Klappentext
Das bewegende Leben eines Mannes im British Empire – Jane Gardam erzählt es mit hinreißender Ironie und Warmherzigkeit.
Alles an Edward Feathers ist ohne Fehl und Tadel – seine Garderobe, seine Manieren und sein Ruf als Anwalt mit glänzender Karriere in Hongkong. Nun ist er alt und muss mit dem Tod seiner Frau Betty zurechtkommen, so wie er immer mit allem zurechtgekommen ist. Seine perfekte Haltung täuscht alle und manchmal sogar ihn selbst. Doch mit Bettys Tod bricht etwas in ihm auf, und behutsam beginnt Feathers, vergangene Ereignisse ans Licht zu holen. An einem kalten englischen Wintermorgen setzt er sich ans Steuer seines Wagens und fährt los, das eigene Leben zu erkunden. Mit Jane Gardams meisterhaftem Roman über ein Leben im British Empire ist eine große Autorin zu entdecken.
(Quelle: Carl Hanser Verlag)
Rezension
Die ZEIT beschrieb sie vor Kurzem, mit etwas Augenzwinkern, als das neue It-Girl der englischen Literatur. Dabei ist das "Girl" mittlerweile (Anfang 2016) 87 Jahre alt. Aber als sie bereits 2004 Old Filth schrieb, war sie natürlich noch ein junger Hüpfer :). Die Rede ist von Jane Gardam. Letztes Jahr, 2015, wurde dieses bewundernswerte Buch endlich ins Deutsche übersetzt: Ein untadeliger Mann.
Edward Feathers, genannt Old Filth, ist ein eleganter, unaufgeregter, alter Herr. Ein ehemaliger Anwalt der Krone und zur Ruhe gesetzer Richter, der sein Berufsleben überwiegend in Hongkong verbrachte. Daher kommt auch sein Spitzname »Filth« – Failed in London, try Hongkong.
In den Augen seiner Mitmenschen verlief sein Leben überwiegend geradlinig und ereignislos. Ihm sei ja auch nie etwas schlimmes widerfahren, sagt man. Und so liest sich das Buch auch erst einmal recht harmlos. Gardam schildert den alten Mann pointiert und bisweilen auch witzig. Doch nach dem Tode seiner Frau Betty kommt Old Filth etwas aus dem Tritt. Er beginnt über sein Leben nachzudenken, dessen oft gar nicht so schöne Episoden er bisher nach Außen und Innen unter Verschluss gehalten hatte.
Und so lässt Gardam immer wieder in die Vergangenheit von Old Filth blicken. Szenen voller Ironie und Witz wechseln sich mit einträglichen und schlimmen Ereignissen ab, an denen es in seinem Leben nicht mangelte. Der frühe Tod seiner Mutter. Sein zur Liebe unfähiger und vom Großen Krieg versehrter Vater. Sein Dasein als Raj-Waise. Seine grausame Pflegemutter. Und der Tod schnappte sich auch einen seiner (wenigen) Freunde nach dem anderen.
Peu à peu erfährt man also mehr über das, was Old Filth zu dem gemacht hat, was er ist. Im einen Moment wundert man sich über eine Bemerkung und fragt sich, wie das denn gemeint ist. Und im anderen Moment, oft viel später, wird genau das, vielleicht in einem Nebensatz, erklärt. Jane Gardam erzählt meisterhaft und wird nie langweilig. Ich möchte dieses Buch uneingeschränkt empfehlen!
Und das eBook? Das ist technisch völlig in Ordnung und erfreulicher Weise ohne hartes DRM, also nur mit Wasserzeichen, zu bekommen. Ein paar Rechtscheibfehler gibt es durchaus, vielleicht sogar ein paar zu viel. Deswegen das Buch schlechter zu beurteilen wäre aber unfair. Zumal die Übersetzerin Isabel Bogdan eine wie ich finde hervorragende Arbeit gemacht hat.
Oh und das Beste: Es handelt sich hierbei um Teil 1 einer Trilogie.