John Brunner - Der Infinitiv von Go / The Infinitive of Go

  • Inhalt (nach Klappentext): Als sie die ersten Menschen durch den "Poster", den Materietransmitter, schickten, traten bei den Versuchspersonen seltsame Erinnerungsstörungen auf. Sie hatten das Gefühl, in eine Wirklichkeit befördert worden zu sein, die nicht ganz der entsprach, aus der sie kamen. Waren es die starken elektrischen Felder des Geräts, die nachhaltig die Gehirnströme störten und Gedächtnisinhalte veränderten, oder war es tatsächlich – die Wirklichkeit, die sich bei jedem Transfer veränderte? Dann trat ein Notfall ein, und sie mußten den schwerverletzten Ed Landini mit dem Poster von der Raumstation herunterholen, weil er einen Transport im Shuttle nicht überlebt hätte. Was unten eintraf, war – ein Zweibeiner von vage hundeartigem Aussehen in einem unbekannten Raumanzugtyp. Auf irgendeine Weise hatte der Poster Kontakt mit einem Wesen von einem fremden Universum herstellen können. Als die Kreatur wieder zu Bewußtsein kam, sprach sie Englisch – und erzählte der Krankenschwester einen dreckigen Witz. Als sie das Alien nach seinem Namen fragen, sagte es: "Ed Landini – natürlich."


    Ein mit 192 Seiten kurzer Roman über ein unendliches Multiversum an Parallelwelten, von Science-Fiction-Großmeister John Brunner 1980 verfasst und 1983 beim Heyne-Verlag in deutscher Übersetzung erschienen, dessen Erzählung auf das Notwendigste heruntergebrochen ist: Ausschmückende Beschreibungen der Örtlichkeiten und Vorgeschichte fehlen meist, Charakterisierung gibt es nur insoweit, wie sie für das Verständnis der Szenenfolge wichtig ist. Stattdessen: höhere Mathematik. Das geht zwar zu Lasten der Spannung, ist aber dennoch eine anregende, wenn auch verwirrende Lektüre.


    Interessant ist, dass sich die Geschichte nicht etwa mit den üblichen Parallelwelt-Spielereien begnügt - etwa einer leichten Veränderung der oder auch einem folgenschweren Eingriff in die Historie -, sondern sich tatsächlich an eine „den menschlichen Geist sprengende“ Unendlichkeit gedanklicher Möglichkeiten heranwagt. Die Philosophie muss der Physik auf dem Fuß folgen, doch den philosophischen Überbau rund um den technisch-physikalischen Kern der Geschichte hat sich der Leser – spätestens, wenn er das Buch nach dem offenen Ende zuklappt - selbst zu erarbeiten, der Roman bereitet dafür nur den Boden. Das mag man zunächst als Manko, das einen wirklich großen erzählerischen Wurf verhindert, bedauern. Doch nur so, wenn der Schreibstil eher einer trockenen Skizze oder einer mathematischen Versuchsanordnung gleicht, ist es möglich, dass sich der Leser in den unendlichen Abzweigungen möglicher Welten verirren kann... und es sich nicht im warmen Schoß einer detailreich ausgeschmückten Thrillergeschichte gemütlich machen kann.


    Auch in diesem Roman malt John Brunner dystopische Zustände - staatliche Paranoia und allgemeine Xenophobie lassen die schönste Zukunftsvision verkümmern - und kritisiert das menschliche Fortschrittsdenken: Wer Techniken ersinnt und verwendet, die seinen eigenen Horizont übersteigen, wird eines Tages von der Technik an den Katzentisch der Evolution verwiesen werden. Beziehungsweise alles gerät außer Kontrolle. Die Teleportationstechnik in diesem Roman jedenfalls taugt wohl nur in den Händen selbstloser, die Vielfalt liebender Idealisten. Aber davon gibt es einfach zu wenige!


    Der Autor (siehe Wikipedia): John Kilian Houston Brunner (1934-1995) war ein britischer Science-Fiction-Autor. Seine ersten Romane werden der konventionellen Space Opera zugerechnet, bald jedoch begann er, einen eigenen Romanstil zu entwickeln. Sein 1968 erschienener Roman Morgenwelt (Stand on Zanzibar) wurde 1969 mit dem Hugo Award als bester Science-Fiction-Roman ausgezeichnet und gilt heute als einer der Klassiker des Genres, ebenso wie Schafe blicken auf (The Sheep Look Up, 1972). Mit seinem Roman Der Schockwellenreiter, (The Shockwave Rider; 1975) gilt er als der Schöpfer des Konzeptes des Computerwurms.
    John Brunner wird häufig den Cyberpunk-Autoren zugerechnet, obwohl er den Großteil seines Werkes bereits vor der Phase des Cyberpunk in den 1980er -ahren publizierte.
    Seine Pseudonyme waren K. H. Brunner, Gill Hunt, John Loxmith, Trevor Staines und Keith Woodcott.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (82/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 57 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Das ist die englische Ausgabe "The Infinitive of Go", 1980 bei Del Rey erschienen.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (82/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 57 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)