Joseph Roth - Die Geschichte von der 1002. Nacht (ab 21. Sep)

  • Hiermit möchte ich den Thread für unsere Mini-Leserunde erstellen. Nächsten Montag geht es los, mit dabei sind:
    @Farast
    @Marie
    @CKStreet
    (und ich natürlich) :bounce:
    Meine Ausgabe hat 34 Kapitel unterschiedlichster Länge auf 223 Seiten. Wie wollen wir uns einteilen ?
    Mein Vorschlag:
    Tag 1 - Kapitel 1-6 (bis Seite 32 in meiner Ausgabe)
    Tag 2 - Kapitel 7-12 (bis S. 62)
    Tag 3 - Kapitel 13 - 16 (bis S. 96)
    Tag 4 - Kapitel 17 - 19 (bis S. 128)
    Tag 5 - Kapitel 20 - 24 (bis S. 160)
    Tag 6 - Kapitel 25 - 27 (bis S. 189)
    Tag 7 - Kapitel 28 - 34 (bis zum Ende)


    Das wären ca 30 Seiten pro Tag; wenn Euch das zuwenig ist, dann können wir auch gerne auf 50 erhöhen, dann wären wir am Freitag schon wieder durch :D

  • Geplant habe ich das Buch als eBook zu lesen. Allerdings haben wir so ein Zwischending zwischen eBook Reader und Tablet. Nüja, anderes Thema. Bei mir fehlen die Seitenangaben (dafür kann ich sagen wieviel Prozent vom Buch ich gelesen habe und meine Lesegeschwindigkeit wird auch noch ermittelt :lol: ) und wie ich sehe, steht da bei mir auch nichts von Tag 1 usw., aber die Kapitel sind wenigstens angegeben. Kostenlose Ausgabe halt :wink: Da kann ich mich ja dran orientieren. Ob ich 30 Seiten am Tag packen könnte, weiß ich nicht, da versagt immer so meine Wahrsagerkugel. Zumal ich es bei dieser eBook-Ausgabe nicht abschätzen kann. Ich sage mal ja unter Vorbehalt. Zum Schluss können wir dann doch noch auf 50 Seiten erhöhen. Keine Ahnung, sehen wir ja dann, wenn wir anfangen. :)

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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  • Irgendwie dachte ich, Du hättest die Joseph Roth-Werksausgabe in Deinem Regal stehen, @Farast :scratch: Egal, auf dem Reader steht sicherlich der gleiche Text, und die Angabe "Tag 1" etc war von mir... War eher, damit ich weiss, wieviele Tage wir lesen und was am wievielten... In meinem Bich stehen auch nur Kapitelangaben in römischen Ziffern. Wenn es zu schnell sein sollte, könnten wir ja auch einen Tag pausieren. Aber bei Euch drei Teilnehmern dachte ich, sei ich ohnehin der langsamste Leser :wink:

  • Tag 1 - Kapitel 1-6 (bis Seite 25 in meiner Ausgabe)
    Tag 2 - Kapitel 7-12 (bis S. 48)
    Tag 3 - Kapitel 13 - 16 (bis S. 74)
    Tag 4 - Kapitel 17 - 19 (bis S. 98)
    Tag 5 - Kapitel 20 - 24 (bis S. 122)
    Tag 6 - Kapitel 25 - 27 (bis S. 145)
    Tag 7 - Kapitel 28 - 34 (bis zum Ende)


    So sieht die Einteilung in meiner Ausgabe aus. Ich habe bei Amazon meine ISBN eingegeben, aber dieses Cover ist es dennoch nicht.

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  • Irgendwie dachte ich, Du hättest die Joseph Roth-Werksausgabe in Deinem Regal stehen

    Nicht ganz, es ist eine Ausgabe von Zweitausendeins mit Romanen und Erzählungen (absolute Winzschrift :wuetend: ) und ausgerechnet dieses Buch fehlt in der "Sammlung". Eine Werksausgabe hätte ich gerne in meinem Regal stehen.



    Angabe "Tag 1" etc war von mir... War eher, damit ich weiss, wieviele Tage wir lesen und was am wievielten...

    :pale: Darauf hätte ich auch draufkommen können.....

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  • Und los geht's!
    Gelangweilt von seinem Harem, und auf Anraten seines Obereunuchen, begibt sich der Schah-in-Schah im Frühling des Jahres 18xx auf die Reise nach Wien. Er soll sich in diesem exotischen Land von der schwermütigen Sehnsucht kurieren, von der Männer durch das Gesetz der Abwechslung unterworfen sind. Tatsächlich aber gäbe es so etwas wie Abwechslung gar nicht, und diese Erkenntnis sei dann sozusagen die Heilung...
    Die Lustreise beginnt mit kurzweiligen Geschichtchen: auf der Schiffsreise entwickelt sich ein Wölkchen zu einem Sturm, den so einige in der Entourage herbeigesehnt haben, Koffer kommen verspätet an, eine Militärparade findet statt, ein Schauspiel in der Spanischen Hofreitschule, etc.
    Alles in Allem sehr unterhaltsam und flott erzählt, lässt Roth hier wieder mal die Höhepunkte der kuk-Zeit auferstehen - aber mit einer gewissen Ironie, denn auch bei Rückschlägen muss der Schein gewahrt werden: Trotz Verspätung verkündet Rittmeister Taittinger stolz "Wie pünktlich! Unsere Eisenbahn ist doch die pünktlichste der Welt!", und auch bei stärkstem Regen wird die Militärparade durchgezogen - auch wenn der Schah gebückt unter den nassen Schlägen des Regens entflieht (weitere verlassen aufrecht wie bei strahlendem Sonnenschein das Zelt). Und auch die Angst der Angestellten vor den Herrschern habe ich ähnlich schon bei anderen Werken von Roth gelesen. Hier traut sich niemand den Kaiser zu fragen, ob der Schah einen Schimmel kaufen darf (schliesslich verschenkt der Kaiser nur!), und dem Schah traut man nicht mitzuteilen, dass noch eine Antwort des persischen Botschafters aus Wien aussteht.

  • Hallo zusammen,


    ich nutze mal die Gelegenheit meine ersten Eindrücke schon heute schreiben zu können. Gelingt mir allerdings nur, weil es hier gerade ziemlich ruhig ist, was sich aber jederzeit schlagartig ändern könnte. In der Regel dürfte es dann immer am Tag danach sein, wo ich in Ruhe dann morgens kommentieren kann und abends lese ich dann die 6 Kapitelchen oder was wir auch immer noch vereinbaren sollten. Das lesen auf dem Reader klappt zwar gut, Notizen kann ich mir am Gerät machen, aber ständig schaltet sich der Reader automatisch in den Ruhemodus ab, wenn ich die Notizen durchgehen möchte. Das ist etwas .... ähm, nennen wir es mal nervig.


    Das ist ja ein ganz anderer Tonfall, den Roth da anschlägt. Sehr amüsant mit einem ironischen Touch, dass gefällt mir schon mal gut. Ein Zitat am Anfang ist mir -unter anderen- besonders aufgefallen:
    Was aber nutzt dem Menschen ein gesunder Leib mit gesunden Organen, wenn seine Seele Sehnsucht hat?
    Die Antwort denkt man sich automatisch, nämlich nichts. Schmunzeln musste ich als der Obereunuch Patominos ein exotisches Land vorschlug: Wien. Nun denn, die Reise ging hin. Und wie es Nungesser ja schon schrieb, auffällig sind die Ängste, die die Untergebenen vor ihren Herrschern haben.


    Beim Ball fällt das wohlmeinende (oder soll ich schreiben lüsterne? :loool: ) Auge des Schahs auf eine junge Frau, Gräfin W. Und wie man erfährt war sie mal die Geliebte des Rittmeisters Baron Taittingers.


    Das wären jetzt so meine ergänzenden Eindrücke. Was mir allerdings wieder mal auffällt. Egal wie langweilig sich eine Inhaltsangabe über eine Geschichte von Roth anhört, sobald ich mit dem Buch/Geschichte anfange, entfaltet sich ein richtiger Lesesog.

