Ellen Marie Wiseman - Die dunklen Mauern von Willard State / What she left behind

  • Gesund unter Geisteskranken oder Izzys Verlust


    Die Autorin (Quelle: Bücher.de)


    Ellen Marie Wiseman wurde in Three Mile Bay, einer kleinen Ortschaft im Bundesstaat New York, geboren. Sie besucht häufig ihre Verwandten in Deutschland und interessiert sich sehr für deutsche Geschichte und Kultur. Wiseman lebt zusammen mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern und drei Hunden am Ufer des Lake Ontario.


    Produktdetails

    • Verlag: Piper
    • Seitenzahl: 455
    • 2015
    • ISBN-13: 9783492307581
    • ISBN-10: 3492307582


    Über das Buch


    Isabelle Stone genannt Izzy, ist mit ihrer Pflegemutter Peg auf dem Gelände von Willard State. Dasa war einst eine psychiatrische Klinik, und Izzy ist gar nicht begeistert hier sein zu müssen, denn sie hat schlechte Erinnerungen in dieser Hinsicht. Auch ihre Mutter war vor Jahren in einer Psychiatrie, bevor sie als Mörderin ihres Mannes verurteilt ins Gefängnis kam…. Der Besuch dort steckt Izzy noch in den Knochen…


    Peg und ihr Mann sollen für das Museum die hinterlassenen Habseligkeiten der Insassen katalogisieren. Dabei fällt Izzy ein Tagebuch in die Finger das sie sehr gerne lesen würde. Ethan, ein Schulkamerad in ihrer neuen Schule, hatte das bemerkt, und das Tagebuch unerlaubterweise mitgenommen und ihr gegeben. Und so belog sie ihre Pflegeeltern zum ersten Mal…


    In der Schule hatte Izzy Probleme mit einem Mädchen und ihrer Clique, was so weit ging, dass Izzy beinahe in Lebensgefahr geriet…,


    Der zweite Handlungsstrang dieses Buches berichtet von Clara, die ihren Freund ihren Eltern vorstellte, obwohl sie ahnen konnte, dass diese mit ihm nicht einverstanden sein würden…


    Clara sollte gezwungen werden einen Mann zu heiraten den sie nicht wollte. Sie wehrte sich und geriet in einen heftigen Streit mit ihren Eltern. Da tätigte ihr Vater einen Anruf und behauptete, sie habe einen psychotischen Schub. S kam Clara in die Nervenheilanstalt von Long Island. Doch irgendwann wollte der Vater das Geld dafür nicht mehr aufbringen, und sie wurde in die staatliche Anstalt Willard State verlegt…


    Sie versuchte dem Arzt klarzumachen, dass sie schwanger war…


    Und dann wollte Bruno sie befreien…


    Wie erging es Clara dort? Warum wurde sie festgehalten, obwohl die Ärzte – in beiden Kliniken – mit Sicherheit wussten, dass sie kerngesund war? Warum glaubte ihr der Arzt nicht? Was passierte mit ihrem Kind? Und was passierte mit Bruno, als er sie befreien wollte?


    Warum hatte Izzys Mutter ihren Vater erschossen? Was hatte Izzy gesehen, als sie ihre Mutter in der Anstalt besucht hatte? Wieso hatte Izzy ihre Pflegeeltern belogen? Warum geriet Izzy beinahe in Lebensgefahr? Alle diese Fragen und noch viel mehr beantwortet dieses Buch.



    Meine Meinung


    Das Buch ließ sich sehr gut lesen. Der Schreibstil der Autorin ist unkompliziert, es stellten sich mir keine Fragen, was sie mit diesem oder jenem Wort/Satz gerade meint. Ich war sehr schnell in der Geschichte drinnen und konnte mich auch sehr gut in die Protagonisten hineinversetzen.Clara hat mir unendlich leid getan. Was die alles erdulden musste! Die Autorin hat über dieses Thema sehr gut recherchiert, und am Ende des Buches gibt es noch ein Interview mit ihr. Das Buch hat mich gleich in seinen Bann gezogen, und ich konnte es fast nicht aus der Hand legen. Ich wollte wissen, ob Clara wieder freikommen würde, was mit ihrer Tochter geschehen war, und vielleicht würde ich ja auch erfahren, warum Izzys Mutter ihren Mann erschossen hat. So habe ich erfahren, wie es damals in Nervenheilanstalten zuging. Diese wurden ihrem Namen nicht gerecht, denn sie haben eher das Gegenteil bewirkt. Zumindest in solchen Fällen wie Claras. Aber ich denke es hat ihr geholfen, dass sie nicht die einzige Gesunde war. Denn wenn Gesunde nur mit Geisteskranken zusammen sind, ich glaube nicht, dass das gutgeht. Ich habe das Buch in einem Rutsch gelesen und es hat mir super gefallen, und bekommt von mir eine klare Lese-/Kaufempfehlung sowie volle Punkte-/Sternezahl.

