Maria W. Peter - Die Küste der Freiheit

  • Inhaltsangabe:



    Waldeck, 1775: Die junge Halbwaise Anna Hochstetter hat mit ihrem Vater in einer mennonitischen Gemeinde ein neues Zuhause gefunden und hat sich nach dem Vorbild ihrer Mutter der Geburtshilfe und Pflege von Kranken verschrieben. Gerade ist sie auf dem Weg nach Hause, als sie überfallen wird. Der Soldat Kurt Paul, Angehöriger der Hessischen Jäger, will sie schänden, doch sie wird von seinem Vorgesetzten gerettet: Lorenz von Tannau. Doch der Dank der Gemeinde hält sich in Grenzen, Lorenz von Tannau ist ein Papist.


    Wenig später findet Anna Lorenz von Tannau lebensbedrohlich verletzt und nimmt ihn zu Hause auf, um ihn gesund zu pflegen. Trotz der Einwände der Gemeinde kommt er unter ihrer Fürsorge wieder zu kräften. Als ihr Vater jedoch plötzlich verstirbt und Lorenz sie in dieser Stunde tröstet, wird sie von einem Gemeindemitglied fälschlicherweise der Unzucht bezichtigt und aus der Gemeinde verbannt.


    Lorenz von Tannau hat ihr beim Abschied versprochen, seine Schuld einlösen zu wollen, wenn sie in Not sei. Da mit ihrem Vater auch das letzte Familienmitglied verstarb und sie den selbstherrlichen Gideon Beiler auf keinen Fall heiraten will, macht sie sich auf die Suche nach Lorenz. In Cassel angekommen, erfährt sie, dass er als Soldat nach America verschifft wurde, um die britische Armee beim Kampf gegen die Kolonisten – den Rebellen – zu unterstützen.


    Von ihrem letzten Geld kann sie sich noch gerade so eine Überfahrt leisten, doch durch unglückliche Umstände muss sie sich als Schuldmagd verdingen und kommt nach einer strapaziösen Reise auf eine Tabaks-Plantage in der Kolonie Virginia. Für sieben Jahre hat sie sich verpflichtet, doch der Master Huntley glaubt, dass sie ihm noch mehr schuldet.


    Für Anna steht die Welt auf den Kopf, denn sie erlebt nicht nur die grausame Hölle der Sklaverei, sondern auch die Unerbittlichkeit des Krieges. Und Lorenz hat sie noch immer nicht gefunden, zweifelt gar, dass sie ihn je wiedersieht …


    Mein Fazit:



    Als ich das signierte Exemplar in der Hand hielt, musste ich erstmal tief schlucken. 871 Seiten!!! Das ist schon ein ordentlicher Batzen. Und ich Gedanken plante ich eine Lesezeit von 10 bis 14 Tagen ein …


    871 Seiten beinhaltet die Geschichte von Anna und Lorenz. Und nicht eine Seite kam Langweile auf, nicht eine Sekunde! Ich habe das Buch an sechs Lese-Tagen ausgelesen und auch jetzt noch, ein paar Tage nach dem Ende, bin ich gedanklich oft noch bei der Lektüre. Mit aufwendigen Recherchen hat die Autorin eine Geschichte erzählt, die glaubhaft, grausam, aber auch mitreißend und nebenbei noch lehrreich ist. Und ich habe keinen Zweifel, das sie irgendetwas falsch recherchiert hat, wenn, das ist es sicherlich nur eine Kleinigkeit. Einiges, was in dem Buch vorkommt, habe ich im Internet nachgelesen, um mehr Informationen zu bekommen. Und vieles ließ sich einfach nachlesen. Es gibt ein umfangreiches Nachwort zu diesem Buch und es ist deutlich zu spüren, das in diesem Buch eine ganze Menge Herzblut steckt.


    Was mir auch gut an dem Roman gefiel, war die Widergabe der Atmosphäre und Stimmung der damaligen Zeit. Halb Europa wurde unterdrückt, entweder wegen dem Stand oder wegen der Religion. America galt als das Land der Verheißung und der Freiheit. Das auch dort nicht alles Eitel Sonnenschein war, wird den Menschen in dem Roman sehr schnell bewußt: Sklaverei und Knechtschaft. Auch hier spielte die Religion eine große Rolle. Trotz der häufigen Zufälle und der starken Ausprägung an der Religion war es eine wunderbare Geschichte.


    Am Ende befindet sich ein Glossar über die historischen Ereignisse, Personen und auch Begriffe. Denn die Dialoge sind in der damaligen Sprache gehalten, was auf mich manchmal befremdlich wirkte, aber die Glaubwürdigkeit der Geschichte unterstreicht. Für mich hat die Autorin so lebendig geschrieben, dass ich ständig gewisse Szenen im Kopf habe und eher der Eindruck vorherrscht, ich hätte einen Film gesehen. Ist mir so nur selten passiert.


    Für mich ist dieser Roman ein Highlight des Jahres und ich kann es jedem nur empfehlen, der Auswanderer-Sagas und vielleicht noch die Südstaaten-Thematik mag. Begeisternde glänzende volle fünf Sterne von mir (ist eigentlich noch zu wenig!).


    Ich habe der Autorin meinen Dank für dieses Buch ausgedrückt und ihr hohen Respekt gezollt. Etwas, was ich sehr selten tue, aber hier finde ich es einfach angebracht. Ich bedanke mich noch einmal öffentlich dafür, dass ich auf dieses Buch aufmerksam wurde und es lesen durfte. Danke!

  • Von Liebe und Freiheit spannend erzählt


    Alles beginnt im Jahre 1775 in Hessen. Hier lebt Anna Hochstetter gemeinsam mit ihrem Vater in einem kleinen Dorf. Die Dorfgemeinschaft gehört den sogenannten Wiedertäufern an. Sie sind streng im Glauben und dulden kein abweichen. Für Anna eine schwierige Situation. Sie kennt sich mit Heilkräutern aus und hilft den Kranken und Bedürftigen, sehr zum Missfallen der Dorfgemeinschaft. Dann wird Anna überfallen und fast vergewaltigt, nur dem Freiherrn Lorenz von Tannau hat sie es zu verdanken, dass sie mit dem Schrecken davon gekommen ist. Anschließend stirbt ihr Vater und Anna steht ganz allein da, ausgestoßen aus der Gemeinschaft beschließt sie, sich auf den Weg nach Amerika zu machen. Sie weiß, dass auch der Freiherr, der im Militär dient, auf dem Weg dorthin ist. Getrieben von der Hoffnung ihn wiederzusehen und vielleicht mit ihm eine Zukunft zu haben, beginnt ihr beschwerlicher Weg in eine neue Welt. Anna ahnt nicht, dass sie mitten in einen Krieg geraten wird und sie einige Hürden zu meistern hat.


    Der angenehme Erzählstil der Autorin zieht einen sofort in die Geschichte. Schon der Einstieg in dem kleinen Dorf und das Kennenlernen von Anna und Lorenz ist spannend geschildert. Irgendwie nimmt man sofort Anteil an der Geschichte von Anna, man ist direkt bei ihr und hofft und bangt mit ihr. Deutlich entstehen Bilder, die Anna auf ihrer beschwerlichen Reise nach Amerika zeigen und dann dort von ihrem Schicksal erzählen. Ein zweiter Handlungsstrang erzählt von Lorenz, von seinen Gefühlen zu Anna und von seinem Leben. Die Kriegshandlungen werden ebenso geschildert wie das schwierige Leben in diesen Tagen. Der Kampf um die Freiheit ist allgegenwärtig, zumal Anna sich ja als Schuldmagd verkauft hat und so auch das harte Leben als Magd erlebt. Sie muss feststellen, dass sie fast nicht mehr wert ist als eine Sklavin. Die Autorin hat es gut verstanden, das Schicksal von Anna, sowie von den Protagonisten, die sie auf ihrem Weg begleiten, zu verbinden.
    Die beiden Handlungsstränge laufen eine ganz Zeit lang nebeneinander her und schildern mal von Lorenz und mal von Anna. Bis sie dann zum Ende hin zusammenlaufen. Es ist eine glaubhafte Lebensgeschichte entstanden, die einiges an Spannung enthält.


    Anna wird als eine tief gläubige Protagonistin geschildert und so erfährt man eben auch, wie die Mennoniten in Amerika lebten und wie sie mit den Wiedertäufern verbunden waren. Hier gibt es ein paar interessante Details. Allerdings erwähnt Maria W. Peters den Glauben relativ oft und zwischendurch war es mir schon fast zu viel. Anna versucht ihren Glauben zu bewahren und auch danach zu leben, was in Kriegszeiten verbunden mit der Sklaverei im 18. Jahrhundert eben nicht so einfach war und so kommt es natürlich zu Gewissenskonflikten, die aber dann wiederum gut gelöst wurden. Man spürt deutlich, wie aus der etwas naiven Anna eine Frau wird, die lernt sich durchzusetzen.


    Lorenz stammt aus einer ganz andern Familie, er ist adlig geboren und Papist. Er handelt danach, aber er hinterfragt auch so langsam die Gewohnheiten der Familie, zumal er sich in Anna verliebt hat. Haben sie überhaupt eine Chance? Sie kommen aus unterschiedlichen Bevölkerungsschichten und haben einen unterschiedlichen Glauben, kann das überhaupt funktionieren? So wird der Freiheitskampf der Amerikaner auch sein Kampf für seine und Annas Freiheit und ihre Zukunft. Diese Liebesgeschichte vor dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg hat mir gut gefallen. Der historische Hintergrund ist gut recherchiert und mit den fiktiven Protagonisten verwoben, auch wenn es vielleicht den einen oder anderen Zufall zu viel gegeben haben mag, macht es doch Spaß, diese Geschichte zu lesen und mit Anna und Lorenz mitzufiebern, zu hoffen und zu bangen.


    Ein ausführliches Nachwort beschließt das Buch, es ist sehr interessant zu lesen. Zudem gibt es auch noch ein Glossar der fremden Begriffe so wie ein Personenregister für die historisch belegten Protagonisten, leider wurden die fiktiven Charaktere nicht aufgezählt. Und wer mag, bekommt sogar noch einige Reise und Stöbertips. „Die Küste der Freiheit“ ist ein Auswandererroman mit Protagonisten, die ans Herz gehen, mit einer spannenden Grundgeschichte, interessanten Hintergrundinformationen zum Unabhängigkeitskrieg sowie einer wunderschönen Liebesgeschichte.


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  • Die Autorin (Quelle: Amazon)


    Maria W. Peter ist seit ihrer Kindheit dem Zauber längst vergangener Zeiten erlegen. Bereits während ihres Studiums an der Universität des Saarlandes und der Université de Metz, arbeitete sie als Journalistin. Nach einem Fulbright-Stipendium an der „School of Journalism“ in Columbia/Missouri begann sie, exakt recherchierte historische Romane zu schreiben. Ihr 2014 erschienener Roman „Die Küste der Freiheit“ über deutsche Einwanderer während der Amerikanischen Revolution wurde für den Homer-Literaturpreis nominiert und war zudem auf der Shortlist des LovelyBooks-Leserpreises 2015. Heute ist Maria W. Peter als freie Autorin tätig und pendelt zwischen dem Rheinland und dem Saarland.


    Produktinformation


    • Taschenbuch: 880 Seiten
    • Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch) (14. November 2014)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 340416735X
    • ISBN-13: 978-3404167357





    Der Katholik und die Täuferin


    Anna gehörte zu der Glaubensgemeinschaft der Wiedertäufer. Sie hatte sich der Heilung und Hilfe von allen Kranken verschrieben, doch war das in der Gemeinschaft nicht von allen gern gesehen….


    Auf dem Rückweg zu ihrem Dorf wurde sie von einem Mann überfallen, doch ein zweiter konnte sie im letzten Moment aus dessen Händen retten…. Und das musste er später büßen…


    Lorenz von Tannau hatte lediglich eine Bestrafung des Übeltäters erreicht. Und daher sann dieser auf Rache….


