Riad Sattouf - Der Araber von morgen 2 / L'Arabe du futur 2

  • Original: L'Arabe Du Futur. Une Jeunesse au Moyen Orient (1984-1985)


    INHALT :
    Fortsetzung des ersten Bandes (Riad Sattouf - Der Araber von morgen / L'Arabe Du Futur ), den Zeitraum von 1984-1985 umspannend : Nach den Sommerferien in Frankreich kehrt der kleine blonde Junge mit seiner Familie nach Syrien zurück, um dort zur Schule zu gehen und ein richtiger Araber zu werden – wie sein Vater.


    BEMERKUNGEN :
    Inzwischen ist der kleine Riad also sechs Jahre alt, und die Einschulung steht bevor. Sie liegt im schwer im Magen und angesichts der herrschenden Erziehungsmethoden wird dies nur allzu verständlich. Die nahezu sadistische Lehrerin hat bei jedem Fehltritt eines der Kinder harte Stockschläge parat. Erster Erziehungspunkt : das Lernen der Nationalhymne.


    In den freien Stunden stecken kleine Entdeckungstouren mit den Cousins an, oft schon von der ambienten Grausamkeit und dem Antisemitismus geprägt. Bei Familienbesuchen tritt oft das Widersprüchliche, Scheinheilige hervor, das private Durchbrechen von Gesetzen, die man öffentlich vertritt und denen man nicht widerspricht. Der sich so freiheitsgebende Vater ist letztlich auch nach Anerkennung und Bereicherung aus, und zu Kompromissen bereit. Die Mutter erfährt die Absurditäten des Lebens und kann sich doch nicht genügend auflehnen. Sie erduldet weitgehendst.


    Kurz : hinter den scheinbar objektiven und kindlichen Erfahrungen des kleinen Riad wird diese arabische Gesellschaft auseinandergenommen : es bleibt ein Durcheinander von Militarismus, Lüge, herrschender Gewalt, Vorurteilen, Rückständigkeit und natürlich die Zweitrangigkeit der Frau und jedes « anderen » (es sei denn dem Russen?). Dieser etwas makabren Bestandsaufnahme mag der Zyniker freudig zustimmen und gerade je negativer die Bewertungen sind, umso authentischer sind sie für viele und gewinnen an Glaubwürdigkeit. Von der « anderen Seite » zu reden wird für Gutreden oder sonst was gehalten. Dennoch : es bedürfte eines noch viel schärferen und feinfühligeren Blickes, um hinter all diesem menschlichen Elend eventuell die Perlen (noch) stärker herauszukehren, nicht die eines politischen Systems, sondern von Menschen. Insofern kann für mich eine Besternung nicht mit fünfen enden. Ob dieses Buch wirklich im Dialogprozess mit der arabischen Welt eine Hilfe sein kann wage ich nun zu bezweifeln. Ich kann mir aber auch nicht vorstellen, dass dies die Perspektive Sattoufs war und ist ? Mit einem distanziertem und kritischem Lesen mag man dennoch viel Interessantes über das Syrien der 80iger Jahre herauslesen.


    AUTOR :
    Riad Sattouf ist ein französischer Zeichner, Filmeregisseur und Szenarist, der 1978 als Sohn eines syrischen Vaters und einer französischen Mutter in Paris geboren wurde. Er verbringt seine Kindheit in Libyen und Syrien, kurzfristig auch Frankreich, und erhält eine muslimische Erziehung im Heimatdorf seiner syrischen Großeltern. Mit 12 Jahren kehrt er nach Frankreich zurück, lebt zunächst bei der Großmutter mütterlicherseits in der Bretagne, und dann bis zum Abitur in Rennes im Anschluß an die Scheidung seiner Eltern. Er studiert zunächst in Nantes, dann in Rennes die « beaux-arts ». Er wird bemerkt und fängt an zu publizieren… Ab 2002 teilt er in Paris eine Werkstatt mit den ebenfalls bekannten Christophe Blain, Mathieu Sapin et Joann Sfar. Ua hat er zehn Jahre lang eine Rubrik in « Charlie Hebdo » mit Jugendlichen als Hauptfiguren.


