Laird Oliver - Gischtgeboren

  • Nachdem ich im Willkommensthread so viele nette Begrüßungen erhalten habe, vielen Dank dafür :D , möchte ich euch meine Debütsaga vorstellen: Gischtgeboren.


    Die sperrige Nixe ist mir vor ein paar Jahren begegnet, ich glaube, es war auf einem Strandspaziergang. Ich habe zu der Zeit auf einer ostfriesischen Insel gelebt und war besonders im Winter, wenn es wieder etwas ruhiger auf dem Eiland geworden war, oft am Strand, dort wo die Erde den Himmel berührt. Es ist wie ein Blick in die Unendlichkeit, macht einen klein und hilft die eigenen Probleme zu relativieren ...
    ... und davon hatte ich Mitte zwanzig genug. Meistens fingen sie mit zwei Beinen an und hörten mit einem weiblichen Lächeln auf. Ich hatte damals eine Fernbeziehung, im Sommer war sie auf der Insel und im Winter, naja, ihr werdet es ahnen. Der Wind am Strand macht den Kopf frei, ich habe auf den Spaziergängen viele Stunden mit Sh´eeba verbracht, bin mit ihr durch die Unterwasserstadt Aggra gewandert, habe auf dem Schwarmplatz mit ihrer Schwester La´tiffa gelacht und war schockiert und zugleich fasziniert über die Schrecken und Wunder der Unterstadt.
    Die Winter sind lang auf einer Insel und die Gesichte um die Seegeborenen ist immer länger geworden. Irgendwann wollte ich sie mal aufschreiben, aber die Vorstellung monatelang an einem Manuskript zu arbeiten und es dann an einen Verlag zu schicken, der vielleicht noch nicht einmal antwortet - für unaufgefordert eingesandte Manuskripte wird schließlich keine Haftung übernommen - hörte sich für mich nicht besonders verlockend an. Mit dem Selfpuplishing von Amazon hat sich dann doch noch eine Möglichkeit ergeben andere zu der Reise in die Welt unter den Wellen einzuladen. Für ein einziges Buch ist die Geschichte zu lang, viel zu lang, deshalb habe ich mich für eine Serie entschieden, alle paar Monate erscheinen einige neue Kapitel, die die Geschichte weiterspinnen, ein paar treue Leser habe ich auch schon gefunden und das ist ein tolles Gefühl :D
    Ein paar Startschwierigkeiten gab es natürlich auch beim Selfpuplishing, das sieht man den drei verschiedenen Covern des ersten Bandes, die in einigen Vorschauen zu sehen sind. Das Erste war ein Premade, das ich gekauft habe, allerdings hat die Künstlerin nie auf meine Anfragen geantwortet, ob sie das Bild für jedes neue Buch der Serie anpassen könnte. Das Zweite war mein erstes Selbstgemachtes und mit dem Dritten habe ich dann endlich den Stil und die Qualität gefunden, die ich mir für Gischtgeboren wünsche.
    Aber ich glaube, jetzt habe ich langsam genug gequatscht, wird Zeit uns mal die Flossen nass zumachen mit einer kleinen Leseprobe :D


    Leseprobe:
    Ich fluchte, zog mich an dem Tau hoch und wirkte den Gesang der Verwandlung. Für endlose Sekunden war ich hilflos, gefangen zwischen zwei Gestalten, die ineinander verflossen. Aus meiner Schwanzflosse schälten sich Beine und die Schuppen verliefen zu einer makellosen Haut. Meine Lungen verloren endgültig die Fähigkeit, unter Wasser zu atmen.
    Wieder schlug ein Brecher über mir zusammen.
    Wenn ich jetzt ...
    Ich verhackte meine Beine in den Resten der Takelage und kletterte nach oben.
    Als ich die Kante des Decks erreichte, zögerte ich kurz und formte aus der Gischt, die mich umgab ein Kleid.
    Es hieß, Menschen hatten ein seltsames Verhältnis zu Nacktheit.
    Dann zog ich mich endgültig hoch.
    Der Segler gierte durch eine Welle und weiße Fontänen peitschten über das Deck.
    Sie starrten mich an.
    Traurige Gestalten mit wettergegerbten Gesichtern, wilden Mähnen als Haare und struppigen Bärten. Die Hälfte von ihnen trug keine Stiefel und die zerschlissenen Hemden und Hosen klebten triefend an ihren Körpern.
    Einige schlugen seltsame Zeichen auf ihrer Brust, andere küssten Anhänger und Amulette, die sie um den Hals trugen.
    Endlose Sekunden vergingen, der Sturm heulte und das Tauwerk ächzte und knarrte.
    Sie bewegten sich nicht, sagten keinen Ton.
    Ich hob die Arme und begann zu singen.
    Ich wob den Gesang des Windes und Wassers, ließ meine Stimme mit dem Sturm wetteifern, schmiegte sie an seine Böen, schmeichelte mit ihm über die Gischtkronen der Wogen und peitschte den Regen vor mir her.
    Ich löste mich aus meinem Körper und sah auf das Häuflein Seeleute hinab, unbedeutende Silhouetten inmitten des Wütens der Elemente.
    Ich ritt auf tosenden Schwingen, wurde eins mit dem Brausen. Ich spürte die Urgewalt des Sturms, die ungezügelte Freude, mit der er die See zum Kochen brachte und Wellen zu unüberwindlichen Gebirgen auftürmte.
    Oh, wie unbedeutend sie doch waren ...
    ... die Menschen.
    Erbärmlich in ihrem Wahn mir in ihren fragilen Holzschalen trotzen zu können. Ich spielte mit ihnen und ergötze mich an ihrer Verzweiflung.
    Ich vibrierte vor Kraft, jede Faser meines Seins zitterte.
    Meine Stimme verschmolz mit dem Toben der See, ich atmete Sturm und meine Lippen formten die Wassermassen.
    Das Heben und Senken der Wellen war der Takt meines Liedes.
    Meine Stimme wurde dunkler, mein Gesang langsamer, wie das Herz eines sterben Tieres ließ ich den Sturm verklingen ...
    ... bis das Schiff in ruhigem Wasser schwamm.
    In der Ferne tobten die Elemente weiter, aber ich hatte ein Auge der Ruhe um den Segler geformt und hielt es mit meinem Lied der Macht aufrecht.
    »Sie hilft uns! Bewegung ihr Deckratten, kappt den verfluchten Mast.«
    Er trug eine lange blaue Jacke und schrie die anderen an.
    Ich verstand kein Wort und stemmte meinen Gesang weiter gegen den Sturm.
    Wie lange kann ich das durchhalten?
    Die Männer erwachten aus ihrer Lethargie, sie hieben mit schweren Äxten auf die Taue ein.
    Seil um Seil rutschte der Mast ächzend über Bord.
    Ich schloss die Augen, es gab nur noch mich, den Sturm und mein Lied.
    Plötzlich legte mir jemand eine Hand auf den Arm, ich blinzelte, einer der jüngeren Männer deutete Richtung Bug.
    »Ihr müsst ein Stück nach vorn gehen, Lady.«
    Ich hatte immer gedacht, dass ich ihre Sprache verstehe.
    Haben sie mehrere?
    Warum?
    Verwirrt sah ich ihn an.
    Was wollte er von mir.
    Er deutete immer wieder Richtung Bug, aber dort war nichts.
    Es war etwas Dringliches, fast Flehendes in seinem Blick.
    Dann stieß er mich an.
    Er schob mich vor sich her!
    Ich sog überrascht die Luft ein, mein Lied stockte.