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  • Nachdem mich @Marie im Thread "An welchem Ort..." schon versehentlich als Teilnehmer der MLR wähnte, melde ich mich offiziell an. Ich habe mir das kostenlose Ebook auf den Kindle runtergeladen.
    Von Joseph Roth selbst habe ich noch nichts gelesen, habe aber auf jeden Fall den "Radetzkymarsch" und die "Kapuzinergruft" auf meiner Klassikerleseliste. Was ich aber so angelesen habe, gefiel mir sehr gut, dieser ironische Tonfall, und ich musste doch schmunzeln, als der Obereunuch Wien als Reiseziel vorschlug: "Mohammedaner waren dort schon vor vielen Jahren gewesen." :totlach:

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

    Madeline Martin, Der Buchladen von Primrose Hall

  • Das heutige Tagespensum habe ich noch nicht ganz durch. Ich musste ein paar Stunden mehr arbeiten als normalerweise an Montagen und habe mich beim Googeln vom Stöckchen aufs Hölzchen verirrt.


    I.
    Es hat mich nämlich der Begriff "Schah-in-Schah" verwirrt. Bisher kannte ich nur einen Schah ohne was dahinter. Aber bei Wikipedia ist der Begriff zu finden. (Dann habe ich mich verlaufen; andererseits weiß ich jetzt, wieso der Schahbesuch 1967 oft als Geburtsstunde der RAF bezeichnet wird. Und wie es zur heutigen politischen Situation im Iran kam ...)
    Das Buch beginnt wie ein orientalisches Märchen: Der großmächtige Schah, dem es an nichts fehlt, und der dennoch unzufrieden ist. Wer nicht fehlen darf: Der Eunuch, der "die Welt kannte, obwohl er den Hof nie verlassen hat", also der Weise, der hinter die Dinge blickt und weiß, wem was wo fehlt - vielleicht, weil ihm etwas ganz Wichtiges fehlt? :|
    Das typische Gespräch zwischen Herrscher und Diener: Man tut (auf beiden Seiten) so, als wäre der Herrscher der Klügere der beiden, und der Diener stellt sein Licht unter den Scheffel, und beide wissen, dass eigentlich die Rollen vertauscht sind, doch keiner kann / darf es gestehen.
    Wunderbar ironisch geschrieben.


    II
    Wieder ein Wunder und damit wieder im Bereich des Märchens: Dass das, was der Kapitän "vorausgelogen" hatte (tolle Wortschöpfung!), das Aufziehen des Sturms, tatsächlich eintrifft. Wieder erweist sich der absolute Herrscher, der Schah, als ziemlich dumm. Meint, jedermann müsse sich freuen, wenn er erscheint. Und dann auch noch die Wiener, denen das zweimalige türkische Trauma von 1529 und von 1683 immer noch nachhängt.
    Der Sturm erstirbt, der Schah schläft, die Sonne leuchtet, der Kapitän leuchtet, der Großvizir leuchtet. :applause:

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  • Schön, dass Du dabei bist @Castor! Wäre ja toll, wenn dieses Buch Dir so gut gefällt, dass es Dein Einstieg in Roths Gesamtwerk wird - da gibt es echt sehr gute Klassiker.

    habe mich beim Googeln vom Stöckchen aufs Hölzchen verirrt

    Ja, das kenne ich sehr gut. Da liest man mehr im Internet und recherchiert alles Mögliche, und kommt kaum dazu, das eigentliche Buch zu lesen. Aber vielen Dank für die Links, jetzt habe ich mich auch noch etwas über die Wiener Türkenbelagerungen schlau gemacht!

  • Es hat mich nämlich der Begriff "Schah-in-Schah" verwirrt.


    jetzt habe ich mich auch noch etwas über die Wiener Türkenbelagerungen schlau gemacht!

