Boris Akunin - Das Halsband des Leoparden / Die Betkette aus Nephrit 2 / Nefritovye chetki 2 / Нефритовые чётки

  • Inhalt (laut amazon.de):
    Fandorin Goes West. Drei neue Fälle für Fandorin! Mit Miss Marple alias Miss Palmer jagt er in England nach einem alten Lord und einem Diamantkollier. Mit Sherlock Holmes und Doktor Watson ermittelt er auf einem Schloss in Frankreich. Im Wilden Westen bringt er die raffiniertesten Betrüger zur Strecke.


    Über den Autor (laut amazon.de):
    Boris Akunin ist das Pseudonym des Moskauer Philologen, Kritikers, Essayisten und Übersetzers aus dem Japanischen Grigori Tschchartischwili (geb. 1956). 1998 veröffentlichte er seine ersten Kriminalromane, die ihn in kürzester Zeit zu einem der meistgelesenen Autoren in Russland machten. Heute genießt er in seiner Heimat geradezu legendäre Popularität. 2001 wurde er dort zum Schriftsteller des Jahres gekürt, seine Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt.


    Meine Meinung:
    Es ist schon eine Weile her, seit ich mir Das Halsband des Leoparden zu Gemüte geführt habe, aber die von Akunin konzipierten Fälle sind immer noch präsent. Genau das spricht für einen Schriftsteller: Wenn er es schafft, dass sein Werk im Gedächtnis bleibt, dann kann man ihn nur beglückwünschen. Und das hat Akunin bei mir nicht nur mit diesem Werk geschafft, sondern auch mit der anderen Kurzgeschichtensammlung, Das Geheimnis der Jadekette.


    Auch hier nutzt Akunin die Gelegenheit, um in jeder Geschichte einen berühmten Autor zu würdigen. Dabei begibt sich Erast Fandorin mit seinem Diener Masa diesmal ins Ausland. Warum und weshalb - das hat schon seinen Sinn und Zweck, die Geschichten sind also mit der Hauptreihe verknüpft. Die genauen Gründe werden aber nicht thematisiert. Das Verständnis wird dadurch nicht erschwert, eher wird man auf die Hauptreihe neugieriger, da Fandorin einen hohen Beamtenstatus in Russland bekleidet hat und dann anscheinend in Schwierigkeiten gekommen ist. Es ist also möglich, die Geschichten als Ergänzung oder als Einstieg zu lesen, um sich dann den einzelnen Romanen zu widmen.


    Die Sammlung enthält folgende Geschichten (da ich sie im Original gelesen habe, werde ich einfach die Originaltitel übersetzen):

    • Teetrinken in Bristol ist eindeutig Agatha Christie gewidmet. Fandorin quartiert sich bei einer älteren Dame ein, die wie er ein Händchen für das Lösen von Kriminalfällen zu haben scheint. Dabei fällt demjenigen, der mit Miss Marple bereits Bekanntschaft gemacht hat, sicherlich sehr schnell auf, dass es sich bei Miss Palmers Nachnamen um ein Anagramm handelt. Die Geschichte an sich fand ich eher unspektakulär, aber das Duo war sehr charismatisch und die englische Familie nicht ohne Zynismus dargestellt. Ich habe glatt Lust bekommen, etwas von Christie zu lesen, um diesen englischen Charme erneut zu erleben.
    • Dream Valley hat, nachdem ich festgestellt habe, dass Washington Irving Akunin zu der Geschichte inspiriert hat, tatsächlich etwas von The Sleepy Hollow. Es geht um zwei Gemeinschaften, die ein Tal in Wyoming bewohnen, und um unerklärliche Überfälle auf eine von ihnen. Generell ist die Geschichte gespickt mit Täuschungen und Phänomenen, auf die man sich keinen Reim machen kann. Es bleibt nichts übrig, als Vermutungen anzustellen. Mich hat der Ausgang im Großen und Ganzen überrascht. Thematisch bin ich im Wilden Westen eher nicht zu Hause, dafür hat mir die Geschichte aber besser gefallen, als ich erwartet habe. Es gibt zwar typische Elemente wie Schießereien, aber insgesamt fand ich, dass die Geschichte ein eigenes Profil hat. Außerdem hat Dream Valley Fandorins Beziehung zu einer Frau zu bieten, was in den beiden Sammlungen einzigartig ist.
    • Die Gefangene im Turm oder der kurze, aber vortreffliche Weg der drei Weisen weiß sich schon durch den Titel von den anderen abzuheben. Dieser deutet darauf hin, wie die Geschichte verfasst ist. Statt des bisher zumeist eingesetzten Er-/Sie-Erzählers haben wir hier zwei Ich-Erzähler, nämlich Watson und Masa, die die Taten ihrer beiden genialen Freunde dokumentieren. Die Geschichte ist demnach an Arthur Conan Doyles Werk angelehnt, aber nicht nur das. Die beiden Meisterdetektive, Holmes und Fandorin, dürfen sich mit den Machenschaften Arsène Lupins auseinandersetzen, einer Figur aus der Feder Maurice Leblancs. Dabei geht es um einen erpressten Millionär, der um das Leben seiner Tochter fürchtet. Diese kann sein Schloss nicht verlassen. Zahlt er nicht, so wird es in die Luft gesprengt. Ein sehr raffinierter Fall mit mehreren Wendepunkten, hat mir unglaublich gut gefallen. Für mich persönlich ist dies auch die brisanteste Kurzgeschichte, weil Akunin direkt drei berühmte Figuren (mit Watson) in seine Geschichte integriert. Das kann leicht schief gehen, aber ich finde, dass er es sehr gut gelöst hat, und möchte auch weiter nichts verraten. Lest selbst, es lohnt sich!

    Fazit:Wer Das Geheimnis der Jadekette mochte, wird wahrscheinlich auch an dieser Sammlung Gefallen finden. Und für alle, die Akunin antesten wollen/und/oder gute Unterhaltung suchen, ist sie ebenfalls prima geeignet. :thumleft:

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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  • Der Titel der Originalausgabe lautet: Нефритовые четки. Diese enthält neben den vorgestellten Geschichten sieben weitere. Sechs davon wurden auf Deutsch im Sammelband Das Geheimnis der Jadekette veröffentlicht.

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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  • Ich selbst bin unglaublich gespannt auf die Romane, von denen ich bis jetzt noch keinen einzigen gelesen habe. Muss es dieses Jahr unbedingt nachholen! Über deine Meinung zu Das Halsband des Leoparden würde ich mich sehr freuen, das Lesen lohnt sich auf jeden Fall. :wink:

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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  • Ich bin hier vor Jahren durch Marie auf Fandorin aufmerksam gemacht worden. Sie nannte ihn, glaube ich, den russischen James Bond. :wink:


    Wenn du noch keinen Roman kennst, würde ich an der deiner Stelle dann auch mit dem ersten anfangen.


    grüße von missmarple

  • Sie nannte ihn, glaube ich, den russischen James Bond. :wink:


    Das gefällt mir und vor allem ist da was dran. :totlach: Zum Glück ist meine Mutter ein begeisterter Fandorin-Fan, also kann ich mir die Bücher von ihr besorgen. :thumleft:

    :jocolor: Verschwundene Reiche: Die Geschichte des vergessenen Europa // Norman Davies (Projekt)



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