VII
Taittinger ist tatsächlich so, wie ich ihn schon in IV beschrieben habe: Ein Aufschneider, einer, der ein Ziel anvisiert und schnurstracks darauf zuläuft. Auch wenn er dafür am Ende fast 100 nutzlose Pfeifen besitzt.
Bei Frauen scheint er es einfach zu haben, erst Gräfin W., dann Mizzi. Im Hintergrund hört man, ohne dass Roth es explizit schildern muss, das Gesäusel, mit dem Taittinger die Frauen betört und für sich einnimmt, dabei uninteressiert an dem, was das Mädchen zu erzählen hat.
VIII
Die Idee ist nicht schlecht: Anstelle Alimente zu bezahlen kauft der Mann der Frau, die er geschwängert hat, ein kleines Geschäft. Sie kann sich und das Kind in Zukunft selbst versorgen. (Ist doch besser als jeden Monat zu bangen, ob das Geld, das einem zusteht, auch wirklich ankommt. )
Aber: Man trifft sich immer zweimal im Leben. Taittinger und Mizzi auch. „Der Baron hatte ein kleines Herz, aber es war ebenso schnell gerührt, wie vergesslich.“ Mit ein paar Worten weiß man über Taittinger Bescheid: Seine einzigen Emotionen sind sentimentale Gefühlchen, die kurzlebig sind und sich nur um sich selbst drehen.
Jetzt, wo Mizzi käuflich ist, gefällt es Taittinger mit ihr. Er macht ein Geschäft und ist damit aus dem Schneider, braucht sich selbst als Person nicht einzubringen und wird keine Scherereien mit ihr haben.
IX
Nur eine Kleinigkeit: Taittinger hält „penibel“ für eine Steigerung von „peinlich“, und folgerichtig verwendet Roth im weiteren Verlauf des Kapitel das Wort „penibel“, wenn „peinlich“ angebracht wäre. So dass Taittinger in seiner Bedrängnis in immer peniblere Situationen gerät und sich durch das Wort allein schon blamiert.
Der Schah geht durch den Ballsaal, die Leute bilden eine Gasse. Wem kommen an dieser Stelle nicht die Bilder vom Wiener Opernball in den Sinn?
Graf W., auch dessen Charakterisierung gefällt. Ein Mann ohne Eigenschaften, weil ohne Laster, der von der Eifersucht lebt.
X
Es geht rund. Man schafft die Gräfin weg und Mizzi herbei, plündert die Requisiten des Burgtheaters, baut ein Bordell im Handumdrehen so um, dass es dem Schah als Palast erscheint, gibt hier Befehle, sorgt dort für Stillschweigen. Mittendrin dirigiert Taittinger das Chaos.
Das Abendland offenbart dem Schah seinen Umgang mit Frauen – monogam zwar, aber man verleiht seinen Besitz – und er fühlt sich im Himmel.
Ein Österreicher, der nach Persien käme, würde dort auch nicht die Realität hinter Gold und Glanz sehen (wollen), denn das Exotische erfrischt und erfüllt (vgl. Urlaubsreisen), und man meint, woanders lebten die Menschen besser, weil ursprünglicher. Wie schnell ist man begeistert, nur weil Umgebung, Häuser, Menschen anders sind als zuhause und verkennt, was wirklich dahinter steckt. Manche (Natur, Häuser, Menschen) machen sich wirklich nur fein, um denen von außerhalb zu gefallen.
XI
Der post-koitale Kater des Schahs. Die Offenbarung bleibt aus, und Mizzi war anscheinend nicht anders als seine eigenen 365 Frauen.
Auch hier wieder die Widersinnigkeit: Der Schah glaubte, an eine echte Gräfin geraten zu sein, der Eunuch, der eigentlich vom Geschlechtsleben nichts zu verstehen hat, erkennt sofort das Bordell. Und bezahlt natürlich auch die Wirtin. Der Eunuch weiß, was sich gehört, und wenn im ersten Kapitel behauptet wurde, dass er die Welt kennt, obwohl er den Palast nie verlassen hat, beweist er es hier.
XII
Der Schah scheint raus aus der Geschichte, aber mit den Folgen seines Besuches haben alle zu kämpfen. Allen geht es schlecht. Dem Taittinger, weil er aus unerfindlichen Gründen von den speziellen Aufgaben entbunden und zu seinem Regiment zurück beordert wird, der Mizzi, weil sie von dem unerwarteten Geldsegen in Verwirrung gestürzt wird. Taittinger beginnt, mehr und mehr zu trinken, verhält sich also wie der Autor, der selbst, nicht lange nachdem er diese Geschichte geschrieben hat, an den Folgen seiner Sucht stirbt.
Mizzi jedoch, der die Welt offen steht, weiß nichts mit ihren neuen Chancen anzufangen, auch wenn sie es zunächst genießt, dass Leute wie z.B. ihr Vater, die sich nach der Geburt des unehelichen Sohnes abgewandt hatten, sie mit offenen Armen empfangen. Geld ist ein wichtiges Argument für Liebe.
Was macht das dumme Mädchen? Will wieder zu Taittinger zurück. Sie soll froh sein, dass er nicht auf ihre Briefe antwortet und ihre Annäherung damit zurückweist.