Daniela Ohms - Winterhonig

  • Hier wird die Geschichte von Mathilda und Karl erzählt. Mathilda begegnet Karl schon als junges Mädchen von 9 Jahren Anfang der 30iger Jahre. Karl kommt auf das Nachbargut als Pferdeknecht, ins Paderborner Land. Mathilda spürt von Anfang eine Verbindung, zu dem jungen Burschen der aus der Fremde kam. So wird er schnell, zu einer Stütze für ein kleines Mädchen, dass nur eins von 10 Geschwistern ist. Zudem ist sie eine Halbweise. Die Mutter starb, als sie 6 Jahre alt war, und fehlt überall. Von ihrer Freundschaft und Liebe wird hier erzählt. Eine Liebe, die in den Zeiten des Zweiten Weltkriegs kaum eine Chance hatte. Karl verbirgt etwas und flieht nicht nur vor seiner Vergangenheit. Die Angst, auch Mathilda mit ins Unglück zu stürzen, ist immer gegenwärtig. Wie tief ihre Gefühle füreinander wirklich sind, merken sie erst, als der Krieg schon ausgebrochen ist und es keine Zukunft mehr für sie geben kann.


    Mathilda und Karl halten per Post Kontakt zueinander. Auf diesem Wege erst erfährt der Leser aus berührenden Briefen von der jeweiligen Vergangenheit der Zwei. Zeitangaben vor jedem Kapitel erleichtern das hin und her springen zwischen den Zeiten. Mal spielt die Geschichte im Jahre 1933 und dann wieder im Kriegsgeschehen 1940/41. Davon wie sie sich kennenlernten, wie Karl sein Leben verlaufen ist und wie sich ihr Alltag gestaltete, erzählen die Briefe. Man lernt sie immer besser kennen und verstehen. Auch begreift man schnell, wie hart das Leben für die Menschen damals war. Mit Karl ist man direkt im Krieg dabei und erlebt die Schrecken hautnah. Mathilda erzählt davon, wie schwer das Leben als jüngste von 10 Kindern gewesen ist. Wie schwer es gerade für die Frauen war, den Betrieb auf dem heimischen Bauernhof am Leben zu halten. Die Brüder waren ja alle im Krieg und der Vater für die Feldarbeit eigentlich schon zu alt. So bleibt alles an den Frauen hängen. Daniela Ohms beschreibt das Leben eindrucksvoll und authentisch. Es fällt schwer, das Buch überhaupt mal aus der Hand zu legen. Allerdings ist es auch nicht immer einfach zu lesen und Taschentücher sollten schon bereitstehen. Der Krieg wird mit seiner ganzen Grausamkeit genauso geschildert wie die heiteren Tage. Den auch diese gab es für Mathilda und Karl und auch für die Geschwister von Mathilda. Mir hat Winterhonig sehr gut gefallen, ich konnte gut mit den Protagonisten mitfiebern, trauern und bangen. Aber auch lachen und hoffen. In schweren Zeiten wachsen die Menschen zusammen und die Werte verändern sich. Auch hier ist dies deutlich zu spüren. Die Autorin hat genau die richtigen Worte gefunden, um diese wundervolle Geschichte einer großen Liebe richtig zu erzählen.


    In einem Nachwort klärt Daniela Ohms Fiktion und Wahrheit und erzählt davon, dass die Geschichte einen realen Hintergrund hat. Vor allem, wie sie zu der Idee zu diesem Buch kam. Geschichten mit realem Hintergrund sind mir die Liebsten. Winterhonig ist mir direkt ins Leseherz gegangen.


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  • "Zwei Fische sind wir im strömenden Wasser"



    Wow, was für ein Buch! Jetzt muss ich erst einmal durchatmen und verarbeiten, so schön, wie auch grausam war dieses Buch.
    Es kommt bei mir ja nicht so oft vor, dass ich rings um mich alles vergesse und einfach nur lese, obwohl eigentlich genügend anders zu erledigen wäre.
    Aber dieses Buch hat es geschafft, so dass ich es heute nicht mehr aus der Hand legen konnte.


    Es erzählt die Lebensgeschichte von Karl und Mathilda, wie hart die Zeit in den Kriegsjahren war. Sehr authentisch, sehr genau, wie ich es teilweise auch von den Erzählungen meiner Oma kannte. Das Landleben und die Kriegsjahre werden so bildhaft geschildert, dass ich gleich mitten im Geschehen und mitten in der Geschichte war. Die Autorin hat hier die Erinnerungen ihrer eigenen Oma und auch ihre genauen Recherchearbeiten mit einfließen lassen und genau das merkt man auch.
    So realistisch ist der Roman geschrieben. Manchmal spicke ich ja ins Nachwort, hier habe ich mich aber nicht getraut.
    Ich wollte nicht wissen, was Wirklichkeit war und was Fiktion. Ich dachte nur sehr oft, oh Gott, lass das so nicht passiert sein...


    Wenn auch viel Fiktion im Roman ist, wie die Autorin im Nachwort ausführlich erklärt, so enthält der Roman auch viel Wahrheit. Lässt auch die schlimmsten Grausamkeiten nicht aus in einer Zeit, wo Menschen manchmal keine Menschen mehr waren. Vorallem über das Leben von Philipp von Boeselager hat die Autorin viel recheriert und hat hier sehr viel historisches Geschehen geschickt mit "ihrer" Geschichte verwoben, so dass alles wirklich so hätte sein können.


    Genau diese "Realität" hat mich auch so mitgenommen, hat mich mitfiebern, mittrauern, mitfreuen lassen.


    Der Schreibstil ist sehr bildhaft, manchmal fast ein bisschen poetisch, aber keineswegs kitschig. Wie auch die miteingewobene Liebesgeschichte, berührend jedoch frei von jeglichen Kitsch und Klischees.


    "Winterhonig" bekommt von mir eine uneingeschränkte Leseempfehlung und die Höchstwertung von :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sternen.
    Ein wunderbar warmherziger Roman, sowie auch schonungslos was die Härte des Krieges betrifft.
    Auf jeden Fall ein absolutes Lesehighlight!

    Wir brauchen Geschichten.
    Wer möchte denn nur ein Leben führen, wenn er das von vielen besuchen kann?
    Sabrina Qunaj - Das Blut der Rebellin