtig ist...

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • In schweren Zeiten sind sie außerdem geboren worden, Newton im Bürgerkrieg in England und Leibniz am Ende eines langen, europaweiten Religionskrieges. Deutschland, in Kleinst- und Kleinstaaten zersplittert, muss ja wirtschaftlich völlig am Ende gewesen sein. 30 Jahre Krieg, eine ganze Generation hat nichts anderes erlebt als unvorstellbares Elend, Angst und Leid, und trotzdem kann das den Forschergeist nicht bremsen, nicht die Neugier nach Wissen und Erkenntnis

    Vielleicht sogar gerade deswegen. Wenn alles Eitel, Wonne, Sonnenschein ist, dann ist man versucht, diese Realität so lange wie möglich zu erhalten. Wenn aber unzumutbare Zustände herrschen, dann sinnt man vielleicht eher nach Veränderung und Neuem, träumt und philosophiert von einer besseren Welt, von Erleichterungen im Alltag, denkt generell mehr nach.
    Nur so ein Gedanke.

    Kann man sich gut vorstellen, wie die großen Räderuhren auf den Kirch- und Stadttürmen zu allen möglichen Zeiten geschlagen haben, die uns gar nichts bedeuten würden ... z. B. das Schließen der Stadttore, die Eröffnung des Marktes, den Beginn der Ratsversammlungen ...

    wobei es auch heute noch Gelegenheiten gibt, die nichts mit reiner Zeitangabe zu tun haben.
    Um ein positives Beispiel zu bringen: wenn die Hochzeitsglocken läuten

    Und doch muss der Mensch diesen Wunsch nach einer Strukturierung des Tages schon lange in sich getragen haben,

    was man sich gar nicht mehr vorstellen kann, wie sich die Leute damals verabredet haben, bevor es Uhren gab bzw. wie lange man auf seine Verabredung wartete, wenn die Zeitangabe lautete : bei Sonnenuntergang

    Woraus besteht das alles, was uns umgibt, das Weltall, und wir selber auch? Diese Fragen stellt sich wohl jeder Mensch im Laufe seines Lebens beim Blick in den nächtlichen Himmel einmal.

    ja, ich schaffe es immer noch nicht, mit mehr als unser Sonnensystem vorzustellen. Irgendwo muss ja mal Ende sein, aber was ist das Ende des Weltalls?

    Ein faszinierendes Buch hast Du uns da empfohlen, Squirrel! Ich wollte es ja schon längst kaufen, und bin froh, dass wir es nun auch noch gemeinsam lesen.

    das kann ich nur so unterschreiben! Bin ja auch schon lange drum rum geschlichen

    nein *schäm* - dann können wir ja darauf anstoßen am Dienstag

    Sekt hab ich eingekühlt :anstossen:

    ich glaub, ich bin mit Leibniz verwandt

    :totlach: dann bin ich das aber auch, und dann wären wir beide ja auch wiederum verwandt .... jaja, eine große Familie

    Vermutlich hast Du recht, zwei derart außergewöhnliche Geister konnten mit den normalen Gleichaltrigen nicht viel anfangen. Und trotzdem bleibt da bei mir so ein vages Gefühl, auch wenn es sehr wahrscheinlich nicht richtig ist...

    jetzt hast du mich neugierig gemacht, welches vage Gefühl du hast :-k


    So, aber jetzt mach ich mich ans Weiterlesen, bin heute noch etwas in Verzug (musste erst noch alle Bücher vom Büchereiflohmarkt heute eintragen :-, )

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    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
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    :study:

  • bzw. wie lange man auf seine Verabredung wartete, wenn die Zeitangabe lautete : bei Sonnenuntergang

    Vermutlich haben die Menschen nicht wirklich gewartet, die hatten zu viel zu tun. Und zum anderen waren die Definitionen damals für die Menschen bestimmt genauer - schau Dir auf S. 40 die Beschreibung der Nacht an, das ist genau das was ich meine. Da ist nicht einfach Nacht, sondern sie ist in viele Phasen unterteilt. Wenn also jemand im März sagte "bei Sonnenuntergang", dann war für die Menschen damals genau klar, wann derjenige kommen würde.

    jetzt hast du mich neugierig gemacht, welches vage Gefühl du hast

    schwierig auszudrücken - ich hab immer so ein düsteres Bild im Kopf wie der Junge allein und verlassen in der dunklen Bibliothek sitzt und sich keiner um ihn kümmert. Diese Universität bzw. die Lebenssituation dort wird auch so düster beschrieben, finde ich. Aber das Gefühl kann einfach täuschen.


