Umberto Eco - Das Foucaultsche Pendel

  • einen ähnlich zwiespältigen Eindruck auf mich macht wie
    Diataveli in Snuff.

    Was schreib ich denn da? :uups: Natürlich "Damilola" in Snuff..............

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Was schreib ich denn da? :uups: Natürlich "Damilola" in Snuff..............

    Das wollte ich Dir schon ankreiden, konnte mich aber auch nicht an den Namen "Damilola" erinnern. (Glücklicherweise leistet sich Casaubon keine Gummipuppe wie Damilola - wobei ... die Gummipuppe hing ja für Damilola auch ganz eng mit einer "höheren Wahrheit" zusammen, noch dazu mit einer "Wahrheit", die auch wieder aus Sich-selbst-Belügen mit zu simplen Antworten bestand, und mit dem Machtanspruch, den er aus den simplen Antworten ableitete, und dem Aufzwingen der Wahrheiten auf die Gummipuppe, wobei der Zwang der Indorktrination noch nicht mal Arbeit und Mühe verursachte, da er ja in Form von digitales Uploads in die Gummipuppe erfolgte)

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Das ist ja mal eine lustige Sache: Ihr beide, @Hypocritia und @taliesin, fühlt euch ähnlich wie beim Lesen von Victor (oder Wictor?) Pelewin, und ich habe in den letzten Tagen ein Buch von ihm parallel zum Eco gelesen. :)


    3 Binah 8


    Wir nähern uns der Persönlichkeit Belbos. Er hinterfragt in der Kneipe ständig andere, die er beim Gespräch belauscht, vermutlich weil er weiß, wie es ist, ein unzuverlässiger Erzähler zu sein, wie sein "getürktes" Tagebuch beweist. Casaubon nennt ihn "pietmonesisch"; um genau zu sagen, was den Pietmoneser im Einzelnen ausmacht, müsste man sicher Italiener sein (wenn ein deutscher Autor über jemanden schreiben würde, er habe einen bayrischen Tonfall z.B. oder eine bayrische Art zu sprechen, wüssten wir, was gemeint ist; ob es Nicht-Deutsche wissen, sei dahingestellt).
    Mehr noch als der Inhalt dessen, was er sagt, charakterisieren ihn seine Blicke und Gesten, mit denen er seinem Gegenüber recht überheblich zu begegnen scheint. Alles in allem anscheinend kein menschenfreundlicher Zeitgenosse, sondern ein intellektueller Kopfmensch.


    An pseudo-philosophischen Begriffen wie die "Vanitas allem Seins" (S. 70) hätte Heidegger sicher seine Freude gehabt; hier klingen sie, als wollte Casaubon versuchen, sein eigenes Wissen gegen das von Belbo zu setzen, um ... was auch immer zu beweisen. Vielleicht, dass er mithalten kann.


    Ob Eco nicht mit dem letzten Satz des Kapitels wieder sich selbst und seine Leser auf den Arm nimmt? "Wenn man nicht einmal weiß, um welche Geschichte es eigentlich geht, korrigiert man besser die Philosophiebücher."
    Weiß denn schon jemand, der bis dahin gelesen hat, worum es eigentlich geht? Ich zumindest sollte also besser Philosophiebücher korrigieren gehen. :)

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • zu 3 Binah 8

    Mehr noch als der Inhalt dessen, was er sagt, charakterisieren ihn seine Blicke und Gesten, mit denen er seinem Gegenüber recht überheblich zu begegnen scheint. Alles in allem anscheinend kein menschenfreundlicher Zeitgenosse, sondern ein intellektueller Kopfmensch.

    Casaubon fällt ja förmlich auf die Knie vor dem ach so intellektuellen Belbo, obwohl der ja an keiner Diskussion teilnimmt, sondern sie durch einen Satz oder eine Geste
    nur abwürgt. Ich finde dieses Verhalten alles andere als klug, sondern nur hochnäsig und unangebracht. Will er damit beweisen, dass er der große Intellektuelle, der gebildete
    Verlagslektor ist, oder was soll das? Casaubon gefällt es und dieses unkritische Verhalten spricht nicht gerade für unseren Erzähler, dessen Einschätzungen man nun wohl
    noch vorsichtiger betrachten muss.


    Weiß denn schon jemand, der bis dahin gelesen hat, worum es eigentlich geht? Ich zumindest sollte also besser Philosophiebücher korrigieren gehen.


    Es scheint ja wohl ein gewaltiges Tabu für Lektoren zu sein selber etwas kreatives erschaffen zu wollen.


    Zitat von U. Eco

    Er kreierte - und hätte er es bloß nie getan: Sein Enthusiasmus für den Großen Plan entsprang genau diesem Bedürfnis, ein BUCH zu schreiben, mochte es
    auch nur aus einsamen, exklusiven, wilden und absichtlich gemachten Fehlern bestehen.

    Zieht Belbo da irgendetwas aus dem Hut, oder ist es ein Rückblick auf sein Verhältnis zu Frauen, den für ihn erreichbaren und unerreichbaren? Ehrlich gesagt, ich habe
    keine Ahnung.............. ?(

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Zu Teil 3 Binah, Kapitel 8 (S. 66 bis 71):


    zu 3 Binah 8

    Casaubon fällt ja förmlich auf die Knie vor dem ach so intellektuellen Belbo, obwohl der ja an keiner Diskussion teilnimmt, sondern sie durch einen Satz oder eine Gestenur abwürgt. Ich finde dieses Verhalten alles andere als klug, sondern nur hochnäsig und unangebracht. Will er damit beweisen, dass er der große Intellektuelle, der gebildete
    Verlagslektor ist, oder was soll das? Casaubon gefällt es und dieses unkritische Verhalten spricht nicht gerade für unseren Erzähler, dessen Einschätzungen man nun wohl
    noch vorsichtiger betrachten muss.

