Timothy Zahn - Totmannschaltung / Deadman Switch

  • Science-Fiction-Roman, der einer wirklich guten Idee folgt, die solide, wenn auch in etwas langweilig-pragmatischer Sprache heruntererzählt wird: Nur Zombies genannte Tote - was meist frisch im Cockpit hingerichtete Todeskandidaten meint - können wie ferngelenkt ein an Rohstoffen reiches und gewinnträchtig auszubeutendes Sternensystem anfliegen, das von einer geheimnisvollen Wolke umgeben ist ...

    Inhalt (laut Klappentext):
    Das Solitaire-System ist eins der interessantesten des Galaxis. Nirgendwo sonst sind Monde und Planetoiden mit ungewöhnlich hoch angereicherten Erzen seltener Metalle zu finden. Doch das System ist von einem seltsamen Gebilde umgeben, einer Art Wolke, die eine Annäherung durch den Hyperraum unmöglich macht. Bis einem Forschungsschiff das unmöglich Scheinende gelingt - mit einem Sterbenden an den Kontrollen, einem Zombie, der das Schiff sicher durch die Wolke nach Solitaire bringt.Aus dem Glücksfall wird Methode: Man nimmt zum Flug nach Solitaire Todeskandidaten mit, meist zum Tode verurteilte Verbrecher. Diese erhalten ihre Todesspritze, bevor das Schiff in die Wolke taucht. Die Flüge nach Solitaire sind so lukrativ, dass man auch ab und zu jemanden auf dem Altar des Profits opfert, dessen Schuld nicht so ganz feststeht.Im übrigen macht man sich wenig Gedanken darüber, weshalb ausgerechnet frisch Verstorbene den Weg finden und kein lebender Mensch, aber solange es funktioniert und die Kasse stimmt... Bis eines Tages durch Zufall die schreckliche Wahrheit an den Tag kommt ...

    Angereichert ist die Erzählung mit (1.) einigen überraschenden Wendungen (groß angekündigte Handlungsverläufe werden schon mal kurzerhand für eine völlig andere Storyline fallengelassen), (2.) recht realistisch gezeichneter Zukunftstechnik, die nicht über-beschrieben wird, sondern meist als bekannt vorausgesetzt wird (ein Stil, den ich sehr mag) und mit (3.) einigen interessanten moralischen Gesichtspunkten.


    Von diesen gefällt mir vor allem die stringent durchgezogene christliche Grundierung der männlichen Hauptfigur, die ein sogenannter "Watcher" ist, was einen Anhänger einer allseits geschassten religiösen Sekte meint, deren spirituelle Innigkeit es erlaubt, die Körpersprache der Mitmenschen genau zu lesen und feinste Stimmungsveränderungen (selbst bei Außerirdischen) wahrzunehmen. Insofern arbeitet die Hauptfigur auch an der Seite eines Industriekapitäns als Berater bei Geschäftsverhandlungen. Allerdings ist ihr der laxe Umgang mit den zum Tode verurteilten Verbrechern, die als Navigatoren verbraucht werden, moralisch ein ziemlicher Dorn im Auge, was die Geschichte erst ins Rollen bringt ...


    Diese stets ehrlich handeln wollende (doch das oft nicht könnende) Hauptfigur, die in einer auf Machbarkeit und Profit ausgerichteten, ideologiefeindlichen und antispirituellen Wirtschaftswelt auf Basis ihrer moralisch-religiösen Grundhaltung versucht, Wahrheitsliebe und Menschlichkeit zu achten, gerät im Verlauf des Romans in ein faszinierendes Spannungsfeld aus Beeinflussung und Standfestigkeit, Außerirdischen, Ethik und Überwachung, das doch einmal etwas anderes und nicht unbedingt gewöhnlich im Science-Fiction-Gewerbe ist, welches ansonsten so oft von desillusionierten Helden bevölkert wird.


    Diese Space Opera über globale Manipulation, Außenseitertum und den Drang, das Richtige im Falschen zu tun, ist sehr abwechslungsreich, leicht lesbar und ziemlich spannend, wenn auch die Spannungskurve zum Ende hin, gerade dann, als das Leben des Helden besonders stark bedroht ist, auffällig abflacht.


    P.S.: Dass die wichtige weibliche Neben-Hauptfigur nach zwei Dritteln des Romans einfach so verschwindet, um dann nur noch in Berichten erwähnt zu werden, ist zwar schade, verhindert allerdings auch ein "romantisches" Ende, was ja auch nicht besonders gepasst hätte ...


    Der Autor (anhand Wikipedia): Timothy Zahn (geboren 1951 in Chicago) ist ein US-amerikanischer Science-Fiction-Autor mit physikalischer Ausbildung, der 1978 sein Hobby zum Beruf machte und Schriftsteller wurde. Bekannt ist er vor allem für seine Star-Wars-Romane und -Kurzgeschichten.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (54/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 56 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Eine englische Ausgabe des erstmals 1988 erschienen Romans gibt es unter dem Originaltitel Deadman Switch beim "Pocket Books"-Verlag, Taschenbuchausgabe vom 1992. Eine Kindle-Ausgabe gibt es natürlich auch ...

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