    Ich wollte weiter sein, bin aber eben auf der Couch eingeschlafen. :pale: aber jetzt :study:

    viele Grüße vom Squirrel



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  • so, endlich aufgeholt :uups:


    Die beiden Forscher haben also sehr unterschiedliche Leben geführt und diese bewirken somit auch ihre unterschiedlichen Methoden, Gedanken und Theorien. Während Newton die Zeit im Leben, in der Natur beobachten und daraus ableiten kann, ist Leibniz der Theoretiker, der die Praxis, das reelle Leben mehr oder weniger ignoriert und alles in Gedanken ordnet, alles gedanklich zerlegt bis ins kleinste und Experimente für nicht beweis-kräftig erachtet. Sehr unterschiedliche Ansätze an die gleichen Wissenschaften zeigen sich da! Wie wäre es wohl gelaufen, wenn die beiden jeweils in der Haut des anderen gesteckt hätten? Wie weit geht diese äußerliche Prägung bei diesen großen Denkern? Da beide am gleichen Thema arbeiten, wird das noch spannend inwieweit ihre Kindheit und Jugend ihre Erkenntnisse prägen. Aber ganz deutlich wird, woher sie jeweils ihren Ansatz zur Zeit bekommen, warum Newton die messbare Zeit für sich entdeckt während Leibniz in der subjektiven Betrachtung und Erfahrung bleibt.


    Und die Erinnerungslücken taten sich dann gleich mal wieder auf bei mir - puh wie war das mit dem Leviathan??? Ich weiß, dass ich in der Oberstufe Texte daraus bearbeiten musste, aber Hilfe, ich weiß nichts mehr davon. :shock: Auch die Verweise auf Aristoteles und Descartes zeigen mir die Lücken. Aber Descartes war schon ein wenig abgefahren in seinen Gedanken, dass wir alle nur Automaten sind und zwischen Tieren und Automaten keine Unterschiede bestehen. :-, All die Philosophen, denen wir hier begegnen, sind aber auch ganz oft der Naturwissenschaft verbunden, das eine gehört damals wohl zum anderen. Heute ist das ja wieder ganz unterschiedlich, da haben Philosophen und Naturwissenschaftler meist keine Berührungspunkte mehr.


    Sehr interessant fand ich den Ausflug in die "Zeit" in ihrer Entwicklung und wie es zu unserer heutigen Einteilung in Stunden und global betrachtet zu den Zeitzonen gekommen ist. Im Alltag denkt man ja nicht darüber nach, ob 12 Uhr wirklich bei jedem die gleiche Zeit ist. Also für terry und mich liegen da Differenzen vor, während terry und maiglöckchen ziemlich die gleiche Zeit haben. Auch die Taschen-Sonnenuhren find ich klasse - mit integriertem Kompass und Bedienungsanleitung, ist ja echt der Wahnsinn. Also wurde ab einem bestimmten Zeitpunkt doch viel Wert auf die persönliche Zeitfeststellung gelegt. Allerdings nehme ich an, dass sich der normale Arbeiter oder Bauer so etwas nicht leisten konnte. :uups:

    viele Grüße vom Squirrel



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  • Gut, dass man ihn auf eine weiterführende Schule gegeben hat, aber ich denke, diesen Wissensdrang hätte nichts und niemand aufzuhalten vermocht.

    Damit hat seine Mutter ihn sicher einen großen Gefallen getan, denn wie zu lesen war konnte er so gar nix mit Schafe hüten anfangen.

    Eigentlich schade, wie weit wir uns heute vom Leben im Einklang mit der Natur, der Länge des Sonnentages oder dem Wechsel der Jahreszeiten entfernt haben.

    Kannst du mir da ein bestimmtes Beispiel geben? Zwar stimme ich dir hier irgendwo zu, aber freuen wir uns nicht heute auch noch darüber, wenn es endlich wieder Sommer wird? Die Tage wieder länger, endlich wieder draussen sitzen und lesen?
    Gut ich bin viel durch meinen Beruf draussen in der Natur und freue mich im Frühjahr über jedes neu endeckte Schneeglöckchen :love::love: Vorallen wenn ich sie in Ecken endecke, wo die Sonne doch nicht gleich hinkommt. Wo ich weis, das im Winter sehr selten doch Sonne ist.


    so tat mir der Junge gleichzeitig auch leid. Ein Bub in dem Alter sollte auch spielen und toben, nicht in einer Universität aufwachsen, den Büchern überlassen.

    So war es mir beim lesen gar nicht bewusst geworden :pale: Irgendwie ging ich davon aus, das gerade die Bibliothek sein perfekter Rückzugort für ihn war. Das er sich gar nix anderes vorstellen konnte.

    Während Newton die Zeit im Leben, in der Natur beobachten und daraus ableiten kann, ist Leibniz der Theoretiker, der die Praxis, das reelle Leben mehr oder weniger ignoriert und alles in Gedanken ordnet, alles gedanklich zerlegt bis ins kleinste

    Dadurch das Newton auf dem Lande aufgewachsen ist hat er doch viel mehr den Bezug zur Natur (auch wenn er kein Schäfer sein wollte :lol: ) Leibnitz ist wahrscheinlich schon auf Grund seiner Herkunft viel eher der Philosoph....Ob die Eltern von Leibnitz jemals mit ihm in der Natur (Garten, Wald ) gewesen sind??? Einfach mal mit der ganzen Familie ein Picknick gemacht haben???

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • na, das konnten sie ja nicht - ohne Erlaubnis des Herrschers durften die Landesbewohner ja nirgendwo hin, schon kaum außer Landes. Das war früher noch richtig heftig, die Menschen waren echt angekettet und konnten nicht einfach so weiterziehen

    Ja, sicher, ganz richtig; da hab ich wieder mal zu sehr aus der modernen Perspektive gedacht. So eine Schande ... :uups:

    ich glaub, ich bin mit Leibniz verwandt

    Ebenfalls!! :wink:

    Vielleicht sogar gerade deswegen. Wenn alles Eitel, Wonne, Sonnenschein ist, dann ist man versucht, diese Realität so lange wie möglich zu erhalten. Wenn aber unzumutbare Zustände herrschen, dann sinnt man vielleicht eher nach Veränderung und Neuem, träumt und philosophiert von einer besseren Welt, von Erleichterungen im Alltag, denkt generell mehr nach.
    Nur so ein Gedanke.

    Da möchte ich widersprechen, terry, weil ich glaube, dass geniale Menschen relativ unabhängig von äußeren Umständen ihrer Bestimmung nachgehen (müssen). Und wenn die Welt in Trümmern versinkt, die Pest wütet, die Scheiterhaufen brennen, wahren Forschergeist hält das nicht auf, und auch eigene körperliche Beschwerden nicht. Ich denke einfach, dass diese hervorstechenden Charaktere mit uns Otto-Normalverbrauchern nicht zu vergleichen sind. Die treibt ein inneres Feuer, eine Leidenschaft nach Erkenntnis, die wir gar nicht nachempfinden können.
    Wie ich in meiner vorhergehenden Lektüre "Die zweite Erschaffung der Welt" gelesen habe, war es ja auch nach umwälzenden Erfindungen oder Entdeckungen oft lange nicht klar, wie die genutzt werden können. Auch für die Forscher war nicht absehbar, wann und ob ihre Arbeit der Menschheit überhaupt etwas bringen würde. Wir sehen das alles natürlich aus unserer Perspektive mit der Distanz von Jahrhunderten viel klarer, und denken, dass es gar nicht anders hätte kommen können. Aber nach diesem hervorragenden Buch weiß ich jetzt, dass vieles, was uns letztlich weitergebracht hat, auch anders hätte verlaufen können. Das Entstehen unserer Wohlstandsgesellschaft hing öfter als einmal an einem seidenen Faden, und war von so vielen Faktoren, günstigen Gelegenheiten, unabsichtlich richtig getroffenen Entscheidungen, den richtigen Leuten zur richtigen Zeit am richtigen Ort abhängig, dass selbst so kluge Wissenschaftshistoriker wie Floris Cohen nicht alle Wegkreuzungen erkennen können.
    Also von sich einfach mal hinsetzen und darüber nachdenken, wie ich meinen Mitmenschen etwas Gutes tun könnte, von dem auch noch die kommenden Generationen profitieren werden, kann sicher gar keine Rede sein.
    Das ist aber nur meine eigene bescheidene Meinung, sozusagen die Conclusio, die ich aus oben genannter Lektüre gewonnen habe.

