Umberto Eco - Das Foucaultsche Pendel

  • Geburah 43


    Hat jemand sich die Mühe gemacht, Garamonds Aufzählung zu recherchieren? Ob es diese ganzen Bruderschaften, geistlichen Vereinigungen und Orden tatsächlich gibt? Ich halte es für möglich, nachdem ich im Netz über ein paar Weltverschwörungs- und -verbesserungsseiten gestolpert bin. Was mich immer skeptisch macht: Wenn jemand - ein Einzelner oder eine Gruppe - glaubt, die Welt mit einem einfachen Schema und ein paar Gesetzmäßigkeiten erklären zu können. Geht meiner Meinung nach nicht. Die Welt ist zu komplex, als dass sie sich in eine Theorie pressen lässt.


    Was aber immer in der Welt passiert: Wenn das Pendel (!) stark in die eine Richtung schwenkt, folgt kurze Zeit später die Bewegung in die andere Richtung. Heißt: Auf die stark diesseitig bezogene Nach-68-er Generation, der es pauschal gesagt (lassen wir die Auswüchse beiseite) darum ging, dass Menschen hier und jetzt gut leben, rückt die Seele (oder wie immer man das Innerste nennt) wieder in den Vordergrund, und es wird versucht, eine Gemeinschaft der Seelenverwandten zu entdecken. Auf diesen Zug springt jetzt Garamond mit seinem Projekt.
    Und hat sofort Erfolg, denn Belbos Liebste schwärmt von einer Erfahrung, die ziemlich seltsam klingt, der "Freundschaft mit einem fabelhaften Hektoplasma". Ich habe das Wort in dieser Form nirgends gefunden. Ist es vielleicht eine Zusammensetzung von Ektoplasma mit "Hecto-", der Vorsilbe für "hundert"?


    So gehts los. "Ein Aff machder zehn", war ein Lieblingsspruch meiner Schwiegermutter, saarländisch für: Wenn einer etwas Blödes vormacht, machen es gleich zehn Affen nach.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • ...hat sofort Erfolg, denn Belbos Liebste schwärmt von einer Erfahrung, die ziemlich seltsam klingt, der "Freundschaft mit einem fabelhaften Hektoplasma". Ich habe das Wort in dieser Form nirgends gefunden. Ist es vielleicht eine Zusammensetzung von Ektoplasma mit "Hecto-", der Vorsilbe für "hundert"?

    Im italienischen steht "Ho fatto amicizia con un ectoplasama favoloso....
    Somit ist deine Annahme richtig mit Ektoplasma und der Übersetzer hat hier leider seine Aufgabe nicht optimal erfüllt.


    Ich werde diese Woche nicht oft zum schreiben kommen da die ersten Feriengäste "eingetrudelt" sind, allerdings ebenfalls auch die ersten Bücher :lol:

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Geburah 44


    Ein kurzes Kapitelchen, ein exemplarisches Auftreten (vermute ich) eines Autors von der Sorte, wie das Trio sie sicher noch öfter treffen wird - Bramanti war auch einer von dieser Art: Total überzeugt von seinen abstrusen Ideen und deren angeblichen Wissenschaftlichkeit und Beweisbarkeit.


    Natürlich, wir haben es gut, wir stehen draußen und können, je nach Temperament und Laune, die Leute mit dem esoterischen und wer-weiß-wo entwickelten Glauben an irgendwelche Zusammenhänge in der Welt auslachen, den Kopf über sie schütteln oder ignorieren. Aber ich frage mich: Wie fühlt man sich, wenn man an etwas glaubt, wenn man etwas für wahr hält und sogar Beweise dafür findet - und niemand nimmt einen ernst oder setzt sich mit einem auseinander.
    Kein Wunder, dass diese armen Kerle sich so voller Freude und Entgegenkommen dem Trio öffnen und von ihren "Entdeckungen" erzählen: Endlich hört jemand zu, endlich wird man für voll genommen!