    Oje, bitte erschlagt mich nicht - ich habe gar nicht so weit gedacht, dass Belbo unsympathisch weil überheblich sein könnte ... da habe ich mich wohl von Casaubons Begeisterung für den Mann fast anstecken lassen, obwohl ich doch selbst gestern festgestellt hatte, dass man sich eher nicht mit Casaubon identifizieren sollte - Warum falle ich auf Schriftsteller immer wieder 'rein?
    Ich empfand Kapitel 8 eigentlich ganz nett bis amüsant: zuerst die recht atmosphärisch-wehmütige Schilderung der Bar "La Pilade", die eben jetzt, nach 15 oder so Jahren auch nicht mehr das ist, was sie 1972 war, und zwar Atmosphäre mit wenigen Worten, nicht überschwänglich, Eco kriegt das hin ohne einen ganzen Sack voll Adjektiven, was ihn für mich schon mal ganz erheblich von den nervigen Schreiberlingen unterscheidet, die Umgebungen und Szenen mit mehr Eigenschaftsworten beschreiben als einer dieser Superönologen, die geschmacklich Unbedarfte bei einer Weinprobe so mit Adjektiven überschütten und einschüchtern, dass die sich gar nicht trauen zu gehen, ohne mindestens eine ganze Kiste gekauft zu haben. (Sorry, abgeschweift ...)

    Zitat von Umberto Eco

    Belbo hatte eine Art, in der Bar zu sein, als wäre er bloß auf der Durchreise (dabei bewohnte er sie seit mindestens zehn Jahren).

    = ein Typ, der wie ein Außenstehender wirkt, den nichts zu tangieren scheint, weil er nicht dazugehören will. Wirkt aber möglicherweise interessant und ein bisschen mysteriös.
    Aber jetzt lese ich es auch, und zwar gleich im nächsten Satz auf Seite 67:

    Zitat von Umberto Eco

    Er griff oft in Gespräche ein, am Tresen oder an einem der Tische, aber fast immer mit einer knappen Bemerkung, die jeden Enthusiasmus ersterben ließ, egal wovon gerade die Rede war.

    Das klingt tatsächlich nach einem absolutem Unsympathen. Ich sehe mich also von Euch überzeugt in der etwas ablehnenden Haltung Belbo gegenüber. Casaubon dagegen ist wirklich von Belbo fasziniert, wie man auf S. 68 liest:

    Zitat von Umberto Eco

    Mit sochen Interventionen konnte er einem ganz unversehens die Vanitas allen Seins enthüllen, und ich war davon fasziniert.


    Zieht Belbo da irgendetwas aus dem Hut, oder ist es ein Rückblick auf sein Verhältnis zu Frauen, den für ihn erreichbaren und unerreichbaren? Ehrlich gesagt, ich habekeine Ahnung.............. ?(

    Glaubst Du, es hat etwas mit Fehlern zu tun, die er in seinem Leben begangen hat, oder meint er einfach eine Art Theorie, die er aus mehr oder weniger wilden Schlussfolgerungen zusammensetzt, in etwa wie aus krummen Syllogismen, wie Belbo sie in Kapitel 10 dann darstellt (na gut, weniger offensichtliche Syllogismen wie die in Kapitel 10). Ließe sich nicht auch der auf das obige Zitat folgende letzte Satz im Absatz dahingehend deuten, und der wieder ein ganz toll formulierter Satz ist (mir gefällt er zumindest):

    Zitat von Umberto Eco

    Solange du bloß dir selbst in deiner Leere begegnest, kannst du noch denken, du hättest Kontakt mit dem Einen, aber kaum knetest du an der Materie herum, und sei's an der elektronischen, bist du schon ein Demiurg geworden, und wer sich vornimmt, eine Welt zu erschaffen, hat sich schon mit dem Irrtum und mit dem Bösen kompromittiert.

    Nun habe ich einfach genussvoll gelesen, ohne mir grosse Gedanken zu machen alles und jedes zu versuchen zu interpretiern, damit ich richtig in die Geschichte "schlüpfe".
    2 CHOCHMAH 3 musste ich laut auflachen. Die Wortschöpfungen von Herrn Eco sind einfach zu köstlich, und richtig interpretiert sogar stimmig.
    Die Teratologie (altgr. τέρας téras „Monster“ und -logie) ist die Lehre der Ursachen von Fehlbildungen durch Umweltfaktoren (Teratogene)

    Ich mag mich sogar erinnern, (müsste man einfach nachlesen) das @Hypocritia damals in ihrer Rezension dazu sogar eine Frage stellte.

    Der Begriff, mit dessen Unsinnigkeit ich damals so haderte, war der Begriff "bibliographische Teratologien", zu finden auf S. 69 oben:

    Zitat von Umberto Eco

    So etwa, wenn er mit Diotallevi Handbücher des Unmöglichen konzipierte, verkehrte Welten, bibliographische Teratologien.

    Heute verstehe ich gar nicht mehr, warum ich damals darüber gestoplert bin, denn der "Witz im Witz" stach mir gestern sofort ins Auge.



    In Kapitel 8 folgt dann auf den letzten beiden Seiten noch der Abdruck einer Textdatei aus Belbos Feder (müsste wohl eher heißen "aus Belbos Tastatur") mit dem Titel "Drei Frauen ...": hmmmm, definitiv ist da nichts zu spüren vom Belbo, der ganz cool und sublim gehässig über allem und jedem zu stehen weiß ... der Text ist bestenfalls wirr, und im Grunde genommen sogar peinlich. Wenn ich so lese, was Belbo über seine Mutter schreibt und ich nicht weiß, ob er auch sie meint, wenn er von Frauen redert, die er begehrt, ziehe ich es offen gestanden vor, keine Erkenntnisse aus der Textdatei ziehen zu wollen.