    Um ein positives Beispiel zu bringen: wenn die Hochzeitsglocken läuten

    Schönes Beispiel, Terry, konträr dazu fällt mir auch noch das Totengeläute ein, das aber eben auch zum Leben gehört. An Werkssirenen kann ich mich noch aus meiner Kindheit erinnern, aber ob es die heute auch noch gibt ...?

    ja, ich schaffe es immer noch nicht, mit mehr als unser Sonnensystem vorzustellen. Irgendwo muss ja mal Ende sein, aber was ist das Ende des Weltalls?

    Das geht mir auch so! Unendlichkeit kann sich ein sterbliches Wesen halt nicht vorstellen und auch nicht einleuchtend definieren. Auf die Sprünge geholfen hat mir persönlich, als ich von der Multiversumtheorie gelesen habe. Die Idee, dass unser Universum nicht das einzige ist, und immer wieder neu entstehen und vergehen wird, wie viele andere auch, gefällt mir sehr gut. Wobei sich dann wieder die Frage stellt, in welcher Materie diese Universen "schwimmen", und ob wir da auch immer wieder mal vorkommen - oder eher nicht!
    Die Dimensionen, um die es sich dabei handelt, werden für uns Menschlein wohl nie absehbar sein, weil uns einfach die "kosmische Mobilität" fehlt, sowohl geistig als auch körperlich. Da hat uns der liebe Gott (an den ich übrigens nicht glaube) gewiss für alle Ewigkeiten unüberwindbare Grenzen gesetzt.

    Da ist nicht einfach Nacht, sondern sie ist in viele Phasen unterteilt.

    Davon habe ich auch im Buch "Durch die Nacht" gelesen, und dass das Durchschlafen, wie für uns heute üblich und mit allen Mitteln herbei gezwungen, für unsere Vorfahren gar nicht erstrebenswert war. Wenn die nach einem langen Arbeitstag nach Hause kamen, haben sie sich gleich mal hingelegt, um nach mehreren Stunden wieder aufzuwachen, kleineren Verrichtungen oder auch häuslichen Vergnügungen nachzugehen, und dann noch einmal eine zweite Schlafphase anzuhängen. Und auch in den Klöstern wurde der Schlaf ja um Mitternacht unterbrochen, um das Lob Gottes zu singen.
    In unserem aktuellen Buch wird ja besonders betont, dass Leibniz wegen seiner Studien immer erst nach Mitternacht ins Bett gegangen ist, und dann auch durchgeschlafen hat, also ein ganz unübliches Verhalten für die damalige Zeit.

  • weil ich glaube, dass geniale Menschen relativ unabhängig von äußeren Umständen ihrer Bestimmung nachgehen (müssen). Und wenn die Welt in Trümmern versinkt, die Pest wütet, die Scheiterhaufen brennen, wahren Forschergeist hält das nicht auf, und auch eigene körperliche Beschwerden nicht. Ich denke einfach, dass diese hervorstechenden Charaktere mit uns

    Was mir dabei immer wieder durch den Kopf geht...Ist es nicht auch teilweise so das Könige, Machthaber sehr gerne solch kluge Köpfe unterstützt haben und sie somit gewisse Vorteile hatten. Sie eben nicht in den Krieg ziehen mussten.

    Davon habe ich auch im Buch "Durch die Nacht" gelesen, und dass das Durchschlafen, wie für uns heute üblich und mit allen Mitteln herbei gezwungen, für unsere Vorfahren gar nicht erstrebenswert war. Wenn die nach einem langen Arbeitstag nach Hause kamen, haben sie sich gleich mal hingelegt, um nach mehreren Stunden wieder aufzuwachen, kleineren Verrichtungen oder auch häuslichen Vergnügungen nachzugehen, und dann noch einmal eine zweite Schlafphase anzuhängen.

    Für mich persönlich finde ich den heutigen Schlafrhythmus besser :thumleft: Mir geht es viel besser, wenn ich meine 7 Std Schlaf an einem Stück hatte, da bin ich viel ausgeglichener, viel konzentrierter.

