Thomas Christen: Die Abendgesellschaft der Quartiersleute

  • Über den Autor:



    Thomas Christen, Jahrgang 1955, lebt in Düsseldorf und studierte Politikwissenschaften, Germanistik und Soziologie an der Universität Trier sowie später Agrarwissenschaften an der Universität Bonn. Nach zwanzig Jahren Tätigkeit in einer Heidelberger Klassikproduktion gründete er im Jahr 2000 das audio-visuelle Konzeptlabel tomtone music.



    Er schrieb über zwanzig Jahre Texte für Künstler wie Udo Jürgens, Milva, Veronika Fischer oder das Bremer Ensemble Mellow Melange und verfasste zwei Drehbücher für Music-Features im Auftrag des ZDF.



    Im Jahr 2012 wurde sein Debutroman "Der Abend vor der Nacht" im secession Verlag Zürich/Berlin veröffentlicht.
    Des Weiteren sind von ihm die beiden Lyrikbände "Ferngespräche" (2007) und "Windweit der Mensch" (2010) sowie der Roman "Winterfieber-oder die Überreizung einer Seele" (2013) erschienen.
    Er ist verheiratet und hat drei Kinder.




    Inhalt laut Klappentext:



    Küper, Quartiersleute & Consorten - Dieser Roman lässt die Hamburger Speicherstadt lebendig werden!



    1896. Der Bergarbeiter John Buttger ahnt nicht, dass ihn ausgerechnet ein schweres Bergwerkunglück in Südwales zum Gründervater einer Hamburger Firma machen würde. Doch die Zeiten sind hart. Ganze fünf Generationen lang kämpft die Familie mit den wirtschaftlichen und politischen Wirren ihrer Zeit und um den Erhalt der Traditionen und des Familienunternehmens.
    Die Zeiten ändern sich und zuletzt - im Jahr 2014 - ist da Malte, der Ururenkel des Unternehmers von Boettiger & Consorten, der ganz eigene Pläne für sein Leben hat.



    Die Abendgesellschaft der Quartiersleute ist ein Tableau miteinander verwobener Biographien rund um ein bis in die heutige Zeit überdauerndes Hamburger Familienunternehmen und einen in der ursprünglichen Form ausgestorbenen Berufsstand.




    Mein Leseeindruck:



    Die pure Neugierde ließ mich zu diesem Buch greifen, ich gebe es gerne zu. Wie wollte es der Autor schaffen, auf nur 350 Seiten die Geschichte von fünf Generationen unterzubringen?!



    Thomas Christen kann hervorragend erzählen, wie ich finde. Seine Art des Schreibens hat mich wundervoll an die Hand genommen und durch den Roman geführt. Auch über die irgendwie merkwürdigen und mysteriösen „drei Herren“ bin ich nicht gestolpert, sondern habe sie mit einem breiten Schmunzeln zur Kenntnis genommen. Lustige Idee, dies so in die Story einzubauen :wink:



    Der Roman beginnt mit den Geschehnissen des Jahres 1896 in Wales und endet in Moorburg 2014. Dazwischen springt man, von Kapitel zu Kapitel, immer mal hin und her zwischen den einzelnen Jahrzehnten und Generationen. Dies jedoch nie so, als das man den Überblick verlieren würde.



    Mir hat gut gefallen, dass der Autor dem Leser viele Geschehnisse sehr ausführlich schildert und ihn so quasi am Leben der jeweiligen Protagonisten regelrecht teilhaben lässt. Die Geschehnisse die zur Firmengründung führten zum Beispiel. Oder die dramatischen Erlebnisse während der beiden Weltkriege und später bei der katastrophalen Sturmflut, die die Hamburger Dämme brechen ließ. Man leidet regelrecht mit beim Lesen und kann sich das damalige Elend und die Qual der Menschen fast bildhaft vorstellen.



    Absolut nicht gefallen hat mir jedoch die Tatsache, dass es auch ziemlich große Zeitsprünge gab und man den Leser auf diese Art elementar wichtige Entscheidungen und Entwicklungen vorenthalten hat. Der Aufbau nach dem 2. Weltkrieg im zerbomten Hamburg sei hier genannt, oder die direkte Zeit nach dem Hochwasser. Man verlässt die Überlebenden quasi auf dem rettenden Dach des Hauses sitzend und wird dann mittels Zeitsprung etliche Jahre weiter katapultiert. Und auch das Ende wirkt mehr als überhastet und überstürzt auf mich.



    Ich denke, an solchen Stellen macht sich die Kürze des Buchs ganz besonders deutlich bemerkbar. Was ich als sehr schade empfinde, aber womit meine Eingangsfrage auch geklärt wäre: Es ist, in meinen Augen, dem Autoren nur bedingt gelungen, so viele Generationen auf so relativ wenigen Seiten unterzubringen.



    Gut rüber gekommen sind die unterschiedlichen Spannungen und Diskrepanzen unterhalb der verschiedenen Familienmitglieder, die sich zum Ende hin bei der alljährlichen Familienfeier bemerkbar machen.



    Mein Fazit: Ein interessanter Ausflug in die Hamburger Vergangenheit, mit Bogen ins Heute, der durchaus lesenswert daher kommt, sich aber bedingt durch die Seitenzahl nicht in vollem Glanz präsentieren kann.


    Von mir gibt es dafür :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: