Ulf Nilsson - Die besten Beerdigungen der Welt / Alla döda små djur

  • Wie bringt man Kindern bei, was der Tod bedeutet? Vielleicht mit diesem wundervollen Büchlein, das gerade mal knapp 40 Seiten umfasst. Drei Kindern, ca. 4, 6 und 8 Jahre alt, ist es langweilig, bis sie auf die Idee kommen, Tiere zu beerdigen. Eine tote Hummel ist die erste Begrabene. Ester, die Älteste, gräbt das Loch, der Ich-Erzähler schreibt ein Gedicht ("Ein kleines Leben in der Hand, plötzlich weg, tief, tief im Sand") und Putte, Esters kleiner Bruder, ist für das Weinen zuständig. Sie säen Samen von Blumen aus und stellen auch ein Kreuz auf. Völlig begeistert von der Idee machen sie sich auf die Suche nach weiteren Toten und werden auch schon bald fündig: Mäuse aus der Falle, ein überfahrenes Kaninchen, ein Hamster aus der Nachbarschaft, drei tote Heringe aus dem Kühlschrank und eine Amsel, die vor ihren Augen stirbt. Bevor sie begraben werden, werden sie noch getauft auf so schöne Namen wie Paula Antonia oder Schweinchen Dick.
    Die Drei gehen so unverkrampft mit dem Tod um, dass es eine wahre Freude ist. Selbst der kleine Putte, der zuvor noch überhaupt keine Ahnung hatte und erst einmal weint als er zu verstehen beginnt, ist halbwegs getröstet, als Ester ihm versichert, dass er erst als alter Mann sterben muss (und dann auch seine Kuscheldecke, Teddy, Kekse, Saft und Kuchen mitnehmen darf).
    Auch die Bilder sind wunderschön. Alles ist sehr farbenfroh und zart gezeichnet und die Charaktere der Kinder sind toll wiedergegeben. Ein kleines Büchlein zum Lachen und Freuen mit einem ernsten Thema - einfach klasse!

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Die Kinder in diesem seit vielen Jahren gut verkauften Bilderbuch haben ein total entspanntes Verhältnis zur Vergänglichkeit des Lebens. Ester, Putte und „ich“ gründen an einem Tag, an dem sie vor Langeweile fast sterben, ein eigenes Beerdigungsinstitut. Mit einer toten Hummel beginnen sie, dann kommen eine Maus dran und dann ein toter Hase. Den Erwachsenen vom Mund abgelesen, singen und dichten sie, und beerdigen die Tiere feierlich mit Holzkreuz.


    Auf eine überaus lustige Weise können etwas größere Kinder (ab etwa 5 Jahren) mit dem Thema Tod umgehen. Doch sie werden sie nicht sehr lange damit aufhalten. Auch die Kinder in diesem den Betrachter zu Lachsalven hinreißenden Bilderbuch spielen nur einen Nachmittag lang Beerdigung. Am nächsten Tag machten wir dann etwas ganz anderes.“

  • Inhalt

    Achtundzwanzig Gräber für Tiere hat die Firma Beerdigungen AG angelegt, jedes mit einem sorgfältig bemalten Feldstein, einem Grabkreuz und liebevoller Bepflanzung. Da Hummeln und Fliegen selten Vornamen haben, werden die toten Tiere zuerst feierlich getauft, damit alles seinen korrekten Gang gehen kann. Anschießend werden sie von Ester, Putte und dem Icherzähler, der kurze Hose und Fliege trägt, beigesetzt. Alles fing damit an, dass Ester eine tote Hummel fand, während der Kurzhosige gelangweilt auf der Küchenbank lümmelte. "Ich war klein ... und hatte Angst vor dem Leben und auch vor dem Tod. Ich kannte nicht mal jemand, der tot war." Ester hat natürlich keine Angst vor einer toten Hummel, sie schreitet entschlossen zur Tat und greift zum Spaten, während der Kurzhosige ihr mit Zettel und Stift folgt. Kleine Jungen in kurzen Hosen soll man nicht unterschätzen. "Ich" kann ausgezeichnet dichten und sorgt so für eine würdige Beerdigung der toten Hummel.


    "Jemand muss nett sein und sich um all die toten Vögel, Schmetterlinge und Mäuse kümmern" beschließt Ester. Esters kleiner Bruder Putte darf mit auf die Suche nach toten Tieren gehen. Putte ist zwar so klein, "dass er nicht zählte", aber fortan für die Gefühle und die Tränen zuständig. Putte macht das sehr geschickt. Wenn er stirbt, werden Mama und Papa traurig sein, wird zu Puttes persönlichem Schlachtruf, während er beklommen die Hände zum Kinn führt. Ester ist der Boss, Ester telefoniert in der Nachbarschaft herum, ob die Dienste der Beerdigungen AG dort benötigt werden und Ester trägt als Respektsperson von nun an sehr professionell einen schwarzen Mantel. Das florierende Beerdigungsunternehmen benötigt einen Werkzeugkoffer mit Hammer, Holzlatten, Blumensamen und einem Vorrat an runden Steinen. Putte sorgt sich währenddessen, ob er auch einmal etwas Schönes mit in den Sarg gelegt bekommen wird. Ester muss zugeben, dass kleine Brüder doch zu etwas gut sind: "Du schreibst echt saugute Gedichte" lobt sie Putte. Bisher hatten die Kinder die Tiere stets tot erlebt, doch einmal werden sie Zeuge, wie eine Amsel verunglückt und vor ihren Augen stirbt. Der Kurzhosige vergisst seine Angst und Ester muss zum ersten Mal in der Geschichte weinen. Und wem das alles viel zu traurig scheint, der kann sich damit trösten, dass die Kinder am nächsten Tag "etwas ganz anderes" machten.


    Fazit

    Eva Eriksson und Ulf Nilsson haken mit ihrer Geschichte der Beerdigungen AG an dem Punkt ein, an dem auch viele Eltern zum ersten Mal mit ihren Kindern über den Tod sprechen - wenn sie ein totes Tier finden und gemeinsam mit den Kindern begraben. Wer erinnert sich nicht an ein liebevolles Hamster- oder Vogel-Begräbnis in seiner Kindheit. Das Ritual des Taufens, Begrabens und Gedicht-Schreibens bietet Kindern Sicherheit, Trost und die Gelegenheit über Ängste und Gefühle zu sprechen. Die Autoren behandeln ihr ernstes Thema mit viel Fingerspitzengefühl und Humor. Augenzwinkernd lassen sie uns ganz nebenbei die besondere Geschwister-Beziehung zwischen großer Schwester und kleinem Bruder miterleben. Nur wer "Ich" ist, muss jeder Leser selbst raten.


    (23.7.2015)


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Weber - Bannmeilen (Paris)

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow