Celeste Ng - Was ich euch nicht erzählte / Everything I Never Told You

  • Kurzmeinung

    Marie
    Liebe zwischen Eltern und Kindern - Erwartung, Hoffnung, Angst und Druck
  • Kurzmeinung

    Fezzig
    Ng kann erzählen, aber ich dachte häufiger: gäbe es mehr Kommunikation in der Familie, würde das Buch nicht existieren.
  • Kurzbeschreibung (Quelle: amazon)
    "Lydia ist tot." Der erste Satz, ein Schlag, eine Katastrophe. Am Morgen des 3. Mai 1977 erscheint sie nicht zum Frühstück. Am folgenden Tag findet die Polizei Lydias Leiche. Mord oder Selbstmord?
    Die Lieblingstochter von James und Marilyn Lee war ein ruhiges, strebsames und intelligentes Mädchen. Für den älteren Bruder Nathan steht fest, dass der gutaussehende Jack an Lydias Tod Schuld hat. Marilyn, die ehrgeizige Mutter, geht manisch auf Spurensuche. James, Sohn chinesischer Einwanderer, bricht vor Trauer um die Tochter das Herz. Allein die stille Hannah ahnt etwas von den Problemen der großen Schwester. Was bedeutet es, sein Leben in die Hand zu nehmen? Welche Kraft hat all das Ungesagte, das Menschen oft in einem privaten Abgrund gefangen hält? Nur der Leser erfährt am Ende, was sich in jener Nacht wirklich ereignet hat.


    Autorin (Quelle: amazon)
    Celeste Ng (sprich: Ing) wuchs auf in Pittsburgh, Pennsylvania und in Shaker Heights, Ohio. Ng studierte in Harvard und machte ihren Master an der University of Michigan. Sie schrieb Erzählungen und Essays, die in verschiedenen literarischen Magazinen erschienen und mit dem Hopwood Award und dem Pushcart Prize ausgezeichnet wurden. 'Was ich euch nicht erzählte' ist ihr erster Roman, ein New York Times-Bestseller, der, vielfach prämiert, in 20 Sprachen übersetzt wurde und auch verfilmt wird.


    Allgemeines
    Titel der Originalausgabe: "Everything I never told you", ins Deutsche übersetzt von Brigitte Jakobeit
    Erscheinungstermin: 27.05.2016 bei der dtv Verlagsgesellschaft als Hardcover mit 288 Seiten
    Gliederung.: Portrait der Autorin - Anmerkung zum Roman - zwölf Kapitel
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven
    Handlungszeit und -ort: Gegenwartshandlung 1977 mit Rückblenden in die Vergangenheit, Middlewood / Ohio


    Zum Inhalt
    Im Mittelpunkt des Romans, dessen übergeordnete Handlung im Jahr 1977 in einer amerikanischen Kleinstadt spielt, steht die binationale Familie Lee: James Lee hat es als Sohn armer chinesischer Einwanderer zum Professor am College gebracht, seine amerikanische Frau Marilyn, deren Leidenschaft den Naturwissenschaften gilt, hat ihre beruflichen Ambitionen aufgegeben und widmet sich ihren drei Kindern Nath, Lydia und Hannah. Sie fühlt sich allerdings von den hauswirtschaftlichen Tätigkeiten nicht ausgefüllt. Als der Tod ihrer Mutter, die sie immer in die Rolle des "Hausmütterchens" zu drängen versuchte, Marilyn aufrüttelt, nimmt eine unheilvolle Entwicklung ihren Anfang, die zehn Jahre später in eine Katastrophe mündet.