    Ob Eco nicht mit dem letzten Satz des Kapitels wieder sich selbst und seine Leser auf den Arm nimmt? "Wenn man nicht einmal weiß, um welche Geschichte es eigentlich geht, korrigiert man besser die Philosophiebücher."
    Weiß denn schon jemand, der bis dahin gelesen hat, worum es eigentlich geht? Ich zumindest sollte also besser Philosophiebücher korrigieren gehen.

    Ich bin ernsthaft am Überlegen, ob ich mich dir beim Korrigieren von Philosophiebüchern anschließen soll, wenn du erlaubst :lol:
    Allerdings habe ich so meine Hemmungen, denn jetzt, bei der zweiten Lektüre, fällt mir auf, dass auch hier den "Witz im Witz" liegen könnte - ich möchte mal sehen, wenn jemand wie Belbo an einem Manuskript von Sloterdijk oder Slavoj Zizek herumzu"korrigieren" versucht ... da dürften die Fetzen fliegen ...






    Teil 3 Binah, Kapitel 9 (S. 72 bis 75):


    Es geht um eine Trompete, um eine Trompete als ein Symbol für ein unerreichbares Liebesobjekt, bzw. um die Gründe der Unerreichbarkeit: Im Grunde blieb die Spielzeugtrompete für den kleinen Belbo deshalb unerreichbar, weil er sich den gesellschaftlichen Gepflogenheiten zufolge des Liebesobjekts (blödes Wort) nicht für würdig zu empfinden meinte, und er sich somit selbst an der Erfüllung seines Traumes hinderte. Doch eigentlich hat er sich durch die gesellschaftlichen Normen dahingehend manipulieren lassen, dass er sich die Erfüllung seines Traumes selbst verweigert (das verstehe ich extrem gut, wenn ich hier auch nicht darstellen kann, warum).


    Allerdings verstehe ich ebensowenig wie Casaubon, was das Liebesobjekt in der Buchvorlage über byzantinisches Recht gewesen sein kann (Mann, Herr Eco ... wenn Sie nicht so intellektuell daherkämen, würde ich Sie des Dödelns bezichtigen müssen ... Sie klingen oft genug für mich wie Dieter Nuhr auf Crack, und ich schüttele einfach zu oft den Kopf und grinse, wenn ich Ihr "Pendel" lese)

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • 3 Binah 9


    Das erste Kapitel, das mich emotional berührte. - So etwas passiert immer dann, wenn eine Passage in einem Buch ein konkretes Lebensthema und / oder -erlebnis streift. Nur gut, dass ich bockiger war als Belbo, sonst hätte ich auch nur eine Klarinette statt einer Querflöte bekommen. Und vielleicht wäre mein Leben durch diese kleine Entscheidung anders verlaufen. Und Sohn 1 hat, als er 6 Jahre alt war, die erwünschte Trompete bekommen und nicht eine Blockflöte, wie seine Lehrerin vorschlug. Er spielt heute, nach über 20 Jahren immer noch. -


    Ich muss zugeben, es zerriss mir das Herz, dass der kleine Belbo sich nicht traute, die Trompete zu nehmen. Aber die Beweggründe, die dazu führten, sind mir auch aus der Kindheit vertraut: Bloß keine teuren Wünsche äußern, das ist ein Zeichen von Unbescheidenheit, und von allen Geschenken das billigste aussuchen, sonst wird man für ein schlecht erzogenes Kind gehalten. :roll: (Damals sah man noch nicht, dass "schlecht erzogen" eigentlich die Eltern betraf und fühlte sich selbst mies.)
    ---> War es etwa das, was du auch gemeint hast, @Hypocritia. Wir beide dürften mit ähnlichen Werten und Regeln aufgewachsen sein.


    Armer Casaubon - er kann nicht verstehen, dass man sich in einen Gegenstand verlieben kann. :(


    (Turt mir leid, dass ich zu diesem Kapitel nichts von Wert beitragen kann, aber das passiert halt, wenn Herz vor Hirn spricht.)

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Zu Teil 3 Binah, Kapitel 8

    Mehr noch als der Inhalt dessen, was er sagt, charakterisieren ihn seine Blicke und Gesten, mit denen er seinem Gegenüber recht überheblich zu begegnen scheint. Alles in allem anscheinend kein menschenfreundlicher Zeitgenosse, sondern ein intellektueller Kopfmensch.

    Das hast du aber noch freundlich formuliert. Ich habe ihn als ziemlichen Kotzbrocken empfunden. Solche Zeitgenossen sind mir zutiefst zuwider.


    = ein Typ, der wie ein Außenstehender wirkt, den nichts zu tangieren scheint, weil er nicht dazugehören will. Wirkt aber möglicherweise interessant und ein bisschen mysteriös.

    Stellt sich mir nur immer wieder die Frage, warum er nicht dazugehören will. Will er nicht? Kann er nicht? Mir erschließt sich dieser Mann noch gar nicht so richtig. Und im nächsten Kapitel kommt wieder noch eine andere Seite hinzu:



    zu 3 Binah 9

    Ich muss zugeben, es zerriss mir das Herz, dass der kleine Belbo sich nicht traute, die Trompete zu nehmen. Aber die Beweggründe, die dazu führten, sind mir auch aus der Kindheit vertraut: Bloß keine teuren Wünsche äußern, das ist ein Zeichen von Unbescheidenheit, und von allen Geschenken das billigste aussuchen, sonst wird man für ein schlecht erzogenes Kind gehalten. (Damals sah man noch nicht, dass "schlecht erzogen" eigentlich die Eltern betraf und fühlte sich selbst mies.)

