Ich denke z.B. an "Das Parfüm". DER unsympathische Protagonist schlechthin. Und doch ist das Buch faszinierend (für mich jedenfalls).
"Das Parfüm" ist auch ein gutes Beispiel! Das habe ich zweimal gelesen und mag es sehr! (Aber in dem gleichen Zeitraum hätte ich niemals nie "Die Blendung" mit dem gleichen Genuss lesen können. Mir wären die Figuren einfach zu schräg gewesen. Das nur nebenbei erwähnt.) Von daher darf es auch gerne ein unsympathischer Protagonist sein. Trotzdem habe ich bei dieser Geschichte ein sehr distanziertes Verhältnis. So wirklich sympathisch sind mir die Figuren nicht, aber auch nicht unsympathisch.
Zu einer ausführlichen Zusammenfassung, komme ich leider nicht mehr, deshalb nur kurze Eindrücke zu den Kapiteln.
Kapitel 20
Das Unheil braut sich über Taittinger zusammen und er kriegt es gar nicht mit. Ich fand den Gegensatz so klasse beschrieben zwischen dem heiteren Taittinger und der Beschreibung des Regens bzw. der Umgebung von ihm. Man spürt regelrecht das Donnerwetter aufkommen, dass ihn erwarten wird. Da ist so ein Kerl tatsächlich weiter vom Boden der Tatsachen entfernt, wie vergleichsweise Mizzi. Und die ganze Welt um ihn herum weiß schon mehr wie er und erfreut sich noch diebisch am Inhalt der Heftchen. Und ganz langsam dämmert es Taittinger was passiert und sein Tagesablauf wird erschüttert, er macht nicht gewohnt die "große Nachttoilette" und hat schreckliche Albträume. Und auch am nächsten Tag vergisst er das rasieren. Dafür teilt er mächtig viel Strafen an alle unrasierten Leute aus. Das da niemand protestiert Und endlich erhält er den "rekommandierten Brief" bzw. insgesamt 2 Briefe. Leider versteht er den Inhalt nicht
Kapitel 21
Und hier tritt die erste -für mich- sympathische Figur auf, Zenower In Zivil! Ein ganz tolles Kapitel! Zenower klärt Taittinger Punkt für Punkt über seine Lage auf und rät ihm was zu tun ist. Zenower denkt klare, aber ehrliche Worte über Taittinger. Und auch hier wieder Andeutungen, dass das ganze Regiment (und nicht nur die) ziemlich viel über "die Affäre" weiß. Interessant auch Zenowers Lebenslauf. Und tatsächlich hat Taittinger zum ersten Mal einen aufrichtigen Gedanken in seinem Leben, er beneidet Zenower und würde sehr gerne mit ihm tauschen. Reaktion von ihm: "Herr Baron, sie brauchen niemanden zu beneiden und mit niemandem zu tauschen, wenn Sie nur immer aufrichtig zu sich selbst sind." Genau das ist der Knackpunkt. Aufrichtig zu sich selbst sein. Sich selbst bewusst sein. Da mangelt es doch arg.
Kapitel 22
Mittlerweile beginnt es sogar zu schneien. Mein erster Gedanke, jetzt wird es richtig schlimm für Traittinger werden. Und tatsächlich es trifft ein. Es gibt weitere Heftchen mit Enthüllungen über die Affäre. Taittinger fühlt sich "verloren". Dabei fällt er doch eigentlich recht weich. Da hat Zenower schon recht, vorausgesetzt Taittinger versteht es ab sofort zu handeln. Was ich persönlich noch stark anzweifel.
Kapitel 23
Taittinger wird zum Oberst befohlen. Roth hatte das so wunderbar beschrieben, man hört quasi den Oberst rumbrüllen. Allerdings würde ich mal behaupten, das ganze Ausmaß der Affäre ist -noch?- nicht bekannt. Bis jetzt wurde "nur" die Gräfin W. ins Spiel gebracht. Die Fäden zu Mizzi sind wohl noch nicht gezogen worden. Jeder in der Kaserne konnte problemlos sich alles anhören und jeder war gleichzeitig schadenfroh und litt für Traittinger -dank der soldatischen Solidarität- mit. Dem Rittmeister wird der Abschied nahegelegt.
Kapitel 24
Zenower verbringt die kommende Nacht mit Taittinger bei Sedlak. Sozusagen sein Trost und Stütze. Er hilft ihm das Abschiedsgesuch zu formulieren bzw. er schreibt es Taittinger vor, der braucht es nur noch abzuschreiben. Und dann kommt es zu einer intensiven Szene, die mich stark an einer bei "Der Idiot" von Dostojewskij erinnert hatte. Da tauschen die beiden Hauptfiguren ihre Kreuze aus, hier sind es die beiden Uhren. Taittinger hat eine letzte Bitte an Zenower, dass er doch seine Pferde verkaufen möchte. Der letzte Faden zum Militär wird dadurch gekappt.