Dieser Band mit zwölf Kurzgeschichten ist das einzige literarische Vermächtnis des US-amerikanischen Schriftstellers Breece D'J Pancake, der im Jahr 1979 zwei Monate vor seinem 27. Geburtstag an einer Schusswunde am Kopf verstarb, die er sich wohl in der Absicht beigebracht hat, Selbstmord zu begehen. Vier Jahre später erschienen seine Stories zum ersten Mal gesammelt als Buch. Sechs davon waren bereits zu Lebzeiten in Zeitschriften publiziert worden. Die amerikanische Literaturwelt hat sich spätestens 1983 mit Lob nicht zurückgehalten: Auch renommierte Autorinnen wie Margaret Atwood, Joyce Carol Oates und Jayne Anne Phillips waren hingerissen und verglichen die Geschichten mit Ernest Hemingways Nick-Adams-Stories und den Dubliners von James Joyce, den jungen Autor mit William Faulkner und Samuel Beckett.
Der Autor (nach englischer Wikipedia): Breece D'J Pancake (am 29. Juni 1952 als Breece Dexter Pancake in South Charleston, West Virginia geboren, gestorben am 8. April 1979 in Charlottesville, Virginia) war ein US-amerikanischen Autor von Kurzgeschichten. Schloss sein Englischstudium auf Lehramt mit dem Bachelor ab, belegte an der University of Virginia Kurse im Kreativen Schreiben bei John Casey und James Alan McPherson und arbeitete als Englischlehrer an zwei Militärakademien. Inszenierte sich selbst als unzivilisierter Hillbilly und Einzelgänger, der viel Zeit in der freien Natur zubrachte, um zu zelten, jagen und zu angeln. Nach seinem Tod schrieb der Schriftsteller Kurt Vonnegut in einem Brief an Pancakes Lehrer John Casey folgende Zeilen über den Verstorbenen: "I give you my word of honor that he is merely the best writer, the most sincere writer I've ever read. What I suspect is that it hurt too much, was no fun at all to be that good. You and I will never know."
Diese zwölf Geschichten sind formvollendete Perlen, lyrisch und direkt, schlicht und ehrlich, in schöner und deftiger Sprache. Zwölf rustikale Geschichten, die von den Träumen, der Mühsal, den Entscheidungen und dem Unbehagen „einfacher Leute“ handeln, von Jugendlichen und Halunken, Hoffnungslosen und Mördern, Einsamen, Truckern, Schneepflugfahrern und Farmern, schlechten Ehemännern, enttäuschten Ehefrauen und schwachen Söhnen aus den Hinterwäldern der bergigen Appalachen in West Virginia.
Zwölf Geschichten, die zwölf ganze Romane ersetzen. In kleinen Andeutungen werden lange Vorgeschichten verpackt. Die jeweils recht überschaubaren Situationen werden dank einer zärtlichen Beobachtungsgabe in ungewöhnlicher Tiefe dargestellt. Es gibt keine exaltierten Settings oder clever gebaute Subplots. Es ist nie eine gewitzte Handlung, die die Geschichten vorantreibt, sondern nur die Charaktere. Die Figuren scheinen oft, trotz äußerer Lethargie, von einem drängenden Sehnen fast zerrissen zu werden. Und obwohl die geschilderten Vorgänge einfach und ruhig sind, dem Anschein nach rundum beleuchtet, behält der Erzähler viele Aspekte der Handlung, viele Gedanken und Motivationen der Figuren im Geheimnisvollen, liefert keine langen Einführungen der Haupt- und Nebenfiguren, klärt eben auch nicht alle Zusammenhänge, legt nicht alle Beziehungen zwischen den Figuren bloß, wertet nicht reflexartig jedes Verhalten als gut oder verwerflich und schafft auch keine abgeschlossenen Szenen, in denen die Figuren einfach nur apart miteinander interagieren. Man wird hineingestoßen in die Leben anderer Leute, kann ihr Dasein und ihre Gefühle miterleben – und bleibt am Ende, als wäre man selber beteiligt oder bloßgelegt, oft tief berührt und verwundet zurück.
Geschichten, wie traurige Folkballaden aus dem Autoradio, die die Einsamkeit langer Überlandfahrten nicht vertreiben, aber besänftigen. Mehr als diesen schmalen Band wird es von Breece D'J Pancake nicht zu lesen geben. So müssen also diese zwölf Geschichten alle paar Jahre aufs Neue hervorgekramt und immer wieder gelesen werden.