Wie oder wo die Muse wiederfinden?

  • Hallo Ihr Schreiberlinge!


    Ich habe eigentlich mein ganzes Leben geschrieben. Ab meinem 7. Lebensjahr bis zu meinem 30. Ich konnte gar nicht anders, immer einen Block und einen Stift zur Hand. Abends konnte ich nicht einschlafen, weil meine geliebten Charaktere um mein Bett standen und wie die Irren auf mich eingeredet haben. Ich weiß nicht wie viele Seiten ich im Laufe der Jahre geschrieben habe. Viele, viel zu viele und dann geschah etwas. Für mich öffnete sich ein neues Kapitel, ich lernte meinen Mann kennen und seit diesem Tag, sind sie alle weg, niemand steht mehr Nachts an meinem Bett und möchte mir seine Geschichte erzählen. Sie alle haben mich verlassen. Zu Begin dachte ich, es ist nur vorübergehend, die kommen alle wieder, aber nichts, es herrscht tiefstes Schweigen.
    Heute ärgert es mich. Manchmal habe ich Lust, aber da kommt nichts. Ich sitze da, starre in die Luft und es bleibt leer in meinem Kopf.


    Daher meine Frage an Euch:
    Wie bekomme ich meine Muse zurück?


    Eure Tami

  • Mir geht es ähnlich, und ich fürchte, ich kann dir nicht wirklich einen Tipp geben. Nach unzähligen Kurzgeschichten, Fanfictions und sieben veröffentlichten Romanen geschah vor etwa fünf Jahren etwas in meinem Leben, das so gravierend war, dass es mir bis heute schwer fällt, mich zu neuen Geschichten aufzuraffen, geschweige denn ich die Disziplin aufbringe, mich darauf zu konzentrieren. Ich bewundere Autoren, die scheinbar mühelos eine Story nach der nächsten schreiben, und das über Jahrzehnte hinweg. Leider gehöre ich nicht dazu, wie ich schmerzlich festgestellt habe. Trotzdem hoffe ich, dass mir irgendwann wieder so eine zündende Idee kommt, dass sie unbedingt aufs Papier will und ich wieder genug Selbstvertrauen habe, sie zu realisieren.


    Was mir momentan hilft, ist die Tätigkeit als Co-Autorin; etwas, das ich mir früher nie habe vorstellen können. Es macht Spaß, mit jemanden, der auf der gleichen Wellenlänge liegt, Geschichten zu entwickeln, zu diskutieren und dabei die Figuren liebzugewinnen und zu verstehen. Vielleicht findest du jemanden mit ähnlichen Interessen und kannst dich mit ihm als Team zusammentun? Ich wünsche dir auf jeden Fall, dass dich die Muse bald wieder küsst.

  • Mmh, wenn man Deiner implzierten Prämisse folgen wollte, dann hat Dein Mann die erzählenden Geister vertrieben. Die Frage, die sich dann stellt ist: "Was ist Dir wirklich wichtig im Leben?"


    Aber Schreibblockaden sind nicht unbedingt etwas Neues und die Frage ist vielleicht umgekehrt: "Warum habe ich diese BEttumsteher benötigt, bevor ich meine große Liebe gefunden habe? " Und: "Was waren eigentich die Themen, über die ich geschrieben habe?"


    Ansonsten: Versuch's doch einfach mal auf einem anderen Weg. Setz Dich mit einem Notizbuch hin und entwirf eigene Skizzen. Wenn Deine Schriebmuskeln so lange trainiert worden sind, dann müssten sie sich eigentlich auch auf andere Art und Weise aktivieren lassen. Welche Themen wären Dir wichtig?

  • Erst mal Danke für Eure Antworten...
    Die Bettumsteher? Tja, die hatte ich ja schon als Kind und nicht gerade wenige. Ich habe alles mögliche geschrieben - Tiergeschichten, Liebesgeschichten, Horror, eher Mystery, Fantasy. Wobei ich Liebesgeschichten nicht selber lese, ist nicht so meins. Ich mags außerhalb der Realität lieber und spannend muss es sein. Liebesstorys hatte ich nicht so viele im Kopf, klar, bei Fantasy und Mystery spielten sie auch eine Rolle, aber eher untergeordnet. Ich glaub einfach, ich bin zu alt geworden *g*.
    Lange Zeit habe ich auch mit anderen zusammengeschrieben, aber selbst das schlief dann ein... Vielleicht ist es auch einfach nur ein Zeitfaktor. Mit einem Mann an der Seite ist es manchmal nicht so leicht, dazu das tägliche Pendeln zwischen Haus und Arbeitsplatz. Tja, als Single hat man eben doch mehr Zeit. Ich konnte sogar in Werbepausen mehrere Absätze schreiben, ohne den Faden zu verlieren. Heute, nicht mehr vorstellbar.
    Bin ich zu glücklich? Diese Frage ist es eher, die mich beschäftigt. War die Einsamkeit meine Muse? Ich glaube schon... Habe ich wie ein kleines Kind einfach Freunde erfunden und diese in den Geschichten verewigt? Oh weh, jetzt wird's zu psychologisch.
    Ich fand es toll, zu sehen wie sie sich entwickeln, wie viel auch von mir in den Charakteren steckte und wohin die Geschichte sie trieb.
    Notizbücher habe ich ne Menge in letzter Zeit gekauft und mir immer wieder vorgenommen mal im Zug über eine Idee nachzudenken und diese festzuhalten. Was soll ich sagen, die Bücher sind noch leer. Man, es war mal so einfach einen Charakter zu entwickeln, zu wissen wie er aussieht, was er mag, was er hasst und was er erleben will und heute? Ähm, ja...
    Nun mal noch zu der Frage: "Was ist mir wirklich wichtig im Leben?" Gesundheit, natürlich mein Mann, unsere gemeinsamen Motorrad-Touren, lesen und meine Reisen nach Südostasien. Oh weh, eine schwere Frage, alles ganz schön oberflächlich, wenn man es genauer betrachtet.
    Ich könnte noch Stunden weitertippen, vielleicht sollte ich mich mal an einem Erfahrungsbericht versuchen *lach*...

  • Natürlich hat es etwas mit Psychologie zu tun. Ansonsten hätte sich ja nichts geändert.
    Es ist nun einmal so, dass sich in deinem Leben die Prioritäten verschoben haben. Deine Gedanken, auch die in deinen Träumen, drehen sich nun um andere Dinge, die Realität, die um dich herum ist. Da ist nicht mehr viel Raum für Fantasien, neue Figuren und Co. Und das ist ja auch nicht schlimm. Es ist einfach ein anderer Lebensabschnitt.
    Natürlich ist es schade, wenn einem das alles viel Spaß gemacht hat und es plötzlich verschwindet. Andererseits hast du nun andere Dinge in deinem Leben, die das Auftauchen solcher Figuren nicht mehr nötig machen.


    Anstatt nun dem Ganzen hinterher zu trauern, könntest du versuchen, durch Beobachtung deiner Umgebung die realen Personen um dich herum in eine Geschichte zu ziehen. Was könnte der Typ in der Bahn dir gegenüber arbeiten? Was macht er nach Feierabend? Hat er Familie oder ist er nur Muttersöhnchen? Was sind seine Träume, wohin will er in Urlaub? Wen könnte er lieben und wen hassen? Das sind Dinge, aus denen du jetzt eine Geschichte erdenken könntest. Du brauchst eigentlich keine Bettumsteher - schau dich nur genauer um, da gibt es genug, was Material liefern könnte :wink:

    "deine beschreiebung alleine lässt vermuten, dass es sich um schmöckerroman einzigartiger klasse handelt, nämlich übertriebenem bullshid, der mit der wirklichkeit keinene hinreichenden effekt auf die wirklichkeit erstreckt." (Simon Stiegler)

    Stimmt! Ich schreibe spannende Unterhaltungsliteratur, die den Leser aus der Wirklichkeit entführt, bis zum Ende gelesen wird und bei der der Leser am Ende fragt: Wann erscheint der nächste Band? Schreiben will halt gelernt sein

  • Hey Ihr!


    Sind ein paar Tage vergangen seit meiner Frage. Hab mal versucht was zu Schreiben und habe bisher 10 Seiten geschafft, läuft auch ganz leicht von der Hand. Leider hat es noch nichts mit einer neuen Story zu tun. Ich schreib im Moment einfach nur mal auf, was mir so durch den Kopf geht. Vielleicht kommen die Ideen dann ja wieder von ganz alleine. Ich hoffe es so sehr.


    Also, bis bald...


    Eure Tami

  • Und wieder sind einige Tage ins Land gegangen... Nicht gerade gut, aber dann geschah etwas komisches... Leider wollte meine Fantasie nicht so, wie ich es wollte... Ich schrieb, wie schon erwähnt, einfach mal alles auf, was mir so durch den Kopf ging, aber ich gab nach etwa 20ig Seiten auf, da ich keinen roten Faden finden konnte... Was blieb mir nun? Eine neue Story flog mir nicht zu, egal was ich tat, also kramte ich eine uralte raus... Die 114 gedruckten DIN A4 Seiten sind über 20ig Jahre alt, bergen aber so irre viel Potential. Daraus muss ich einfach was machen... Ich las mich fest, schüttelte ständig den Kopf und beschloss das Teil zu überarbeiten... Und tatsächlich, es funktioniert... Aus 2 alten Seiten schuf ich 8 neue... und so geht es nun schon eine Weile, die Ideen sind da, die Liebe zu meinen Figuren und das tollste ist: ich habe von ihnen geträumt und gestern Abend stand mein Hauptcharakter vor meinem Bett...
    Sagt mir, was ist geschehen?
    Täglich habe ich mir eine Stunde gegönnt, saß wie früher mit einem Kuli und einem Block auf dem Sofa und kritzelte unleserliches Zeug. Hilfe, die ersten Seiten konnte ich nicht mal entziffern. War dies wirklich meine Schreibschrift? Ja, sie sah nicht anders aus, als auf meinen alten Vorlagen. Ich habe doch tatsächlich in den 10 Jahren verlernt meine eigene Schrift zu lesen. Zum Glück kann ich es nun wieder, nach anfänglichen Schwierigkeiten. Und ehe ihr fragt, an meiner Lebenssituation hat sich rein gar nichts geändert...


    Drückt mir die Daumen... Es ist so schön wieder schreiben zu können (auch wenn ich nun ein schmerzendes Handgelenk habe, weil ich es einfach nicht mehr gewohnt bin so viel mit der Hand zu schreiben)


    Eure Tami

  • Ich glaube, man hat einfach manchmal unterschiedliche Schreibphasen. Teilweise flutscht es super und teilweise hadert man mit dem Text oder mit dem Schreiben überhaupt.
    Bei meinen Roman hängt es viel mit dem Plotten zusammen. Wenn der gut ist und ich immer was habe, auf das ich zuschreiben kann, fließt es gut. Aber wehe, ich hänge in den Seilen, was die nächste Szene angeht. Ich hab die Handlungs zwar im Kopf, aber der Teufel liegt natürlich oft im Detail.
    Mir helfen Strukturen sehr gut, um den Plot auszubauen. Allerdings nicht ins kleinste Detail, das würde mir den Spaß am Schreiben nehmen.


    an manchen Tagen gönne ich es mir aber auch, mich absolut nicht an den PC zu setzen. Handschriftlich geht leider gar nicht, da unleserlich.


    Alles Gute für dich und dranbleiben!
    Karin

  • Einen Plot hatte ich auch immer, also nur grobe Eckpunkte, die mir wichtig erschienen, darum habe ich dann alles ausgearbeitet... Aber das beinah 10 Jahre gar nichts kam, hat mich echt verwundert und es ist ja immer noch nichts da, also nichts neues in meinem Kopf... Vielleicht verlernt man die eigenen Fantasie ja und muss diese irgendwo uns den unendlichen Tiefen des Kopfes und des Herzens wieder hervorholen. Mal schauen was geschieht, wenn ich mit diesem Text fertig bin... Vielleicht wollen meine Charas ja eine Fortsetzung ihres Lebens... Das mit den Details kenne ich auch... Ich hab mal bei einer Kampfszene aufgegeben. Zu viel Gewusel, zu viel Action - was hab ich mich rumgequält... Ganz kurz alles umgeworfen: Mein Chara war nicht mehr der große Held, sondern bekam eins übergebraten und somit bekamen er und ich nichts mehr vom Kampfgewimmel mit *lach*, weiter gings danach mit fiesen Kopfschmerzen nach dem erwachen... Manchmal muss man eben alles über den Haufen werfen


    So, ich halte Euch weiterhin auf dem Laufenden.


    Bis denne
    Eure Tami

  • Was ich dazu toll fand: Ulrike Dietmann, "Heldenreise ins Herz des Autors". Darin geht es nicht ums Schreibhandwerk, sondern um Inspiration. Quasi ein Wegweiser zur Kreativität und auch, um herauszufinden, über was man gern schreiben würde. Hat auch was mit Selbstfindung zu tun, zumindest als Autor.


    Das klingt vielleicht komisch von einer, die gern chicklit schreibt. Aber ich sehe mich noch am Anfang. Ich will lernen, ich will mich weiterentwickeln. Aber auch weiterhin unterhalten, insofern ist das kein Widerspruch.


    noch viele Musenküsse!!


    Karin

  • jetzt musste ich Chicklit erst mal googeln... Ist nicht so mein Revier *g*... weder lesen noch sehen... Zum Glück gibt es ja für alles Fans und einen Markt...


    Danke für den Tipp, muss ich mal schauen...
    Auch Dir noch ganz viele Ideen und viel Freude am Schreiben...

  • Und wieder sind ein paar Tage ins Land gegangen - zum Glück Tage ohne Tiefen. Ich schreibe noch immer, beinah täglich, mal nur 10 Minuten, mal 20, mal auch eine Stunde. Es kommt auf meinen Freiraum an, der eben mal kleiner und mal größer ist. Durch das täglichem Pendeln (3 Stunden) und knapp 9 Stunden auf Arbeit bleibt nicht viel Zeit, aber ich hab versucht sie mir zu verschaffen. Da ich ja ein Handschreiberling bin, kann es auch gut sein, dass ich an einem Tag nur mal abtippe und umformuliere oder Passagen rauswerfe.
    Was mir ganz besonders gefällt, ist die Tatsache, dass meine Fantasie ganz langsam und in winzigen Stückchen zurückkommt. Herrlich, wenn man in der Wanne liegt und sich Szenen ausmalt und überlegt, wie was aussehen und wie man es beschreiben könnte.
    Drückt mir die Daumen, dass dieser Wohlfühlzustand noch lange anhält...


    Bis bald
    Eure Tami

  • Mal wieder eine Statusmeldung von mir...
    Ich war nämlich neugierig, wann genau ich diesen Thread eröffnet habe und, ich wollte unbedingt wissen, wie lange ich unterdessen wieder am Schreiben bin. Ganze 10 Monate. Darf ich das sagen? Ich bin stolz auf mich. Gut, ich muss Abstriche hinnehmen. Ich schreibe nicht mehr so viel wie früher. Da hab ich es geschafft in einem halben Jahr einen ganzen Roman zu tippen. Nun schaffe ich in einem Jahr gerade mal ein viertel davon, aber ich bin noch dabei und meine Charas gönnen mir keine Ruhe. Fühlt sich schon wie Balsam für die Seele an und ganz ehrlich, ich habe das Gefühl wieder ruhiger geworden zu sein, also ruhiger im Sinne von: Ich kotz mich in meinen Geschichten aus. Wirklich schön, wenn man darin alles verarbeiten kann, was einem so auf der Seele brennt. Der beste Seelentröster und Zuhörer weltweit...