Gegen das Vergessen

  • Erfahrungsberichte von Sinti und Roma

    Ein indirekter Erfahrungsbericht, sehr anrührend verfilmt von Karin Brandauer.


    Ich komme gerade von einer einwöchigen Studienreise durch Rumänien zurück. Wenn man sieht, welcher massiver Missachtung dort

    Sinti und Roma nach wie vor ausgesetzt sind...! Meine Güte...

    Da habe ich mich wirklich gefragt, ob ich bei dem Thema nicht

    mehr auf die Gegenwart schauen sollte.

    :study: Joseph Roth, Hiob. MLR.

    :study: Vigdis Hjorth, Ein falsches Wort.

    :musik: Leonie Schöler, Beklaute Frauen.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Ich komme gerade von einer einwöchigen Studienreise durch Rumänien zurück. Wenn man sieht, welcher massiver Missachtung dort

    Sinti und Roma nach wie vor ausgesetzt sind...! Meine Güte...

    Da habe ich mich wirklich gefragt, ob ich bei dem Thema nicht

    mehr auf die Gegenwart schauen sollte.


    In dem Zusammenhang vielleicht interessant: Film A People Uncounted - bald online verfügbar, aber ich glaube nur in englischer Sprache.


    A People Uncounted tells the story of the Roma, commonly referred to as Gypsies—a people who have been both romanticized and vilified in popular culture. The Roma have endured centuries of intolerance and persecution in Europe, most notably the Holocaust genocide where an estimated 500,000 were murdered. A People Uncounted documents their culturally rich yet often difficult lives, and demonstrates how their present state has been deeply shaped by the tragedies of the past. Filmed in 11 countries and featuring dozens of Roma—including Holocaust survivors, historians, activists and musicians--A People Uncounted brings the Romani history to life through the rich interplay of their poetry, music, and compelling first hand accounts. As ethnic intolerance flares up across Europe, A People Uncounted sheds light on this unique culture while presenting the Roma tale as emblematic of the world’s legacy of racism and genocide.

    "Selber lesen macht kluch."


    If you're going to say what you want to say, you're going to hear what you don't want to hear.
    Roberto Bolaño

  • In der SZ wurde heute dieses Buch hier vorgestellt, über eine Sinti-Musikerfamilie zur Zeit des Nationalsozialismus. Vielleicht ist es ja für jemanden interessant.

    Der Artikel: https://www.sueddeutsche.de/ba…ckstein-ns-zeit-1.4210464

    "Selber lesen macht kluch."


    If you're going to say what you want to say, you're going to hear what you don't want to hear.
    Roberto Bolaño

  • Und noch eines aus meinem Regal.

    Lanzmann hat 1985 eine mehrstündige Dokumentation gedreht, die nur aus Interviews mit Überlebenden und Augenzeugen besteht sowie Aufnahmen der Lager in den Jahren zwischen 1976 und 1985. U.a. kommt auch Filip Müller zu Wort, den ich oben erwähnt habe.

    Das Buch beinhaltet die im Film gezeigten Interviews.

  • Das Buch fehlt noch in der Liste. In den 80ern gab es eine mehrteilige empfehlenswerte Verfilmung.

    Die Verfilmung war wunderbar :applause: hab ich mit meinen Eltern immer geschaut.


    Lanzmann hat 1985 eine mehrstündige Dokumentation gedreht, die nur aus Interviews mit Überlebenden und Augenzeugen besteht sowie Aufnahmen der Lager in den Jahren zwischen 1976 und 1985.

    Habe ich auch gesehen. Mal hintereinander, eine ganze Nacht lang. Ich war fix und fertig hinterher. Unwahrscheinlich bewegend und auch schockierend wie dort auch ehemalige SS-Täter zu Wort kommen und vollkommen ohne jegliche Reue über ihre Taten und das Leben in den Vernichtungslagern berichten. Das macht echt sprachlos. Wie kann man nur so emotionslos und abgebrüht sein. Das werde ich wohl nie verstehen.


    Ich nenne mal dieses Buch noch, das passt auch gut in diesen Thread. ich hatte da letztens eine Sendung im NDR gesehen, da waren die Autorin und auch eine betroffene Frau im Studio. Das war sehr interessant.


    Klappentext amazon


    Klaus B. ist Mitte Siebzig, als sein ordentliches Leben aus den Fugen gerät. Er erfährt, dass er als Kind Opfer eines Verbrechens wurde. Er selbst kann sich an nichts erinnern. Mit Hilfe einer Journalistin findet Klaus B. heraus, dass er in Polen zur Welt gekommen ist. Dass er 1943 seiner Familie geraubt wurde, vermutlich von der SS. Dass sein Name und seine Herkunft mit Hilfe des »Lebensborn« gefälscht wurden, der ihn dann bei linientreuen deutschen Pflegeeltern unterbrachte. Klaus B. und die Journalistin lernen: Dieses Schicksal teilten Zehntausende Kinder aus Polen und anderen osteuropäischen Staaten. Sie wurden von nationalsozialistischen »Rassenspezialisten« ausgewählt, ihren Familien entrissen und zur »Germanisierung« nach Deutschland verschleppt. Bis heute wissen viele »Raubkinder« nichts von ihrer Herkunft. Klaus B. macht sich auf die Suche nach seinen Wurzeln und findet eine Familie, die ihn seit sieben Jahrzehnten vermisst.
    Alles beginnt mit dem Anruf einer Journalistin, die Klaus B. telefonisch darauf anspricht, dass er 1944 als Pflegekind zu seiner Familie gekommen sei, aus dem Lebensborn-Heim in Bad Polzin. Ob er sich an dieses Heim erinnern könne? Ob er wisse, warum er dort gewesen sei? Darüber würde sie gerne mit ihm reden. Sie beschäftige sich nämlich mit dem Lebensborn, auch mit dem Heim in Bad Polzin. Er selbst hat erst mit neunzehn Jahren erfahren, dass die Familie ihn aus einem Lebensborn-Heim geholt hatte. Das war alles. Kein Wort darüber, warum er in diesem Heim war und was Lebensborn bedeutet.
    Klaus B. ist hin- und hergerissen zwischen Neugier und gleichzeitig dem Wunsch, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Obwohl er sich in den letzten Jahren immer wieder gefragt hat, ob die Informationen wirklich stimmen, die ihm die Stiefeltern mit auf den Weg gegeben haben. Warum hat er zum Beispiel keine Geburtsurkunde? Als junger Bursche hatte er nur einen Flüchtlingsausweis, das war alles. Und irgendwann war der Ausweis fort, verlegt, verloren, auf alle Fälle konnte er ihn nicht mehr finden. Es kann sein, dass die Urkunde wirklich auf der Flucht verloren gegangen ist, wie seine Stiefmutter gesagt hat. Seine Stiefgeschwister Inge, Uschi, Volker und Gero haben allerdings Geburtsurkunden...
    Nach dem Einmarsch der Wehrmacht und der Besetzung Polens zerschlugen die neuen Machthaber den polnischen Staat mitsamt seinen Strukturen. Politiker und Militärs, Juristen, Kleriker und Wissenschaftler – pauschal als Gegner klassifiziert – wurden fortgejagt, verfolgt, ermordet. Im Oktober 1939 teilten die deutschen Besatzer das Land in zwei Teile und Hitler kündigte einen »harten Volkstumskampf« an, um »das alte und neue Reichsgebiet zu säubern von Juden, Polacken und Gesindel.« In diesem Kontext von Diskriminierung, Entrechtung und Enteignung, von Gewalt, Terror und Mord auf der einen und »sauberer« Bürokratie auf der anderen Seite stand die Verschleppung der polnischen Kinder. Auch dabei ging es um »Rassenpolitik« – aber mit den Mädchen und Jungen, die in die Hände der Nationalsozialisten gerieten, hatte man etwas anderes vor. Heinrich Himmler propagierte das Vorhaben, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Man werde Kinder »guten Blutes« im Osten aus ihrer Umgebung herausholen, notfalls »rauben und stehlen« und nach Deutschland bringen. Nach Prüfung aller vorhandenen Quellen geht die Historikerin Isabel Heinemann von 20 000 verschleppten Mädchen und Jungen aus. Bis heute ist dies die belastbarste Zahl. Damit bleibt Polen trotz allem dasjenige Land, das die meisten Kinder an das NS-Germanisierungsprogramm verloren hat. Bekannt sind Kinderraub und Kinderverschleppung nach Deutschland aber auch aus Slowenien und der Tschechoslowakei. Um die Anerkennung als Opfer der Nationalsozialisten und für eine Entschädigung für das erlittene Unrecht kämpften in den letzten Jahren immer wieder sogenannte Raubkinder vor Gericht – bisher erfolglos.

    Die Geschichte von Klaus B. steht stellvertretend und exemplarisch für die Geschichte aller Raubkinder. Und dennoch hat jedes dieser Mädchen und Jungen ein ganz eigenes Schicksal.