    Der erste Band ist unter « Kriegs- und Politromane » eingeordnet worden. Mit dieser Einordnung bin ich nicht ganz einverstanden. Als « Graphic Novel » auf autobiographischem Hintergrund stelle ich diesen Band unter « Sonstiges » ein...


    Broschiert: 160 Seiten
    Verlag: Albrecht Knaus Verlag (15. Februar 2016)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3813507246
    ISBN-13: 978-3813507249

  • Hier die Verlinkung zum französischen Original, das auch erst letztes Jahr herausgekommen ist:


    Taschenbuch: 158 Seiten
    Verlag: Interforum Editis (August 2015)
    Sprache: Französisch
    ISBN-10: 2370730544
    ISBN-13: 978-2370730541

  • Mit dem zweiten Teil von „der Araber von Morgen“ setzt RiadSattouf die Erzählung seiner Kindheit in den Jahren 1984 und 1985 fort. Nachdemdie Familie einige Zeit in Frankreich verbracht, kehren sie nun in das syrischeDorf zurück in dem auch die Familie des Vaters des kleinen Riads lebt.


    Wie schon im ersten Band gelingt es dem Autor uns aus denAugen eines naiven Kindes an den Geschehnissen teilhaben zu lassen undvermeidet es so die Motive und Handlungen der Geschichte politisch odermoralisch zu bewerten. Dieser ungefilterte Zugang zu den Erinnerungen desAutors zwingt den Leser sich mit dem Gelesenen selbst auseinanderzusetzen, esentsprechend einzuordnen und zu verarbeiten. Aufgrund dieser Erzähltechnikerscheinen die Begebenheiten in der „Araber von Morgen“ nur umso intensiver undlassen den Leser häufig erschrocken zurück.


    Der zweite Band folgt dem kleinen häufig Riad auf seinenErkundungszügen, die er zusammen mit seinen Cousins unternimmt, durch dassyrische Heimatdorf. Auch der Schulalltag rückt hier als neues Erzählelement inden Vordergrund. Die politischen Zustände im Syrien der 80er Jahre werdenallenfalls am Rande gestreift. Der Fokus der Erzählung liegt jedoch eindeutigauf dem Alltag der Menschen und erzählt von den Herausforderungen der syrischenGesellschaft, die sich manifestieren in Armut, Ungleichheit, Misswirtschaft undGewalt. All dies wird jedoch von der sehr humorigen Erzählart sowie demwitzigen Zeichenstil des Autors getragen.


    Der Araber von Morgen überzeugt demnach durch seine sehrdetailreiche Schilderung des syrischen Alltags, die schonungslos den Finger indie offenen Wunden der damaligen Gesellschaft legt und dabei doch nie den Humorverliert. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Als « Graphic Novel » auf autobiographischem Hintergrund stelle ich diesen Band unter « Sonstiges » ein...

    Wäre es nicht besser beide Bände bei den Biographien einzustellen, bei Sonstiges gehen sie ja unter. :lol:

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Wäre es nicht besser beide Bände bei den Biographien einzustellen, bei Sonstiges gehen sie ja unter. :lol:

    Mag sein. Vielleicht hat Coco 90 eine klare Meinung dazu? Ich kann mich da nicht ganz klar positionieren... Mir ist das schon recht, wie Ihr es entscheidet.

  • Die Rezension zum ersten Band existiert nur auf meinem Blog, die vom zweiten gibt es auch hier.


    Autor: Riad Sattouf
    Titel: Der Araber von morgen - Vol. 2
    Seiten: 158
    ISBN: 978-3-8135-0724-9
    Verlag: Knaus


    Autor:
    Riad Sattouf wurde 1978 in Paris geboren und ist Comic-Zeichner und Filmemacher. Aufgewachsen in Lybien un Syrien kehrte er mit 13 Jahren nach Frankreich zurück und studierte Animation. Er avancierte in Folge dessen zu einem der bekanntesten Comic-Künstler seines Landes. Von 2004 bis 2014 zeichnete er für das Satire-Magazin Charlie Hebdo und wurde unter anderem mit dem Prix Rene Goscinny ausgezeichnet. Den bekam er für seinen Erstlingsfilm "Jungs bleiben Jungs". Mit seiner Familie lebt und arbeitet er in Paris.


    Inhalt:
    Ein Ausflug nach Palmyra. Riad sattouf zeichnet die Geschichte seiner Kindheit: Der Sohn eines Syrers und einer Französin kommt in Syrien in die Dorfschule. Trotz seiner blonden Haare und der Ferien in Frankreich am Meer unternimmt er alles, um ein echter Araber zu werden - wie sein Vater. (Klappentext)


    Gestaltung und Einordnung:
    Es handelt sich hierbei um eine Graphic Novel, ein in einem bestimmten Zeichenstil auf hochwertigen Papier gedruckten Comic mit Klappenbrochure-Einband. Tonangebend sind hier die Farben Rot und Grün, die jeweils die Kapitel kennzeichnen, die in der arabischen Welt spielen, wehrend die europäischen "Episoden" kontrastreich in blauen Ton gehalten sind. Die Kapitel, die in Syrien oder Lybien spielen sind wesentlich kantiger gezeichnet. Dies ist der zweite Teil einer Trilogie.


    Rezension:
    Der französische Zeichner Riad Sattouf erzählt seine Geschichte weiter, die um so interessanter ist als das sie in einer der heutigen mit den größten Konflikten beladenen Regionen der Welt spielt. Den seine halbe Kindheit verbrachte er in Syrien und erlebte dort den Gegensatz, zwar arabisch aufzuwachsen aber nicht arabisch zu sein. Aus diesen Erlebnissen heraus ist eine beeindruckende Graphic Novel Serie entstanden, die es in sich hat. Im kontrastreichen Rot und Grün erzählt der Autor von seinem Leben zwischen den Welten, die Beobachtungen seiner Kindheit und die Widersprüche, die das Leben der Eltern mit sich brachte. Ob für sich selbst, ihre Kinder oder den syrischen Verwandten. Und so streift man im zweiten Band die Schulanfangszeit Sattoufs mit einem lachenden und einem kritischen Auge. Der Zeichner entdeckt sein Talent, was er später mal zum Beruf machen wird aber auch den Ernst der Welt der Erwachsenen. Die Unbekümmertheit der Vorschulzeit verfliegt zu Gunsten von Lehrern mit Rohrstöcken, in der Familie gibt es gar einen Ehrenmord mit dem sich Riads Vater konfrontiert sieht. Die Erzählung gewinnt an Tempo und man bekommt eine leise Ahnung, welchen Weg die Familienmitglieder später, nach dem Comic gehen werden.


    Riad Sattoufs Zeichnungen sind detailliert und einprägsam. Ernste Szenen wechseln mit witzigen ab, so dass die Geschichte weder in das Eine oder Andere abrutscht, sondern ausgewogen bleibt. Wenn auch erste kleine Risse im Idealbild des Vaters und der Familie sichtbar werden. Mir hat die Art, diesen Prozess darzustellen, und im Gegensatz zum ersten Band einen verhältnismäßig geringen Zeitraum zu fokusieren, sehr gut gefallen, zumal ich sonst nicht in diesem Genre (Graphic Novel) zu Hause bin. Schafft der Autor dies auch im dritten Band fortzusetzen, hat der Leser nicht nur einen tollen Hingucker im Regal, sondern eben auch ein Stück erlebter Alltagsgeschichte, wie man sie sich vielleicht in manchen Teilen, nicht allen, heute für Syrien wünschen würde.


    Graphic Novels sind spätestens seit "Persepolis" in aller Munde. Man kann darüber streiten, ob dies nur eine Art und Weise ist, überteuerte Comics an Erwachsene zu verkaufen oder doch viel mehr. Feststeht, ich habe es auch dieses Mal nicht berreut, mich dieser Ausgabe hingegeben zu haben, auch wenn ich nur bei wenigen Graphic Novels hängen bleibe.