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  • Natürlich, wir haben es gut, wir stehen draußen und können, je nach Temperament und Laune, die Leute mit dem esoterischen und wer-weiß-wo entwickelten Glauben an irgendwelche Zusammenhänge in der Welt auslachen, den Kopf über sie schütteln oder ignorieren.

    Sehe ich auch so, aber man darf auch nicht hingehen und alles was aus der esoterischen oder auch okkulten Ecke kommt sofort als Mummenschanz hinstellen. Eco wählt
    hier bewusst wohl nur Vertreter der unglaubwürdigen Sorte aus, um sein Thema zu bedienen. So ganz fair ist das nicht, oder?
    Nimmt man z,b Rudolf Steiners >Anthrosophie<, oder im okkulten (mythologischen) Bereich Frazers >Der goldene Zweig< stellen sich die Dinge gleich ganz anders dar.


    Ich fürchte allerdings, dass Eco weiterhin die eher obskuren Bereiche ausleuchten wird.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

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  • Da ich die letzten Tage unterwegs und nur mit dem Handy und Tablet online bin, schreibe ich mal so - ohne Zitierfunktion, denn das ist mit mobilen Geräten nahezu unmöglich. Jedenfalls habe ich wieder bis Kapitel 44 aufgeschlossen und amüsiere mich prächtig. Nein, Garamonds Aufzählung habe ich nicht nachgegoogelt, das habe ich aufgegeben. Ich kann mir die Namen und Bünde ohnehin nicht merken, dazu fehlt mir einfach das Vorwissen, um das neu Gelernte zu "vernetzen". Dafür erfreue ich mich am beschriebenen Verlagswesen. Ich hoffe ja, Eco übertreibt hier etwas, aber dennoch kann ich mir gut vorstellen, dass es solche Konstellationen doch tatsächlich gibt. Insbesondere Bramanti und Professor Camestres sind sehr unterhaltsam gezeichnet.
    Vielen Dank auch für den Hinweis zu Steiners Antroposophen. In der Nähe von Basel, nämlich in Dornach SO, ist der Hauptsitz der anthroposophischen Gesellschaft, und da ich dort eine zeitlang gewohnt habe, kann ich sagen: überraschend normale Leute :wink: Klar, sehr künstlerisch und naturverbunden, aber sympathisch. Bramanti und Camestres sind hingegen zu sehr ihren Verschwörungstheorien verfallen. solche Exemplare leben ja praktisch auf einem anderen Planeten. Da habe ich schon etwas Mitleid, wenn ich im Nachmittagsfernsehen die Call-in-Shows betrachte, wo es um Metatron, Erzengel und den Energieausgleich geht. Eher Abzocke als notwendige Hilfe, aber das ist ein anderes Thema.
    Immerhin scheint sich endlich ein grosser Plan zu formieren, und nach einem bislang (für mich) recht zähen Vorgeplänkel könnte es nun spannend werden.

  • Ich habe Geburah 46 vor drei Tagen beendet, konnte aber wegen eines Unfalls (Kollision mit einem Topf mit kochendem Wasser ](*,) ) nicht weiterlesen, weil mir die Konzentration fehlt. Aber ich bleibe dran, versprochen. Vielleicht gehts morgen schon besser, wenn die Schmerzen mal nachlassen.

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  • Aber ich bleibe dran, versprochen. Vielleicht gehts morgen schon besser, wenn die Schmerzen mal nachlassen.

    Gute Besserung auch von mir.


    Ich bin bei Geburah 45 und werde am Wochenende etwas dazu schreiben.

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  • Geburah 45



    Die Herren Lektoren schwärmen aus um passendes Material zu finden und dabei kommt ein ziemlich verwirrendes Sammelsurium an Schriften zusammen.
    Die alten Ägypter und die Elektrizität, die Kabbala, die Osterinseln und die Kelten.........Die Liste ist lang, aber wirklich gutes und verwendbares Material scheint
    nicht dabei zu sein. Also fragt man Garamond, dem der Inhalt aber relativ egal ist. Hauptsache es liegt gerade im Trend und lässt sich gut verkaufen.




    Zitat

    Wollen sie den Lesern etwas verkaufen, was sie nicht kennen? Die Bücher der Entschleierten Isis müssen genau von denselben Sachen handeln, die auch
    in den anderen stehen. Sie bestätigen sich gegenseitig, also sind sie wahr. Mißtrauen sie der Originalität.

    Herr Garamond geht mit der Wahrheit recht kreativ um und im Grunde interessiert es ihn auch nicht wirklich, was wahr, unwahr oder beweisbar ist. Wichtig ist was die
    Leserschaft gerade interessant findet. Nun braucht man einen Berater, der sich in diesen speziellen Kreisen auskennt und Casaubon schlägt den Grafen Aglie vor, den
    wir ja schon aus der Brasilien-Episode kennen. Das ist ein feiner Experte........ :roll: Vielleicht kennt der alte Hochstapler ja tatsächlich diese ganz spezielle Leserschaft,
    aber seriös ist dieser Herr sicher nicht.

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  • Geburah 46
    Tja, um Seriösität geht es Garamond ganz sicher nicht, er ist aber ein guter Geschäftsmann, wenn er seiner Leserzielgruppe das serviert, was sie lesen wollen. Und Agliè scheint dann doch der geeignete Experte für die Auswahl der entsprechenden Texte zu sein. Bei einem gemeinsamen Besuch belauschen die Drei den Grafen, wie er ein Streitgespräch zwischen einem Franzosen und Bramanti zu schlichten versucht. Es geht um einen Streit unter Experten betreffend lithurgischer Formalitäten, allzu genau habe ich es nicht verstanden. Jedenfalls verstecken sich Diotavelli, Belbo und Casaubon wie kleine Kinder, und huschen rasch zurück zum Sofa als Agliè wieder den Raum betritt. Ich denke, in diesem Kapitel sollte uns Lesern nochmals aufgezeigt werden, dass Agliè ohne Zweifel DER Experte in Sachen "Hermetismus der Renaissance" ist, mit entsprechenden Kontakten zur ganz speziellen Leserschaft...

  • Ich denke, in diesem Kapitel sollte uns Lesern nochmals aufgezeigt werden, dass Agliè ohne Zweifel DER Experte in Sachen "Hermetismus der Renaissance" ist, mit entsprechenden Kontakten zur ganz speziellen Leserschaft...

    Das denke ich auch und er ist auf jeden Fall sehr redegewandt, hat den Auftritt eines Gentleman und kennt sich in besagtem Gebiet sehr gut aus. Was aber stutzig machen
    muss, ist diese Aura des Geheimnisvollen und seine Behauptung er wäre so etwas wie die Reinkarnation des Grafen von Saint Germain.
    Das scheint mir dann doch etwas zuviel des Guten. Als Berater scheint er auf jeden Fall der passende Mann zu sein. Ich bin gespannt, ob er in der Geschichte noch einen
    dauerhaften Platz einnimmt. Mal abgesehen von seiner Rolle als Berater traue ich diesem Herrn nicht wirklich über den Weg.

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  • DER Experte

    Ja, wer sonst? Es war vorauszusehen, dass Aglié noch eine größere Rolle zukommt, auch wenn:

    traue ich diesem Herrn nicht wirklich über den Weg

    Auch Bramanti ist in den Streit, den das Trio belauscht, verwickelt. Um welche geheimnisvolle Sache es dabei wohl geht? Ob diese drei sich später als Gegenspieler von Casaubon, Belbo und Diotavelli entpuppen?
    Die Passage, in der der Franzose spricht, liest sich schwer durch das eingedeutsche Halb-Französisch. Wenn man laut liest, klappts. Vielleicht kann @serjena etwas dazu sagen, wie sich diese Passage im Original "anhört".


    Ich habe aufs Geradewohl die "Entschleierte Iris" gegoogelt, weil ich das Gefühl hatte, dass sich hinter dem Titel mehr verbirgt und weil die Herren so freudig auf den Vorschlag eingegangen sind. Und wurde hier fündig. Ein Beweis, dass Ecos Buch bis in die kleinste Zeile durchkomponiert ist und dass sich hinter jedem Begriff ein Zusammenhang verbirgt, den man nur entweder durch breites Wissen auf allen Gebieten oder durch reinen Zufall findet.
    So findet auch der Manuzio-Verlag seine Entsprechung (s. verlinktes Buch).
    Und selbst Garamond hat im weitesten Sinne mit Literatur und Schrift zu tun.