    Beurteilung
    Die Handlung des Romans setzt im Frühjahr 1977 ein, als die scheinbar so wohlgeordnete Welt der Familie Lee aus den Fugen gerät. Die sechzehnjährige Lydia ist verschwunden und wird zwei Tage später tot aufgefunden. Während ihr Vater seine Trauer in einer Affäre zu ertränken versucht, glauben Marilyn und Nath an ein Fremdverschulden, obwohl sich infolge der polizeilichen Ermittlungen keinerlei Hinweise darauf ergeben. Lediglich das Nesthäkchen, die elfjährige Hannah, die neben ihrer von den Eltern stets bevorzugten Schwester Lydia fast schon ein außenstehender Beobachter ist, durchschaut die verhängnisvollen Unterströmungen im Familiengefüge weitgehend. Die Erzählung ist auf verschiedenen zeitlichen Ebenen angesiedelt. Die Ereignisse des Sommers 1977 werden im Präsens geschildert und machen den Leser zum Augenzeugen der Handlung. Die Rückblicke in die Vergangenheit sind im Präteritum gehalten und reichen bis in die Kindheit von James und Marilyn zurück. Dabei wird offensichtlich, wie sehr die Prägung der Eltern in ihrer eigenen Jugend unheilvollen Einfluss auf das spätere Familienleben nimmt. James, der aufgrund seiner asiatischen Herkunft nie richtig dazugehörte, wünscht sich für seine Kinder nichts sehnlicher als die komplette soziale Integration in einen großen Freundeskreis. Die begabte Marilyn, die ihren beruflichen Ehrgeiz nie ausleben konnte, fürchtet nichts mehr, als dass ihre geliebte Tochter Lydia nicht in dieselbe Falle tappt und ihr Leben als Hausfrau vergeudet. Nach den Lebensvorstellungen der Tochter fragt keiner der beiden Elternteile.
    Äußerst eindrucksvoll schildert die Autorin, wie Eltern durch Projektion ihrer eigenen Defizite und Wünsche auf ihr Kind dessen Leben entgegen bester Absichten komplett zerstören können.
    Der Leser erhält durch die aus Lydias Perspektive geschilderten Kapitel den Einblick in Lydias Psyche, der ihren Eltern nie zuteilwird, da es dem Mädchen nicht gelingt, gegen seine Eltern aufzubegehren, wodurch es sich in ein Lügengespinst flüchten muss und in die Isolation getrieben wird.
    Der Sprachstil ist anschaulich und niemals pathetisch, dennoch ist der Leser erschüttert und empfindet tiefes Mitgefühl für Lydia.
    Aufgrund der häufigen Wechsel von einer Zeitebene zur anderen erfordert die Lektüre Konzentration, auch die inhaltlich "schwere Kost" lässt es ratsam erscheinen, sich für die Lektüre dieses nicht allzu umfangreichen Romans Zeit zu nehmen.


    Fazit
    Ein ausgezeichnetes Psychogramm einer amerikanischen Familie der Siebzigerjahre, großartig geschrieben und lange im Gedächtnis haftend! Besonders für Eltern unbedingt empfehlenswert!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    (Anmerkung: Ich habe dieses Buch über vorablesen erhalten. In der Mail heißt es: "Eine mögliche Rezensionsfrist der Verlage kann dabei getrost ignoriert werden." Deshalb erscheint meine Rezension ausnahmsweise schon vor dem ET.)

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Was ich Euch nicht erzählte' erzählt die Geschichte einer Familie und ist ein Buch, das in einem sehr ruhigen und behutsamen Tempo geschrieben ist und lieber den Wert aufs Detail legt, anstatt von einer effektvollen Szene zur nächsten zu hasten. Die Atmosphäre ist zeitweilen traurig und düster, und nach und nach kommt auch immer mehr Spannung auf. Zwar ist natürlich nicht jedes Detail wichtig, aber so bekommt man ein sehr umfassendes Bild und nach und nach entfaltet sich das Buch zu einem richtig spannenden Werk.
    Das Buch liest sich von der ersten Seite an wie ein Tatzeugenbericht, sodass man nicht das Gefühl hat einen fiktionalen Roman vor sich zu haben, sondern ein Buch zu einem Ereignis, dass sich tatsächlich ereignet haben könnte. Das Spiel zwischen Drama und Krimi funktioniert absolut hervorragend. Das liegt zum einen an den lebensnahen Charakteren und zum anderen an der Art der Autorin zu schreiben: verstörend, unverblümt und direkt.


    Es ist ein schonungsloses Porträt einer Tragödie, ein Blick in die finstersten Regionen der menschlichen Seele, dort wo Verzweiflung, Resignation und Einsamkeit zu Hause sind. Eine Achterbahn der Gefühle. Man fühlt die Wut und die Hilflosigkeit der Protagonisten.
    Was mir an diesem Buch neben den gut beschriebenen Figuren und der Spannung sehr gut gefallen hat, war die Thematik der Geschichte und die sehr präzise Beobachtungsgabe der Autorin lässt es gelingen die verschiedenen Personen in diesem Buch zum Leben zu erwecken - sie beschreibt Menschen und ihre charakterlichen Eigenschaften sehr genau; ich konnte mir die verschiedenen Charaktere, sie sind vielschichtig und individuell aufgebaut, sehr lebendig vorstellen. Diese versteht die Autorin in die gut konstruierte Geschichte einzubauen, die für mich an keiner Stelle langweilig oder vorhersehbar war. Im Gegenteil, die immer wieder neue Sichtweise auf den Fall erhöht die Spannung und Celeste Ng gelingt es meisterlich eine fesselnde Geschichte um das Trauma der Familie zu schreiben, bei dem nach und nach die Sachlage aus verschiedenen Blickwinkeln entpackt wird. Nach und nach klärt sich dann der Blick - und auf verschlungenen Pfaden wird man zu dem tatsächlich Geschehenem geführt, welches viel verzwickter ist, als es oberflächlich erscheint.


    Neben der Charakterzeichnung hat mich auch der Schreibstil sehr gefesselt und dafür gesorgt, dass ich mich kaum von der Geschichte losreißen konnte. Celeste Ng hat einen eingängigen Stil, sie weiß mit Worten umzugehen und schafft es mühelos, Situationen plastisch zu schildern und den Leser in die Welt der Familie Lee mitzunehmen.

  • 'Lydia ist tot', das weiß der Leser vom ersten Satz des Buches an. Aus unterschiedlichen Perspektiven wird Lydias Leben in den Spätsechzigern und 70er Jahren erzählt und das ihrer Familie, einer Zeit, in der Mischehen und Mischlingskinder in den USA kaum akzeptiert wurden. Es geht um Entscheidungen, Erlebnisse, Ängste und dem Gefühl des Anders- und Ausgegrenztseins, das auch ihre Eltern bereits in den 50er Jahren erlebten. Ihre Mutter träumte von einer Tätigkeit als Ärztin und war damit ihrer Zeit weit voraus; ihr Vater fiel als Asiat immer wieder auf, war dem Spott und Abgrenzung ausgesetzt. Und soviel hat sich dann an sozialer Akzeptanz in den wenigen Jahrzehnten nicht getan: Lydia und ihre beiden Geschwister fallen immer noch durch ihr Aussehen auf und ihre Eltern versuchen permanent, Lydia in ein 'besseres Leben' zu helfen, stellen sie in den Mittelpunkt der Familie und überschütten sie mit ihren ehemaligen Wünschen und Zielen.
    Leider mangelt es in dieser Familie aber am Vermögen, mit einander zu reden, sich auszutauschen und auf einander einzugehen....


    Celeste Ng setzt aus vielen einzelnen Fragmenten ein sehr realistisches Bild der Familie zusammen, erstellt ein Psychogramm der Familie, zeigt auf, welche Auswirkungen Nichtgesagtes haben kann. Jedes Familienmitglied kennt höchstens einen Teil der Wahrheit und nur der Leser kann sich aus den Puzzleteilen ein Bild zusammen setzen und erfährt, was wirklich passiert ist. Klar und deutlich zeigt Celeste Ng auf, wie jedes Familienmitglied in den Strukturen und Regeln der Familie gefangen ist, wie eigene, nicht gelebte Träume andere in diese zwingen können und wie hilflos Kinder ihren Eltern ausgeliefert sein können und auf ihre eigenen Träume verzichten, zum 'Wohl der Eltern'; immer wieder mußte ich an Heilkoptereltern denken, also eine durchaus zeitlose Familientragödie, die Celeste Ng hervorragend erzählt, fesselnd vom Anfang bis zum Ende.


    Ein Buch, das man gar nicht mehr aus der Hand legen kann, bevor man es zu Ende gelesen hat.