    Liebe Grüße
    Lerchie



    _______________________
    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • ImBuch „Die dunklen Mauern von Willard State“ geht es um zweifaszinierende junge Frauen.


    Zumeinen ist hier Izzy: Sie lebt 1995 als 17jährige Halbwaise bei ihrenneuesten Pflegeeltern Peg und Harry. Gelandet ist sie dort, weil ihreMutter vor 10 Jahren ihren Vater erschoss und nun im Gefängnissitzt. An der Highschool hat sie es nicht einfach. Ihre neuenMitschülerinnen, allen voran Shannon, machen es Izzy nicht leicht,sich einzugliedern.
    EinesTages wird Izzy von Peg gebeten, für das Museum die Gegenstände vonehemaligen Patienten der psychiatrischen Anstalt „Willard StateAsylum“ zu katalogisieren. Dabei stößt sie auf das Tagebuch vonClara, ebenso Briefe von dieser an ihren damaligen Freund Bruno.
    Claraist die zweite Hauptperson in dieser Geschichte. Sie lebt 1929 in NewYork. Nachdem sich ihr Bruder das Leben genommen hat, bricht sie mitihrem Verhalten die bisher geltenden Regeln ihrer strengen Eltern.Sie verliebt sich in Bruno, einen gewöhnlichen Hafenarbeiter –sehr zum Missfallen ihrer Eltern. Diese beschließen, dass Claraeinen für sie ausgesuchten Mann heiraten soll. Als sie sich dieserAnweisung widersetzt wird sie kurzerhand in eine psychiatrischeAnstalt eingewiesen. Hinzu kommt noch, dass sie von Bruno schwangerist.


    DieAutorin schafft es mit ihrem Schreibstil den Leser dazu zu bringen,das Buch nicht mehr aus der Hand zu legen. Sie wechselt zwischen denGeschichten von Izzy und Clara hin und her, was mir sehr gut gefällt.
    Auchdie zeitliche Trennung beider Geschichten und das Eintauchen in diejeweilige Epoche sind klasse.
    DieGeschichte wurde inspiriert von wahren Schicksalen von Patienten desWillard State Hospitals.

  • Wir leben heute in einer Welt, in der das Wort Toleranz offiziell groß geschrieben wird. Was ist aber, wenn man in eine Gesellschaft hineingeboren wird, die das eigene Empfinden oder gar die eigene Person nicht akzeptiert? Was geschieht, wenn man aus der Position, die einem vorbestimmt ist, ausbrechen will? Welche Folgen hat der Wunsch nach einem freien Leben, wenn jemand ganz andere Wege für dich geplant hat?
    Und was passiert, wenn Jahre später jemand genau über die Person stolpert, die die bewegende und erschütternde Antwort auf all diese Fragen kennt? Fragen über Fragen, richtig? Aber genau sie sind es, mit denen man als Leser in "Die dunklen Mauern von Willard State" konfrontiert wird.


    Ellen Marie Wiseman erzählt in ihrem Buch von zwei jungen Frauen, denen das Leben übel mitgespielt hat. Clara ist das Kind eines erfolgreichen Bankers, der ganz genaue Vorstellungen hat, wie ihr Leben aussehen soll. Dummerweise decken diese sich kein bisschen mit ihren eigenen Zielen, was schon bald unfassbare Folgen für sie hat.
    Auch die 17-jährige Izzy hat es nicht leicht. Als sie noch klein war, erschoss die eigene Mutter ihren Vater. Die Familie wurde komplett zerstört. Eine Odyssee von Pflegefamilie zu Pflegefamilie beginnt, bis Izzy schließlich bei Peg und Harry landet. Als Peg eines Tages die Möglichkeit erhält, mit einem Team alte Koffer aus der geschlossenen Psychiatrie Willard State zu sichten, spannt sie Izzy als helfende Hand ein, nicht ahnend, dass ihre Pflegetochter eine unglaubliche Entdeckung machen wird.


    Was mich schon vor dem Lesen des Buches faszinierte, war die Tatsache, dass Willard State real ist. Im Internet findet man zahlreiche Fotos der schaurigen, aber auch imposanten Ruinen, die eine leise Ahnung davon wecken, wie diese Gebäude einmal ausgesehen haben müssen. Selbst die Koffer, von denen hier die Rede ist, existieren. Sie wurden auf dem Dachboden entdeckt, nachdem die Anstalt geschlossen worden war. Auch wenn, wie die Autorin selbst in den Anmerkungen angibt, alle Personen erdacht sind, wusste ich also, dass ich es hier zumindest mit einem authentischen Schauplatz zu tun hatte. Allein das hat mir beim Lesen schon den einen oder anderen Schauer den Rücken hinuntergejagt.


    Für den einen oder anderen ist vielleicht noch wichtig zu wissen, dass sich Wiseman die Freiheit herausgenommen hat, einige Dinge an ihre Geschichte anzupassen (wie zum Beispiel einige Therapien, die teilweise nicht mehr oder noch nicht angewandt wurden, trotzdem aber im Verlauf der Geschehnisse eingesetzt wurden etc.). Auch entspringt die Handlung in "Die dunklen Mauern von Willard State" ihren Vorstellungen, wie es einmal in dieser Psychiatrie gewesen sein könnte. Man hat es hier also nicht mit geschichtlichen Fakten zu tun. Aber das nur am Rande.


    Was mir sofort auffiel, war der wunderschöne Schreibstil der Autorin. Ich empfand ihn als sehr flüssig und "rund", ihre Bildersprache war abwechslungs- und einfallsreich.
    Charaktere werden hier sehr gefühlvoll aufgebaut und erweckten in mir den Eindruck, dass sich auch für die kleinste Rolle sehr viel Zeit genommen wurde. Die Gespräche besaßen Tiefgang und Energie, die Handlungen der Figuren stets eine nachvollziehbare Logik (auch wenn diese nicht immer direkt ersichtlich war). Es fiel mir nicht schwer, mich in die Protagonistinnen und ihre Welt hineinzudenken, was mal mehr und mal weniger angenehm war.


    Besonders die Erzählebene Claras, die Patientin in Willard ist, wurde sehr eindrucksvoll von Wiseman erarbeitet. Sie brachte mir die alten Gemäuer so nah, dass es manchmal schon fast beängstigend war. Nicht eine Sekunde lang hatte ich Zweifel daran, dass das von ihr gezeigte Leben Claras und ihrer Mitpatientinnen sich so abgespielt haben könnte. Alles wirkte sehr greifbar und auf bedrohliche Weise glaubwürdig.
    Doch auch Izzy, die wir Mitte der 90er Jahre kennenlernen und die ebenso wie Clara schon bald "Die dunklen Mauern von Willard State" betritt, ist der Autorin richtig gut gelungen, wie ich finde. Ihre Ängste, Sorgen und Empfindungen haben mit berührt und sie sehr lebendig wirken lassen. Auch ihre Pflegeeltern und Mitschüler habe ich schnell "sortieren" können. Da war eine Menge Sympathie und Abneigung, eben weil die Charaktere stark und emotionsgeladen gezeichnet worden sind.


    Ich würde so gern einiges zur Handlung sagen, aber das wäre nicht möglich, ohne das eine oder andere zu verraten. Also nur so viel: Für mich persönlich gab es keine Längen. Die Geschichte wird stetig vorangetrieben und hielt einige ordentliche Spannungs- und auch Überraschungsmomente bereit. Sie hat mich gänzlich in ihren Bann gezogen, sodass ich vor allem zum Ende des Buches hin Schwierigkeiten hatte, mich loszureißen. Und der Ausgang selbst... Sagen wir mal, ich hätte nicht damit gerechnet. Alles andere müsst ihr schon selbst herausfinden. Am Ende findet man übrigens noch interessante Anmerkungen und ein kleines Interview mit der Autorin zur Arbeit an diesem Roman.


    Viel wollte ich zu dem Buch eigentlich nicht schreiben, und jetzt sitze ich hier und schüttele den Kopf. Zu meiner Verteidigung: "Die dunklen Mauern von Willard State" war für mich ein einzigartiges Buch, das mich gefesselt hat und mir bestimmt noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Da sprudeln die Worte manchmal schneller, als man den Gedankenfluss zustöpseln kann, wobei ich gerade das Gefühl habe, der Geschichte nicht einmal ansatzweise genug Respekt zu zollen. Aber ich ziehe, seit ich das Buch gestern beendet habe, immer wieder innerlich den Hut vor der Leistung der Autorin.


    Was mir zum Schluss nur noch bleibt, ist die Sternenvergabe und die fällt mit :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: sehr eindeutig aus. Ich empfehle "Die dunklen Mauern von Willard State" sehr gern weiter und hoffe, dass die Geschichte noch viele, viele begeisterte Leser finden wird. Für mich war sie auf jeden Fall ein Highlight des Jahres 2016. Ich hoffe sehr, bald ein weiteres Buch der Autorin in mein Regal stellen zu können. Ganz großes Kopfkino!


    ~ Was mich im Alltag auffängt, ist die Möglichkeit, mich einfach mal fallen lassen zu können. ~

  • Auch entspringt die Handlung in "Die dunklen Mauern von Willard State" ihren Vorstellungen, wie es einmal in dieser Psychiatrie gewesen sein könnte. Man hat es hier also nicht mit geschichtlichen Fakten zu tun.

    Vielen Dank für deine ausführliche Rezi. :friends:


    Hattest du das Gefühl, dass die Fälle in der Psychiatrie dargestellt worden sind, irgendwie konstruiert, übertrieben oder unrealistisch waren? Ich finde, das ist immer ein gewisses Risiko, wenn man so etwas selbst erfindet.

    Unter dem Fell einer Katze

    lebt eine der freiesten Seelen der Welt.

    (Claudine Delville)

  • Vielen Dank für deine ausführliche Rezi.

    Sehr gern. :friends:

    Hattest du das Gefühl, dass die Fälle in der Psychiatrie dargestellt worden sind, irgendwie konstruiert, übertrieben oder unrealistisch waren?

    Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. :) Ich fand alles sogar sehr realistisch dargestellt. Allerdings habe ich mit dem Sektor aber natürlich auch eher wenig zu tun. :lol:


    ~ Was mich im Alltag auffängt, ist die Möglichkeit, mich einfach mal fallen lassen zu können. ~

  • Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Ich fand alles sogar sehr realistisch dargestellt. Allerdings habe ich mit dem Sektor aber natürlich auch eher wenig zu tun.

    Alles klar. Ich lass mich dann einfach mal überraschen. Aber ich vertraue mal deinem Urteil, dass es realistisch dargestellt ist. :friends:
    Ich bin schon sehr gespannt drauf. :lechz:

    Unter dem Fell einer Katze

    lebt eine der freiesten Seelen der Welt.

    (Claudine Delville)

  • Kurzbeschreibung:
    Zehn Jahre ist es her, dass eine schicksalhafte Nacht für Izzy Stone alles veränderte: Ihre Mutter erschoss ihren Vater, während er schlief. Seitdem lebt die nun 17-Jährige bei Pflegefamilien. Als sie für ein Museum Gegenstände ehemaliger Insassen der alten und berüchtigten psychiatrischen Anstalt Willard State Asylum katalogisiert, stößt sie auf einen Stapel ungeöffneter Briefe und das alte Tagebuch einer gewissen Clara Cartwright. Je mehr sie über Claras Leben in Erfahrung bringt, desto mehr klären sich auch die Rätsel ihres eigenen Lebens... *Quelle*


    Zur Autorin:
    Ellen Marie Wiseman wurde in Three Mile Bay, einer kleinen Ortschaft im Bundesstaat New York, geboren. Sie besucht häufig ihre Verwandten in Deutschland und interessiert sich sehr für deutsche Geschichte und Kultur. »Die schwarzen Hügel von Coal River« ist der zweite Roman der Autorin. Wiseman lebt zusammen mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern und drei Hunden am Ufer des Lake Ontario.


    Meinung:
    1995: Die 17-jährige Isabelle Stone, genannt Izzy, lebt seit 10 Jahren in Pflegefamilien, seit ihre Mutter ihren Vater aus unerfindlichen Gründen erschoss. In Peg und Harry hat sie fürsorgliche Pflegeeltern gefunden, doch wird sie in ihrer Abschlussklasse, die sie neu besucht, gemobbt. Mit Peg zusammen arbeitet sie an einem Museumsprojekt, das sich mit der gerade geschlossenen Psychiatrie Willard State befasst. Hier wurden über 400 Koffer von ehemaligen Insassen gefunden, die Peg und Izzy nun fotografisch katalogisieren. Dabei stößt Izzy auf das Tagebuch der jungen Clara.


    1929: Die 18-jährige Clara Elizabeth Cartwright wächst als behütete Tochter einer wohlhabenden Familie auf. Vor kurzer Zeit nahm sich ihr Bruder das Leben, woran Clara den Eltern die Schuld gibt. Bei einem heimlichen Clubbesuch lernt sie den Einwanderer Bruno kennen und lieben, doch die Eltern sind mit dieser Verbindung nicht einverstanden. Clara begehrt das erste Mal in ihrem Leben auf und Vater Henry schickt sie daraufhin zuerst in eine psychiatrische Einrichtung auf Long Island, bis sie schließlich im berüchtigten Willard State landet.


    Ellen Marie Wiseman hat mit Die dunklen Mauern von Willard State einen berührenden Roman geschrieben, der größtenteils auf wahren Begebenheiten beruht. Die Einrichtung gab es wirklich, sie wurde 1995 geschlossen und auch die Geschichte um die über 400 Koffer von ehemaligen Patienten, die gefunden und katalogisiert wurden, ist real, was die Handlung im Roman noch lebendiger werden lässt.


    Vor allem mit der 18-jährigen Clara habe ich durchwegs mitgelitten, die als gesunde junge Frau von ihren Eltern in eine Anstalt abgeschoben wird, weil sie mit der Wahl ihres Freundes nicht einverstanden sind und einen anderen Bräutigam für sie auserkoren hatten. Clara versteht anfangs die Welt nicht mehr und versucht alles, den Ärzten klarzumachen, dass sie keine Behandlung braucht und völlig normal ist. Ihre Lage verschlechtert sich zusehends, als ihr Vater nach dem Börsencrash die noch recht gehobene Nervenheilanstalt auf Long Island nicht mehr bezahlen kann, denn sie wird nun in die staatliche Psychiatrie Willard State verbracht, wo die Patienten mehr dahinvegetieren, als Hilfe zu bekommen und zweifelhafte Behandlungsmethoden an ihnen durchgeführt werden.


    Aber auch Izzys Geschichte kann durchaus bewegen. Von einer Pflegefamilie zur nächsten weitergereicht, hat sie allerdings mit Peg und Harry zwei liebevolle Pflegeeltern gefunden, aber in ihrer neuen Schule wird sie von Anfang an gemobbt. Als dann auch noch herauskommt, dass ihre Mutter den Vater erschossen hat, ist sie vor Anfeindungen ihrer Klassenkameraden kaum noch sicher. Erst das Museumsprojekt gibt ihr Halt und sie setzt alles daran, die Geschichte um Clara, deren Tagebuch sie findet, ans Licht zu bringen.


    Die Handlung spielt, wie schon erwähnt, auf zwei Zeitebenen, die sich kapitelweise abwechseln und somit viel Abwechslung bietet. Claras Geschichte geht unter die Haut und wird von Ellen Marie Wiseman hochemotional erzählt. Man leidet mit ihr und ihren Erlebnissen in Willard State mit und kann nicht verstehen, wie ihre Eltern so hartherzig sein konnten und ihre Tochter einfach abgeschoben und nie mehr den Kontakt zu ihr gesucht haben. Dadurch, dass es die Einrichtung wirklich gab, wird die Geschichte noch umso plastischer und greifbarer und ließ mich am Ende erschüttert zurück, auch wenn es für Clara letztlich doch noch ein kleines Happy End gab.


    Fazit:
    Die dunklen Mauern von Willard State erzählt berührend und emotional die Geschichte von zwei jungen Frauen in verschiedenen Zeitepochen, aber mit sehr ähnlichen Erlebnissen. Vor allem Claras Geschichte geht unter die Haut und berichtet exemplarisch, wie mit Patienten in einer staatlich geführten Einrichtung umgegangen wurde und was sie dort erleiden mussten. Lesetipp!


    Weiterführender Link:
    Das Koffer-Projekt des Fotografen Jon Crispin


    Wertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Izzy ist gerade zum x-ten Mal in eine neue Pflegefamilie gekommen und wagt kaum zu hoffen, dass sie kurz vor ihrem 18. Geburtstag noch mal einen Glücksgriff mit den Pflegeeltern getan haben könnte. Lieber erst einmal vorsichtig abwarten. Um ihrer Pflegemutter einen Gefallen zu tun, hilft sie bei deren Geschichtsprojekt mit: die Archive einer längst geschlossenen Nervenheilanstalt in der Nähe zu sichten. Dort warten nicht nur verstaubte Akten auf die Hobbyforscher, sondern jede Menge Koffer mit den Habseligkeiten wahrscheinlich längst verstorbener Insassen. Diese Funde berühren Izzy sehr, insbesondere der Koffer einer jungen Frau namens Clara Cartwright.


    70 Jahre zuvor war Clara eine lebenslustige junge Frau in New York, die, so oft es nur ging, heimlich ihrem freudlosen, strengen Elternhaus entfloh, um mit ihren Freundinnen tanzen zu gehen und in ihrem Lieblingstanzlokal den sympathischen Bruno kennenlernte. Als Sohn italienischer Einwanderer wäre Bruno alles andere als standesgemäß und für Claras spießige Eltern nicht nur keine gute Partie, sondern völlig undenkbar als Schwiegersohn. Natürlich fliegt die Liaison eines Tages auf, und als Clara sich weigert, Bruno aufzugeben und stattdessen den von den Eltern ausgewählten Mann zu heiraten, lässt ihr Vater sie kaltschnäuzig als unzurechnungsfähig in die Psychiatrie einweisen. Ihre Hoffnung, dass man dort schon feststellen wird, dass sie nicht verrückt ist, erweist sich leider als Trugschluss.


    Die unfassbaren Zustände in psychiatrischen Einrichtungen der Vergangenheit und insbesondere die Bereitschaft, irgendwie auffällig gewordene oder auch nur unliebsame Frauen als Hysterikerinnen ohne eingehende objektive Beurteilung des Falles in Anstalten verschwinden zu lassen, waren mir schon vor diesem Buch bekannt und machen mich immer wieder fassungslos, auch wenn wohl ein Großteil der Ärzte und des Pflegepersonals auf Basis des damaligen Kenntnisstandes nach bestem Wissen und Gewissen handelten.


    Clara trifft in diesem Roman auf ein besonders hartleibiges Exemplar von Arzt und kämpft gegen Windmühlen. Es liest sich ziemlich deprimierend, wie sie immer und immer wieder versucht, sich Gehör zu verschaffen, und immer wieder gegen die Wand läuft, wohl wissend, wie anders ihr Leben hätte verlaufen können, wäre ihr Vater nicht so hartherzig gewesen. Allerdings war ichdoch irgendwann ein wenig hin- und hergerissen, wie viel von all dem Drama ich tatsächlich noch als glaubwürdig empfinden kann und was mir dann doch ein wenig übertrieben dargestellt erschien. Weniger wäre vielleicht durchaus mehr gewesen.


    Izzys Lebensweg, der kapitelweise abwechselnd mit Claras Geschichte erzählt wird, ist ebenfalls kein leichter gewesen. Zu Beginn wissen wir nur, dass Izzy keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter hatte, seit die aus heiterem Himmel ihren Vater erschossen hat und in die Psychiatrie eingewiesen wurde. Die Hintergründe kristallisieren sich erst nach heraus, während Izzy wieder einmal versucht, sich an einer neuen Schule einzuleben und dort mit den üblichen High-School-Typen aneinandergerät (als da wären: die zickige Anführerin einer Mädchenclique, ihre Anhängerinnen, die nie etwas hinterfragen, der etwas geheimnisvolle hübsche Typ und ein paar im Geiste eher ärmliche Sportskanonen). Auch hier war mir die Entwicklung teilweise ein bisschen "too much".


    Nichtsdestotrotz ein Roman, der sich schnell und spannend liest und vor allem mit dem Part in der Vergangenheit zu berühren versteht. Die Einrichtung Willard State hat es übrigens wirklich gegeben, und auch das Projekt mit den Koffern der Insassen beruht auf Tatsachen.