Mensch, sag doch nicht so was. Ich habe mich den ganzen Tag gefreut, weil das Buch endlich für mich frei war.
Keine Angst, ich vermute, Du wirst das Buch anders wahrnehmen als ich. Ich weiß zwar nicht so recht, aber ich denke schon, dass ein Anne B. Ragde-Fan bei Frau Bogdan mehr Gelegenheit zum Genießen finden wird als ich.
Es ist schon irgendwie komisch: ich habe Jane Gardams "Ein untadeliger Mann" mit äußerster Vorsicht und säuerlich gespitzten Lippen bezüglich meiner Erwartungen angelesen, weil die Buchempfehlung von Frau Westermann stammte, und ich den Geschmack dieser Dame nur sehr selten teile. Und dann hat sich "Ein untadeliger Mann" als ein Buch für mich entpuppt, das mich bis fast ganz zum Schluss sehr gut unterhalten hat. Da dachte ich, dass ich doch mit einer Doppel-Empfehlung von Frau von Lovenberg und Herrn Scheck absolut nicht falsch liegen könnte. Aber leider besteht "Der Pfau" zu einem Großteil aus Schilderungen dessen, was auf den Tisch kommt, aus Hausmittelchen für Wehwehchen, Details zu fehlendem Komfort und Hin- und Herüberlegungen von verschiedenen Personen, was man denn nun verschweigen wird und aus den entsprechenden Missverständnissen.
Das Einlöten eines dickeren Drahtes in eine Sicherung zwecks höheren Widerstandes und somit weniger schnellen Durchbrennens und das gleichzeitige Anmerken, dass dies sehr gefährlich sei, weil man damit leicht das ganze Gebäude abfackeln könne, so etwas empfinde ich einfach nur oberpeinlich, wenn man solche Vollidiotien auch noch als wert empfindet, in die Handlung mit einzufügen. Das ist für mich eben nicht malerisch, das ist wirklich nur bescheuert hirnlos.
Ein Beispiel für die dem Roman charakteristische "Tiefe":
Zitat von Isabel BogdanAls sie mit der Küche fertig waren, fragte Helen, ob sie ins Wohnzimmer gehen und Bernard Gesellschaft leisten sollten, aber Jim sagte, der habe dankend abgelehnt, und holte stattdessen seine Gitarre. Helen sah kurz nach der Chefin, die halb wach war, und fragte bei der Gelegenheit nach, ob es ihr etwas ausmachen würde, wenn Jim ein wenig Gitarre spielte. Nein, nein, sagte die Chefin, ganz im Gegenteil, Jim singe ja sehr schön, das höre sie gern, und es würde sie sicher nicht davon abhalten, wieder einzuschlafen. Helen zog unwillkürlich eine Augenbraue hoch. Sie solle Bescheid sagen, wenn es ihr zu laut werde, sagte sie und kehrte in die Küche zurück. Wo sich herausstellte, dass auch sie eine gute Sängerin war und dass sie die alten Folksongs ebenfalls kannte oder schnell lernte, wenn Jim ihr sein Ringbuch mit den ausgedruckten Texten hinlegte. Sie blätterten gemeinsam darin, fanden noch einen schönen Songiund noch einen, fachsimpelten ein wenig darüber, wer welches Lied eingesungen hatte, sangen zweistimmig und scherten sich schon bald nicht mehr darum, ob sie zu laut waren, weil manche Zeilen und manche Refrains eben laut sein müssen, weil manche Dinge aus einem herausbrechen müssten und weil man sonst nie laut ist. Und dann sangen sie wieder leise, weil manches eben leise ist.
Das gesamte Buch ist in diesem (für meinen Geschmack entsetzlich banalen) Stil geschrieben. Das ist für mich alles ebenso hausbacken wie die Brotsorten, die die mega-patente Köchin Helen entweder vorausschauenderweise bereits mitgebracht oder eben gerade selbst zubereitet hat.
Im Endeffekt ist das für mich eines der vielen, vielen Bücher, in denen gezeigt werden soll, dass den Städtern eben nur auf dem Lande, in der tief verschneiten Provinz mit all ihren Komfort-Abstrichen der Genuss am Leben wieder beigebracht werden kann. What a crock ...
Zwei Sterne und ein nachdenkliches Grübeln, ob ich in Zukunft nicht vielleicht öfter mal auf Frau Westermann hören sollte ...?