    Mir ging es ähnlich wie dir. In dieser Situation tat er mir so richtig leid. Vor allem, weil auch mir dieses Verhalten nur zu gut bekannt ist.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • War es etwa das, was du auch gemeint hast, Hypocritia.

    In etwa, bei Dir hat diese konkrete Durchsetzung des Wunsches nach einem bestimmten Musikinstrument direkt die spätere Berufswahl beeinflusst.

    Bloß keine teuren Wünsche äußern, das ist ein Zeichen von Unbescheidenheit, und von allen Geschenken das billigste aussuchen, sonst wird man für ein schlecht erzogenes Kind gehalten. (Damals sah man noch nicht, dass "schlecht erzogen" eigentlich die Eltern betraf und fühlte sich selbst mies

    Für mich war es sogar so, dass überhaupt individuelle Wünsche zu äußern außer Frage stand, sogar bezüglich der Berufswahl. Bloß nicht nach irgendwelchen Sternen greifen (noch dazu nach welchen, die anspruchsvolles Denken voraussetzten, um Himmels willen!), lieber auf Nummer sicher gehen und einen auf oberspießig machen: Nur - was für ein Kind eine gute und wünschenswerte Berufsoption sein mag, das kann jedoch für das nächste Kind eine Qual werden, weil es deutlich unterfordert ist und keinen Spaß daran hat. Egal ... séllérie, séllérie ...






    Nochmal zu Teil 3 Binah, Kapitel 8:
    Ich hatte vergessen zu fragen, ob jemand von Euch den Satz, aus dem der vorletzte Absatz vor dem komischen "Drei Frauen"-File besteht, verstanden hat (ich nämlich gar nicht):

    Zitat von Umberto Eco

    Erst jetzt ist mir klar: Ich hatte jene Adresse einfach weggeworfen, er hatte sie verloren und konnte den Verlust nie verschmerzen.

    Damit meint Casaubon doch keine Adresse, oder? Soll das eine Metapher sein für den innersten Berufswunsch Belbos als Schriftsteller, den er nie verwirklichen konnte?
    Ich blick's irgendwie nicht ...








    Zu Teil 3 Binah, Kapitel 10 (S. 76 bis 82):


    Laut Casaubon ist die Tatsache, dass Belbo ihn siezt, dahingehend zu deuten, dass Belbo ihm Respekt zollt, den er angeblich nur wenigen Menschen angedeihen lässt. Wundersamerweise kann Casaubon angeblich bei Belbos Art, andere Leute zu duzen, ganz genau einen verächtlichen Beiklang im Duzen für die meisten und Zuneigung bei nur sehr wenigen Fällen heraushören - es kann natürlich sein, dass Casaubon über so viel Sensibilität verfügt, es kann aber auch sein, dass es eine sehr subjektive Einschätzung ist und Casaubon sich selbst schmeichelt - ich kann das aus den paar Zeilen nicht beurteilen.


    Auf S. 77 heißt es:

    Zitat von Umberto Eco

    Wer zu meiner Zeit deutsch konnte, promovierte nicht mehr. Er verbrachte seine Tage damit, deutsch zu können.

    Darf man also annehmen, dass Belbo nicht promoviert hat?


    Dann kommt Belbos famose Einteilung aller Menschen in die vier Grundtypen:

    Zitat von Umbero Eco

    »Idioten, Dämliche, Dumme und Irre«
    »Normal ist, wer diese Komponenten einigermaßen vernünftig mischt.«
    »Genie ist, wer eine Komponentein schwindelerregende Höhen treibt, indem er sie mit anderen nährt.«

    Um Himmels willen, wonach klingt das denn? Irgendwie misanthropisch, oder hasserfüllt, auf jeden Fall irgendwas in dieser Art ...
    Dann kommt eine definitorische Abgrenzung der vier Grundtypen, die ich zwar gern gelesen habe, weil sie bissig formuliert ist, aber jetzt, hinterher, habe ich schon wieder alles vergessen, das klang irgendwie alles gleich (hasserfüllt).
    Witzig fand ich allerdings die Teile mit den Syllogismen, allerdings nicht so sehr die Syllogismen selbst, sondern der Eifer, mit dem sich Belbo und Casaubon in immer schieferen unrichtigen Folgerungen ergehen. Irgendwie erklären diese zwei Eiferer alle anderen für blöd und wollen sich gleichzeitig von allen anderen abgrenzen, wenn sie den Rest der Menschheit für verrückt und fast schon für grenzdebil erklären - aber eigentlich passen die beiden doch genau wie alle anderen in ihre eigenen Definitionen der vier Grundtypen hinein, oder?
    Ich hatte auch ein bisschen den Eindruck, dass Belbo zwischen den Zeilen auch Casaubon für irr erklärt, dieser das aber gar nicht merkt.


    Allerdings spricht mir Belbo mit seinem vernichtenden Urteil bezüglich Anselm von Canterburys Gottesbeweis aus der Seele. Wer wie Herr von Canterbury einen Gottesbeweis formuliert, bei dem man schon vorher gläubig sein muss, damit er Sinn ergibt, der hat für mich immer noch einen an der Klatsche. (Ich glaube, jetzt kann ich froh sein, dass @mofre nicht mehr so oft online ist, denn ich hätte jetzt wirklich keine Lust auf eine Diskussion mit ihrer spitzen Zunge, mit der sie Herrn von Canterbury vehement zu verteidigen pflegt.)



