Original : Hurskas kurjuus (Finnisch, 1919)
Deutsche Fassungen : Das fromme Elend (1948)
Sterben und Auferstehen, dt. Edzard Schaper (1956)
Frommes Elend (2014) - Neuübersetzung durch Reetta Karjalainen und Anu Katariina Lindemann
INHALT :
Im Schicksal von Jussi Toivola spiegelt sich das Schicksal des bäuerlichen Finnlands.
Als Sohn armer Bauern wird Jussi Toivola im Herbst des Jahres 1857 in einer Zeit geboren, die von großen Umbrüchen gezeichnet ist. Finnland ist bestrebt, sich von seiner jahrhundertelang währenden Fremdherrschaft – zuerst durch Schweden und dann durch Russland – zu befreien. In seiner Heimat, wo Jussi aufwächst und später als Landarbeiter und Kleinpächter in einer Hütte mit Frau und zahlreichen Kindern sein Leben zu bestreiten versucht, erschweren Hunger und Armut sein Dasein. Das bäuerliche Leben ist noch stark in eine hierarchische Ständeordnung eingebunden. Als dann 1918 der Bürgerkrieg ausbricht, findet sich Jussi inmitten der Auseinandersetzungen des Krieges wieder... (Auszug aus Klappentext)
BEMERKUNGEN :
Im Prolog des Buches zeichnet sich das Ende Jussis ab : eine Hinrichtung in den Wirren des Aufstandes, des Kampfes zwischen den Weißen und den Roten im Finnland des Jahres 1917. Nach diesen wenigen einleitenden oder klanggebenden Seiten wird dann das Leben Jussis mehr oder weniger chronologisch in sechs Kapiteln erzählt, hat aber für den Leser etwas nahezu Fatalistisches, Unabwendbares in sich. Es erscheint als unmöglich, aus dem Teufelskreis von Armut, Elend und Abhängigkeiten auszubrechen. Neben diesen gesellschaftlich geprägten Bedingungen sind es zudem noch teils menschliche Unzulänglichkeiten, ob nun der Alkoholismus des Vaters oder der die Armut oft begleitende Egoismus, « jeder für sich ».
So erscheint der Traum von Jussis Mutter, endlich mal « in die Gänge zu kommen », ebenso unerreichbar wie der des Kleinkätners Jussi, der mit einer eher behäbigen Frau zu kämpfen hat, die ihm ein Kind untergeschoben hat und ihn oft bei den hauswirtschaftlichen Arbeiten alleine läßt.
Eine karge Welt, voller Leid, voller Klüfte zwischen den Menschen. Und auch die Natur ist nicht sanfter Begleiter, sondern manchmal Urheber von Elend. Da erscheint der Tod fast als willkommener Freund... Jussi ist eigentlich überall ein Fremder, manchmal leise belächelt, wenn nicht gar ausgenutzt. Und auch als der schon auf die 60 zugehende Jussi sich aus eher gespaltenen Gefühlen und übers Maß der Erträglichkeit gequält, auf seine eigene Art den Rebellen anschließt, steht er am Rande.
Man muss schon auf Sillanpääs letzte Bemerkungen zurückgreifen, um diesem exemplarischen Leben eine weiterführende Bedeutung zuzusprechen, zu erhoffen, dass sich hier nach und nach neue Menschheitsetappen auftun.
Dazu aber bedarf es eines schönen Stückes Hoffnung, das den zukünftigen Nobelpreisträger auszeichnete!
AUTOR :
Frans Eemil Sillanpää (* 16. September 1888 in Kierikkala, Gemeinde Hämeenkyrö; † 3. Juni 1964 in Helsinki) war ein finnischer Schriftsteller. 1939 erhielt er den Literatur-Nobelpreis. Sillanpääs Eltern stammten beide aus Landbesitzerfamilien, die jedoch in wirtschaftliche Not geraten waren. Bei den Eltern erlebte er die Armut, die später das beherrschende Thema seiner Romane „Das fromme Elend“ und „Silja, die Magd“ wurde.
Zwei Geschwister waren früh gestorben. Zu dieser Zeit gab es im Großfürstentum Finnland – damals Teil des Russischen Reichs – keine allgemeine Schulpflicht. Die Eltern taten jedoch alles ihnen Mögliche, Frans Eemil eine Bildung zu verschaffen. Sie schickten ihn zunächst auf eine Grundschule nach Hankijärvi, 1896 dann auf das Städtische Gymnasium in Tampere. Da die Eltern die Kosten nicht mehr tragen konnten, verschaffte ihm der Direktor des Gymnasiums eine Hauslehrerstelle bei einem reichen Industriellen. Nach dem Abitur zog Sillanpää 1908 nach Helsinki, wo er sich an der kaiserlichen Alexander-Universität für ein Studium der Naturwissenschaften einschrieb. Allerdings legte er in insgesamt fünf Studienjahren keine Prüfung ab.
1914 veröffentlichte die Zeitung Uusi Suometar mehrere literarische Skizzen und Novellen unter dem Pseudonym „E. Syväri“. Die Texte des unbekannten Autors erregten Aufsehen. Im Herbst 1916 erschien hier der erste Roman „Sonne des Lebens“, der großen Erfolg hatte. Den Finnischen Bürgerkrieg erlebte Sillanpää in Hämeenkyrö ohne sich an den Kämpfen zu beteiligen. Seine Sympathie lag jedoch eindeutig auf Seiten der Linken.
Mitte der 1930er Jahre galt Sillanpää als der beste Schriftsteller Finnlands. 1936 erschien noch die Novellensammlung „Viidestoista“. Der Nobelpreis 1939 an Frans Eemil Sillanpää war der erste, der an einen Finnen verliehen wurde.
Die weiterhin wachsenden Schulden, die Folgen des Alkoholmissbrauchs sowie der Tod seiner Frau Sigrid Anfang 1939 führten zu Erschöpfungszuständen. Im März 1940 wurde seine zweite Ehe geschieden, und Sillanpää wurde in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Nach seiner Entlassung verbrachte er den Rest seines Lebens bei seinen Kindern und Enkeln in der Nähe von Helsinki.
Nachdem Sillanpää in der sozialdemokratischen Zeitung Suomen Sosialidemokraatti einen kritischen „Weihnachtsbrief an die Diktatoren“ Hitler, Stalin und Mussolini veröffentlicht hatte, wurden seine Bücher im nationalsozialistischen Deutschland verboten.
(Quelle und mehr siehe : http://de.wikipedia.org/wiki/Frans_Eemil_Sillanp%C3%A4%C3%A4 )
Ich selber habe eine ältere Ausgabe in der Übersetzung von Schaper gelesen. Ich habe aber hier der Erhältlichkeit halber die Neufassung aus dem Jahre 2014 eingestellt...
Gebundene Ausgabe: 285 Seiten
Verlag: Guggolz Verlag; Auflage: 1 (August 2014)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3945370000
ISBN-13: 978-3945370001