Helon Habila - Öl auf Wasser / Oil on Water

  • Autor: Helon Habila
    Titel: Öl auf Wasser
    Originaltitel: Oil on Water
    Seiten: 231 Seiten, in 21 Kapitel + Glossar
    Verlag: AW - AfrikaWunderhorn
    ISBN: 9783884233917


    Der Autor: (Klappentext)
    Helon Habila, geboren 1967 in Nigeria, studierte Literatur und lehrte an der Universität bevor er nach Lagos ging, um dort als Journalist zu arbeiten. Für sein erstes literarisches Werk "Waiting for an Angel", welches in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, erhielt er den internationalen Caine Prize for African Writing und 2003 den Commonwealth Writers' Prize für die beste Erstveröffentlichung. "Measuring Time" (2007), Habilas zweiter Roman, erhielt 2008 den Virginia Library Foundation Fiction Award und stand auf der Kandidatenliste für den Hurston / Wright Legacy Award 2008. Die Kurzgeschichte "The Hotel Malago" gewann den Emily Belch Prize und wurde für die Anthologie The Best American Nonrequired Reading ausgewählt und veröffentlicht. Habilas dritter Roman "Oil of Water" (2010) ist der erste, der auf Deutsch erscheint. Habila lehrt kreatives Schreiben an der George Mason University und lebt in den USA und Nigeria.


    Inhalt: (Klappentext)
    Port Harcourt, Nigeria, im Delta des Niger. Eine Frau verschwindet. Dies wäre keine Nachricht in den Medien wert, handelte es sich nicht um eine Britin, die Ehefrau eines hochrangigen Mitarbeiters einer ausländischen Gesellschaft, die im Delta und vor der Küste Öl bohren. Die Entführung ist offensichtlich das Werk eine Rebellengruppe, die gegen die Ölgesellschaften kämpfen, die das Land ausbeuten und zerstören. Als eine Lösegeldforderung eingeht, wittert der junge Journalist Rufus die Chance zu einer grossen Story und macht sich mit dem gealterten Starreporter Zaq auf die Suche nach der Entführten.


    Meine Meinung:
    Eines vorweg: ein "richtiger" Thriller oder Krimi ist dieser Roman nicht, auch wenn der Klappentext das vermuten lässt. Tatsächlich ist die Entführungsgeschichte nur eine Rahmenhandlung; das Schicksal der entführten Britin wird im Verlauf der Geschichte völlig nebensächlich: in zahlreichen Rückblicken erfährt der Leser Näheres zu Rufus (woher er kommt, und weshalb er Reporter wurde), zu Zaq (weshalb der ehemalige Starreporter nun alkoholabhängig wurde), dem Ehemann der Entführten (die Beziehung zu seiner Frau und das Verhalten der "Ölmanager" zu den einheimischen Angestellten), und vor allen Dingen die Probleme der Dorfbewohner, die in den umkämpften Gebieten leben.
    Marode Pipelines, die Umweltverschmutzung, die Korruption, völlig unklare Machtverhältnisse, Entführungen um Waffen zu finanzieren... Das alles ist leider keine Fiktion, sondern Realität. Im Nigerdelta fördern (gemäss Wikipedia) täglich 5000 Bohrquellen und 7000 km Pipeline über 2 Millionen Fass Öl am Tag. Durch die Ölförderung wurden lebenswichtige Bereiche für die Landwirtschaft und Fischerei zerstört. Das Gebiet ist etwa so gross wie Belgien und ist seit Jahrzehnten stark umkämpft.
    Und Helon Habila ist es in diesem Roman hervorragend gelungen, die Opfer und den Alltag der Dorfgemeinschaften, die die Hauptlast des Ölkriegs zu tragen haben, zu beschreiben, ohne anklagend irgendwelche Firmen zu benennen.
    Ich denke, es ist ein sehr realistischer und aufwühlender Roman, der mich mal wieder fassungslos und entsetzt zurück gelassen hat.
    Schade nur, dass solche Bücher häufig nur in Kleinstverlagen herausgebracht werden, und dann bei Amazon erst ab 25 Euro erhältlich sind!

  • Diese Erzählung lesend mit dem Wissen wie multinationalen Gesellschaften, wie in allen Ländern welche reich sind an unverzichtbaren Ressourcen, Land und Leute ausbeuten, ist sehr erschütternd.


    Indem wir die Reise mit Rufus und dem von ihm verehrten ehemaligen Starreporter Zaq, auf die grosse Story hoffend, miterleben, erleben wir gleichzeitig die Zerstörung des Lebensraumes der am Nigerdelta wohnenden Bevölkerung. Die Menschen werden geködert mit unlauteren Versprechungen das Land abzutreten, ohne auf die Gefahren der Ölförderung hinzuweisen. Sollte dies nicht freiwillig geschehen, scheuen sich die Ölgesellschaften nicht, mit skrupellosen Mitteln diese von ihren Dörfern zu vertreiben, wohl wissend, dass die korrupte, unfähige Regierung Nigerias nicht einschreiten wird.


    Dazu gesellen sich noch die Rebellen mit ihren Entführungen, welche zwar vom Militär bekämpft wird, jedoch genau so undurchsichtig ist. Dazwischen die Bevölkerung, welche den beiden Parteien praktisch schutzlos ausgeliefert ist, was das Elend zusätzlich erhöht.


    Was mich beeindruckt, Helon Habila bleibt sehr sachlich bei seiner Erzählung, vermeidet jegliche Schuldzuweisung. Genau dies macht die mich als Leser betroffen, empört mich, lässt mich aber auch hilflos zurück.


    Ich habe mich über diese Aussage sehr geärgert, welche bei Amazon gemacht wurde. Eine solche Aussage vermittelt ein völlig falsches Bild von dieser Erzählung.

    Zitat

    »Ein mitreißender, gut recherchierter Abenteuerroman. .(...) ein grandioses Buch.« (Nicole Henneberg, FAZ)

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

  • Klappentext:


    In Port Harcourt, Nigeria, regieren die Ölkonzerne. Als die Frau eines hochrangigen Mitarbeiters entführt wird, wittert der Journalist Rufus eine Story. Er reist ins Nildelta und betritt eine apokalyptische Welt, in der die Fischer ums Überleben kämpfen. Nur in einem kleinen Dorf scheint die Welt noch in Ordnung - doch die Ruhe trügt.


    Eigene Beurteilung/Eigenzitat aus amazon.de:


    "...doch die Ruhe trügt," stellt der Klappentext fest und das Gleiche kann man auch von ihm sagen. Entführungen von Mitarbeitern und deren Angehörigen aus der Ölindustrie sind in Nigeria sehr verbreitet, wei es scheint und sowohl die Entführer, wie auch die Konzerne haben dabei gewisse grundlegende Lösungsmechanismen entwickelt, die die Polizei weitestgehend außen vorlassen.


    Ein Teil dieser Mechanismen ist es, Reporter in die Camps der Entführer, die meist zu einer Miliz gehören, einzuladen, damit diese sich vom Gesundheitszustand der fraglichen Geisel überzeugen können. Und genau so eine Einladung geht an die Zeitung 'Reporter' für die Rufus arbeitet. Und zunächst will niemand diesen Auftrag annehmen, denn vor Kurzem ist ein Reporter dieser Zeitung bei einem Fluchtversuch einer Geisel während eines solchen Besuchs zum Kollateralschaden geworden. Doch als Rufus hört, dass ein von ihm sehr bewunderter Altreporter - Zaq - auch zu der Reportergruppe gehören wird, meldet er sich mehr oder minder spontan doch zu diesem Abenteuer.


    Durch die Augen Rufus bekommen wir so eine Sicht auf das aktuelle "Herz der Finsternis" in Nigeria, wo es nun um Öl und nicht um Elfenbein geht und wo "Kurtz" selbst ein Nigerianer ist, der zutiefst traumatisiert wurde. Dabei wird das komplexe Motivgeflecht der Konzerne, der Anwohner der Ölfelder, der Militärs, Politiker und auch der Reporter aus verschiedenen Winkeln beleuchtet und gezeigt, wie sehr urbane, stark westlich orientierte Zentren wie Lagos in einem Spannungsverhältnis mit dem Rest des Landes stehen.


    Dies alles ist überaus informativ, ohne dabei dozierend zu wirken. Tatsächlich finden sich immer wieder Sätze und Passagen, die sich auch ganz von Zusammenhang losgelöst vorlesen lassen um ein Publikum zu erfreuen - oder zu erstaunen, denn der Umgang mit der Sprache ist überaus ansprechend.