Henning Mankell - Treibsand / Kvicksand

  • Klappentext:
    Die Diagnose Krebs hat Henning Mankell an einen alten Albtraum erinnert: im Treibsand zu versinken, der einen unerbittlich verschlingt. Im Nachdenken über wichtige Fragen des Lebens fand er ein Mittel, die Krise zu überwinden. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Welche Art der Gesellschaft will ich mitgestalten? Er beschreibt seine Begegnungen mit den kulturgeschichtlichen Anfängen der Menschheit, er reflektiert über Zukunftsfragen und erzählt, was Literatur, Kunst und Musik in verzweifelten Momenten bedeuten können. Henning Mankell blickt zurück auf Schlüsselszenen seines eigenen Lebens und beschreibt Fähigkeiten und Strategien, ein sinnvolles Leben zu führen. (von der Zsolnay-Verlagsseite kopiert)


    Zum Autor:
    Henning Mankell, geboren 1948 in Härjedalen, Schweden, lebte als Theaterregisseur und Autor in Schweden und in Maputo (Mosambik). Seine Romane um Kommissar Wallander sind internationale Bestseller, u.a. Die fünfte Frau (1998) und Mittsommermord (2000). Zuletzt erschienen bei Zsolnay die Romane Daisy Sisters (2009) und Erinnerung an einen schmutzigen Engel (2012), die Krimis Der Chinese (2008), Der Feind im Schatten (2010) und Mord im Herbst (2013) sowie das Porträt Mankell über Mankell der dänischen Journalistin Kirsten Jacobsen. In seinem letzten und sehr persönlichen Buch Treibsand. Was es heißt, ein Mensch zu sein setzt er sich mit seiner schweren Krebserkrankung auseinander, der er am 5. Oktober 2015 erlegen ist. (von der Zsolnay-Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Kvicksand
    Erstmals erschienen 2014 bei Leopard Förlag, Stockholm
    Aus dem Schwedischen übersetzt von Wolfgang Butt
    Aufgeteilt in 3 Teile

    • Der gekrümmte Finger
    • Der Weg nach Salamanca
    • Die Marionette

    Diese Teile wiederum in insgesamt 67 Kapitel gegliedertVon Seite 141 bis 155 Abbildungen und Fotos, die sich auf einzelne Kapitel beziehen383 Seiten


    Persönliche Meinung:
    Das Buch ist eine Sammlung von Gedanken, die sich Mankell während der Zeit seiner Erkrankung über sich selbst, sein Leben, die Geschichte und den Zustand der Welt machte. Es erschien in deutscher Übersetzung genau eine Woche vor seinem Tod. Man könnte es also sein Vermächtnis nennen, denn seine Artikel treffen genau den Tenor eines Vermächtnisses.


    Er beschäftigt sich mit Ereignissen aus seinem Leben, die ihn geprägt und beeindruckt haben und ihm unvergesslich sind. Gleichzeitig resümiert er über Geschichtliches, über punktuelles Geschehen ebenso wie über den Verlauf der Historie, über das, was bis heute geblieben, und das, was irgendwann im Laufe der Entwicklung verschwunden ist. Er macht sich Gedanken um die Zukunft der Menschheit als solche, ob sie bestehen bleibt – er lässt keinen Zweifel, dass die Menschheit, wie man sie heute kennt, endlich ist – und befürchtet am meisten den radioaktiven Abfall und die Probleme damit, die diese Generation für die nächsten zig tausend Jahre der Erde und ihren Bewohnern hinterlässt. Zurückschauend beklagt er, dass es nicht gelingt, die Erde als einen für alle bewohnbaren Raum zu gestalten, in dem jeder Mensch nach seinem Talent und in Freiheit das Leben entwerfen kann, das ihm sinnvoll erscheint. Mankell glaubt weder an Gott noch an ein Leben nach dem Tod. Hier und Jetzt – nur das zählt.
    Der Autor offenbart ein breites Wissen aus verschiedenen Bereichen und Disziplinen, nicht nur den geisteswissenschaftlichen. Seine Reisen, die er schon als junger Mann mit leerem Geldbeutel machte, zeugen von Neugier auf die Welt und ihre Kulturen.


    Natürlich spricht er auch über seinen Krebs, aber ohne Selbstmitleid und Selbstdarstellung. Dazu gehören Todesangst, Alpträume und quälende Gedanken über den nächsten Arztbesuch. Nichts also, was nicht jeder in dieser Situation ebenso fühlen würde.
    Der Vorwurf, er stelle seine Krankheit und seinen Leidensweg öffentlich zur Schau, stimmt daher nur bedingt.


    Sicher ist es nicht Sinn und Zweck dieses Buches, einem literarischen Anspruch zu genügen. Und es hätte auch gereicht, wenn er über seine Ängste um den Atommüll weniger oft geschrieben hätte. Und manchmal trifft einer der Pointensätze, mit denen er die Kapitel abschließt, etwas daneben.


    Was mich sehr beeindruckt: Sein Gefühl, mit allen Menschen verbunden zu sein. Mit denen, die schon vor mehreren tausend Jahren lebten und mit allen, die in der Gegenwart auf der Erde leben. Der Gedanke ist mir nicht fremd, aber es ist etwas, das ich nicht mitempfinden kann.
    Das Lesen der letzten Kapitel habe ich lange hinausgezögert. Soviel Sentimentalität muss mal mir gönnen.


    Adieu, Henning Mankell.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Beim Lesen überschlugen sich ständig meine Gedanken. Es kam mir vor wie, wenn Henning Mankell die gesamte Welt von der Antike bis zur Neuzeit und in eine unglaublich ferne Zukunft mit seinen philosophischen Gedanken umfassen möchte, festhalten, um ein Vermächtnis welches sehr nachdenklich macht zu hinterlassen.
    Seine Zukunftsvisionen, welche sich ins besonders mit dem radioaktiven Abfall welche wir hinterlassen werden beschäftigen, wirken beängstigend, und man spürt seinen Ärger, wie sorglos damit umgegangen wird.


    Er bringt den Leser jedoch auch zum Schmunzeln, wie er die Geschichte von Uri Geller erzählt. Sicher vielen bekannt als den famosen Löffelverbieger in den siebziger Jahren. Und genau diesen Uri Geller nimmt er zum Anlass um einen Bogen zu spannen zu den Scharlatanen, welche Krebskranke ausnutzen mit wertlosen Therapien.
    Er erzählt dies ohne jede Verbitterung, mehr wie um das Wissen der Verzweiflung welche jemand mit der Diagnose Krebs überkommen kann.


    Lange habe ich über die Bedeutung des Titels „Teil1- Der gekrümmte Finger „ gegrübelt jedoch erst im Kapitel „17. Die Höhlen“ erfährt man was damit gemeint ist.


    Das Lesen des Buches hat mich sehr ergriffen, jedoch wie @Marie bin ich der Meinung, ab und zu übertreibt Henning Mankell mit dem erhobenen Finger, mit welchem er auf den Abfall der heutigen Zivilisation zeigt, die Zerstörung welche diese schon angerichtet hat seit Menschengedenken.
    Es ist mir schon klar, dass seine Gedanken um das was mit seinem Körper nach dem Tod passiert kreisen und das diese unweigerlich zur Frage führt „hinterlassen wir damit auch Abfall“.


    Wen Henning Mankell nur durch seine Romane um „Wallander“ kennt, wird hier mit Erstaunen feststellen, wie vielseitig er als Mensch und Autor war.
    Er erzählt von seinen Reisen, welche ihn um die ganze Welt führten, mit einer Erinnerung an Details, welche uns einen Menschen welcher sehr intensiv lebte, aufzeigt.


    Erst im zweiten Teil „Der Weg nach Salamanca“ beschäftigt er sich intensiver mit der Krankheit Krebs und stellt sich seinen Ängsten.


    Vor dem Schluss des Buches hatte ich ein wenig „Bauchgrummeln“ das Kapitel „67. Sich nie die Freude nehmen lassen“, vor dem Epilog, war jedoch so positiv, dass es mich versöhnt hat mit dem endgültigen Abschied von Henning Mankell

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter