Thomas Mann - Das Eisenbahnunglück

  • Der Autor:
    Thomas Mann (geboren am 06. Juni 1875 in Lübeck, gestorben am 12. August 1955 in Zürich) gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. 1929 erhielt er für seinen Roman "Buddenbrooks" den Literaturnobelpreis.


    Inhalt:
    Der Band enthält auf fast siebzig Seiten vier Kurzgeschichten, sowie ein Nachwort (6 Seiten)


    Wie Jappe und Do Escobar sich prügelten (20 Seiten, erstmals veröffentlicht in 1911 ) - es wird von einem lange zurück liegenden Ferienerlebnis berichtet, als sich am Strand von Travemünde zwei Halbstarke zum Prügeln verabredeten. Am Abend zuvor waren sie voller Kampfeswut aneinander geraten, aber nun will nicht so recht die Stimmung zum Prügeln aufkommen. Der Erzähler sitzt im Kreis der erwartungsvollen Zuschauer und ist von diesem männlichen Machtgehabe ebenso angezogen wie abgestossen.
    Nicht nur der Schiedsrichter Tanzlehrer Knaak, auch der Erzählstil, als Aussenseiter dem Geschehen zuzuschauen, und der Gegensatz zwischen dem Bürgertum und dem "Wilden" in der Geschichte, erinnern an Thomas Manns Erzählung "Tonio Kröger".


    Das Eisenbahnunglück (12 Seiten, erstmals veröffentlicht in 1909 ) - Eine hervorragend ironische Geschichte über ein Eisenbahnunglück, den der Erzähler vor zwei Jahren erlebt hat. Auf sehr unterhaltsame Art werden Staatsbeamte und andere Zuggäste ins Visier genommen und die Gesellschaft im Allgemeinen etwas vorgeführt.


    Ein Glück (15 Seiten, erstmals veröffentlicht in 1904 ) - In einem Garnisonsstädtchen führen sich ein paar Offiziere ziemlich überheblich auf: Beleidigungen sollen mit Geld wieder gut gemacht werden und Ehefrauen werden bei einer Feier vernachlässigt und fühlen sich gedemütigt. Insbesondere Baronin Anna erfährt durch eine solche Kränkung ein wenig Glück, denn trotz allem liebt sie ihren Baron "feig und elend, obgleich er sie betrog".
    Für mich eindeutig die schwächste Geschichte dieser Sammlung: ich fand den Inhalt uninteressant und auch der Schreibstil war mühsam und gar nicht so voller Ironie wie in den übrigen drei Novellen.

    Beim Propheten
    (11 Seiten, erstmals veröffentlicht in 1904 ) - Nicht mehr nur mit Ironie, sondern schon mit offenem, beissenden Spott wird hier ein Zusammentreffen von Gästen eines selbsternannten Propheten beschrieben. Der Prophet selbst taucht bezeichnenderweise gar nicht selbst auf, die Proklamation lässt er von einem seiner Jünger vortragen. Die Beschreibungen der Zuhörer und ihre Reaktionen auf diese Rede stehen in ziemlichen Gegensatz zum erhofften Aufruf des Predigers.


    Fazit: Drei sehr, sehr gute Kurzgeschichten von Thomas Mann, die durch ihre Ironie und recht offene Kritik ziemlich unterhaltsam sind. Mit der dritten Geschichte konnte ich wenig anfangen, aber viel Zeit geht Einem beim Lesen einer knapp zehnseitigen Geschichte ohnehin nicht verloren.