  • Was ich euch nicht erzählte - Celeste Ng




    Lydia Lee ist 16 Jahre alt und wächst in einer amerikanisch-chinesischen Familie in Ohio auf. Sie ist der vergötterte Liebling der Eltern und damit der Mittelpunkt der Familie. Ihre beiden Geschwister Nath und Hannah nehmen im Familienleben eher Statistenrollen ein. Doch nun ist Lydia verschwunden und wird wenig später tot aufgefunden. Bruder Nath hat den Nachbarsjungen Jack in Verdacht, etwas mit dem Tod der Schwester zu tun zu haben. Doch Jack schweigt beharrlich. Die Polizei geht schon bald davon aus, dass Lydia keinem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist. Doch was ist geschehen?



    Die Handlung beginnt mit den Worten "Lydia ist tot". Dadurch weiß man sofort, dass es an dieser Tatsache nichts zu rütteln gibt und beobachtet die folgenden Szene, in der der Rest der Familie am Frühstückstisch sitzt und auf Lydia wartet, mit gemischten Gefühlen. Es gelingt der Autorin hervorragend, die drückende und bedrohliche Atmosphäre so zu vermitteln, dass sie ständig zwischen den Zeilen schwebt. Dadurch gerät man bereits früh in den Sog der mitreißenden Geschichte, da man unbedingt ergründen möchte, welche Umständen zu Lydias Tod geführt haben.



    Denn das Lieblingskind der Eltern hatte doch gute Noten, jede Menge Freunde und stand stets im Mittelpunkt der Familie. Sie muss doch einfach glücklich gewesen sein und sich geliebt und umsorgt gefühlt haben. In einem intensiven, aber doch einfühlsamen Schreibstil, schildert die Autorin die Ereignisse. Dazu nutzt sie wechselnde Perspektiven und springt auch in den Zeiten hin und her. Man ist sich allerdings stets bewusst, zu welcher Zeit sich die beschriebenen Ereignisse zutragen und aus welcher Perspektive sie betrachtet werden. Denn das Drama, das nun langsam seinen Lauf nimmt, zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch. Dabei gerät man unwillkürlich in den Sog der Ereignisse und mag die Geschichte nicht mehr aus der Hand legen, bevor man die letzte Seite gelesen hat.



    Denn Celeste Ng offenbart das ganze Ausmaß dieses Familienlebens nur Stück für Stück. Durch die wechselnden Perspektiven bekommt man einen guten Überblick über das Gesamtgeschehen und lernt die einzelnen Familienmitglieder besser kennen. Sie alle wirken auf ihre Art und Weise lebendig und ihre Handlungen glaubhaft und leider nachvollziehbar. Auch wenn man sich sicher nicht mit allen Handlungsweisen identifizieren kann und möchte, bekommt man doch einen Eindruck davon, warum das alles passieren konnte.



    "Was ich euch nicht erzählte" ist ein eindringlicher Roman, der direkt unter die Haut geht und zum Nachdenken anregt. Ich vergebe deshalb begeisterte fünf Bewertungssterne und eine klare Leseempfehlung!



    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • USA 1977 eine Kleinstadt in Ohio, die 16 jährige Lydia Lee wird eines Morgens vermisst, das Bett ist unangerührt und keiner weiß wo sie sein könnte. Jack ein Junge aus der Nachbarschaft hat sie sehr wahrscheinlich das letzte Mal gesehen, schweigt jedoch. Lydia stammt aus einer chinesisch-amerikanischen Familie, hat noch einen Bruder Nathan und ihre Schwester Hannah. Ihr Vater James ist Wissenschaftler und Mutter Marilyn hat ihr Medizinstudium der Familie wegen geopfert. Lydia ist das Lieblingskind beider Eltern, für sie möchte Marilyn die beste Zukunft, deshalb achtet sie darauf das Lydia fleißig lernt damit sich ihr Traum Ärztin erfüllen kann. Alles sieht nach heiler Welt aus, doch in jedem einzelnen wächst immer mehr die Unzufriedenheit, die an den Tag will. Als man wenige Tagen später die Leiche Lydia´s am angrenzenden See findet ist die Tragödie groß. Erst geht man von einem Verbrechen aus, nach dem man jedoch keine Beweise findet, vermutet die Polizei ein Suizid. Aber Marilyn will das nicht glauben, schien doch Lydia ein glückliches Mädchen zu sein und so zerbricht die Familie immer mehr. Was ist wirklich in dieser Nacht geschehen? Und wie konnte es soweit kommen das diese Tragödie passierte?