    Sobald wir lernen, uns selbst zu vertrauen, fangen wir an zu leben. ( Johann Wolfgang Goethe )


    Jede Begegnung , die unsere Seele berührt hinterlässt eine Spur die nie ganz verweht. ( Lore-Lillian Boden )

  • Sehr unterschiedliche Ansätze an die gleichen Wissenschaften zeigen sich da! Wie wäre es wohl gelaufen, wenn die beiden jeweils in der Haut des anderen gesteckt hätten? Wie weit geht diese äußerliche Prägung bei diesen großen Denkern? Da beide am gleichen Thema arbeiten, wird das noch spannend inwieweit ihre Kindheit und Jugend ihre Erkenntnisse prägen.

    Das wird ganz sicher noch viel spannender als es schon ist, Squirrel! In Newton hat sich wahrscheinlich "Handwerker & Theoretiker" in einer perfekten Kombination gefunden, während Leibniz mit seinen philosophisch-analytisch-mathematischen Ambitionen mehr reiner Denker war. Aber die Welt muss ihn trotzdem in all ihren Facetten fasziniert haben bei den Fragen, die er sich gestellt hat.
    Ob da die Kindheitserlebnisse eine große Rolle spielen, sei dahingestellt; ich denke, das ist einfach eine angeborene Begabung. Der eine hat's, der andere nicht. Und das soziale Umfeld kann auf die beiden auch keinen großen Einfluss ausgeübt haben, sonst wären sie nicht geworden, was sie sind. Das sind Ausnahmeerscheinungen, die man nicht mit "normalen" Kindern vergleichen kann.

    All die Philosophen, denen wir hier begegnen, sind aber auch ganz oft der Naturwissenschaft verbunden, das eine gehört damals wohl zum anderen. Heute ist das ja wieder ganz unterschiedlich, da haben Philosophen und Naturwissenschaftler meist keine Berührungspunkte mehr.

    Mit den vielen unterschiedlichen philosophischen Gedankengebäuden tu ich mir auch immer ziemlich schwer, obwohl ich erst kürzlich "Erkenne die Welt" - eine Geschichte der Philosophie von Richard David Precht gelesen habe. Im Altertum waren Naturerkenntnis und Philosophie keinesfalls getrennt, das kam erst später, als die Naturerkenntnis tatsächlich zur Wissenschaft wurde (und schon wieder muss ich an "Die zweite Erschaffung der Welt" denken, das ist dort alles so super erklärt, das Buch solltet Ihr wirklich lesen).
    Auf jeden Fall war es bis zum Beginn der Neuzeit so, dass die Schriften des Aristoteles der Weisheit letzter Schluss waren, obwohl der gute Mann keine Experimente machte, sondern nur durch rein logische Schlussfolgerungen zu seinen Erkenntnissen gelangte. Mich hat es immer gewundert, dass es überhaupt so lange dauerte, bis man das alles mal experimentell überprüft hat, und als es dann soweit war, ist das aristotelische Weltbild ja auch ziemlich rasch zusammengestürzt.
    Rene Descartes mag ich persönlich als große Tierfreundin klarerweise gar nicht, wie kann man fühlende Lebewesen bloß mit leblosen Automaten gleichsetzen! Dass die Natur von Hobbes und Descartes wie ein technisches Wunderwerk gesehen wird, dass das große Ganze aus vielen kleinen Einzelteilen besteht, erscheint uns heute ja auch ganz logisch, aber anscheinend muss wirklich alles zum erstenmal gedacht werden, ehe es Allgemeingut wird.

    Kannst du mir da ein bestimmtes Beispiel geben?