    Da Anna Lorenz halb tot im Wald fand, nahm sie ihn – gegen die Gesetze ihrer Glaubensgemeinschaft – in ihrer Hütte auf um ihn zu heilen…. Doch das kam bei dieser sehr schlecht an….


    Als Annas Vater dann starb, musste sie die Gemeinschaft verlassen, da Lorenz immer noch bei ihr wohnte, und einer der Wiedertäufer einen falschen Eindruck bekam…..


    Eines Tages musste Lorenz mit seiner Einheit für den englischen König nach Amerika in den Krieg ziehen….


    In Amerika war Anna als Schuldmagd nicht mehr als eine bessere Sklavin. Sie musste sehr auf sich aufpassen…..


    Keinem der beiden war zu diesem Zeitpunkt klar, dass er sich in den anderen verliebt hatte….


    Und dann gab es da natürlich auch noch den Deserteur, der bestraft und aus der Armee ausgestoßen worden war…..


    Warum war es nicht gerne gesehen, dass Anna allen Kranken helfen wollte? Wer war Annas Retter? Wieso musste er das später büßen? Wie wollte der Übeltäter sich rächen? Warum hätte sie den schwer verletzten nicht in ihre Hütte bringen dürfen? Was tat die Glaubensgemeinschaft dagegen? Wieso bekam einer der Wiedertäufer einen falschen Eindruck? Wieso musste Lorenz als Hesse in den amerikanischen Krieg ziehen? Warum war Anna nur eine Schuldmagd in Amerika? Was ist eine Schuldmagd? Und warum musste sie auf sich aufpassen? Warum war der Deserteur nicht härter bestraft worden? Alle diese Fragen – und noch viel mehr – beantwortet dieses Buch.




    Meine Meinung


    Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen. Der Schreibstil der Autorin ist unkompliziert, es tauchen keine Fragen nach dem Sinn oder Zweck eines Wortes oder gar ganzen Satzes auf. Anna tat mir leid, hatte der Mann sie doch nur getröstet. Und dann diese Anschuldigung, und das ohne Beweis, denn nur er hatte die beiden gesehen! Sie tat mir leid, dass sie sich als Schuldmagd praktisch verkaufen musste. Dieser Tabakpflanzer konnte sich ja auch alles rausnehmen, so was Dreckiges! Und seine Mutter war keinen Deut besser! Auf jeden Fall habe ich um Anna und Lorenz gezittert. Wenn ich mir überlege, wie oft er dem Tod von der Schippe gesprungen ist! Allerdings habe ich Anna nicht verstanden als sie wieder mit diesem Kerl mitging. Sie wusste doch schon vorher, dass sie mit ihm nicht glücklich werden würde! Bestimmt hätte sie in Philadelphia bei dieser Familie bleiben können. Na gut, dann wäre das Buch ein bisschen dünner ausgefallen, aber gar nicht so sehr. Die Spannung war in diesem Buch auch von Anfang an da, auch wenn sie zwischendurch hie und da etwas nachließ, so zog sie aber immer wieder an. Es hat mir sehr gut gefallen und ich spreche gerne eine Lese-/Kaufempfehlung aus.

    Liebe Grüße
    Lerchie



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    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • Das Leben der Mennonitin Anna Hochstetter und des Sekondeleutnant Lorenz von Tannau scheint verbunden zu sein. Bereits in Deutschland liefen sie sich mehrmals über den Weg und auch in Amerika, wo beide aus unterschiedlichen Gründen gelandet sind, treffen sie sich wieder.


    In Amerika geraten beide in die Wirren des Unabhängigkeitskrieges, doch auch anderes macht ihnen Sorgen.