    Meine Meinung:
    Celeste Ng ist mit ihrem Debütroman ein wirklich gutes, gleichzeitig aber auch tragisches Werk gelungen. Ihr geht es in erster Linie nicht darum zu fragen wie ist sie gestorben, sondern es geht um das warum. Warum ist dieses Unglück passiert, wie konnte es soweit kommen ohne das jemand etwas bemerkt hat? Dieser vielfach prämierte Bestseller beschäftigt sich mit den Konflikten von Mischehen in den USA. Den in den 50 er Jahren war eher außergewöhnlich, eine solche Mischehe einzugehen. Aber auch bei den Kindern gehörten Konflikte an der Schule zur Tagesordnung und meist wussten die Eltern nichts davon. So bekommt der Leser in diesem Buch eine Einsicht, über das was jeder aus dieser Familie denkt und erlebt hat. Es fügt sich von Kapitel zu Kapitel ein Puzzle zusammen, was einen erschüttert, beängstigt, aber auch nachdenken lässt. Das Buch hat mich emotional sehr ergriffen und ist auch nicht unbedingt etwas für schwache Nerven. Dieses Werk ist kein Krimi, kein Thriller sondern im Grunde ein Roman, bzw. ein Familiendrama. Am Ende des Buches wird der Familie bzw. den Eltern einige ihrer Fehler bewusst. Leider hat sich auch in unserer heutigen Zeit, was die Themen und Konflikte anbelangt nicht allzu viel getan. Noch immer gibt es Rassismus und Ausländerfeindlichkeit in der Welt, vor dem gerade die Mischehen und -familien am meisten betroffen sind. Auf jeden Fall ist dies ein lesenswertes Buch, das für mich in die Bestsellerliste gehört und 5 von 5 Sterne verdient hat. :applause::thumleft:

  • Klapptext
    "Lydia ist tot." Der erste Satz, ein Schlag, eine Katastrophe. Am Morgen
    des 3. Mai 1977 erscheint sie nicht zum Frühstück. Am folgenden Tag
    findet die Polizei Lydias Leiche.
    Die Lieblingstochter von James und Marilyn Lee war ein ruhiges,
    strebsames und intelligentes Mädchen. Für den älteren Bruder Nathan
    steht fest, dass der gutaussehende Jack an Lydias Tod Schuld hat.
    Marilyn, die ehrgeizige Mutter, geht manisch auf Spurensuche. James,
    Sohn chinesischer Einwanderer, bricht vor Trauer um die Tochter das
    Herz. Allein die stille Hannah ahnt etwas von den Problemen der großen
    Schwester.


    Bewertung
    Celeste Ng`s „Was ich euch nicht erzählte“ ist eine sehr bewegende
    Familiendrama. Der Schreibstil der Autorin ist ruhig und klar, fast
    knapp. Trotzdem konnte sie viel Spannung aufbauen, so stellte man sich
    die Frage: war es Mord oder Selbstmord? bis zum Schlussteil.


    Die Charaktere aller Familienmitglieder gut beschrieben. Man konnte
    die Menschen beim Lesen vorstellen. Wenn man das Buch zu lesen beginnt,
    bleibt man in dieser Stimmung gefangen und es ist spannend bis zu
    letzten Seite.


    Ein lesenswerter Roman, der traurig bedrückend, aber auch bezaubernd
    auf den Leser wirkt. Ich werde mir die talentierte Autorin merken.

  • Lydia wird eines Morgens von ihrer Familie beim Frühstück vermißt und kurze Zeit später aus dem nahelegenen See tot geborgen.Die Ermittlungen der Polizei ergeben , daß es sich um einen Selbstmord handelt.
    Die Mutter Marilyn , der Vater James sowie ihre Geschwister Nath und Hannah sind gleichermaßen geschockt und versuchen , jeder auf seine Weise , mit dem Verlust umzugehen.Die Geschichte wird abwechselnd in der Gegenwart und in Rückblenden erzählt.
    James hat asiatische Wurzeln und hat Zeit seines Lebens um Anerkennung in der amerikanischen Gesellschaft gekämpft, Marilyns Traum war es Ärztin zu werden . Beide versuchen auf unterschiedliche Weise ihre unerfüllten Wünsche auf Lydia zu übertragen , was jedoch misslingt. Nath und Hannah fühlen sich von ihren Eltern nicht beachtet , worunter sie sehr leiden.
    Der Autorin ist es auf hervorragende Weise gelungen ,eine Familiengeschichte und einen Gesellschaftsroman zu verbinden.Er bietet dem Leser reichlich Gelegenheit zum Nachdenken auch bezüglich auf das eigene Verhalten.
    Ich spreche eine absolute Leseempfehlung aus. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • @Langeweile
    Auch zu diesem Roman existiert bereits ein Rezensionsthread, an den Du Deine Rezension anhängen solltest, statt einen neuen Thread zu erstellen. Es wurde auch schon wiederholt darauf hingewiesen, dass der Name des Autors in die Titelzeile gehört:
    Celeste Ng - Was ich Euch nicht erzählte

    Außerdem gehört die ISBN in die dafür vorgesehene Zeile in der erweiterten Antwort, damit eine Verlinkung zu Amazon zustandekommt. :!:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Inhalt:


    In Celeste Ngs „Was ich euch nicht erzählte“ geht es um Familie Lee und die Probleme, die sie mit ihrer Umgebung aber auch miteinander haben. Der Vater, James, ist das Kind chinesischer Einwanderer, Wissenschaftler und fühlt sich nie wirklich zugehörig. Die Mutter, Marilyn, wollte einmal Ärztin werden, musste diesen Traum aber opfern. Ihr Sohn, Nath, erinnert den Vater zu sehr an sich selbst und bekommt wenig Aufmerksamkeit von der Mutter. Beide Eltern legen ihre ganzen Hoffnungen in die älteste Tochter, Lydia, die stets bemüht ist die Träume ihrer Eltern zu erfüllen. Die jüngste Tochter, Hannah, wird dagegen meistens ignoriert. Als Lydia eines Tages verschwindet fangen die Familienmitglieder an darüber nachzudenken was schief gelaufen sein könnte. Und auch Jack, der in letzter Zeit viel mit Lydia zusammen war, hatte seine eigenen Gründe dafür.


    Meine Meinung:


    Das Cover ist leider nichts Besonderes. Der Inhalt dafür umso mehr. Die kurze Einführung ist recht anstrengend zu lesen, doch zum Glück entpuppt sich der Roman selbst dann als sehr flüssig, der Schreibstil ist gut zu lesen. Die Geschichte beschreibt mit viel Tiefe den emotionalen Hintergrund, die Wünsche und verlorenen Hoffnungen der einzelnen Familienmitglieder. Jeder hat seine ganz eigenen Gründe wieso er so handelt, wie er es tut. Und dies hat dann natürlich Auswirkungen auf die anderen Familienmitglieder. Das alles ist sehr schlüssig und das gesamte Konstrukt funktioniert sehr gut. Da man die Hintergründe aus verschiedenen Perspektiven erfährt, weiß man immer etwas mehr als die Personen selbst und erkennt wo Missverständnisse entstehen.


    Dieses Buch sollten sich besonders Eltern durchlesen, denn es ist wirklich erschreckend was man seinen Kindern in bester Absicht doch antun kann. Ich finde beide Eltern teilweise wirklich schrecklich, schlimmer noch als ihre eigenen Eltern. Die Kinder haben keine Möglichkeit sich frei zu entfalten und werden von den Vorurteilen der Eltern noch mehr eingeschränkt als von denen der Gesellschaft. Die Eltern hatten so eine klare Vorstellung von ihrem Leben und genaue Wünsche an ihre Zukunft. Und weil dies nicht so geklappt hat wie es sollte, wofür sie aber im Grunde selbst verantwortlich waren, zwingen sie nun ihre Kinder in diese Vorstellungen hinein und nehmen ihnen die Freiheit eigene Wünsche zu entwickeln. Am Ende hat nur der Leser einen kompletten Überblick über die Hintergründe und Ereignisse, die Familie selbst kann sich nur zusammenreimen was mit Lydia wirklich passiert ist.


