Undine Gruenter – Sommergäste in Trouville

  • Original : Deutsch, 2003 (posthum)


    INHALT :
    Seltsame und faszinierende Menschen am Strand, in den Hotels und auf den Promenaden: die Achtzigjährige, die seit Jahr und Tag ans Meer fährt und bereits vom ewig gleichen Taxifahrer erwartet wird, Künstler, Geschäftsleute und Müßiggänger. Mit großer atmosphärischer Dichte und sprachlicher Finesse lässt Undine Gruenter eine Welt entstehen, die von großer Wirklichkeit ist und zugleich immer wirkt wie ein Traum aus einer anderen Zeit.
    (Quelle : Hanser-Verlag)


    BEMERKUNGEN :
    Dieses Buch war meine erste Begegnung mit Gruenter, die zwar aus Köln stammte, aber die letzten 15 Jahre ihres Lebens in Frankreich verlebte. Und dort, in einem jener bekannten Badeorte für die Parisflüchtenden (weil er zu den dem Meer nächstliegendsten gehört, nämlich nur zweihundert km von der französischen Hauptstadt), nämlich Trouville, siedelt die Autorin diese fünfzehn Erzählungen an (siehe auch : http://de.wikipedia.org/wiki/Trouville-sur-Mer oder Bilder unter : https://www.google.fr/search?q…0CEMQsAQ&biw=1280&bih=887 ) Sie selber kennt diesen Ort wohl gut, hat sie dort doch jedes Jahr einige Wochen verbracht. Und gut beobachtet. Nicht nur das Leben in der Hochsaison, sondern auch in den abgeschiedeneren Monaten, nicht nur das Leben der Gäste, sondern auch « Einheimischer ». So verschieden die Protagonisten – jung oder älter, ärmer oder der Oberschicht angehörend - auch sein mögen, so eint sie in diesem Band vielleicht eine gewisse Einsamkeit, selbst in « Gesellschaft » ? Der Ort erscheint auch in irgendeiner Form schon der Vergangenheit anzugehören und die Glanzzeit hinter sich zu haben. Ist es eine stille Nostalgie ? Ein Hauch an Traurigkeit ? So das ganz Leichte und Flapsige wird man bei der Autorin wohl nicht finden, selbst wenn einige Szenen etwas lächeln lassen.


    Treffend fand ich den Vergleich einer mir bekannten Leserin mit dem Schweizer Schriftsteller Peter Stamm. Wohl auch hier eine Sprache, die etwas distanziert und nüchtern erscheinen kann. Doch der aufmerksame Leser findet dann hier und da eine Passage, eine Bemerkung, die das scheinbar banale Geschehen in ein anderes Licht stellt.


    Allerdings muss ich gestehen, dass sich mir bei einigen Erzählungen nicht erschloss, wohin es hinauslief… (was ja nicht immer ein Anliegen sein muss). Da hatte ich den Eindruck, etwas dumm dazustehen. Auffallend, hier und da, wie reich die kulturellen Bezüge und Verweise sind. So einfache Unterhaltungsliteratur ist das hier sicherlich nicht ! Und doch spûrte ich beim Lesen, dass das irgendwas an sich hat. Vielleicht drückt es jemand besser aus ?


    Ich entdecke eine für mich neue Schriftstellerin und will sie gerne im Hinterkopf behalten.


    AUTORIN :
    Undine Gruenter (* 27. August 1952 in Köln; † 5. Oktober 2002 in Paris) war eine deutsche Schriftstellerin. Sie war die Tochter der Schriftstellerin Astrid Gehlhoff-Claes und des Germanisten Rainer Gruenter. Dennoch verbrachte sie ihre ersten eineinhalb Lebensjahre in einem Waisenhaus. Manche sprechen von traumatischen Familienverhältnissen.


    Später studierte Undine Gruenter Jura, Literaturwissenschaft und Philosophie an den Universitäten Heidelberg, Bonn und Wuppertal; Rektor der letztgenannten Universität war zu der Zeit ihr Vater Rainer Gruenter. Sie war mit dem Literaturwissenschaftler Karl Heinz Bohrer verheiratet.


    1986 erhielt sie den Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für Literatur.


    Ab 1987 lebte sie in Paris und starb dort 50 jährig nach schwerer Krankheit.


    (Quelle : wikipedia.de ;


    Interessanter Artikel zum Werke Gruenters aus « Die Zeit » : http://www.zeit.de/2003/14/L-Gruenter/komplettansicht )


    Gebundene Ausgabe: 216 Seiten
    Verlag: Hanser (3. Februar 2003)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3446202706
    ISBN-13: 978-3446202702


    Und wie so oft bei Hanser ein gepflegtes Buchäußere!

  • Ich entdecke eine für mich neue Schriftstellerin und will sie gerne im Hinterkopf behalten.

    Ein bisschen Futter für deinen Hinterkopf? Bitte schön. Das habe ich vor Jahren gelesen kurz nach dem Erscheinen, fand es gut, aber auch streckenweise etwas kryptisch. Es muss mit Aufmerksamkeit gelesen werden (wie bekanntlich alle Bücher, die du vorstellst). Ich erinnere mich an die traurige Grundstimmung, die das Buch durchzog. Aber für eine Rezension würde meine Erinnerung nicht reichen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)




  • Allerdings muss ich gestehen, dass sich mir bei einigen Erzählungen nicht erschloss, wohin es hinauslief… (was ja nicht immer ein Anliegen sein muss). Da hatte ich den Eindruck, etwas dumm dazustehen. Auffallend, hier und da, wie reich die kulturellen Bezüge und Verweise sind. So einfache Unterhaltungsliteratur ist das hier sicherlich nicht ! Und doch spürte ich beim Lesen, dass das irgendwas an sich hat. Vielleicht drückt es jemand besser aus ?


    Ein bisschen Futter für deinen Hinterkopf? Bitte schön. Das habe ich vor Jahren gelesen kurz nach dem Erscheinen, fand es gut, aber auch streckenweise etwas kryptisch.(...)

    Womit Du ein/das Wort gefunden hast, das man wohl gebrauchen kann! Ich dachte schon, alleine mit einem gewissen Fremdheitsgefühl dazustehen...

  • Ich dachte schon, alleine mit einem gewissen Fremdheitsgefühl dazustehen...

    Ich hab das Buch nicht gelesen, kann also direkt hierzu nichts sagen - aber meiner Erfahrung nach steht man selten alleine da mit solch einem Gefühl. Es braucht nur immer erst mal den einen, der sich traut, das zu sagen / zuzugeben. Oft kommen dann nach und nach ein paar dazu, denen es ähnlich erging. Und besonders oft findest du diesen Effekt bei extrem gehypten Büchern - wenn erst mal einer sich traut zu sagen "mir hat es aber nicht so gefallen", dann kommen immer ein paar hinterher, in der Regel erleichtert, nicht alleine dazustehen mit dieser Meinung :wink:

  • Ich hab das Buch nicht gelesen, kann also direkt hierzu nichts sagen - aber meiner Erfahrung nach steht man selten alleine da mit solch einem Gefühl. Es braucht nur immer erst mal den einen, der sich traut, das zu sagen / zuzugeben. Oft kommen dann nach und nach ein paar dazu, denen es ähnlich erging. Und besonders oft findest du diesen Effekt bei extrem gehypten Büchern - wenn erst mal einer sich traut zu sagen "mir hat es aber nicht so gefallen", dann kommen immer ein paar hinterher, in der Regel erleichtert, nicht alleine dazustehen mit dieser Meinung :wink:

    Du hast ganz Recht mit Deinen Bemerkungen. Danke!


    Dabei will ich aber - was dieses Buch anbetrifft - betonen, dass ich mit dem bei mir erzielten Verfremdungseffekt das Buch noch nicht abwerten wollte, sondern nur ein "An-den-Kopf-Kratz-Gefühl" darstellen wollte. Hier bei Gruenter bleibt doch deutlich die Empfindung, das "was dran ist an diesen Stories", aber dieses Wesentliche nicht in den Griff zu bekommen.

  • Ich habe Deine Aussage das Buch betreffend auch nicht als abwertend empfunden...

    Allerdings muss ich gestehen, dass sich mir bei einigen Erzählungen nicht erschloss, wohin es hinauslief… (was ja nicht immer ein Anliegen sein muss). Da hatte ich den Eindruck, etwas dumm dazustehen.

    … denn vielleicht steckt ja nicht mehr dahinter oder die Autorin möchte es mit Absicht im Dunkeln lassen? Wir wissen es nicht, auch wenn Du das Gefühl hast, die entsprechenden Geschichten nicht verstanden zu haben. :wink: