Sarah Kuttner - 180 Grad Meer

  • Klappentext:
    Nachdem ihr Vater die Familie verlassen hat, ist Jule mit ihrem Bruder und ihrer selbstmordgefährdeten Mutter aufgewachsen. Als Erwachsene hat sie sich einen Alltag geschaffen, in dem sie alles nur noch irgendwie erträgt: ihren Job als Sängerin, die unzähligen Anrufe ihrer Mutter, den ganzen Hass in ihr, der sie fast verschwinden lässt. Als auch ihre Beziehung zu bröckeln beginnt, flieht sie zu ihrem Bruder nach England, auf der Suche nach Ruhe und Anonymität.
    Doch dort trifft sie auf ihren Vater, der im Sterben liegt. Zaghaft beginnt Jule einen letzten Versuch, sich dem Mann anzunähern, von dem sie sich ihr Leben lang im Stich gelassen gefühlt hat.
    Eine tragikomische Road-Novel über das komplizierte Verhältnis zu den eigenen Eltern und den Wunsch, Urlaub von sich selber machen zu können.



    Meinung:
    Jule ist ein Mensch mit Fehlern. Sie verachtet vieles, am meisten sich selbst. Das liegt nicht zuletzt an ihrer Kindheit und der Beziehung zu den Eltern. Ohne dass auf die Kindheit Jules zu intensiv eingegangen wird, reichen schon Nebensätze aus, um einem das Herz kurz stehen zu lassen. Es gibt viele verschiedene Arten, Kinder zu belasten, auch ohne häusliche, physische Gewalt. Und so wächst Jule einem in all ihrer Fehlerhaftigkeit sehr ans Herz. Ich mochte die Protagonistin gerne, insbesondere weil so ehrlich mit ihren Fehlern umgegangen wurde.


    Zudem liebe ich, wie Sarah Kuttner schreibt. Selbst umgangssprachliche Sätze wirken - richtig eingesetzt und dosiert - plözlich fast ein wenig wie Poesie. Man findet ihren erfrischenden Sprachstil, den man aus ihren Moderationstätigeiten kennt, auch in ihrem Schreiben wider, was mir sehr zusagt.


    Wie auch schon in den vorangegenanen beiden Romanen spielen sich die wichtigsten Ereignisse im Kopf der Protagonistin ab. Auf der reinen Handlungsebene passiert relativ wenig. Dennoch oder gerade deswegen ist es ein sehr intensives Buch. Denn schlielich geht es darum, sich weit weg von allem einmal nur mit sich und den eigenen Macken auseinander zu setzen, auch wenn ich mir manchmal wünschte, Jule hätte sich nicht öfter mal im Kreis gedreht, sondern wäre schneller vorangeschritten mit der Selbstanalyse. Und der geheime Star der Geschichte ist ohnehin kein Mensch.



    Empfehlung:
    Ich empfehle dieses Buch allen, die sich gerne mit gestandeten und nicht ganz intakten Persönlichkeiten und ihrer Psychologie auseinandersetzen; jenen, die sich für Konflikte zwischen Kind und Eltern interessieren und all denjenigen, die Sarah Kuttners Art mögen. Diese findet sich nämlich auch in ihren Büchern wieder.


    Hier findet ihr außerdem noch eine Videorezension über alle 3 bisher veröffentlichten Romane von Sarah Kuttner von mir.

  • erfrischenden Sprachstil

    Das ist der richtige Ausdruck für den Schreibstil von Sarah Kuttner!
    Sie schreibt wie sie spricht!


    Mir hat das Buch auch sehr gut gefallen.


    Anfangs war mir Jule sehr unsympathisch. Das ändert sich zunehmend mit der Aufklärung wie sie tickt und warum sie so eine gestörte Psyche hat.
    Nach Ende des Buches hat ich das Gefühl traurig und allein zurückgelassen worden zu sein. Ich habe mit Jule gelitten und wollte sie so gern in den Arm nehmen und mich mit ihr austauschen.