    Ihr seid so lieb, ich glaub ich hols auch wieder mal heraus, obwohl ich es schon mindestens dreimal gelesen habe. Ja und die Mohamedaner in Österreich, in der k. u. k. Armee gab es eigene Küchen und Gebetsräume für Moslems. Immerhin gab es in einigen Landesteilen (z.B. Bosnien) viele Mohamedaner. :lol:

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • Okay, mein völlig unqualifizierter Kommentar, weil ich aus unerklärlichen Gründen totmüde bin: ich mag den Stil. Der ist einfach herrlich trocken bis leicht entrückt-ironisch. :thumleft: Sehr schön fand ich auch den Abschnitt über den Orient-Experten :totlach: Oder die Beschreibung des Lebens bei Hofe (hüben wie drüben) an sich.
    Beim Lesen sind mir noch einige Passagen aufgefallen, die sich zu zitieren lohnten, aber wie gesagt: Hirn ist aus für heute. :sleep:

  • Wie schön, es wird richtig voll hier. :cheers: Willkommen, @Mara und @Castor (dann hat mein Ausrutscher doch was Gutes :D )


    III
    Dass der Schah aus Persien kommt und nicht aus der Türkei, interessiert den Kaiser wenig: Es sind alles Mohammedaner (na, wie bekannt klingt das denn heute?), und mit Mohammedanern hat man die schlimmsten Erfahrungen gemacht. Auch wenns 200 Jahre her ist.
    Aber im Augenblick sind die Preußen für Österreich schrecklicher. Preußen, das sind wir alle (sogar die Bayern, obwohl die ja katholisch sind :) ), die Janitscharen Luthers. Eine köstliche Kombination von türkischem und protestantischem Schrecken. Der Kaiser ist apostolisch, rechtgläubig also, katholisch also.
    Dass die österreichische Nationalhymne - damals - mit „Gott erhalte“ beginnt, lässt die Mohammedaner erstarren – Höhepunkt eines vor Ironie triefenden Kapitels.
    Geplagt sind vor allem die armen Tiere! Der Maulesel revoltiert gegen die persische Nationalhymne und die Pferde der berittenen Polizei gegen den Jubel der Bevölkerung.


    IV
    Bis hierhin war alles Vorgeplänkel. Jetzt erscheint die Hauptfigur, Baron von Traittinger, abkommandiert zu Präsentationszwecken. Irgendeiner muss ja im Hintergrund die Strippen ziehen und sich um das Chaos kümmern, das der Besuch des Schahs mit sich bringt. Die österreichische Eisenbahn ist pünktlich, so Traittingers Versuch, die Ehre seines Landes zu retten. Dumm nur, dass Triest damals noch nicht zu Italien gehörte, sondern zu Österreich.
    Traittinger offenbart sich bereits in den ersten Absätzen als einer, der sich aufs Schauspielern und Schau machen versteht. Der versucht, Eindruck zu schinden, indem er überlaut redet, sich überlegen gibt und als derjenige auftritt, der etwas zu sagen hat.


    V
    Man versucht, den hohen Herrn zu beeindrucken, aber zunächst geht vieles schief. Das Wetter spielt nicht mit, es regnet wie aus Eimern. Und so gern man in Österreich die Soldaten in ihren Uniformen anschaut und sie in großen Paraden zu Ehren des Gastes auflaufen lässt, so wenig interessiert den Schah das Schauspiel. Das liest man doch gern, wenn selbst die Schickeria-Staatsführung sich so richtig blamiert. Denn das andere Extrem am Tag später – die Überhitzung der Loge während der Lipizaner-Darbietung – ist auch nicht gerade ruhmreich. Und wie peinlich, dass die angeblich persische Uniform, in die man den Reiter gesteckt hat, dem Schah nur von Porträts seiner Ahnen bekannt ist.
    So geht auch im Großen zu, was schon im Familien- / Freundeskreis von manchen Leuten gern betrieben wird: Wenn der italienische Freund zu Besuch kommt, muss es Pasta oder Pizza und Chianti geben statt Bratwurst und Bier. Leider hat der Italiener zuhause genug Pasta, Pizza und Chianti und würde lieber Bratwurst essen. Dumm gelaufen.
    Dennoch, in diesem Kapitel beweist Roth seine literarische Kunst: Mit der Schilderung einer Reitvorführung die Musik, die sie begleitet, in Worten hörbar zu machen.


    VI
    Der Ball. Der Männerblick auf dekolletierte Frauen! Es ist immer das am Aufregendsten, was man nicht zuhause bekommt, hier also die nicht verhüllten Gesichter der Frauen und all das, was die Kleider nicht verbergen.
    Nein, das kann der Schah nicht verstehen: Auf einen Mann kommt nur eine Frau.
    Ein weniger begabter Schriftsteller hätte die Frauen beschrieben, ihre Haar- und Augenfarben, ihre Kleider und ihr Schmuck, ihre Bewegungen. Indem Roth nichts anderes macht als die Gedanken und Gelüste des Schahs zu den Frauen zu spiegeln, bettet er Beschreibungen in den Rahmen der Handlung und macht sie dadurch lebendig.
    Ins Auge des Schahs und damit in den Blick des Lesers gerät Gräfin W. – Besonders gefiel mir die Schilderung ihres Vaters. – Bei ihr hatte Traittinger sein Glück versucht, und er gefiel ihr auch, aber irgendwie kamen beide nicht zusammen. Und Traittinger wandte sich Mizzi Schinagl zu. Womit die Protagonistin - zumindest ihr Name – die Bühne betritt.

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  • Hach, wie schön wir werden immer mehr :dance: Ich freue mich darüber, dass ihr mitliest @Castor und @Mara :winken:


    Kapitel 7
    Baron Taittinger geht in ein Geschäft, wird um viele Tonpfeifen und einer neuen Liebschaft reicher, die verblüffend ähnlich der Gräfin W. ist. :lol: Was mir an dem Buch immer wieder so gut gefällt ist dieser amüsant/ironische Tonfall. Ich könnte seitenweise zitieren!


    Kapitel 8
    Es kam wie es kommen musste, Mizzi wurde schwanger und damit fad. Da ist es schnell mit der Liebe vorbei und man(n) macht alles um sich aus dem Staub zu machen. Immerhin, er sorgt noch dafür, dass Mizzi eine Pfaidlerei bekommt. Ein Ratschlag seines Notars, der das wohl öfter empfiehlt :shock: . Heftig, nicht wahr? Das lässt tiefblicken. Mizzi versucht zwar noch den Baron -schwer verliebt wie sie ist- zu erreichen, aber er öffnet keinen ihrer Briefe und lässt sich verleugnen. Eigentlich wäre sie ja gut beraten gewesen es jetzt gut sein zu lassen. Immerhin möchte sie der Friseur noch heiraten und die Pfaidlerei schien ja auch noch gut zu gehen. Aber was macht sie? Sie geht in ein Bordell #-o:-# Und mit einer Naivität dazu (war aber trotzdem amüsant zu lesen). Nach einem Blick auf Frau Matzners Liste, ahnt man schon, auf wen sie hofft.
    Übrigens die Beschreibung des rosas Salon war ja einfach phantastisch. Da spürte man regelrecht das "puffige". Das hatte Roth -im Gegensatz zu meiner direkten Wortwahl- wunderbar beschrieben.


    Und da trifft sie eines Tages auf das Objekt ihrer Hoffnung, Taittinger. Der im übrigen nicht erstaunt war, sondern höchstens überlegte wie er damals Mizzi abgefunden hatte. Den Satz hier habe ich noch markiert: Es schien ihm einfach unschicklich, eine Frau zu kaufen, die man umsonst gehabt hatte, sozusagen umsonst, abgesehen von der Pfaidlerei. Wenn ich jetzt böse wäre würde ich schreiben, selbst dran schuld.


    Kapitel 9
    Der Schah entscheidet sich für eine Frau und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Während ihm nichts unmöglich erscheint, wissen es seine Angestellten besser. Man eröffnet eine "Konferenz" bei der das Hauptthema war "darf man die Gesetzte des Anstands oder die Gesetze der Gastfreundschaft verletzen?". :totlach: Und wieder traut sich niemand seine Meinung zu sagen. Da konnte nur noch einer helfen, Taittinger. Der zu dem Zeitraum, ähm, anderweitig "beschäftigt" war. Und natürlich in dem Fall die Lösung wusste, Mizzi Schinagl. Was einiges an Gewissensnöten auch ihm abverlangte. Die darüber informierten Herren "verstanden im Nu, um was es sich handelte". Und eine Delegation von nicht weniger als achtzehn Herren in Zylinder und Frack machten sich auf den Weg.


    Kurz noch mag ich auf den Ehemann der Gräfin W. eingehen. Ein Mann, der eigentlich gar nichts mochte, als eifersüchtig auf seine hübsche Frau zu sein. Auch einer dieser doch seltsamen Gestalten, die sich im Buch tummeln.


    Kapitel 10
    Mizzi wird gefunden und entsprechend vorsichtig instruiert, was sie da erwarten wird. Eine hübsche Ballrobe mit entsprechenden Acessoires wird beschafft. An alles wird gedacht, Dank Sedlacek. Der persische Majestät wird in das Haus der Frau Matzner gebracht. Allein schon bei der Vorstellung muss ich schmunzeln. Herrliche Gedanken, die der Schah dann so über westliche Frauen hat. Die Nacht war wohl schön, aber wie immer wenn Herzenswünsche erfüllt werden, kommt der Katzenjammer.


    Kapitel11
    Der Katzenjammer war groß, sozusagen die Enttäuschung seines Lebens. Alles erschien ihm nur wie ein Blendwerk. Wenn er wüsste, wieviel Blendwerk dabei war :lol: Und der Schah will wieder nach Hause. Wie so ein kleiner enttäuschter Junge 8) Aber er macht der "Dame dieser Nacht" durch den Eunuchen ein großzügiges Geschenk. Und im Gegensatz zu seinem Herrn, wurde dem Eunuchen recht schnell klar, wen er da vor sich hatte. Mizzi wird reichlich entlohnt.


    Kapitel 12
    Ein Unglücklicher gibt es, Baron Taittinger. Er wurde schnellstmöglichst wieder zurück in seine Garnison beordert. Ihm wird klar, was für eine Rolle er spielen musste und unterliegt der Trunksucht. Und das schlimmste für ihn, er wird fad.
    Dagegen ging es ja Mizzi erst mal blendend. Ich nehme an, dass sie im Vergleich einen sechser im Lotto bekommen hatte. Und vermutlich auch so damit umgeht, wie es die meisten frischgebackenen Millionäre tun, sie verjubeln. Auf die klugen Ratschläge der Frau Matzner hört sie nicht. Ihr Ziel ist es wieder an Baron Taittinger zu kommen, in der Hoffnung, dass er sich auch vom Gold blenden, verführen und zu ihr zurückkehren wird. Nur war die Vorstellung und die Wirklichkeit auch da eine andere :wink:
    Und so geht es Mizzi Schinagl wie dem Schah selbst, alle Welt war zufrieden, außer sie selbst.

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  • Dennoch, in diesem Kapitel beweist Roth seine literarische Kunst: Mit der Schilderung einer Reitvorführung die Musik, die sie begleitet, in Worten hörbar zu machen.

    Da ist er unschlagbar!

    Ein weniger begabter Schriftsteller hätte die Frauen beschrieben, ihre Haar- und Augenfarben, ihre Kleider und ihr Schmuck, ihre Bewegungen. Indem Roth nichts anderes macht als die Gedanken und Gelüste des Schahs zu den Frauen zu spiegeln, bettet er Beschreibungen in den Rahmen der Handlung und macht sie dadurch lebendig.

    Das hast du schön ausgedrückt und damit das besondere an der Schreibweise Roths unterstrichen. Ich glaube deshalb gefallen mir auch Bücher von ihm, die mich inhaltlich erst mal nicht ansprechen, so gut. Er ist ein unglaublich begabter Schriftsteller.

    Besonders gefiel mir die Schilderung ihres Vaters.

    Mir auch!

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  • So, dann werde ich mal die ersten 6 Kapitel kommentieren - heute nachmittag dann die nächsten Kapitel lesen und kommentieren, und dann bin ich auf dem Laufenden :wink: .


    Da scheint mir bis jetzt wirklich was entgangen zu sein mit Joseph Roth, diese Schreibweise liegt mir: das Ironische und Sarkastische, die versteckte Kritik an den herrschenden Verhältnissen.


    Was mir im 3. Kapitel gefallen hat, war die Reaktion von Kaiser und Schah auf die wechselseitigen Hymnen:
    Einerseits: "Die Hymne gefiel dem Kaiser durchaus nicht. Mit deutlichem Respekt hörte er sie an - mit ostentativem Respekt..."
    Andererseits: "Der Kapellmeister kommandierte das 'Gott erhalte'. Die Perser erstarrten.".


    Im 4. Kapitel, Auftritt des Rittmeisters Baron Taittinger. Allein die Schilderung seiner "Leidenschaft zu Frau Kronbach", das kommt so richtig "gefühlvoll", nicht wahr? So weit scheint der k.u.k. Rittmeister von den Preußen da nicht entfernt zu sein.


    Rittmeister Taittinger unterteilt die Menschheit in drei Kategorien: An der Spitze stehen die Charmanten, dann die Gleichgültigen und danach die Langweiligen. Der Adjutant des Hofzeremonienmeisters, Kirilida Pajidzani, wird von Taittinger zu einem charmanten Menschen ernannt, und Joseph Roth nennt Kirilida im ersten Absatz des 5. Kapitels innerhalb von zwei Sätzen zweimal den "charmanten Kirilida" :applause: .


    Was mir sehr gut gefallen hat, war die Schilderung des "Orientalisten" - tja, so ist das nun mal, ob man Sachen "nur aus Büchern" lernt oder dadurch, dass man sich mit den betroffenen Menschen unterhält :mrgreen: .


    Die Militärparade fällt sprichwörtlich ins Wasser, der begehrte Schimmel kann nicht erworben werden, aber alles wird von beiden Seiten mit größtmöglicher Würde über die Bühne gebracht. Und dann findet der Ball statt, und das Auge des Schahs fällt auf die Gräfin W., die - wie der Zufall bzw. der Autor es will - die "Verflossene" von Rittmeister Taittinger ist. Und jetzt wird es wohl interessant :mrgreen: .

    Lesen ist wie Reisen, ohne dass man dabei einen Zug oder ein Schiff besteigen müsste. Es eröffnet neue, unbekannte Welten. Es bedeutet, ein Leben zu führen, in das man nicht hineingeboren wurde, und alles mit den Augen eines anderen zu sehen. Es bedeutet, zu lernen, ohne mit den Konsequenzen der eigenen Fehler leben zu müssen.

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  • Ein Ratschlag seines Notars, der das wohl öfter empfiehlt

    Ja, ich frage mich ob das früher tatsächlich häufiger vorkam und eine Pfaidlerei der bevorzugte Lösungsansatz war. Bei Wikipedia wird ja unter diesem Schlagwort auf diesen Roman verwiesen und es werden diverse Wiener Textilgeschäfte aufgezählt, die es heute noch gibt, und die als Pfaidlereien begonnen hatten (aber sicherlich sind nicht alle infolge solch pikanter Abenteuer entstanden). Pfaidlerei ist übrigens ein Wort, das ich vorher noch nie gehört habe - schön, wenn man durchs Lesen seinen Wortschatz etwas bereichern kann.

    Ich glaube deshalb gefallen mir auch Bücher von ihm, die mich inhaltlich erst mal nicht ansprechen, so gut.

    Das geht mir genauso. Vom Klappentext her hätte mich dieses Buch gar nicht interessiert. Auch der "Radetzkymarsch" lag jahrelang auf meinem SUB, bis ich mich durch Deine Kommentare doch aufgerafft habe, es zu lesen. Aber dank Joseph Roths Schreibstil würde ich mittlerweile wohl alles von ihm lesen. Die Geschichte gefällt mir bisher ganz gut, ist witzig geschrieben und kritisiert mit ihrem ironischen Unterton die damaligen Verhältnisse.

  • Kapitel VII - XII

    Noch am Ende des VI. Kapitel haben wir - dem Namen nach - Mizzi Schinagl kennengelernt, und in Kapitel VII betritt sie die Bühne auch in persona. Baron Taittinger, gerade erst (seiner Meinung nach) von dem eigentlichen Objekt seiner Begierde zurückgewiesen, wendet sein Augenmerk nunmehr auf die der Gräfin W. verblüffend ähnliche Mizzi (was soll ich dazu sagen - Männer :roll: !).
    Mizzi stellt sich aber auch als reichlich unbedarft heraus.
    Übrigens, mir ist bei der erwähnten Ähnlichkeit zwischen Mizzi und Gräfin W. sofort die berühmt-berüchtigte Halsbandaffäre bzw. der Roman von Dumas eingefallen, als um die Ähnlichkeit zwischen Marie-Antoinette und ihrer Doppelgängerin sowie der Verliebtheit des Kardinals de Rohan eine böse Intrige gesponnen wurde. Und auch hier - um es schon mal zu vorauszuschicken - spielt ein Halsband eine Rolle...


    Doch zuvor kommt es wie so oft - Mizzi wird schwanger, aber wenigstens steht Baron Taittinger dazu. Nein, nicht dass er sich höchstselbstpersönlich um seinen Sprößling kümmert (weiß er doch später noch nicht mal, ob es ein Bub oder ein Mädel ist #-o ), aber er lässt der jungen Mutter eine Pfaidlerei einrichten. Übrigens, bei der Gelegenheit lernte ich auch bei meinem Kindle das "eingebaute Wikipedia" zu schätzen, denn den Ausdruck kannte ich zuvor auch noch nicht (nur aus euren Beiträgen). Doch Mizzi geht lieber in ein rosa Häuschen, und was sie dort tut - tja, es führt zumindest dazu, dass sie dem Baron Taittinger wieder begegnet, zu dessen - ja, was ist es? Entsetzen? Beschämung? Nein, eigentlich ist es ihm mehr unangenehm und peinlich und er weiß gar nicht, wie er sich jetzt in dieser Situation verhalten soll.


    Und somit sind wir wieder in der Gegenwart gelandet, in der das Auge des Schahs wohlwollend auf der Gräfin W. geruht hat - und natürlich will er mehr, als nur sein Auge auf ihr ruhen lassen. Was er geruht, seiner näheren Umgebung mitzuteilen - und die hat jetzt nicht nur ein Problem. Seine Majestät, den Kaiser, damit behelligen? Völlig ausgeschlossen! Und was die "unteren Chargen" jetzt unternehmen, um die Sache zu retten, ist einfach klasse :applause: .
    Mizzi wird gefunden und mit allem ausstaffiert, was annähernd hellblau aussieht. Der Schah verbringt eine Nacht mit ihr - tja, und kommt auf den Boden der Tatsachen zurück. War die Traumfrau wohl doch nur ein Traum. Kein Wunder, war ja auch nicht das Original, sondern nur ein Imitat - aber ich wage mal die Behauptung, dass auch die "Eisprinzessin" Gräfin W. eine Enttäuschung geworden wäre. Und Mizzi war ja mehr oder weniger vom Fach und wusste, was sie tat :mrgreen: .


    Für den Schah war es damit vorbei, er übergibt Mizzi eine Perlenkette, und damit ist er fällig für den Abgang. Und auch Baron Taittinger wird von seinen "besonderen Aufgaben" entbunden und in die Provinz verbannt - so eine Gemeinheit aber auch. Seinen Kummer ertränkt er.


    Mizzi kann nunmehr ihr Leben verändern. Und es ist doch erstaunlich, wie das Geld die Menschen verändert: ihr Vater verzeiht ihr. Und auch alle anderen Menschen ihrer Umgebung sind völ-lig un-eigen-nützig :uups: (die Ratschläge von Frau Matzner klingen aber ganz vernünftig, naja, in ihrem "Beruf" sollte sie schon einigermaßen geschäftstüchtig sein). Aber Mizzi möchte natürlich erstmal ihre Liebe, Baron Taittinger, wiederfinden. Woraus nichts wird... Und so zieht sie nach Baden-Baden.

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