    Maria W. Peters Roman über die beiden so unterschiedlichen Deutschen ist ein wahrer Pageturner, trotz seiner über 800 Seiten habe ich den Roman innerhalb kurzer Zeit gelesen. Die Autorin hat ein Händchen dafür, dem Leser ihre Charaktere sehr nahe zu bringen, man bangt, hofft und freut sich mit ihnen – oder ärgert sich und schimpft über die Antagonisten, von denen es auch ein paar gibt. Die beiden Protagonisten gefallen mir sehr gut, Anna, die sich selbst, auch unter widrigsten Umständen, treu bleibt, und Lorenz, der eine Reihe guter Anlagen für die Entwicklung, die er durchläuft, von Anfang an mitbringt. Auch die weiteren Charaktere sind der Autorin gut gelungen, manche sind allerdings etwas zu eindimensional gestrickt, ich hätte mir, vor allem bei den Antagonisten, weniger Klischee sondern mehr Ambivalenz gewünscht.


    Ähnliches gilt für das Schicksal der Protagonisten, vor allem dem Annas, denn irgendwann war mir all das Unglück, das ihr widerfährt, fast zu viel, gut, dass die Autorin ihr dann doch zwischendurch ein wenig Frieden gönnt. Die Autorin hat viel hineingepackt von dem, was Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nach Amerika kamen, passieren konnte, der Roman wirkt dadurch aber nicht überladen, da nicht alles auf die beiden Protagonisten, sondern manches auch auf Nebenfiguren zutrifft, da gibt es z. B. Sklaven, irische Auswanderer, Plantagenbesitzer. Dadurch, dass der Roman aus vielen verschiedenen Perspektiven geschrieben wurde, kommen viele dieser Charaktere selbst zu Wort – und das gefällt mir wirklich richtig gut, wir schauen nicht von oben auf das Geschehen, sondern sind jeweils mittendrin.


    Auch wenn die Charaktere allerhand Schlimmes durchmachen müssen, wie etwa die Überfahrt nach Amerika oder Kriegsschlachten, gelingt es der Autorin gut, dieses zwar eindringlich, aber nicht allzu drastisch darzustellen. Andeutungen oder ein paar kurze Sätze reichen oft vollkommen aus, um dem Leser das Leid begreiflich zu machen.


    Die Geschichte ist spannend, und man fühlt sehr mit den Protagonisten, sowie mit manchen Nebenfiguren. Was mich, neben den teilweise klischeehaften Charakteren, etwas gestört hat, waren die vielen Zufälle, die in der Regel zu Begegnungen führten, die man sich, vor allem in dieser Fülle, im wahren Leben nicht wirklich vorstellen kann. Allerdings trifft die Autorin damit auch immer wieder die Wünsche der Leser, so dass man sich letztlich über diese Zufälle freut, weswegen es mich dann eben nur ein bisschen und nicht sehr stört.


    Im Grunde wird das auch nebensächlich neben dem, was die Geschichte bietet: Sie bringt dem Leser diese Zeit sehr nahe, als Leser erfährt man viel nebenbei, sei es über bestimmte Religionen, die verschiedenen Beteiligten des Unabhängigkeitskrieges, das damalige Rechtssystem und einiges mehr, die Autorin hat umfassend recherchiert, was man auch dem umfangreichen Nachwort entnehmen kann. Am Ende klappt man den Roman zufrieden zu und denkt sicher noch eine Zeit lang hin und wieder an Anna und Lorenz und ihre Begleiter während der erzählten Zeit.


    Wie bereits erwähnt, hat die Autorin ein umfangreiches Nachwort verfasst, in dem sie auf verschieden Aspekte des Romans und ihrer Recherche genauer eingeht, außerdem enthält das Buch zwei farbige Karten (Deutschland und Amerika), ein Glossar, eine Liste der historischen Persönlichkeiten, die vorkommen oder zumindest eine Rolle für das Geschehen spielen, sowie Reise- und Städtetipps – perfekt!


    Der Roman hat mich gut unterhalten und mich mitgenommen in die Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges. Wer gerne umfangreiche, gut recherchierte historische Romane liest, die auch eine Liebesgeschichte erzählen dürfen, ist hier genau richtig.