    Fazit:


    Ein gut durchdachter Roman über die Beziehungen von Familienmitgliedern untereinander und was Eltern ihren Kindern in bester Absicht dennoch antun können. Die einzelnen Personen sind mit viel Tiefe charakterisiert und am Ende kennt nur der Leser alle Hintergründe und Ereignisse.


    5/5 Sterne

  • "Lydia ist tot. Aber das wissen sie noch nicht." Mit diesem Paukenschlag von einer Einleitung beginnt das Buch, und nichts könnte passender sein, denn der urplötzliche Tod der 16jährigen Lydia durch Ertrinken im nahegelegenen See ist Dreh- und Angelpunkt des Romans und Auslöser für alles Weitere, sowohl die Handlung in der Gegenwart als auch das Zurückerinnern an die Vergangenheit.


    Die Horrornachricht erschüttert eine nach außen hin geradezu perfekt erscheinende Familie nicht nur dahingehend, dass ein schrecklicher Verlust zu verarbeiten ist, sondern fördert bereits bestehende Risse und Brüche ans Tageslicht und macht deutlich, dass selbst engste Verwandte nie genau wissen können, was in einem Menschen vorgeht. Jeder - Vater, Mutter, der ältere Bruder, die jüngere Schwester - weiß etwas über Lydia, das er oder sie den anderen nie erzählt hat, und das Bild, das Außenstehende von Lydia pflegten, ein Mädchen, dem es an nichts fehlte, erweist sich bei genauem Hinsehen als trügerisch.


    Und auch die eigenen Lebenswege enthalten Geheimnisse, verschwiegene Wünsche und Sehnsüchte, zerplatzte Träume. Der Vater, Hongkong-chinesischer Abstammung, wollte seiner einfachen Herkunft zum Trotz an einer Eliteuniversität lehren, die Mutter Medizin studieren, was damals in den 50er Jahren für Frauen nicht gänzlich undenkbar, aber doch sehr ungewöhnlich war. Doch das Leben spielte schon damals anders, und die jüngste Tragödie spült die alten Verletzungen und Frustrationen wieder an die Oberfläche.


    Celeste Ngs Erstlingsroman überzeugt auf der ganzen Linie. Sie schaut ganz genau hin, hinter die Fassade dieser scheinbar glücklichen Familie, und zeigt uns die wunden Punkte jeder einzelnen Person mit sehr viel Einfühlungsvermögen und einer klaren, präzisen Sprache, die mit jedem Satz berührt, ohne sentimental zu werden.


    Trauer, enttäuschte Hoffnungen, Träume, die nicht wahr werden, die Unfähigkeit, das eigene Kind, den eigenen Partner zu verstehen, die Suche nach dem eigenen Platz im Leben sind die großen Themen in einem Roman, der nicht viele Seiten braucht, um sehr viel zu erzählen und von der ersten bis zur letzten Seite auf eine schlichte, ruhige Art mit viel psychologischem Fingerspitzengefühl zu fesseln versteht.


    Eins meiner Highlights in diesem Jahr.

  • Mist, mir ist beim Kopieren der erste Satz abhanden gekommen, und jetzt kann ich nicht mehr editieren. Das Buch beginnt mit den Worten "Lydia ist tot. Aber das wissen sie noch nicht." (sinngemäß übersetzt, ich hab's im Original gelesen.

  • Ich wollte das Buch nach vielen Empfehlungen und begeisterten Stimmen gern lieben, habe es am Ende aber "nur" gemocht.


    Ja, es behandelt wichtige Themen; ja, die Familie wird gründlich seziert; ja, die Perspektivwechsel und Sprünge durchs Geschehen haben ihren besonderen Reiz. Zu fünf Sternen fehlt mir: Dass die Dinge nicht so oft zusammenfassend berichtet worden wären, sondern vor den Augen der LeserInnen entfaltet; dass auf der anderen Seite unnötige Redundanzen und Wiederholungen vermieden worden wären; dass die Diskrepanzen zwischen den Figuren oder auch nur zwischen ihren jeweiligen Sichtweisen etwas weniger plakativ dargestellt worden wären.


    Trotzdem ein gutes Buch, das ich gern gelesen habe und mit deren Figuren und ihren Problemen ich rundum mitfühlen und mitzittern konnte.


    Ich bin nun auf den anderen Roman der Autorin gespannt. :D


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

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