Klappentext:
Die Nachricht von Inge Boysens Tod war ein Fehlalarm. Doch da haben sich Kinder und Kindeskinder bereits in dem kleinen Haus hinter dem Deich versammelt. Kurz vor dem Jahreswechsel schneidet ein Schneesturm Haus Tide und seine Bewohner von der Außenwelt ab. Während draußen die Welt vereist, kochen im Inneren alte Feindseligkeiten und neue Sehnsüchte hoch.
Meine Einschätzung:
Inge hat - durch einen Zufall - ihre vier erwachsenen Kinder, die Schwiegerkinder und Enkelkinder nochmals um sich geschart. Das macht sie glücklich. Trotzdem fühlt sie sich müde und spürt ihren Tod durchaus nahe. Ein klärendes Gespräch zu mehreren Themen, unter anderem auch über den Verbleib des Hauses nach Inges Tod wäre längst überfällig. Durch einen Schneesturm kann niemand abreisen; in dieser eingeengten Situation müssen sich alle Familienmitglieder miteinander und mit den anstehenden Problemen auseinander setzen. Dies geschieht aber nicht zur Gänze - viele Probleme werden angesprochen, Lösungsvorschläge werden besprochen, aber die endgültige Lösung bleibt - in zu vielen Punkten - offen.
Dies ist ein gutes Buch, eine schöne Familiengeschichte: Detailreich und genau schildert die Autorin alle Charaktere des Romans, die besondere winterliche Atmosphäre des alten friesischen Hauses am Deich mit Schnee und Eis, emotionale und auch komische Momente, aber trotzdem - irgendetwas fehlt diesem Roman, um ein richtig toller Roman zu sein. Es ist schwer zu sagen, was noch fehlt, die Geschichte ist für mich einfach nicht "rund".
Einerseits kann sich jeder von uns in diese Familie hineindenken, jeder von uns kennt Konflikte und Streitereien bei Familientreffen, andererseits wird hier kein einziger Konflikt gelöst. So zum Beispiel:
Wem wird Inge nun endgültig das Haus überlassen? Schafft Boy es noch nach Hause? Wie entscheidet sich Gesa? und was tut die 17-jährige mit dem Wissen, wer ihr eigentlicher Vater ist?
Ein Buch ist dann ein gutes Buch, wenn ich den Buchdeckel befriedigt nickend zuklappen kann, und die Geschichte für mich ein gutes Ende genommen hat. Manchmal gibt es auch ein schlechtes Ende, das ist auch in Ordnung. Hier hat leider nichts ein gutes Ende genommen, hier bleiben alle Fragen offen. Das Buch hat mich gut unterhalten, aber der Schluss ist unbefriedigend.
Gut gefallen haben mir die Schilderungen der Natur und des Hauses: Nordsee, Schnee und Eis, das Haus am Deich mit seinen schönen alten Inventarstücken. Auch die Musik ist ein wichtiges Thema. Ständig greift jemand zur Gitarre und spielt für sich oder für andere ein Lied.
Zur Autorin:
Sybil Volks, geb. 1965, lebt als freie Autorin und Lektorin in Berlin. Sie hat zahlreiche Erzählungen und Gedichte in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Ihr historischer Berlin-Krimi "Café Größenwahn" war nominiert für den Glauser-Preis 2008 als bestes Krimidebüt. 2012 ist ihr hochgelobter Roman "Torstraße 1" erschienen.
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