Susanne Gavenis - Die Gwailor-Chronik

  • Wow, jedes Mal, wenn ich meine eigenen Romane vorstelle, bin ich richtig aufgeregt. Ob das anderen Autoren wohl genauso geht?


    Vor ein paar Monaten ist meine neueste Fantasy-Geschichte, die "Gwailor-Chronik", als Zweiteiler veröffentlicht worden. Es geht darin um den Prinzen Dayin, dem bei seiner Geburt von einer Seherin prophezeit wird, dass er als junger Erwachsener seinen Vater, den König Tarells, hinterrücks ermorden wird. Da die Seherinnen in den beiden Königreichen Gwailors sowohl über das einfache Volk als auch über die Herrscher eine nahezu gottähnliche Macht besitzen und kaum etwas geschieht, das nicht zuvor durch die Vision einer Seherin abgesegnet wurde, nimmt das Leben Dayins bereits am Tag seiner Geburt eine dramatische Wendung. Von seinen eigenen Eltern und einem ganzen Volk als potenzieller Vatermörder gebrandmarkt, versucht er verzweifelt, das ihm prophezeite Schicksal abzuwenden und zu beweisen, dass nichts Böses in ihm steckt. Während er von seinem jüngeren Bruder Gerrent, der von seinem Vater zum Thronfolger herangezogen wird, mit unversöhnlichem Hass verfolgt wird, zieht der König des Nachbarreichs Lumaar seine eigenen Fäden, um die Prophezeiung für seine Zwecke auszunutzen.


    Die Geschichte von Dayin und seinem Kampf gegen die Macht einer Prophezeiung liegt mir von all meinen Romanen am meisten am Herzen, da Dayin einfach so ein armes kleines Kerlchen ist, dass ich ihn beim Schreiben am liebsten selbst ständig gedrückt hätte, um ihn vor den Anfeindungen und Grausamkeiten der bösen Welt zu beschützen. Die wichtigste Motivation, diese Geschichte zu schreiben, war für mich die Frage, wie ein Mensch mit einer derart massiven Stigmatisierung umgeht, die ohne sein eigenes Verschulden über ihn gekommen ist und jeden Winkel seines Lebens beherrscht, und wie es ihm unter solchen Umständen gelingen kann, den guten Kern in sich selbst zu bewahren bzw. das Vertrauen zu entwickeln, dass es einen solchen Kern überhaupt gibt. Im Grunde erlebt Dayin eine ins Extrem getriebene Mobbing-Situation, bei der er nicht nur von ein paar wenigen Personen, sondern von einem kompletten Königreich mit Hass verfolgt wird, und es war für mich sowohl spannend als auch emotional berührend, einen Menschen zu beschreiben, der trotz heftigster Anfeindungen darum kämpft, seinen eigenen Weg zu gehen und die Kontrolle über sein Leben zurückzugewinnen. Ich wollte damit auch einmal eine Fantasy-Geschichte schreiben, bei der ich von dem altbekannten Schema "jugendlichem Protagonisten wird prophezeit, dass er die Welt retten und/oder irgendeinen finsteren Gott besiegen muss" abweiche, da die Prophezeiungen in diesen Geschichten für den Helden letztlich etwas Äußeres bleiben und es im Verlauf der Handlung meist nur noch darum geht, bestimmte Aufgaben zu bewältigen, die sich ihm auf dem Weg zum finalen Kampf entgegenstellen. Demgegenüber sollte Dayin ein Mensch sein, dessen ganzes Leben und Persönlichkeit von der Existenz der düsteren Prophezeiung durchdrungen wird und dem sich mehr die Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten einer eigenständigen Identität stellt, als dass er sich den Weg zum Antagonisten freikämpfen müsste, der am Ende auf ihn wartet.


    Eine weitere Sache, die mir beim Schreiben der Geschichte großen Spaß gemacht, mich aber auch vor ganz spezielle Herausforderungen gestellt hat, war das Konzept der Seherinnen mit ihren besonderen Fähigkeiten. Als Naturwissenschaftlerin habe ich mich hierbei vor allem an die kosmologische Multiversum-Theorie und die Theorie der wahrscheinlichen Realitäten angelehnt. Die Seherinnen sondieren die Wahrscheinlichkeiten eines Menschen, die sich jeweils aus einem bestimmten Punkt in der Gegenwart ergeben, damit Veränderungen eingeleitet werden können, die unangenehme Wahrscheinlichkeiten verhindern und neue wahrscheinliche Wege eröffnen, die zuvor nicht existiert haben. Als Folge dieser Konzeption habe ich bei der Planung der Geschichte einiges an Zeit damit verbracht, von den wichtigsten Figuren Wahrscheinlichkeitsbäume zu zeichnen, wie es sie ganz ähnlich auch in der Mathematik gibt. Und ich gebe zu, dass noch bei keinem meiner Romane das Finale von der Planung her so schwierig war.


    Die beiden Bände der Gwailor-Chronik ("Die Macht der Prophezeiung" und "Schicksalspfade") sind die ersten meiner Bücher, die ausschließlich als E-Books erschienen sind. Aufgrund des Umfangs der Geschichte wäre der Verkaufspreis einer Printversion so hoch gewesen, dass sie sich für den Verlag nicht gerechnet hätte, wobei hinzukommt, dass es bei der Gwailor-Chronik inhaltlich keinen Sinn gemacht hätte, die beiden Original-Bände in vier dünnere Bände aufzusplitten. Da darunter die Geschichte und letztlich auch der Lesegenuss gelitten hätte, gibt es beide Bände deshalb nur als E-Books.


    Wer neugierig auf Prinz Dayin geworden ist, kann gern auf meiner Webseite vorbeischauen. Dort gibt es eine umfangreiche Leseprobe zum ersten Teil, Hintergrund-Infos zur Geschichte und die Links zu den bisherigen Rezensionen. Aktuelle Infos zu meinen Geschichten gibt es auf meiner Facebook-Seite.


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