    Ein letztes Wort zur Übersetzung des Anfangszitates:

    Zitat von Cesare della Riviera

    Am Ende erschließt man kabbalistischerweise aus vinum nichts anderes als VIS NUMerorum, die Kraft der Zahlen, von denen diese Magie abhängt.

    Versteht das noch jemand so wie ich, nämlich, dass man besoffen sein muss, um die Magie der Zahlenpermutationen und dem anderen Simsalabim aus der Kabbala nachvollziehen zu können? ... wenn "vinum" die Kraft der Zahlen darstellt, die zum Verständnis/Nachempfinden dieser Magie befähigt?

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Damit meint Casaubon doch keine Adresse, oder? Soll das eine Metapher sein für den innersten Berufswunsch Belbos als Schriftsteller, den er nie verwirklichen konnte?
    Ich blick's irgendwie nicht ...

    Ich hab das eher auf den vorangegangen Satz bezogen, in dem von der "theologischen Fakultät" die Rede ist. Ich glaube, dass Casaubon meint, dass er den (religiösen) Glauben freiwillig abgelegt hat, aber Belpo in schlichtweg verloren hat und auch nicht mehr zurückgewinnen kann.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • zu 3 Binah 10

    - es kann natürlich sein, dass Casaubon über so viel Sensibilität verfügt, es kann aber auch sein, dass es eine sehr subjektive Einschätzung ist und Casaubon sich selbst schmeichelt - ich kann das aus den paar Zeilen nicht beurteilen.

    ER versucht sich wohl seinem neuen großen Vorbild irgendwie anzunähern. Abgrenzung von all den unsensiblen Doofköppen die ihnen sowieso nicht das intellektuelle
    Wasser reichen können.

    Irgendwie erklären diese zwei Eiferer alle anderen für blöd und wollen sich gleichzeitig von allen anderen abgrenzen, wenn sie den Rest der Menschheit für verrückt und fast schon für grenzdebil erklären - aber eigentlich passen die beiden doch genau wie alle anderen in ihre eigenen Definitionen der vier Grundtypen hinein, oder?

    Mich schüttelt es gewaltig bei dieser Definition, aber du hast recht, die beiden gehören natürlich auch dazu und Belbo macht dahingehend zwar ein paar zarte Andeutungen,
    aber die beziehen sich meiner Meinung nach auf Casaubon, nicht aber auf ihn selbst, oder? Ich glaube ich muss das nochmal langsam lesen..........


    Ach ja, und was soll denn Belbos Satz zur Verabschiedung?


    Zitat von U. Eco

    Alles, was ich Ihnen gesagt habe, bis zu diesem Moment inklusive, ist falsch.

    Ist das eine philosophische Spielerei, oder nimmt Belbo Casaubon auf den Arm (oder Eco den Leser??????????????)

    Versteht das noch jemand so wie ich, nämlich, dass man besoffen sein muss, um die Magie der Zahlenpermutationen und dem anderen Simsalabim aus der Kabbala nachvollziehen zu können?

    Wenn man mal versucht sich damit zu beschäftigen, bleibt nur die Wahl eines lebenslangen Studiums, oder die Hinwendung zu einer Menge geistiger und hochprozentiger
    Getränke. Nein, im Ernst, eine beiläufige Betrachtung der Kabbala ist kaum möglich und für eine ernsthafte Beschäftigung damit fehlt mir wohl die richtige Einstellung.
    Da mögen andere Menschen bei all diesen Göttern, Beweisen und Ritualen ihr Heil finden. Da bin ich raus............. :ergeben:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Weiß denn schon jemand, der bis dahin gelesen hat, worum es eigentlich geht?

    Allerdings verstehe ich ebensowenig wie Casaubon, was das Liebesobjekt in der Buchvorlage über byzantinisches Recht gewesen sein kann

    Wenn man mal versucht sich damit zu beschäftigen, bleibt nur die Wahl eines lebenslangen Studiums, oder die Hinwendung zu einer Menge geistiger und hochprozentiger Getränke.

    Eine Menge Fragen und offene Punkte, die ich mir auch nach jedem Kapitel stelle... Nur eines kann ich sicher sagen: die unten verlinkte Sekundärliteratur ist erstaunlich überflüssig. (ich denke, das war noch eine Frage aus dem Rezithread). Neben einer Zusammenfassung der einzelnen Kapitel (was man ja nicht benötigt, wenn man das Buch gelesen hat), gibt es ein paar Anmerkungen zu den einzelnen Fremd- und Fachwörtern, was seit Wikipedia ebenfalls hinfällig ist. Hier wird gar nichts erklärt, schon gar nicht entschlüsselt. Eure Kommentare und Wikipedia-Artikel sind hilfreich, dieses Buch hat seit der Erfindung des Internets seinen Nutzen verloren - jetzt kann man auch selbst Begriffe wie "Thora", "Nekromantie" und "Freimaurer" nachschlagen.
    Lediglich einen Hinweis bietet der Autor der Einleitung (Enrico Viceconte): man solle bei der erstmaligen Lektüre des Romans Belbos Computerfiles auslassen / überspringen. Der Autor würde den Leser durch die typographisch abgesetzten Abschnitte sozusagen ermächtigen (und jeder, der berufs- oder studienhalber liest, würde automatisch Texte selektiv lesen, und bspw auch die langen Aufzählungen esoterischer Begriffe überspringen :scratch: - trifft auf mich nicht zu, ich lese auch die langweiligsten Passagen Wort für Wort, und auf diese Idee kam auch sonst niemand von uns, oder?)
    Jedenfalls ist das eine Empfehlung (!) in diesem Heftchen, wie denn der Roman idealerweise zu lesen sei - diese Passagen seien für das Verständnis der Handlung nicht erforderlich, böten aber als Lektüre im Nachhinein interessante und vergnügliche Entdeckungen (wiederspricht sich das nicht etwas?) Jedenfalls wäre dieses "Entschlüsselungsbuch" etwas für die Mülltonne, wenn ich es übers Herz bringen würde, überhaupt Bücher weg zu schmeissen.

