Joseph Roth - Die Geschichte von der 1002. Nacht

  • Autor: Joseph Roth
    Titel: Die Geschichte von der 1002. Nacht
    Seiten: 223 Seiten
    Verlag: Kiepenheuer&Witsch
    ISBN: 9783462034905


    Der Autor: (Klappentext)
    Joseph Roth, 1894 in Galizien geboren, studierte Literaturwissenschaften in Wien und Lemberg. Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Ab 1918 Journalist in Wien, dann Berlin, 1923-1932 Korrespondent der Frankfurter Zeitung. 1933 in Migration nach Frankreich. Er starb 1939 im Alter von nur 45 Jahren in Paris.
    In seinen beiden wohl bekanntesten Werken "Radetzkymarsch" und "Kapuzinergruft" schildert Roth den Untergang der österreichischen k.u.k. Monarchie als Sinnbild für eine verloren gegangene Heimat.


    Inhalt: (Klappentext, gekürzt)
    Die Geschichte von der 1002. Nacht ist Joseph Roths letzter Roman und erschien 1939 bei De Gemenschap, seinem holländischen Exil-Verlag. Nichts von den letzten schweren Emigrationsjahren verrät dieser Roman, der Roth auf der Höhe seines Könnens zeigt. Das Wien des 19. Jahrhunderts mit seinem Glanz und seiner Melancholie bildet den Hintergrund für die Geschichte der kleinen mit Mizzi Schinagl, der Tochter eines Ofensetzers, die den Rittmeister Taittinger liebt. Als der Schah von Persien zu einem Staatsbesuch nach Wien kommt, wird sie dessen Geliebte für eine Nacht. Ihr Lohn, ein wertvolles Perlenhalsband, wird ihr und Taittinger zum Verhängnis.


    Meine Meinung:

    Nahezu märchenhaft, so wie es der Titel suggeriert, beginnt die Erzählung mit einer Rahmenhandlung um den Schah-in-Schah von Persien. Bereits seine Anreise wird sehr amüsant und ironisch erzählt, und das Aufeinandertreffen des Orientalischen mit der Glanzzeit der blühenden k.u.k-Monarchie ist wirklich lesenswert. In diesem Umfeld entwickelt sich die mehrere Jahre umspannende Geschichte um Mizzi Schinagl, dem Baron Taittinger und ein paar interessanten Figuren mehr, die Roth allesamt sehr gut dargestellt hat, die mir allerdings durchgehend unsympathisch blieben: Egoistische, aufschneiderische, geizige Figuren, die man am liebsten packen und durchschütteln möchte, damit sie endlich eigenständig und anständig handeln - da rege ich mich beim Lesen mehr auf, als dass ich mich in sie hineinversetzen könnte und am weiteren Verlauf interessiert bin.
    Roths Schreibstil ist wie immer grandios, die Ironie (insbesondere zu Beginn des Buches) ist sehr unterhaltsam, und auch der melancholische Unterton gegen Ende des Buches hat mir sehr gefallen, aber mein Desinteresse über die weitere Entwicklung der Hauptfiguren führte wohl dazu, dass mich die Erzählung zwar gut unterhalten, aber wenig berührt hat. Für Joseph-Roth-Fans sicherlich empfehlenswert, aber sicher nicht sein bestes Werk.


    Zu der Geschichte gab es übrigens hier eine tolle MLR, in der die Teilnehmer sehr ausführlich ihre Eindrücke geschildert haben.

  • Roth kann mit der Sprache umgehen, aberwitzige Szenen aufbauen und eine Handlung konsequent weiterführen. Er versteht es, den historischen Hintergrund anschaulich und lebendig darzustellen, und er spürt die Ironie hinter einer Szene, in einem Gespräch oder in den Eigenarten einer seiner Figuren genau auf und bringt die Pointen auf den Punkt.


    Dass ich das Buch zwar interessiert und amüsiert, aber ohne innere Beteiligung gelesen habe, liegt sicher an den Personen, von denen mir keine nahe kam. Sie blieben Fremde, auch wenn sie konkret und plastisch charakterisiert waren.
    Und es lag am historischen Kontext: Der Zeit des k. und k. kann ich nichts abgewinnen; ich finde ihre gesellschaftlichen Umgangsformen verlogen, ihre Begeisterung fürs Militär unverständlich und das Miteinander der Menschen oberflächlich. (Ich gebe zu: Es gibt auch heute noch Orte, wo es nicht besser ist. :roll: )


    Trotzdem: Die MLR hat Spaß gemacht, und ich habe täglich gespannt auf die Beiträge der anderen gewartet.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)