Ryan Graudin - Walled City

  • Zum Inhalt


    Jin Ling ist auf der Flucht vor den Straßengangs und auf der Suche nach ihrer Schwester Mei Yee. Verkleidet als Junge kämpft sie sich Tag für Tag durch die eingepferchte, grausame Welt voller Mörder, Diebe und Drogendealer. Sie schafft es immer wieder, ihnen zu entwischen, denn niemand läuft so schnell wie Jin Ling.


    Dai ist ebenfalls in Hak Nam unterwegs, der Stadt Hinter den Mauern, und wie der Zufall es will, kreuzen sich die Wege der beiden. Und obwohl sie ein unterschiedliches Ziel vor Augen haben, ist Mei Yee am Ende ihr beider Schicksal.


    Meine Meinung


    Das ist ein sehr ernstes und außergewöhnliches Buch. Was völlig anderes, was ich sonst lese; eine Herausforderung, die mich sehr positiv überrascht hat, nachdem ich mich eingelesen hatte.


    Die Stadt hinter den Mauern, Hak Nam, wurde von der Autorin durch ein reales Vorbild erschaffen. In Honkong gab es tatsächlich eine Walled City innerhalb einer militärischen Festung, ein Slum, in dem sich der "menschliche Abschaum" gesammelt und versucht hat, irgendwie zu überleben. Regiert von gewissenlosen Drogenbossen, Dieben und Mördern, mussten auch Kinder und andere mittellose Menschen ums Überleben kämpfen.


    Die Kapitel sind ein Countdown. Noch 18 Tage, die Dai zur Erledigung seines Auftrags zur Verfügung stehen. Man weiß nicht genau, was er vorhat oder welche Schuld er auf sich geladen hat - nur nach und nach ergeben die wenigen Informationen einen Sinn.


    "Ich bin kein guter Mensch." S. 16


    Das sagt er von sich selbst und ist überzeugt, dass seine Fehler nicht wieder gut zu machen sind. Aber er wirkt sehr feinfühlig und einsam, verfolgt von seinen Fehltritten, gedrängt in eine Mission, die ihm sein Leben wieder zurückgeben soll.


    Die Abschnitte werden in der jeweiligen Ich-Perspektive von Dai, Jin Ling und Mei Yee erzählt. Auch die beiden Mädchen haben ein hartes Schicksal hinter sich und jede versucht auf ihre Weise, weiterzuleben. Während Jin Ling ein Ziel vor Augen hat, mutig ist und sich zur Wehr zu setzen weiß, ist Mei Yee in eine dumpfe Apathie verfallen. Aber auch mit ihrem zarten Gemüt hat sie es verstanden, inmitten einer Hölle zu überleben und gibt nicht auf, obwohl sich ihr keine Chance auf Rettung bietet. Sie ahnt nicht, wie sehr die Zeit drängt, um sie daraus zu befreien.


    Der Schreibstil erschien mir anfangs etwas bündig. Die Sätze waren oft recht knapp und haben das Tempo vorangetrieben. Gleichzeitig gab es aber auch sehr intensive, aussdrucksstarke Stellen, die mich sehr berührt haben und zu Herzen gehen. Die Autorin jongliert mit Worten und Metaphern und hat in ihrem fluchtartigen Stil immer wieder kleine Blüten, die dem trostlosen Hintergrund ein paar Farbtupfer verpassen.
    Diese kleine Welt "Hinter den Mauern" ist ein erschreckender Ort voller Grausamkeit und den vagen Hoffnungen und Träumen, die unerreichbar scheinen.


    Ich war sehr fasziniert von dieser Mischung und auch betroffen von der rohen Gewalt und den brutalen Momenten, in der nur der Stärkere überlebt. Für ein Jugendbuch ein sehr bitteres Thema, das aber auch zeigt, für sich und andere Menschen einzustehen.


    Beeindruckend sind die Fotos hinten im Buch: ein Modell und zwei Aufnahmen von der originalen Kowloon Walled City, Hongkong in den 80er Jahren.


    Infos dazu findet ihr z. B. bei Wikipedia


    Fazit: 4,5 Sterne


    Walled City ist ein zaghaftes, aber rasanates Feuerwerk inmitten einer düsteren Trostlosigkeit, die sich in der harten und grausamen Realtiät widerspiegelt. Ein Hoffnungsschimmer, der getragen von Mut den Silberstreifen am Horizont verspricht und mit viel Temperament auf ein überraschendes Ende hinführt.


    © Aleshanee
    Weltenwanderer

  • Inhalt:

    „Walled City“ ist der erste Roman, den ich von Ryan Graudin gelesen habe, es wird aber sicher nicht der Letzte sein. In dem Buch steht die Korruption, aber vor allem die Macht weniger einzelner Menschen im Mittelpunkt. Als dies spielt sich in Hak Nam ab, in einer ummauerten Stadt innerhalb von Hongkong. In genau dieser Stadt reagieren korrupte und sehr brutale Gangs. Die Polizei aber auch kaum ein Politiker traut sich nach Hak Nam, denn hier herrschen eigene Gesetze. Die Häuser sind so hoch in den Himmel gebaut, dass die Sonne nur wenig Licht in die Stadt lässt. Besonders faszinierend aber auch sehr erschreckend finde ich die Tatsache, dass es diese Stadt tatsächlich gab. Sie ist keinesfalls ein Produkt der Fantasie. Für mich gleicht sie einem Ghetto in der düstersten Art und vor allem das Leben der Straßenkinder hat mich ziemlich erschüttert.
    Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Protagonisten Jin, Dai und Mei Yee. Jin ist ein junges Mädchen, welches in den Straßen von Hak Nam lebt. Sie ist wahnsinnig schnell, clever, wachsam und hat einen kleinen, haarigen Freund, den Kater Chma. Um auf der Straße nicht so leicht angreifbar zu sein, versteckt sie, dass sie ein Mädchen ist, trägt nur weite Kleidung und hat sich die Haare abgeschnitten. Jin Ling leidet sehr unter der Trennung ihrer Schwester. In den Straßen der ummauerten Stadt versucht sie, Informationen über ihre Schwester zu bekommen. Dai lernt Jin Ling durch Zufall kennen. Er musste aus dem eigenen Elternhaus vor der Polizei fliehen. Ich habe Dai als recht furchtlos empfunden, man spürt als Leser, dass das Leben auf der Straße ihn selbst stark verändert. Die Menschen, die er mag, die ihm wichtig sind, schützt er mit seinem Leben. Zu seinem eigenen aber auch zum Schutz der anderen ist er ziemlich verschlossen, zeigt sich etwas unnahbarer, als er in Wirklichkeit ist. Seine Vergangenheit hat einen starken Einfluss auf sein Handeln. In diesem Punkt sind sich Jin Ling und er sehr ähnlich. Ich mochte Dai und Jin beide direkt sehr und habe sie irgendwie auch in mein Herz geschlossen. Mei Yee lebt ständig in Angst und Schrecken. Sie ist eine der vielen Mädchen, die verkauft wurden und nun in einem der Bordelle in Hak Nam arbeiten. Mei Yee darf nur ganz selten mal nach draußen und auch Tageslicht sieht sie nur durch ihre kleines Fenster in ihrem Zimmer. Mei Yee ist eigentlich ein eher schüchternes, zurückhaltendes junges Mädchen, welches sich nach Freiheit und Liebe sehnt. Während der Handlung durchleben die Protagonisten eine beständige Veränderung ihres Lebens, die den Umständen entsprechend, sehr authentisch gestaltet wurde. Auch die weiteren Charaktere sind liebevoll und interessant ausgearbeitet worden.


    Aufbau, Struktur & Stil:
    Die Kapitel wurden in Form eines Countdowns aufgebaut, beginnend mit Tag 18. Das hat mir schon sehr gut gefallen, weil es einfach mal ein ganz anderer Aufbau als üblicherweise ist. Erzählt wird die Handlung in der Ich-Perspektive, wobei abwechselnd Jin, Dai und Mei Yee zu Wort kommen. Durch die häufigen Wechsel wird es einem recht leicht gemacht, sich in die Lage der drei Charaktere zu versetzen. Auch konnte ich dadurch leicht einen emotionalen Zugang zu allen bekommen.
    Die Autorin schafft es sehr gut nach und nach die Geschichte der drei Protagonisten zu erzählen und je mehr Puzzleteile man erhält, desto tiefer steigt man in ihr Leben ein und die Spannung steigt immer weiter an. Viele unerwartete Wendungen und auch die bildliche Schreibweise der Autorin führen dazu, dass es ein Buch voller Action und auch Abenteuer ist. Ryan Graudin hat jedoch auch berührende, traurige Momente sehr gekonnt mit in das Gesamtbild eingebaut.


    Fazit:
    Für mich ist „Walled City“ bisher wohl die unerwartet, größte positive Überraschung meines Lesejahres !! Ich kann euch das Buch nur ans Herz legen. Es bietet alles, was ich mir als Leser wünsche Spannung, Emotionen und tolle Charaktere.
    Ich gebe fünf von fünf Funkelchen.