  • 3 Binah 10

    Zitat von Umberto Eco

    "Ich studiere,"
    "Gehen Sie an die Uni oder studieren Sie?"

    :totlach: Casaubon erweist sich als ziemlich humorlos. Während Belbo ihn augenscheinlich auf den Arm nehmen will, antwortet er ganz ernsthaft. Diese Verständigungsart zieht sich durch das gesamte Gespräch: Belbo erzählt dummes Zeug, macht ironische Bemerkungen, Casaubon antwortet mit tierischem Ernst. Ob er Belbo damit beweisen will, dass er ein ernst zu nehmender Gesprächspartner ist? Lässt er sich wirklich von Belbo einen Knopf nach dem anderen an den Backen nähen, hat er einfach keinen Humor oder bemüht er sich krampfhaft, von Belbo als Intellektueller wahrgenommen zu werden?
    Er fragt ständig nach, als wären die Ergüsse von Belbo der Weisheit letzter Schluss, von dem er profitieren könnte - rein intellektuell. Später paraphrasiert er Belbos Geschwätz und bemüht sich, sprachlich dieselbe pseudo-philosophische Ebene zu erreichen wie dieser.


    Diese Einteilung in Idioten, Dämliche, Dumme und Irre ist eigentlich ein Witz, schließlich kann man die Begriffe synonym verwenden, doch Casaubon schluckt die Definitionen und ist eifrig dabei, sie zu lernen.


    Hach, und dann der schöne letzte Satz Belbos "Alles, was ich Ihnen gesagt habe bis zu diesem Moment inklusive, ist falsch."


    @taliesin , wird hier nicht vor allem Casaubon vorgeführt, der den ganzen Abend lang an Belbos Lippen hing? Und der ihn dann auflaufen lässt?
    Ich frage mich nur, wie Casaubon sich anschließend gefühlt hat. :cry: Beschämt? Peinlich berührt? Oder hat er es als eine Art "philosophisches In-Frage-Stellen" ihres gesamten Gesprächs aufgefasst?


    Anscheinend hat Casaubon nicht genug Schamgefühl vor sich selbst, um Belbo ein für alle Mal aus dem Weg zu gehen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich hab das eher auf den vorangegangen Satz bezogen, in dem von der "theologischen Fakultät" die Rede ist. Ich glaube, dass Casaubon meint, dass er den (religiösen) Glauben freiwillig abgelegt hat, aber Belpo in schlichtweg verloren hat und auch nicht mehr zurückgewinnen kann.

    Sehr gut, Danke. Das ergibt tatsächlich Sinn. Da stand ich schon wieder mal auf dem Schlauch.


    zu 3 Binah 10
    Ach ja, und was soll denn Belbos Satz zur Verabschiedung?

    Ist das eine philosophische Spielerei, oder nimmt Belbo Casaubon auf den Arm (oder Eco den Leser??????????????)

    Gut, dass Du den Satz gepostet hast - ich hatte ihn glatt vergessen! Das ist doch schon wieder der Effekt, dass ein Kapitel zu nichts führt, weil es sich in sich selbst auflöst, ähnlich wie bei der Sache mit den Permutationen von Jahwe oder wie das war ... naja, man kann Herrn Eco bisher nun wirklich nicht vorwerfen, dass er dem Leser simple Antworten liefert ( :evil: Nach dem "Pendel" werde ich einen Roman billigsten und seichtesten Kitsches lesen, und ich denke, nach Herrn Eco werde ich so platt sein, dass ich wahllos alles lesen kann :lol: ).





    Ich probier's mal mit Teil 3 Binah, Kapitel 11 (S. 83 bis 88), obwohl ich dieses Kapitel ein bisschen schwierig finde:


    Casaubon schreibt in der Einleitung zu diesem Kapitel eine Art rührendes Urteil seiner Bewunderung über den angeblich komplexen und anspruchsvollen, hochsensiblen Charakter Belbos. Ich bin mir allerdings nach der Lektüre der Textdatei "Surabaya Jim", die das restliche Kapitel 11 ausmacht, nicht ganz sicher, ob ich die anfänglichen Worte von Casaubon über Belbo nicht als rührselig und pathetisch bezeichnen würde.


    Bezüglich "Surabaya Jim": ich habe im Netz gesucht, aber ich habe nicht gefunden, auf welchen literarischen Text Eco im ersten Absatz mit den Stichworten "Cinti", "Monographie", "Vergleich zwischen Catull, den poetae novi und den modernen Avantgarden" anspielt. Vielleicht gibt es ja unter Euch wieder jemanden, der findig genug ist, um das entsprechende Werk zu finden (wenn es denn tatsächlich existieren sollte).


    Im nächsten Teil träumt Belbo davon, den "Hamlet" von Shakespeare lektoriert zu haben. Er träumt davon, dass erst er als Lektor Herrn Shakespeare davon überzeugt haben sollte, das Stück in Dänemark spielen zu lassen, und dass erst auf sein Anraten der Geist von Hamlets Vater gleich zu Anfang im Stück auftauchen sollte etc., dahingehend, dass erst seine Intuition als Lektor dem Stück die Hinterfragung des Daseins an sich zugrunde legte.
    Nix für ungut, und wir tagträumen alle einmal (oder eben auch öfter oder regelmäßig oder was auch immer), aber ich würde doch vermuten, dass das Gros der Menschheit vernünftig genug ist, um solche Phantasien nicht ernst genug zu nehmen, um sie auch noch schriftlich niederzulegen. Sagen wir's mal so: Belbo hatte Glück, dass so ein von Bewunderung verblendeter Casaubon auf diese pathetische kleine Phantasie gestoßen ist - wäre sie mir als Verlagsangestellter Belbos in die Hände gefallen, hätte ich nicht dafür garantieren können, dass ich mich nicht kaputt gelacht hätte - mein Respekt für Belbo als Chef wäre jedenfalls von diesem Moment an unrettbar verloren gewesen ...


    Belbo träumt sich tatsächlich in die Rolle des Demiurgen hinein, und er hat eine Idee für ein Buch auf S. 85 unten:

    Zitat von Umberto Eco

    Einen Roman zu schreiben über Gott, der inkognito durch seine Schöpfung spaziert ... vergiß es, Belbo, wenn dir die Idee gekommen ist, ist sie bestimmt auch schon einem andern gekommen.

    Ich nehme an, das Buch gibt es tatsächlich schon - meint Eco etwa damit die Bibel, NT, wie Jesus sich unter die Jünger auf de Weg nach Emmaus mischt?
    Irgendwie wäre das aber auch ein tolles Thema für Mark Twain gewesen.


    Nächste Variante: noch ein bisschen süßlicher als einziger Überlebender nach dem Titanic-Schiffbruch, ein Leben zwischen Wilden in der Südsee, von denen die Schönste ihm natürlich hoffnungslos verfällt. Doch er kommt zurück in die Heimat, um festzustellen, dass seine literarischen Werke aus Zeiten vor dem Schiffbruch weltberühmt geworden sind, man ihn jedoch für tot gehalten hatte ...
    Diese Variante muss ich aber nicht kommentieren, oder? Sie klingt genauso schlecht wie Hanns-Josef Ortheils "Das Kind, das niemals fragte" oder Murakamis Kitschmärchen vom männlichen Aschenputtel des farblosen Herrn Tsatsiki, der von seiner Gruppe gundlos verraten und verstoßen wird, und der zum Schluß der einzige ist, der triumphiert und die Liebe findet - mir bricht's das Herz vor lauter Rührung :roll: (Verzeihung, @Marie und @taliesin, aber das ist meiner Meinung nach ein wirklich schlechtes Buch, grottenschlecht sogar).
    Es hat einen Grund, dass solche Phantasien besser ungeschrieben bleiben. Und wenn sie nicht ungeschrieben bleiben, dann auch noch veröffentlicht und von Millionen von Lesern und Kritikern für "wunderbar" befunden werden, dann hat sich die Welt wieder ein Stückchen mehr "verdieterbohlenisiert".

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Allerdings spricht mir Belbo mit seinem vernichtenden Urteil bezüglich Anselm von Canterburys Gottesbeweis aus der Seele. Wer wie Herr von Canterbury einen Gottesbeweis formuliert, bei dem man schon vorher gläubig sein muss, damit er Sinn ergibt, der hat für mich immer noch einen an der Klatsche. (Ich glaube, jetzt kann ich froh sein, dass @mofre nicht mehr so oft online ist, denn ich hätte jetzt wirklich keine Lust auf eine Diskussion mit ihrer spitzen Zunge, mit der sie Herrn von Canterbury vehement zu verteidigen pflegt.)

    Häuptling "Spitze Zunge" muss da doch gleich mal seinen Tomahawk schwingen. Ich verteidige nicht den ontologischen Gottesbeweis Anselms - dass der nicht schlüssig ist, ist in zig Untersuchungen nachgewiesen worden -, aber ich habe Respekt vor dem Denker und Philosophen von Canterbury, der in gewisser Weise ein Wegbereiter der modernen, logisch-analytischen Philosophie war. Mit seinen Werken "Monologion" und "Proslogion" haben sich die Geisteswissenschaftler durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder beschäftigt, und auch heute noch sind seine scharfsinnigen Gedankengänge und Argumentationen durchaus lesenswert, erfordern allerdings auch volle Konzentration. Aber die erfordert dieser Roman schließlich auch (ich fand ihn viel zu "professoral", da lese ich lieber Anselm).


    Ich geh ja schon
    Gruß
    mofre

    :study: Willa Cather - Meine Antonia

    :study: Jeffrey Eugenides - Die Liebeshandlung

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • Ein schönes Wort! Auch wenn du es mir überstülpst. :)

    Marie: bitte, Ihr müsst mir das glauben: ich meine das nicht so ekelhaft bissig, wie ich das immer von mir gebe. Ich bin nur ein bisschen enttäuscht, dass die Welt kulturell auf dem Niveau herumtümpelt, auf dem sie eben herumtümpelt - da dürft Ihr zwei Euch doch bitte nicht hineinzählen, das müsstet Ihr doch wissen, @Marie und @taliesin! (Ok, Eure Meinung über Herrn Tsatsiki könntet Ihr allerdings schon noch revidieren ... :wink: )

    Mit seinen Werken "Monologion" und "Proslogion" haben sich die Geisteswissenschaftler durch die Jahrhunderte hindurch immer wieder beschäftigt, und auch heute noch sind seine scharfsinnigen Gedankengänge und Argumentationen durchaus lesenswert, erfordern allerdings auch volle Konzentration.

    Und ich dachte, ich sei vor Deinen Kommentaren sicher, sonst hätte ich das doch gar nicht erst gepostet :roll: . Und klar, das "Monologion" und "Proslogion" hast Du mir voraus (den Vorsprung wirt Du wahrscheinlich auch halten können). Trotzdem schön, wieder von Dir zu lesen.


    Aber die erfordert dieser Roman schließlich auch (ich fand ihn viel zu "professoral", da lese ich lieber Anselm).

    [-(

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • zu 3 Binah 11

    Bezüglich "Surabaya Jim": ich habe im Netz gesucht, aber ich habe nicht gefunden, auf welchen literarischen Text Eco im ersten Absatz mit den Stichworten "Cinti", "Monographie", "Vergleich zwischen Catull, den poetae novi und den modernen Avantgarden" anspielt. Vielleicht gibt es ja unter Euch wieder jemanden, der findig genug ist, um das entsprechende Werk zu finden (wenn es denn tatsächlich existieren sollte).

    Da habe ich ernsthaft gegrübelt auf welches Werk, oder gar, welche Werke er da anspielt. Da fiel mir der von ihm erwähnte Name Kurtz auf, denn das erinnert an Colonel Kurtz im Film
    " Apocalypse Now" . Dieser Film beruht in Teilen auf Joseph Conrads Roman Herz der Finsternis. Leider ist es schon Jahre her, dass ich diesen Roman gelesen habe, aber im Film
    wird Kurtz wohl von den Eingeborenen Surabaya Jim genannt. Wie auch immer, dieses Kapitel fand ich sehr schwierig zu lesen und diese Fantasien vom alten Belbo geben vielleicht
    Hinweise auf seinen Charakter, oder seine Tagträume, aber muss Herr Eco das alles immer verschlüsseln, verschleiern um den Leser dann am Ende mit einem Schulterzucken ins
    Leere laufen zu lassen? Na ja, wir sind noch am Anfang und vielleicht ergibt sich der Sinn dieser literarischen Tanzeinlagen ja später noch.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Ich bin froh habt ihr Binah 8/9/10
    ausführlich besprochen, ich konnte aus den Gesprächen nichts Besonderes heraus interpretieren. Mir war wie wenn zwei von Alkohol gesäuselte Männer versuchten philosophische Gespräche zu führen, der abgeklärt scheinenden Belbo und der etwas übereifrige Casaubon.


    Da der Einleitung zu Binah 9 das Zitat „In der rechten Hand trug sie ein ganz güld ist, Posaun“ aus der Chymischen Hochzeit vorangestellt ist las ich mehrere Artikel, (besonders interessant diese Seite www.christliche-reinkarnation.com/PDF/Zahlenraetsel.pdf), im Internet , denn ich kann mir gut vorstellen dass sowohl der Trompete wie auch der Chymische Hochzeit noch eine wesentliche Bedeutung im Verlauf der Geschichte zukommen werden.

    Bezüglich "Surabaya Jim": ich habe im Netz gesucht, aber ich habe nicht gefunden, auf welchen literarischen Text Eco im ersten Absatz mit den Stichworten "Cinti", "Monographie", "Vergleich zwischen Catull, den poetae novi und den modernen Avantgarden" anspielt. Vielleicht gibt es ja unter Euch wieder jemanden, der findig genug ist, um das entsprechende Werk zu finden (wenn es denn tatsächlich existieren sollte).

    Wenn man dieses beiden Begriffe einzeln interpretiert "Der Name Surabaya taucht in dem Stück Happy End (Stück mit Musik) von Kurt Weill und Bertolt Brecht in dem Lied "Surabaya-Johnny" auf.
    https://www.youtube.com/watch?v=aSLTvKC-P3Y

    " Apocalypse Now" . Dieser Film beruht in Teilen auf Joseph Conrads Roman Herz der Finsternis. Leider ist es schon Jahre her, dass ich diesen Roman gelesen habe, aber im Film

    Deine Bemerkung zu Joseph Conrad hat mich auf die Idee gebracht diesen Autor in der fast allwissenden Wikipedia mal näher zu bterachten, und siehe da Romane
    Lord Jim: A Tale (1900), dt. Lord Jim
    @Hypocritia bin "gespannt wie ein Pfeilbogen" auf deine Meinung :-,

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • zu 3 Binah 10


    Was für ein Gespräch zwischen Belpo, der aufgehört hat zu trinken und nach der 10.(?) Runde Whisky Entzugserscheinungen spürt
    :totlach:

    Diese Einteilung in Idioten, Dämliche, Dumme und Irre ist eigentlich ein Witz, schließlich kann man die Begriffe synonym verwenden, doch Casaubon schluckt die Definitionen und ist eifrig dabei, sie zu lernen.

    Ich hab mich köstlich amüsiert und wenn man das wollte, könnte man sogar einen gewissen Sinn dahinter erkennen (zumindest nach dem 3. Whisky).

    und Belbo macht dahingehend zwar ein paar zarte Andeutungen,
    aber die beziehen sich meiner Meinung nach auf Casaubon, nicht aber auf ihn selbst, oder? Ich glaube ich muss das nochmal langsam lesen..........

    Ja, Belpo schließt immer mit der Bemerkung "...ohne jemand beleidigen zu wollen, nur ich." (oder in abgewandelter Form). Aber Casaubon ist so hingerissen, dass er selbst das schluckt oder als völlig berechtigt ansieht.

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • und siehe da Romane
    Lord Jim: A Tale (1900), dt. Lord Jim

    #-o auf Lord Jim hätte ich auch kommen können. Also mischt Eco da wieder kräftig herum, denn Kurtz bezieht sich klar auf Herz der Finsternis.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen