Kapitel 1 bis 8
Kapitel 1 bis 8
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Wie ich in den Signaturen gesehen habe, lesen zumindest schon zwei weitere Bürchertrefflerinnen an den "Ansichten eines Clowns".
Ich habe gestern ebenfalls begonnen und befinde mich momentan mitten in Kapitel 7 (allerdings habe ich 5-7 bisher nur überflogen).Hier eine Inhaltsangabe zum Buch: http://www.heinrich-boell.de/leben-werk/werke/w_03inh.htm
Bisher weiß ich noch nicht recht, was ich von dem Buch halten soll...
Ich finde es sehr gut geschrieben. Der Roman enthält viele merkenswerte Stellen, aber diese übermäßige Kritik an der "Institution Katholische Kirche" ist mir fremd. Das liegt sicher zum einen daran, dass ich zu jung bin, um den von Böll angeprangerten Mief im Nachkriegsdeutschland miterlebt zu haben. Zum anderen aber vielleicht aber auch daran, dass es in meinem Umfeld wenig Katholiken gibt. Ich selbst wurde evangelisch erzogen, gehöre inzwischen aber keiner Kirche mehr an.
Wenn ich etwas weiter bin, kann ich sicher näher bestimmen, was mich stört.Meine Eindrücke zu Kapitel 1:
Hans Schnier kommt in einer Stadt an und fühlt sich orientierungslos und allein. Seine Freundin Marie hat ihn verlassen (sie ist seiner Meinung nach "zu den Katholiken übergelaufen", indem sie Züpfner "diesen Katholiken" heiratete).
Erstaunlich finde ich seine Methode gegen Melancholie anzugehen. Er, der Antikatholik singt Choräle, Hymnen und Sequenzen, die ihn beruhigen.
Auf diese Verwunderung passen folgende Zeilen aus dem "Tantum Ergo", das angesprochen wird:
"Frommer Glaube wird gewähren,
was der Sinn hier nicht erkennt." (Schubert)
Ich kann mir direkt vorstellen, wie sich Böll ins Fäustchen lacht! O:)
In dem Kapitel erfährt man erste Anzeichen seiner Todessehnsucht, aber auch (s)einer beginnenden Alkoholsucht ("3 Wochen lang betrunken"), die er sich selbst jedoch nicht eingesteht. Obwohl er die Gefahren des Suffs sieht, kann er dem Alkohol durchaus Vorteile abgewinnen ("Es gibt ein vorübergehendes wirksame Mittel: Alkohol -, es gäbe eine dauerhafte Heilung: Marie;
Marie hat mich verlassen.")Für andere Personen, die mit dem Liedgut nicht allzu vertraut sind, hier zwei Links:
Liturgische Litanei
Tantum ErgoZu den folgenden Kapitel später mehr.
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Hallo Zusammen!
(Wenn Bonprix es noch schafft, Fezzig, dann liest sie auch noch mit )
Also, ich habe heute nur bis zur Seite 22 gelesen (ich glaube, die ersten 3 Kapitel ). Danach war ich ziemlich verwirrt.
Ist das jetzt ein Buch basierrend auf der Mitleidsschiene, bah wie widerlich, dachte ich. Dann habe ich ein wenig recherchiert, also M. Reich-Ranicki mag es überhaupt nicht. Werde morgen mal schauen, ob es in "Lauter Verrise" enthalten ist.
Ich habe dann aber weiterhin folgendes gefunden: Es ist ganz stark politisch! Und gegen die damalige (oder überhaupt) CDU gerichtet ist.Ich hoffe, Rosalita reisst mir jetzt nicht den Kopf aus , wenn mein erster Eindruck nicht der beste ist
Ach ja, vielleicht erklärt das mit der CDU auch die Ausrichtung gegen das Katholische, Fezzig.
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So, weiter im Text:
Kapitel 2 + 3:
Man erfährt, dass Hans Sohn reicher Eltern ist, mit diesen Verbindungen aber in nicht glücklich ist. Er wohnt in Bonn in einer geerbten Wohnung, die im Bahnhofsviertel liegt und eine elegante Fasssade zeigt. Seine Wohnung allerdings ist in rostbraun gehalten. :silent:--> Ich finde die Idee allein scheußlich! Wie kann man mit einer solchen Farbgebung leben?! Sicher kommt es daher, dass er die Wohnung ablehnt und dort sowieso nur kurze Zeit im Jahr verbringt.
Das 2. Kapitel fand ich zum Schaudern! Schniers Beschreibung des Heimabends war ja so gräßlich! Ich konnte mir genau vorstellen, wie unangenehm und peinlich die Situation für alle Beteiligten (außer Kinkel) gewesen sein muss...
"Armut in der Gesellschaft, in der wir leben" -- Gesellschaftskritik auf hohem Niveau. Von christlichen Tugenden ist an dem Abend jedenfalls nichts zu spüren...
Was mir gut gefallen hat, ist seine Beschreibung seines "Leidens unter der Monogamie". Schöne Worte für einen bedauernwerten Zustand:
"mein fürchterlichstes Leiden ist die Anlage zur Monogamie; es gibt nur eine Frau, mit der ich alles tun kann, was Männer mit Frauen tun: Marie, und seitdem sie weggegangen ist, lebe ich wie ein Mönch leben sollte, nur:
ich bin kein Mönch."Je länger ich mich mit den einzelnen Kapiteln beschäftige, desto besser gefällt mir das Buch. Vielleicht fällt es mir leichter, wenn ich beim Lesen "Katholiken" durch "Heuchler" ersetze, denn er kritisiert ja nicht nur die Katholiken, sondern auch seine Eltern, die Protestanten sind...
Im Nachwort (1985) der Taschenbuchausgabe steht, dass "Nachgeborene" kaum verstehen werden, wieso ein solch harmloses Buch zu seiner Zeit einen solchen Wirbel hervorrief. Böll stuft darin seinen Roman selbst als "historischen Roman" ein, der zeigt, wie es früher einmal war. Er benutzt das Wort "Verbandsdenken", dem seine Kritik gilt. Er sieht dieses doktrinierte Denken der Nachkriegszeit als erhebliche Macht im Nachkriegsdeutschland, das einzelnen die Freiheit raubt - sei es nun die Freiheit, sein Abitur nicht zu machen (und nicht in der Wirtschaft Raubbau zu betreiben) oder als Paar unverheiratet zusammenzuleben...
So habe ich es bisher verstanden. Sicher wird das Nachwort noch verständlicher, wenn ich das Buch ausgelesen habe. -
Hallo!
Gleich vorweg: Ich liebe dieses Buch (noch immer).
ja, die Scheinheiligkeit ist ein großes Thema in diesem Buch.
Mir fallen immer wieder diese Widersprüchlichkeiten auf, die vorkommen:
- Hans (schon wieder ein Hans ) ist Clown, doch ist "von Natur aus belastet mit Melancholie und Kopfschmerz"
- obwohl der Katholizismus sein großes "Feindbild" ist therapiert er sich mit liturgischen Texten.
Voll angetrunken fühlte er sich endlich zum ersten Mal vollkommen frei von Melancholie und Kopfschmerzen. (bei (fast) jedem anderen ist es doch umgekehrt, oder? )
Ja, es ist ein sehr melancholisches Buch, ein sehr trauriges. Aber, wie ich finde, ganz ohne Tränendrüsendrückerei und sehr mit Stil!
Besonders gut finde ich die Schilderung, wie es langsam bergab geht mit dem Berufsclown.
Allerdings muss man natürlich beachten, dass das Buch 1963 geschrieben wurde und die damaligen Zustände (Nachkriegszeit, Wirtschaftswunderzeit, BRD) zum Thema hat. Viele Ansichten sind natürlich überholt bzw. sind heute absolut kein Thema mehr.
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Zitat
Original von Rosalita
ist Clown, doch ist "von Natur aus belastet mit Melancholie und Kopfschmerz"
Völlig verblendet! Da habe ich gar nicht wahrgenommen! Dabei ist es so offensichtlich!
Ts...ts... -
Hallo ...
Gestern habe ich einen Artikel gefunden, und zwar aus der "Zeit" von 1963, dort schrieb Marcel Reich-Ranicki:
Zitat„Zum erstenmal habe ich bei Böll den Eindruck, daß sein Buch nicht der moralischen Entrüstung entspringt, sondern einem unentwegten Mißbehagen. Es ist nicht ein Buch des Aufruhrs, sondern der Verärgerung. Und dabei reibt er sich so sehr an Belanglosem und an Kleinigkeiten, daß er keine Distanz zum behandelten Gegenstand gewinnt und die großen Fragen unserer Zeit seiner Aufmerksamkeit entgehen. Der Roman Ansichten eines Clowns hat keinen Hintergrund, keine Perspektive. Der ,katholische Klüngel‘ von Bonn und Köln verstellt dem Autor den Blick in die Welt.“
Heute habe ich mir die Bücher: "Lauter Verrisse" und "Lauter Lobreden" von MRR ausgeliehen, und finde Böll bei den Lobreden.
Werde mal schauen was dort steht
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Liebe Heidi
Ich reiß' dir den Kopf nicht ab ... noch nicht
Aber:
Ich handhabe es immer so, dass ich die Bücher zuerst lese, und dann recherchiere, was andere Leute darüber denken und zu sagen haben. Ich möchte unvoreingenommen an ein Buch herangehen.Bitte, lies doch zuerst das Buch (so schlecht ist es nicht ) und dann können wir ja Meinungen darüber suchen und diskutieren!
Zitatund finde Böll bei den Lobreden.
... na, das lässt ja hoffen
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Ja, du hast ja Recht, Rosalita ...
... aber, wenn ich doch mit dem Katholischen und überhaupt den Bezug nicht verstehe, dann schaue ich schon in welche Richtung ich überhaupt denken muss. Meine Suche hat mir gestern insoweit geholfen, dass ich es zu der Adenauer- "Herrschaft" (in Köln) einzuordnen habe.
Gleich werde ich auch weiterlesen, und erst zum Schluss (im Anschluss zu dem Buch) die Lobrede lesen
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So, ich habe heute bis S. 56 gelesen, und durch einiges Hintergrundwissen liest es sich viiiel angenehmer, so dass ich jetzt sagen muss: Leider muss ich nun kochen und kann nicht weiterlesen
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Hallo Heidi!
Na, dann ists ja gut
Einen Grund habe ich auch, wenn ich recherchiere, bevor ich das Buch zu Ende gelesen habe. Nämlich dann, wenn ich mich nicht auskenne, und mir "auf die Sprünge geholfen" werden muss. Oder auch, wenn ich ein Buch absolut nicht mag, wenn ich nicht reinfinde und eigentlich nicht genau sagen kann, warum. Dann suche ich mir Meinungen und hoffe, auch für mich einen passenden bzw. entsprechenden Grund zu finden.
Da ich "Ansichten eines Clowns" nicht zum ersten Mal lese, habe ich da sozusagen schon einen "Vorsprung".
Zum Buch:
Ich bin mitten in Kapitel 7.
Besonders die "Scheinheiligkeit" der Mutter möchte ich herausheben. Sie schickte die Tochter noch zu den Nazis, und jetzt, nicht einmal 20 Jahre später ist sie die Vorsitzende des Zentralkomittees der Gesellschaften zur Versöhnung rassischer Gegensätze. Die dreht sich wohl wirklich, je nachdem, woher der Wind bläst.
Das Telefonat von Hans mit seiner Mutter fand ich ganz großartig. Hans ist ja wohl keiner, der schnell vergisst, und ich kann mir auch lebhaft vorstellen, dass er in den Augen seiner wohlsituierten, biederen und angepassten Eltern das "schwarze Schaf" ist.
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Wißt Ihr an wen mich Hans erinnert
An den Steppenwolf, na klar , an wen sonst
Gerade dieses Telefongespräch, beides sind ja Aussteiger ...
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Zitat
Original von Heidi
Wißt Ihr an wen mich Hans erinnert [..] an den Steppenwolf
Schade, das kann ich nicht beurteilen, den "Steppenwolf" kenne ich noch nicht.
Das 4. Kapitel sagt wirklich viel über sein Familienhaus aus. Die Mutter ist mir ebenfalls mehr als unsympathisch! Vollkommen wetterwendig. Irgendwo gibt es eine Stellen in der Hans von der sanften, dummen Stimme seiner Mutter erzählt. Später definiert er es genauer, indem er sie als "e-","i-","o"-Person beschreibt. Bloß keine harten Vokale, um sich nicht als ehemaligen Mitläufer zu verraten. Ihre ganze Art ist seicht; beflissen, auf leisen Socken Spuren zu verwischen.
