Louis de Bernières - Der zufällige Krieg des Don Emmanuel

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    ""Der zufällige Krieg des Don Emmanuel" bricht aus, als die hochmütige Dona Constanza anordnet, dass der Fluss, der den ganzen Ort mit Trinkwasser versorgt, von den Dorfbewohnern umzuleiten sei, um ihren Swimmingpool vor dem Austrocknen zu bewahren. Bernieres' brillanter Erstling handelt vom Leben, der Liebe und der Politik in Lateinamerika."


    Aufgrund meiner Begeisterung für "Corellis Mandoline" habe ich mir Louis de Bernières erstes Buch besorgt, und ich wurde wieder nicht enttäuscht.


    Die oben skizzierte Geschichte ist nur eine der vielen Geschichten, die dieses Buch erzählt. Sie spielen in einem fiktiven Land in Südamerika, aber man erkennt die politischen Strukturen von Chile, Argentinien, usw. ohne weiteres wieder, was natürlich in der Absicht des Autors liegt.
    Korruption, Gewalt und Willkür beherrschen das Leben der Menschen; niemand kann sicher sein vor dem Militär, den Kommunisten, den Terroristen, und keine dieser Gruppe ist besser als die andere. Die Bauern, die Landbevölkerung und die Indios werden unterdrückt und abhängig gehalten von Kolonialmächten, Wirtschaftsunternehmen und einer herrschenden Klasse der eigenen Leute.
    Doch die Menschen haben sich ihre Wege zum Überleben geschaffen. Sie lavieren sich durch die Gesetze und picken sich heraus, was sie brauchen können, andere rufen zum Widerstand auf, zum passiven und aktiven; sie sind erfinderisch in ihren Überlebensstrategien. Sie säen, sie ernten, sie leben und sie lieben. Zwei Dinge braucht man (als Mann und auch als Frau): Eine dicke Zigarre und ein Gewehr. Und wenn man dann noch zwischendurch dem Alkohol zusprechen kann oder eine/n willigen Bettgefährten/in findet, ist alles gleich wieder erträglicher.


    De Bernières kann einfach grandios erzählen. Er schafft in seinen Personen unverwechselbare Originale mit individuellen Schicksalen und einem Witz, wie man ihn selten findet.
    Gleichzeitig gehört das Buch zu den grausamsten, die ich je gelesen habe. Es ist vor allem die Leichtigkeit (nicht Seichtheit!!!) der Sprache, durch die die beschriebenen Folter- und Vergewaltigungsszenen, das Morden und Abschlachten so widersinnig und entsetzlich wirken.
    Es gibt, anders als in "Corellis Mandoline" keine EINE Liebesgeschichte, sondern eine Vielzahl davon, darunter eine, bei der ich an meinem Kloß im Hals schwer zu schlucken hatte.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



    Einmal editiert, zuletzt von Marie ()

  • Hallo Marie,


    seit ich in deiner Signatur von diesem Buch gelesen habe, warte ich ungeduldig auf deine Rezension.


    Und ich wurde nicht enttäuscht... :wink:
    Diesen Titel habe ich mir nun auf meine Wunschliste gesetzt und freue mich schon sehr drauf, den Roman zu lesen.


    Danke für deine interessante Vorstellung.


    Viele Grüße
    Wilaja

  • @ Wilaja, du hast hoffentlich starke Nerven. :viking:
    Du erinnerst dich bestimmt an die Kriegsgreuel in "Corellis Mandoline". Das vorliegende Buch ist durchzogen von Schilderungen dieser Art. Aber das Lesen lohnt sich, vor allem, wenn man sich für Bücher mit realem, gut recherchiertem politischen Hintergrund interessiert.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Zitat

    Original von Marie
    Du erinnerst dich bestimmt an die Kriegsgreuel in "Corellis Mandoline".


    Ja, ich glaube, das kann ich nicht so schnell vergessen, diese Schilderungen gingen mir richtig unter die Haut. Du siehst, stark sind meine Nerven leider nicht.


    Aber dennoch muss ich dieses Buch einfach lesen... :wink:


    Viele Grüße
    Wilaja

  • Aufgrund Maries Vorstellung habe ich mir diesen Roman einfach kaufen MÜSSEN, ein weiterer Grund dafür war, dass ich ebenfalls von „Corellis Mandoline“ begeistert war, und somit unbedingt noch ein weiteres Buch des Autors lesen wollte.


    Das Buch ist in 43 Kapitel gegliedert, in jedem dieser Kapitel wird das Hauptaugenmerk auf eine der Hauptfiguren gelegt, dies mag zwar etwas kompliziert klingen, ist es aber überhaupt nicht. Gut, während der ersten beiden Kapitel war ich etwas unsicher, ob ich mit den verschiedenen Namen zurechtkommen werde und somit die Charaktere unterscheiden kann, aber diese Angst legte sich sehr bald. Der Autor schickt den Leser auf eine Reise nach Südamerika und bald ist man nicht mehr Zuschauer, sondern selbst ein Teil der Geschichte.
    Genau wie in „Corellis Mandoline“ habe ich mit den Menschen gelitten, gelacht und getrauert, in vielen Szenen musste ich den Kopf schütteln, oft war ich von der Brutalität und Grausamkeit überwältigt, einige Male musste ich laut lachen und bei manchen Sexszenen musste ich mich doch noch davon überzeugen, dass meine Sitznachbarn im Zug nicht mitlesen...


    De Bernières Sprachwitz ist unverkennbar und zeichnet auch diesen Roman aus, er spielt mit der Sprache, sie ist sein wichtigstes Werkzeug.
    Der Autor schafft den Spagat zwischen Himmel und Hölle, gut und böse, schwarz und weiß, und dies ist vielleicht auch genau das, was er eigentlich gar nicht bezweckt, denn ich denke, er möchte überhaupt nicht „schwarz“ oder „weiß“, „gut“ oder „böse“ sein. Vielmehr verzaubert er den Leser durch seine Sprache und Details.
    Es gab einige Szenen in diesem Buch, nach deren Lektüre ich mich erst einmal wieder sammeln musste, Abstand gewinnen wollte und es mir einfach zu viel war. Aber genau dann überraschte mich de Bernières mit einem witzigen Detail oder einer wunderschönen Beschreibung, und hielt mich auf diese Weise davon ab, den Roman schockiert zur Seite zu legen.


    Der Leser lernt viele verschiedene Menschen kennen, ich war so oft im Zwiespalt mit meinen Gefühlen, einigen Figuren fühlte ich mich nahe und verbunden, andere dagegen schockierten mich durch furchtbare Gewalttätigkeit und Skrupellosigkeit.
    Der gesamte Roman ist durch große Brutalität geprägt, die mich sehr erschreckt und durch die Erzählung des Autors unheimlich real wirkt.


    Ich habe bewusst versucht, den Vergleich mit "Corellis Mandoline" zu unterlassen, aber ich bin auch für "Der zufällige Krieg des Don Emmanuel" voll des Lobes und hoffe, dass der Roman hier noch viele Leser finden wird.


    Viele Grüße
    Wilaja

  • Hallo Wilaja,


    na gut, du hast mich überzeugt. :mrgreen: Noch ein Buch mehr auf meiner doch so klitzekleinen Liste! :roll:

    Grüßle


    Andrea


    Nichts ist gerechter verteilt als die Intelligenz. Jeder glaubt, er habe genug davon. - René Descartes



    Ich lese gerade:
    Owen Meany von John Irving

  • Habe mir das Buch heute als Mängelexemplar gekauft, weil mich der Text auf der Buchrückseite zum Schmunzeln gebracht hat und ich gedacht habe, dass es vielleicht ein gutes Buch ist. Nun seh ich, dass es hier mit 5 Sternen bewertet ist, und freu mich umso mehr.
    Werde es sicher demnächst beginnen zu lesen und dann berichten :)

    Sub: 70 (aktiv 46, inaktiv 24)
    2010/2011 gelesen: 74/33
    Seiten: 25547/11556