David Foster Wallace - Am Beispiel des Hummers / Consider the lobster

  • Autor: David Foster Wallace
    Titel: Am Beispiel des Hummers
    Originaltitel: Consider the Lobster, erschien erstmals 2005
    Seiten: 64
    Verlag: Kiepenheuer & Witsch
    ISBN: 9783462041262


    Der Autor: (Klappentext)
    David Foster Wallace, 1962 geboren, gilt als eine der wichtigsten Vertreter der amerikanischen Literatur. Er studierte Philosophie und unterrichtete zuletzt Creative Writing am Pomona College in Claremont, Kalifornien. Zahlreiche Veröffentlichungen, unter anderem "Schrecklich amüsant". Sein berühmter Roman "Unendlicher Spass" war 2009 das Buchereignis und hat sich über 70.000 mal verkauft. David Foster Wallace starb am 12. September 2008.


    Inhalt: (Klappentext)
    Die Wahl der Maine-Seegöttin, ein Kochwettbewerb, ein Captain Blackbeard, der die Gäste am Strand erschreckt, eine große Parade und viele kleine Attraktionen für die Kinder - das ist das Rahmenprogramm, das um das grosse Fresszelt in Rockland, einem kleinen Ort in Maine, Anfang August geboten wird. Das wichtigste aber: Hier gibt es Hummer satt, der im größten Hummerkochtopf der Welt vor den Augen der hungrigen Besucher seinem Siedepunkt entgegen kocht. David Foster Wallace geht dem Unbehagen beim Anblick der kochenden und vielleicht leidenden Hummer nach und stellt die Frage, ob der Hummer, der ganz offensichtlich versucht, dem heißen Wasser zu entkommen, nicht doch Schmerz empfindet, allen Beteuerungen der Festivalorganisatoren zum Trotz.


    Meinung:
    David Foster Wallace besuchte 2003 im Auftrag der Feinschmeckerzeitschrift "Gourmet - The Magazine for Good Living" das Hummerfestival in Rockland, Maine, um einen Essay von seinem viertägigen Besuch vor Ort zu verfassen. Der alljährlich stattfindende Event lockt 100.000 Besucher an, auf CNN läuft Wochen vorher landesweit Werbung, und diverse Zeitschriften berichten vor, während und danach von dieser "kulinarischen Leistungsschau".
    Mit viel Ironie, klugen Gedanken und 21 lesenswerten Fussnoten, berichtet DFW von seinem Eindruck der Massenveranstaltung. Dabei streift er Themengebiete wie den Unterschied von Rockland und der benachbarten Ortschaft Camden, dem damaligen "Arme-Leute-Essen" Hummer, welcher heutzutage zur Delikatesse hochgejubelt wird (aber doch in Disneyland-ähnlichen Festzelten massengerecht verabreicht wird), und den unterschiedlichen Zubereitungsarten. Bei der Betrachtung des weltgrössten Hummerkochtopfs, wo die Schalentiere lebendig in heisses Wasser geschmissen werden, macht sich DFW Gedanken, ob der Hummer nicht doch Schmerzen fühlt, oder wenigstens durch sein Verhalten (Reflexe?) sein Unbehagen (=Präferenzäußerung) ausdrückt. Dabei stellt er kluge Fragen, nicht etwa mit erhobenem Zeigefinger, sondern er möchte den Leser einfach zum eigenen Nachdenken anregen. Zu welchem Schluss man selbst kommt, möchte er gar nicht bewerten, aber Bitteschön - als verantwortungsvoller Mensch sollte man die Beschwichtigungen der Festivalleitung, der Hummer könne keinen Schmerz empfinden, nicht einfach so hinnehmen, ebenso wenig wie die Argumente der manchmal fanatisch auftretenden PETA-Aktivisten!
    Ein sehr empfehlenswerter Text, der zum Nachdenken anregt, interessante Aspekte aufzeigt und doch sehr unterhaltsam und kurzweilig ist.


    Etwas ärgerlich: Dank grosser Schrift und viel Platz am Seitenrand, wird dieser Zeitschriftenbeitrag auf 64 Seiten aufgeblasen und nun als "Buch" vermarktet. Vielleicht ist der Essay ja auch schon in einer der Textsammlungen enthalten, die nach dem Tod des Autors herausgegeben wurden?! (Der Qualität des Textes tut dies natürlich keinen Abbruch)

  • Auf dich ist Verlass @Nungesser :) Als ich gesehen habe, dass du "Am Beispiel des Hummers" liest, war ich schon auf deinen Leseeindruck gespannt. Das Buch selbst befindet sich schon länger auf meiner Wunschliste. Was mich allerdings bisher abgeschreckt hatte war Umfang und Preis. Ich behalte es im Auge, vielleicht begegnet mir eine preisgünstige Ausgabe und dann schlage ich direkt zu.

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Vielen Dank für diese prima Rezi!

    Etwas ärgerlich: Dank grosser Schrift und viel Platz am Seitenrand, wird dieser Zeitschriftenbeitrag auf 64 Seiten aufgeblasen und nun als "Buch" vermarktet. Vielleicht ist der Essay ja auch schon in einer der Textsammlungen enthalten, die nach dem Tod des Autors herausgegeben wurden?! (Der Qualität des Textes tut dies natürlich keinen Abbruch)

    Tja, diese Mache erinnert mich dann sehr stark an das von mir neulich gelesene "Buch" von Wallace, "Dies ist Wasser". Ein wirklich ausgezeichneter Text, aber ebenfalls zu einem Buch aufgeblasen. Nun, irgendwann werden diese Texte zusammengestellt in einer Sammlung auftauchen, doch damit macht man weniger Geld???