  • 17. Jh. Die junge Anna Hochstetter lebt als Mennonitin mitihrem Vater bei einer Täufergemeinde in Hessen und hilft als Hebamme und Heilkundigeden Einheimischen, was nicht gern gesehen ist. Als sie eines Abends auf demHeimweg von einem Deserteur überfallen wird, kann sie nur das beherzteEingreifen des Leutnants Lorenz von Tannau, einem adligen Papisten, vor einerSchändung retten. Zwischen den beiden entsteht sofort ein unsichtbares Band,beide haben Gefallen aneinander gefunden, leben aber in völlig verschiedenenWelten. Während Lorenz mit seinem Regiment als Leihsoldat für die Engländernach Amerika entsandt wird, gerät Anna nach dem Tod ihres Vaters in der Täufergemeindein Ungnade und wird von ihnen verbannt. Da sie nichts besitzt, durchunglückliche Umstände ihre Überfahrt nach Amerika verpasst und in Irlandgestrandet ist, muss sie sich als Schuldmagd verkaufen. Anna landet in denSüdstaaten als Sklavin auf einer Tabakplantage, deren Besitzer ein Auge auf siegeworfen hat und sie sich gefügig machen will. Während Anna sich mit einigen derschwarzen Sklavengemeinde anfreundet, hat sie sich andere allerdings auchunbewusst zu Feinden gemacht, die ihr neben dem Plantagenbesitzer sehrgefährlich werden. Durch einen großen Zufall trifft sie in ihrer schwärzestenStunde wieder auf Lorenz, der ihr erneut das Leben rettet. Doch sie werdenweiterhin verfolgt und sind nie sicher vor dem nächsten Schlag mitten imUnabhängigkeitskrieg der Vereinigten Staaten von Amerika. Werden Anna undLorenz doch noch ein glückliches und erfülltes Leben führen können und eineneue Heimat in Amerika finden?


    Maria W. Peter hat mit ihrem Buch „Die Küste der Freiheit“einen wunderschönen, opulenten und spannenden historischen Roman vorgelegt. DerSchreibstil ist flüssig und gefühlvoll, er lässt den Leser schnell vergessen,dass 800 Seiten vor einem liegen, so sehr nimmt die Geschichte gefangen, diesich über einen Zeitraum von 7 Jahren erstreckt und bei der man gedanklich mitden Protagonisten eine Reise von Deutschland über Irland nach Amerika angeht. DieLandschaftsbeschreibungen sind so farbenfroh, dass vor dem inneren Auge Bilderentstehen – es ist fast so, als wenn ein Film im Kopf abläuft. DerSpannungsbogen wird sehr schnell aufgebaut und steigert sich von Kapitel zuKapitel, dem Leser werden nicht viele Atempausen gegönnt, fiebert man doch sehrmit den Protagonisten mit, die von einem Abenteuer ins nächste rauschen undmanche Situation aussichtslos erscheint. Die Autorin hat hervorragende Recherchearbeitgeleistet und präsentiert einen historischen Hintergrund, der interessanternicht sein könnte. Ebenso lässt sie den Leser an einer Vielfalt von Thementeilhaben, die die Menschen damals wie heute umtreibt. So geht es um denSklavenhandel, religiöse Unterschiede, gesellschaftliche Normen, die Stellungder Frau, Kriegshandlungen und Standesunterschiede, aber vor allem um dashöchste Gut – die Freiheit eines Menschen. Alles ist hier auf qualitativ sehrhohem literarischem Niveau in der Handlung verpackt. Der Leser erlebtGeschichte hautnah mit, was nur dem Können der Autorin zu verdanken ist.


    Die Charaktere sind nuanciert ausgearbeitet und punktgenauplatziert. Jeder von ihnen ist einzigartig und sehr individuell, mit Ecken undKanten, eigenem Kopf und vielen Eigenheiten, die die Vielfalt des Menschenausmachen. Deshalb fällt es als Leser auch nicht schwer, sich gefühlsmäßig mitdem einen oder anderen zu verbinden und mitzuleiden, zu hadern oder zu freuen.Alle wirken sehr lebendig und authentisch. Anna ist eine sehr sympathische undtiefgläubige Frau, die von zuhause aus ein einfaches Leben gewöhnt ist undderen Hauptsorge ihren Mitmenschen gilt, denen sie immer wieder eine helfendeHand bietet. Auch wenn Anna oftmals ängstlich wirkt, innerlich ist sie durchihren Glauben gefestigt und lässt sich auf keine Kompromisse ein. Sie bleibtstandhaft, selbst wenn sie einiges an Leid ertragen muss und entwickelt eineStärke und einen Mut, der einem nur Respekt abringt, wenn man die damaligenVerhältnisse mit in Erwägung zieht. Lorenz ist ein energischer Mann, der sichvor keiner Konfrontation scheut. Zu Beginn noch eher standesdenkend, entwickelter sich immer mehr dahingehend, dass er sich für die Schwachen einsetzt und ihnenjedwede Unterstützung zuteilwerden lässt. Auch bei ihm zeigt sich während derHandlung eine Persönlichkeitsentwicklung, die erfreulich zu beobachten ist.Kurt Paul ist ein Widerling, wie man ihn sich schlimmer nicht ausdenken kann.Er lebt vom Leid anderer, betrügt, mordet und ist hinterhältig bis aufs Blut. JohnHuntley ist ein arroganter Großgrundbesitzer, der keinen Respekt vor dem Lebenhat und gerne Menschen quält, um seinen Willen zu bekommen. Dabei bedient ersich unlauterer Methoden, die einfach nur Abscheu hervorrufen. Noah ist einfarbiger Sklave, der sich mit Tieren auskennt und sich durch seine sanfte undhilfsbereite Art Respekt verdient. Er hat das Herz am rechten Fleck und istimmer wieder ein Highlight, wenn er auf der Bildfläche erscheint. Auch dieanderen Protagonisten wie Everet, Father Shean oder Abigail sind eindrucksvolleWesen, die die Geschichte mit ihrer Anwesenheit bereichern und für die eineoder andere Überraschung sorgen.


    Auch die Ausstattung des Buches muss noch erwähnt werden,denn neben zwei Karten wird auch ein ausgedehntes Nachwort und ein Glossarmitgeliefert, die viele zusätzliche nützliche Informationen zur Handlung bieten.


    „Die Küste der Freiheit“ ist ein spannender, ausgezeichnetrecherchierter historischer Roman, der dem Leser eine Geschichtsstunde parexcellence liefert. Man ist regelrecht „live“ dabei und hat ein tolles Kopfkinodazu. Alle, die „Fackeln im Sturm“ liebten, werden hier absolut begeistertsein. Besser kann man einen Roman nicht machen. Absolute Leseempfehlung füreinen tollen Schmöker, den man immer wieder lesen kann!


    Würde liebend gern mehr als :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: vergeben, denn das Buch ist wirklich sagenhaft!!!

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


    "Bleibe Du selbst, die anderen sind schon vergeben!"
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    gelesene Bücher 2020: 432 / 169960 Seiten

  • Eine wunderbare Zeitreise in die oft grausame Welt des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs (1776-1785) - Freiheit, gibt's die wirklich in Amerika?


    Wie wir es von der Autorin gewohnt sind, entführt sie uns in eine Zeit der Kriege, der Ungerechtigkeiten und der Standesunterschiede. Wir begleiten die Mennonitin Anna und den jungen hessischen Leutnant Lorenz von Tannau auf ihren unterschiedlichen Wegen von Deutschland nach Amerika, just zu jener Zeit, als sich die 13 Kolonien sich gegen das Mutterland England auflehnen. Wir schreiben das Jahr 1776.


    Die Story beginnt in Waldeck, Hessen. Anna Hofstetter, eine tiefgläubige Mennonitin lebt mit ihrem Vater bei den Amischen. Mehr gelitten als willkommen nimmt man jedoch ihre medizinischen Kenntnisse in Anspruch. Auf dem Nachhauseweg von einer schwierigen Geburt wird sie vom Deserteur Kurt Paul überfallen. Der Vergewaltigung entgeht sie nur knapp durch das Auftauchen des jungen hessischen Leutnant Lorenz von Tannau.


    Wenig später kreuzen sich die Schicksale der drei wieder. Diesmal ist Lorenz Pauls Opfer und Anna nimmt den schwer verletzten Soldaten, gegen den ausdrücklichen Wunsch der Dorfgemeinschaft, mit nach Hause und pflegt ihn gesund. Während der langen Wochen der Genesung kommen sich Anna und Lorenz näher, dennoch gibt es für die beiden keine Zukunft. Standesunterschied und anderer Glauben lassen eine Verbindung damals nicht zu.

    Die Fürsorge für den Verletzten hat für Anna schwerwiegende Folgen: sie wird aus der Gemeinschaft der Amisch ausgestoßen, weil sie sich mit einem Andersgläubigen abgegeben hat und gegen die „Befehle“ der Dorfgemeinschaft zuwidergehandelt hat.


    Als Lorenz mit seinem Regiment nach Amerika aufbricht, flüchtet Anna, die den selbstherrlichen und despotischen Gideon heiraten soll, damit sie wieder ein respektables Mitglied der Gemeinschaft werde, aus Waldeck in die Kolonien mit der vagen Hoffnung Lorenz wieder zu finden.


    Doch vorerst landet sie als Schuldmagd auf der Plantage der Familie Huntley in Williamsburg. Hier ist sie auf Gedeih und Verderb dem sadistischen John Huntley und seinem Aufseher Anderson ausgeliefert. Doch auch Rose, eine schöne Sklavin, spinnt rund um Anna eine bösartige Intrige, in deren Folge sie als Mörderin gebrandmarkt wird. Am Pranger stehend wird Anna von Lorenz entdeckt und die beiden fliehen gemeinsam.


    Doch nicht nur Anna und Lorenz sind unabhängig voneinander in Amerika angekommen. Auch Kurt Paul, als Deserteur gebrandmarkt, treibt in der Neuen Welt weiter sein Unwesen.

    Annas Traum von der Freiheit erfüllt sich nicht. Als entlaufene Schuldmagd ist sie immer der Gefahr der Entdeckung ausgesetzt. Sie findet Unterschlupf bei Emmet, einem irischen Quäker, der auch nicht ganz das ist, was er scheint.


    Lorenz ist in die Kämpfe der Kolonisten gegen das Mutterland verwickelt. Immer wieder geht es um Leben oder Tod.


    Werden Anna und Lorenz ihre persönliche Freiheit finden?


    Meine Meinung:


    Maria W. Peter versteht es ausgezeichnet die vielen historischen Details in die Handlung zu verweben, ohne dass der Leser merkt, dass er hier Geschichtsunterricht erhält. So mag ich das! Die Handlungsstränge werden akkurat miteinander verknüpft und wieder entknotet. Immer wieder berühren sich die Schicksale der Protagonisten und driften wieder auseinander.


    Manchmal, könnte man ein wenig viel des Zufalls vermuten, doch die Kolonien sind dünn besiedelt und die Bevölkerung trifft sich in den wenigen Städten. Die sind Umschlagplatz von Waren aller Art, Sklavenhandel inklusive. Daher ist das Aufeinandertreffen von Anna, Lorenz, Kurt Paul und den vielen anderen interessanten Figuren des Romans durchaus glaubwürdig.

    In den Wirren des (Unabhängigkeits)Krieges gehen Moral und Menschlichkeit gleich einmal verloren. Auch Anna, die streng Gläubige, fühlt sich das eine oder andere Mal von Gott in Stich gelassen. Dennoch hilft ihr der Glaube, über viele Widerwärtigkeiten hinweg.


    Schön und authentisch sind auch die Nebenfiguren dargestellt. Da ist zum einen Emmet, der große Schuld auf sich geladen hat, oder der irische (katholische) Priester Father Sean, der auch eine schmerzvolle Vergangenheit hinter sich gelassen hat. Auch John Huntley ist in seiner Widerwärtigkeit deutlich präsent.


    Fazit:


    Wer gerne historische Romane liest, die penibel recherchiert sind, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

    "Ein Tag ohne Buch ist ein verlorener Tag"


    "Nur ein Lesender kann auch ein Schreibender sein oder werden" (Maria Lassnig/1919-2014)