Marie Jansen - Als wir Schwestern waren

  • Hamburg 2013. Simone arbeitet als selbständige Auktionsagentin und lebt mit ihrem Freund Jens in Hamburg. Die Beziehung der beiden ist schwierig, Jens lebt in den Tag hinein, während Simone mit ihrer Arbeit für die Kosten aufkommt. Eines Tages bekommt Simone einen Brief mit Bargeld und der Aufforderung, zwei Schrankkoffer und einen Sattel auf einer Privatauktion in Hamburg zu ersteigern. Unterzeichnet ist dieser Brief mit C.C. und enthält keinerlei Adresse. Simone kommt der Aufforderung nach, denn sie braucht jede Einkommensquelle. Als die Koffer und der Sattel an ihre Privatadresse in Berlin angeliefert werden, ist Simone doch neugierig, was die Koffer wohl beinhalten könnten. So öffnet sie diese mit schlechtem Gewissen ihrem Klienten gegenüber, der sich noch nicht gemeldet hat und findet neben bunten Zirkusgewändern in einem Geheimfach einige alte Tagebücher und alte Briefe, manche noch ungeöffnet. Während Simone die Fundstücke durchliest, wird sie immer mehr gefangen genommen von der dort erzählten Geschichte von Elisabeth und Viviane, sie macht sich am Ende auf die Suche nach den eigentlichen Besitzern, denn der Auftraggeber hat sich noch immer nicht gemeldet. Wird sie die rechtmäßigen Eigentümer finden?


    Hamburg 1916. Die Schwestern Elisabeth und Viviane Berentsch wachsen behütet in einem gutbürgerlichen Unternehmenshaushalt auf. Beide sind vom Wesen her grundverschieden, doch sind sich die Schwestern eng verbunden. Eines Tages reist die jüngere Schwester Viviane aus und schließt sich der Liebe wegen einem Wanderzirkus an. Fortan wird ihr Name im Elternhaus nicht mehr erwähnt und Elisabeth bleibt allein zurück. Es ist die Zeit des ersten Weltkrieges und Deutschland kommt nicht zur Ruhe…


    Marie Jansen hat mit ihrem Roman „Als wir Schwestern waren“ einen sehr unterhaltsamen, berührenden und spannenden Familienroman vorgelegt, der sich über viele Jahrzehnte spannt und in zwei Handlungssträngen erzählt wird. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig und bildhaft, der Leser wird mal in das eine Jahrhundert mal in das andere katapultiert und begleitet die Protagonisten auf ihren abenteuerlichen Wegen. Das Einstreuen von Tagebucheintragungen ebenso wie von Briefen geben der Handlung Einblicke in ein Leben des vergangenen Jahrhunderts zu Kriegszeiten. Ebenso ist zu erwähnen, dass sich die Eintragungen und Briefe gegenseitig ergänzen und Fragen, die bei dem einen entstehen, im anderen teilweise beantwortet werden. Der Handlungsstrang, der in der Gegenwart spielt, steht dem in der Vergangenheit in nichts nach. Beide wissen zu fesseln und zu begeistern. Die Landschaftsbeschreibungen sind malerisch und sehr detailliert, wer die französische Küste kennt, wird sich schnell heimisch fühlen und vor dem inneren Auge Bilder hervorrufen können, die das Fernweh aufkommen lassen.


    Die Charaktere wurden sehr authentisch und lebensecht skizziert, die Protagonisten haben ihre Ecken und Kanten, Sorgen und Nöte, so dass man sich sehr gut mit ihnen identifizieren kann, weil sie glaubhaft wirken. Simone ist eine sympathische Frau, die mit ihrer momentanen Lebenssituation hadert. Sie liebt ihren Beruf, aber ihre Beziehung zu Jens macht ihr zu schaffen, schon lange leben sie nebeneinander her und das Gefühl, von Jens ausgenutzt zu werden, lässt sich nicht vertreiben. Auch ihre eigene familiäre Situation ist schwierig, der Kontakt zur Mutter nur sporadisch und wenig herzlich, ansonsten ist sie auf sich allein gestellt. Die ersteigerten Gegenstände werden ihr Leben verändern und sie mit Dingen konfrontieren, die sie sich nicht hätte vorstellen können. Elisabeth ist eine Frau, die durch eine Krankheit in der frühen Kindheit entstellt wurde und somit ihren Eltern eher als Last gilt, da man sie nicht mehr standesgemäß verheiraten kann. Ihr Leben besteht aus der Erfüllung der Erwartungen anderer, während ihre eigenen Wünsche außen vor bleiben. Als sich ihr doch noch ein wenig Glück am Horizont zeigt, greift sie zu und verteidigt dieses mit allen Mitteln, ohne an die Folgen zu denken. Viviane ist jung und ungestüm, ohne jeden Standesdünkel. Sie will ihr Leben frei gestalten und ergreift die erste Möglichkeit, aus dem elterlichen Käfig auszubrechen und sich für die Freiheit zu entscheiden, auch wenn dieser Weg mit vielen Entbehrungen und schmerzhaften Erfahrungen gepflastert ist. Pascal ist ein sympathischer Mann, der sich erst einmal im Hintergrund hält, dabei hat er mehr zu sagen, als auf den ersten Blick zu ersehen ist.


    „Als wir Schwestern waren“ ist ein Roman, der ein lange gehütetes Familiengeheimnis aufdeckt und dessen Folgen bis in die Gegenwart reichen. Ein absolut spannender und unterhaltsamer Schmöker für alle, die dieses Genre lieben und sich in verschiedenen Zeitepochen verlieren können. Unbedingte Leseempfehlung für eine tolle Geschichte, die noch ewig hätte so weitergehen können!


    Sehr schöne :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: !!!

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Mein Fazit:


    Dieses Buch stand leider viel zu lange in meinem Regal, wenn ich bedenke, wie sehr es mich bewegt und beschäftigt hat! Ich nahm es am Sonntagmittag in die Hand und hatte es am Abend durch!


    Simone Berger stammt eigentlich aus Hamburg. Doch nach dem Tod ihres Vaters zog die Mutter mit der kleinen Simone nach Berlin. Als Erwachsene hat sie sich als zuverlässige Auktionsagentin einen Namen gemacht. Mit ihrem Lebenspartner Jens, ein erfolgloser Galerist, läuft es gerade nicht sehr gut, zumal er zum Einkommen nicht viel beiträgt. Als sie den geheimnisvollen Auftrag zur Privatauktion in Hamburg bekommt, ahnt sich nicht, dass dieser Auftrag ihr Leben für immer verändern wird. Denn was 1916 mit Lügen und Geheimnissen begann, setzte sich bis in die Gegenwart fort.


    Simone ist eine sympathische Figur, die durchaus selbstkritisch mit sich umgeht. Während der Geschichte um diese Briefe und Tagebücher lernt sie viele Menschen kennen. Sie reist nicht nur nach Hamburg, sondern auch nach Frankreich und versucht nebenbei auch noch ihre Beziehung zu retten. Das allerdings fällt ihr zunehmend schwer, denn natürlich taucht da noch ein attraktiver Franzose auf, der sich kaum zurückhalten kann, um sie zu werben. Ich konnte ihre Gedanken und Handlungen gut nachvollziehen, war da ganz bei ihr und fühlte auch mit ihr, was um sie herum passierte!


    Die Figuren aus der Vergangenheit sind jedoch nicht weniger interessant. Zwei so unterschiedliche Schwestern, dessen Lebenswege genauso verschieden sind. Und doch gibt es immer wieder Bande, die sie verbindet und eint. Die Zeit der Kriege wird gut beschrieben, ich konnte mich gut in die ganze Kulisse hineinversetzen und auch die unterschwelligen Spannungen zwischen den Akteuren nachvollziehen.


    Was sich erst am Ende zeigt, deutete sich lange vorher schon an, aber ich fand nicht den richtigen „Haken“. Was hatte Simone Berger mit der ganzen Geschichte zu tun? Warum wurde ausgerechnet sie ausgewählt, die Koffer und den Sattel zu ersteigern? Die Auflösung wirkte auf mich glaubhaft und keinesfalls kitschig, im Gegenteil, das hat mich sehr berührt!


    Langer Rede, kurzer Sinn: Der Roman hat mich von der ersten Seite an gefesselt. Zirkus-Atmosphäre, harte Kriegswinter und Kinder der Liebe … es ist alles drin, was ein Roman braucht. Ich fühlte mich sehr gut unterhalten und daher bekommt der Roman fünf überzeugte Sterne mit einer klaren Lese-Empfehlung!