Bei dem Elternhaus beugt man sich entweder, flüchtet in die Isolation oder rebelliert.
In der Familie scheinen alle Alternativen vertreten zu sein:
-> der Vater richtet sich in den Umständen seiner Ehe ein und holt sich ein wenig Trost bei einer Geliebten
-> Leo wird Priester und flüchtet somit vor der elterlichen Dominanz und
-> Hans lebt als Aussteiger.Bölls Schreibstil fasziniert mich! Mit einigen prägnanten Worten schafft er es, Bilder zu erschaffen, die lebendig erscheinen! Sehr beeindruckend!
Allerdings bin ich nun an der Stellen, an der Hans erzählt, was dazu führte, dass er und Marie sich trennen (Kapitel 8 ).
Hier finde ich ihn dermaßen kindisch, dass ich verstehen kann, dass Marie ihre Zukunft mit einem zuverlässigeren Mann aufbauen will!
Er hat schon zugestimmt, zukünftige Kinder katholisch erziehen zu lassen, willigt zudem in die kirchliche Trauung ein, macht dann aber einen Rückzieher als er erfährt, dass man sich zuvor auf dem Standesamt trauen muss. Was ist das denn für ein Benehmen?!?!
Diese Handlungsweise passt gar nicht zu seiner Kritik an den Katholiken. Was genau stört ihn?
Auf mich wirkt es so, als entdecke er damit die Möglichkeit, noch rechtzeitig vom Zug abspringen zu können und weiterhin als Träumer (Clown) durch die Welt zu gehen.
Man sagt doch nicht heute hü und morgen hott!Und nun werde ich noch die letzten Seiten des Kapitels lesen. Das musst nur schonmal raus...
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So, dann werden wir wohl eine kleine Pause einlegen müssen, wenn ab morgen unser Büchertreff für ein paar Tage dichtmacht
Nächste Woche geht es dann weiter
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Hallo!
ja, ich lese Kapitel 8 noch zu Ende und pausiere dann, bis hier wieder alles funktioniert (werde inzwischen meine Parallellektüren fertiglesen)
Bis dann!!
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Ich habe nun auch das 8. Kapitel gelesen und Böll bis Montag beiseite legen. Werde unterdessen Uwe Timm lesen
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Habe Kapitel 8 gestern morgen beendet und lege es ebenfalls zur Seite.
Mehr Zeit für mein Wichtelbuch (Ralf Isau: Die geheime Bibliotek des Thaddäus Tillmann Trutz).Bis nächste Woche!
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Wie fandet ihr denn das Telefonat mit dem alten Priester?! Geradezu grotesk, von christlicher Nächstenliebe war da ja nichts zu spüren.
Ging es euch auch so, dass ihr ebenfalls den Kohlgeruch gespürt habt?! :tongue: Es hat mich beim Lesen richtig geschüttelt! Solch ein Gesprächspartner ist einfach zuviel...
So, das ist jetzt tatsächlich mein Abschlussatz für den ersten Teil gewesen.
Bis später!
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Hallo Fezzig
"Kohl", da gehen bei mir mittlerweile immer die Alarmstufen auf Politik
(Eine Anspielung oder nur der widerliche Geruch )Wann ist hier denn dicht?
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Zitat
Original von Heidi Hof
"Kohl", da gehen bei mir mittlerweile immer die Alarmstufen auf Politik
(Eine Anspielung oder nur der widerliche Geruch )Hab jetzt ein bisschen gegoogelt, bin in deutscher Politik ja dann doch nicht so sicher. Helmut Kohl tritt im Jahr 1969 (Ministerpräsident von Rehinland-Pfalz) in der "großen Politk" erstmals auf. "Ansichten eines Clowns" erschien erstmals 1963. Entweder hatte Böll Visionen ( ) oder es ist einfach ein ulkiger Zufall. Aber wirklich ein ulkiger!! Denn so gesehen, passt ja H.Kohl da auch ganz wunderbar rein, oder?