Horace McCoy - Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss / They shoot horses, don't they?

  • Der Autor:
    Horace McCoy (geboren 1897 in Tennessee, gestorben 1955 in Kalifornien) war ein US-amerikanischer Schriftsteller und Drehbuchautor.Nachdem er seinen Lebensunterhalt als Mechaniker, Taxifahrer, Soldat im Ersten Weltkrieg und als Sportjournalist verdient hat, zog ihn in den 1930er Jahren der Glamour Hollywoods an. Er versuchte sich wenig erfolgreich als Schauspieler, schrieb Kurzgeschichten und wurde vermehrt als Drehbuchautor angeheuert. „They shoot horses, don’t they?“ ist sein erster und erfolgreichster Roman, der allerdings erst nach dessen Tod wirklich beachtet wurde. Weitere Romane von ihm spielen ebenfalls zur Zeit der Grossen Depression, sind stark autobiographisch geprägt, bspw „I should have stayed home“ und „No pockets in ashroud“. 1955 stirbt McCoy verarmt, vom Alkoholismus gezeichnet, an einem Herzinfarkt.


    Inhalt:
    Hollywood in den 1930er Jahren: es ist die Zeit der Grossen Depression. Die Weltwirtschaftskrise trieb viele Menschen in die Armut; für ein Obdach und wenig Essen sind viele Menschen bereit alles zu tun. Gerade junge Leute hoffen darauf, von einem der Filmstudios entdeckt zu werden, und so wie heute Castingshows angesagt sind, gab es damals Tanzmarathons. Tage-, ja wochenlang wird getanzt, die Pausen sind streng geregelt, bis zur körperlichen Erschöpfung, oder besser: Selbstzerstörung. Neben einem zweifelhaften Preisgeld (bedenkt man mal die Strapazen), verleihen Sponsoren, B-Promis und „Derbys“ (also kleine Events zwischendurch) dem ganzen Spektakel etwas Medienpräsenz. DieTeilnehmer, in der Regel ohnehin schon pleite und desillusioniert, verlieren während des Wettkampfs eigentlich den Rest menschlicher Würde.
    Im Mittelpunkt der Geschichte stehen Robert und Gloria, die sich erst kurz vor der Veranstaltung kennen gelernt haben. Und gleich zu Beginn, sozusagen als Rahmenhandlung, steht Robert vor Gericht, des Mordes an Gloria angeklagt, und am Ende des Buches versteht man als Leser sehr gut seinen einzigen Kommentar zur Verteidigung: Sie hat es so gewollt, denn auch Pferden gibt man den Gnadenschuss…


    Meinung:
    Meine Güte, Tanzmarathons! Ich hatte ja keine Ahnung, aber das alles in dem Buch gab es wirklich! Wer Interesse hat, dieser Spiegel-Artikel von 2011 gibt einen guten Überblick über die damaligen „Gladiatorenkämpfe“.
    Tanzen ist nun wirklich kein Thema, welches mich sonderlich interessiert, aber Sinn dieser Erzählung ist ja vielmehr die Armut, das ausgenutzt werden, die Hoffnungslosigkeit, der Verlust letzter Träume,… Eine ganz hervorragende Erzählung, die mit rund 120 Seiten leider viel zu rasch durchgelesen ist.
    Die Geschichte wurde übrigens 1969 auch ziemlich erfolgreich (8 Oscar-Nominierungen + 1 Gewinner) mit Jane Fonda von Sydney Pollack verfilmt.

  • Der Roman steht schon wirklich lange auf meiner Wunschliste. Die deutsche Übersetzung ist entweder zu Fantasiepreisen oder - momentan am ehesten - überhaupt nirgends antiquarisch erhältlich. :wuetend: Einer meiner Kandidaten für eine dringende deutsche Wiederveröffentlichung! [-X

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Ja, leider wahr: von Horace McCoy gibt es derzeit keine deutschsprachigen Bücher. Die englischsprachige Originalausgabe ist aber auch ganz gut für Einsteiger, bzw für Leser geeignet, die eher selten auf englisch lesen. Der Autor kommt jedenfalls auf meine Merkliste, wer da mal ein Buch irgendwo entdeckt, der sollte die Gelegenheit wahrnehmen und das Ding mitnehmen.