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  • Ich habe aufs Geradewohl die "Entschleierte Iris" gegoogelt, weil ich das Gefühl hatte, dass sich hinter dem Titel mehr verbirgt und weil die Herren so freudig auf den Vorschlag eingegangen sind. Und wurde hier fündig.

    Die Frau Blavatzki ist natürlich auch Eco bekannt und sie passt ganz hervorragend in das Konzept von Garamond. Eines der wenigen Werke auf diesem Gebiet das hervorragende
    Verkaufszahlen aufzuweisen hatte. Witzig dabei ist, dass Garamond weder den Bezug zu Blavatzki noch den, von Belbo erwähnten, zu Frazers >Der Goldene Zweig< kennt.


    Das ist schon erstaunlich, wie vielfältig und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet Eco hier zu Werke geht.

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  • Ich muss mich erst mal entschuldigen für das längere Stillschweigen. Jedoch mit Feriengästen im Hause kommt man ja kaum zu schlafen :roll: geschweige denn zum lesen und schreiben. Jedoch werde ich mich gegen Ende der Woche dem von euch geschriebenem annehmen mich auf den neuesten Stand bringen und meine Meinung dazu äussern. :uups:

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    Horst Lichter

  • Ich denke ebenfalls, dass die Drei (Agliè, Bramati und der Franzose) sich allmählich zu einer Art Gegenspieler unserer drei Helden entwickeln werden. Und ich denke mal, der Grosse Plan entwickelt sich demnächst anhand der Vielzahl an Einsendungen, die der Verlag erhält und Agliè mit beurteilen soll. Damit erhalten beide Parteien sozusagen Einblick in die neuesten Theorien.
    Das Halb-Französisch hat mich beim Lesen etwas gestört. Irgendwie finde ich es immer etwas bemüht, wenn Autoren (oder Übersetzer) den Klang oder Akzent einer Fremdsprache ins Schriftliche transkribieren möchten. Hätte sich ein Wortwitz ergeben, oder Missverständnisse im Dialog, dann hätte es noch Sinn gemacht, aber in diesem Fall hätte ein einfacher Hinweis aufbauen Akzent gereicht.

  • Geburah 47
    Nun also werden wir von Agliè in seine "Klause" geführt, die sich eher als Schatzkammer entpuppt. Besonders gefiel mir die Erstausgabe eines Buches von 1595, von dem es heisst, es gäbe nur noch zwei Exemplare - und er besitzt das dritte :totlach: . Sehr schön, Agliè ist also Experte, voll eingeweiht und hat Zugriff auf alle möglichen Schätze. Er belächelt unsere Verlagsfreunde: das Thema sei weder esoterisch noch hermetisch, sondern ganz einfach nicht-degeneriertes Wissen, und er freut sich auf die Zusammenarbeit als ginge es auf Gralssuche... Dem entsprechend fällt dann auch die Verhandlung zur Aufwandsentschädigung aus: falls sich Agliè von dem "Beifang" langweilt, den der Verlag sicherlich en masse erhalten wird, dann erlaubt sich unser Experte eine symbolische Rechnung am Jahresende auszustellen, die, falls es die Grenzen der Erwartung übersteigt, auch mit einer Kiste guten Weines beglichen werden kann. Der Ansatz gefällt mir ebenfalls sehr gut! Agliè ist somit nicht auf finanziellen Gewinn aus sondern erhofft sich vielmehr Zugang zu weiteren Quellen und erfährt direkt, an welchen Theorien andere Forscher derzeit arbeiten. Wie ein Magier beeindruckt er uns schliesslich, in dem er nach einem kurzen Blick ins Inhaltsverzeichnis ein Manuskript zusammenfasst. Ein Stichwort, und er weiss welche Theorie und Argumente darin enthalten sein müssen; für ihn nichts Neues und die Zahlenspielereien scheinen in dieser "Wissenschaft" allgemein bekannt zu sein. Das Pyramidion, der Tod des Lord Carnavon und das Zeugnis Herodots, die Entfernung der Erde zur Sonne in ägyptischen Ellen... Ich bin mal gespannt, wieviele Namen und Zahlen in den Grossen Plan noch mit einfliessen werden. Das wird wirklich ein SEHR GROSSER PLAN! (Gut, ob nun alles bisher Gelesene darin einfliessen wird, sei mal dahingestellt, aber auch nur die Hälfte der Thesen fände ich bereits verwirrend genug)

  • zu Geburah 47

    Nun also werden wir von Agliè in seine "Klause" geführt, die sich eher als Schatzkammer entpuppt. Besonders gefiel mir die Erstausgabe eines Buches von 1595, von dem es heisst, es gäbe nur noch zwei Exemplare - und er besitzt das dritte . Sehr schön, Agliè ist also Experte, voll eingeweiht und hat Zugriff auf alle möglichen Schätze.

    Was für eine Theatervorstellung! Auf der Bühne der große Kenner der Materie, Herr Graf Aglie und im Zuschauerraum die völlig faszinierten Lektoren. Da steht er nun, der Magier
    und zieht die Fäden an denen die Herren wohl bald hängen werden. Mir erscheint das alles sehr übertrieben, obwohl Herr Aglie zugegeben ein recht versierter Manipulator ist,
    hat er hier auch drei leicht zu beeindruckende Zuschauer, die förmlich an seinen Lippen hängen und zumindest im Moment wenig kritisch wirken.
    Der Grosse Plan wirkt ziemlich zusammengewürfelt. Aglie lässt kein noch so durchgenudeltes esoterisches Thema aus, lässt ein paar bekannte Namen fallen und schon ist er
    ein unentbehrlicher Berater des Hermes Projekts.
    Interessant fand ich Casaubons Reaktion auf Aglies Vortrag. Zumindest er scheint noch etwas skeptisch.



    Zitat

    Dann sprach er weiter mit zur Decke gerichtetem Blick, doch mir schien, dass seine Inspektion weder müßig noch zufällig war. Seine Augen folgten einer Spur,
    als läsen sie aus den Bildern dort oben ab, was er aus den Tiefen seines Gedächtnisses auszugraben vorgab.

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  • Geburah 43

    Hat jemand sich die Mühe gemacht, Garamonds Aufzählung zu recherchieren? Ob es diese ganzen Bruderschaften, geistlichen Vereinigungen und Orden tatsächlich gibt?

    Ganz kurz zu euren Fragen und Anmerkungen. Nach einigen Recherchen im Netz bin ich doch tatsächlich fündig geworden. wobei einiges sich doch sehr befremdlich liest zugleich zum Schmunzeln verleiten. Allerdings verlief die Suche nicht immer gradlinig. Wer sich somit ein wenig informieren möchte, bitte, einige zum nach lesen.
    Absolutisten
    Aetherious Society of California
    Builders of the Adytum in Kalifornien
    Cercle Eliphas Lévi in Maule


    Hier treffen wir wieder auf einen alten Bekannten Aleister Crowley
    The Sanctuary of the Gnosis in Sherman Oaks
    Deutsche Seite


    Hermetic Brotherhood of Luxor
    Militia Templi in Montpellier
    Wicca


    Somit kann ich dieser Aussage zustimmen.

    Zitat von Umberto Eco

    "Existieren die alle wiklich?" fragte Belbo. "Die und noch mehr...


    Geburah 46

    Die Passage, in der der Franzose spricht, liest sich schwer durch das eingedeutsche Halb-Französisch. Wenn man laut liest, klappts. Vielleicht kann @serjena etwas dazu sagen, wie sich diese Passage im Original "anhört".

    Im Original wird „Gott sei Dank“ nichts verfremdet, sondern in einem sehr gepflegten italienisch parliert, da hat sich der Übersetzer die Freiheit genommen dies nach seinem „Gusto“ zu interpretieren.
    Wie schon @Marie erwähnt, laut lesen, somit wird es verständlich.
    Wenn gewünscht kann ich euch die korrekte Übersetzung gerne "liefern" :lol:

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    Horst Lichter

  • Geburah 48
    Agliè verblüfft die Zuhörer weiterhin mit den mathematischen Herleitungen und Argumenten aus dem Manuskript, welches er noch nicht einmal lesen musste - das Inhaltsverzeichnis genügte als Stichwortgeber. Alles schon mal da gewesen, sozusagen. Ich nehme mal an, ein solches Manuskript fiele später mal unter "Langeweile" und würde von ihm verrechnet werden. Hervorragend fand ich aber, dass er diese "Pyramidion-Äquator-Erdoberfläche-etc" Rechnerei als "grösstenteils Dummheit" abhandelt. (Quid est veritas = Was ist Wahrheit?, wie einer seiner Bekannten vor vielen Jahren einmal sagte, war wohl Pontius Pilatus im Verhör Jesu - wieder eine Anspielung auf seine Reinkarnation des Grafen Saint Germain oder gar des "Ewigen Juden", so ganz blicke ich nicht mehr durch) Und er zeigt anhand eines Kiosks, dass man eigentlich anhand allem irgendetwas herleiten kann. Da war ich wohl zum ersten Mal auf seiner Seite! (Zu Jean-Pierre Adam, der den Kiosk vermessen hat, habe ich nichts esoterisch-hermetisches gefunden. Er ist wohl ein zeitgenössischer, seriöser Ärchaologe und Architekt; wollte ihn Eco mit dieser Referenz nur aufziehen? Mochten und schätzten sich Eco und Adam, oder eher nicht?) Dennoch glaubt Agliè an Zahlenkorrespondenzen, die allerdings gar keiner Entdeckungen benötigen... Auch der Verweis auf die Elektrizität bei den Ägyptern wird als kindisch verworfen, wahrscheinlicher hingegen wäre die Hypothese der Radioaktivität. Mir persönlicher erscheint es ebenso unlogisch, aber Agliè kann damit dann auch gleich mal das Rätsel um "Sesam-öffne-Dich" und die Aufhebung der Schwerkraft lösen. Ich sehe da keinen Zusammenhang. Wirklich interessant wäre die Einbeziehung der tellurischen Strömungen, irgendwo vorher im Buch wurden sie schon mal erwähnt, nur wo? Ich hatte das nämlich schon mal nachgeschlagen. Unsere drei Freunde sind aber völlig ahnungslos, sehr zur Enttäuschung Agliès. Ach ja, und zum Schluss noch eine Überraschung: Lorenza Pellegrini ist nun wohl mit Agliè liiert, sehr zu Belbos Erschrecken! Über einen Hinweis wurde ich aber noch nicht schlau: Agliè informiert Lorenza, dass der fragliche Abend um ein paar Wochen verschoben wurde. Scheinbar war irgendein Event vorgesehen, an dem sie teilnehmen sollte?

  • zu Geburah 48

    Hervorragend fand ich aber, dass er diese "Pyramidion-Äquator-Erdoberfläche-etc" Rechnerei als "grösstenteils Dummheit" abhandelt.

    Das hat mir auch sehr gut gefallen. Vor allem das dann folgende Kiosk-Beispiel. Ich frage mich allerdings auch, ob das nicht wieder ein cleverer Schachzug des Grafen
    ist. Er erklärt die Zahlenspielereien und die Drei staunen, aber dann verwirft er sie als Dummheit und kommt selbst mit einer eigenen, wie er glaubt, viel besseren Erklärung
    daher.


    Die gute Lorenza treibt da ein nicht sehr feines Spielchen mit dem eifersüchtigen Belbo. Ich habe so das Gefühl, dass sie recht umtriebig ist. Belbo und Aglie scheinen
    nicht allein in diesem Reigen zu tanzen...........

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    William Shakespeare


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