    Ja, maiglöckchen, kann ich! Wenn es immer nur Frühling oder Sommer wäre, wären wir all der Schönheit und Fülle bald überdrüssig. An den Schneeglöckchen kannst Du Dich ja nur erfreuen, weil es vorher Winter war, dunkel und kalt. Würden die Schneeglöckchen das ganze Jahr über blühen, würden wir sie letzten Endes gar nicht mehr sehen. Gerade durch den Wechsel der Tages- und Jahreszeiten ist unser menschliches Dasein so reich, so bunt und vielfältig. In Weltgegenden, wo dieser Wechsel nicht so ausgeprägt ist, haben sich auch ganz andere Kulturen mit anderer Mentalität und anderen Werten entwickelt.
    Früher hatten die Bauern durch die Helligkeit eben lange, harte Tage mit viel Arbeit zu überstehen. Die haben sich sicher gefreut, wenn es endlich wieder früher dunkel wurde, wenn sie Zeit zum Ausruhen hatten, Zeit fürs Kartenspielen oder Schnitzen oder sonstige Arbeiten, zu denen sie im Sommer nicht gekommen sind.
    Genau das ist es, was ich mit dem verlorenen Rhythmus meine. Mein Tag beginnt sommers wie winters um 5 Uhr. Ich kann mich nicht auf den Winter freuen, dass ich früher schlafen gehen und später aufstehen könnte. Mein Tagesablauf wird, wie Deiner sicher auch, von der Uhr diktiert. Aber wenn ich erst mal in Pension bin (in 5 Jahren), dann wird alles anders, dann wird das Haus uhrenfrei, und ich tu überhaupt nur mehr, was ich will. Leider wird das aber nicht so gehen. Wir sind ja schließlich von Jugend an dressiert und können uns im Alter sicher nicht mehr umstellen.

  • Ob die Eltern von Leibnitz jemals mit ihm in der Natur (Garten, Wald ) gewesen sind??? Einfach mal mit der ganzen Familie ein Picknick gemacht haben???

    Das war gar nicht üblich, Kinder wurden nicht wie wir heute erzogen. Die liefen nebenher, erst recht in wohlhabenderen Familien, in denen Angestellte sich um die Kinder kümmerten.

    da hab ich wieder mal zu sehr aus der modernen Perspektive gedacht. So eine Schande ...

    Ach was, passiert mir doch auch ständig. Ich muss mir immer wieder bewusst machen, dass die Lebensumstände damals ganz andere waren. :wink:

    dass geniale Menschen relativ unabhängig von äußeren Umständen ihrer Bestimmung nachgehen (müssen). ….. dass diese hervorstechenden Charaktere mit uns Otto-Normalverbrauchern nicht zu vergleichen sind.

    Das seh ich genauso, diese Menschen spielen in einer ganz anderen, für uns nicht nachvollziehbaren Liga :thumleft:

    Wenn die nach einem langen Arbeitstag nach Hause kamen, haben sie sich gleich mal hingelegt, um nach mehreren Stunden wieder aufzuwachen, kleineren Verrichtungen oder auch häuslichen Vergnügungen nachzugehen, und dann noch einmal eine zweite Schlafphase anzuhängen.

    Das wird hier aber auch so beschrieben - ich kann mir das zwar nur schwer vorstellen, aber es war offenbar ganz normal. Nur Leibniz hatte einen ganz anderen Tag-Nacht-Rhythmus, der war eine Nachteule so wie ich normalerweise auch. Mich zwingt ja auch nur der künstliche Zeitrhythmus unseres Lebens früher ins Bett und wieder raus.

    Und das soziale Umfeld kann auf die beiden auch keinen großen Einfluss ausgeübt haben, sonst wären sie nicht geworden, was sie sind.

    Ich meinte das etwas spezieller: steck die Kinder Newton und Leibniz gedanklich jeweils in die andere Position. Wenn also Leibniz derjenige gewesen wäre, der in die Natur gemusst hätte und Newton wäre total verschult und abgetrennt von der Natur aufgewachsen - wären aus ihnen die gleichen Denker geworden oder hätten sie nicht doch ganz andere Ansätze entwickelt? Denn das ist schon auch eine Prägung durch das soziale Umfeld - auch wenn es eben kaum vorhanden war.

    Dass die Natur von Hobbes und Descartes wie ein technisches Wunderwerk gesehen wird, dass das große Ganze aus vielen kleinen Einzelteilen besteht, erscheint uns heute ja auch ganz logisch, aber anscheinend muss wirklich alles zum erstenmal gedacht werden, ehe es Allgemeingut wird.

    Man musste ja auch die Möglichkeiten haben, diese Dinge zu untersuchen. In viele Einzelteile konnte man erst hineinsehen, nachdem Sektionen erlaubt waren oder das Mikroskop erfunden oder oder oder. In weiten Teilen blieb ja erst mal nur das theoretische Denkgebäude als Mittel der Wahl. Und trotzdem verblüffend, wie viel davon dann in Grundzügen doch stimmte. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn