Peter V. Brett: Das Erbe des Kuriers / Messenger’s Legacy

  • Inhalt
    Die Menschheit steht am Rande der Ausrottung. Jede Nacht wird die Welt von Dämonen überrannt – blutrünstige Kreaturen aus den schlimmsten Albträumen, welche die Erdoberfläche seit über 300 Jahren heimsuchen. Eine geringe Zahl kleiner Weiler und halb ausgehungerte Städte sind alles, was von der einst stolzen Zivilisation übrig bleibt. Sie überleben nur, weil sie sich hinter uralten Schutzrunen verstecken, welche die Macht haben die Dämonen abzuhalten. Nachrichten zwischen den Siedlungen werden von wenigen tapferen Meldereitern überbracht.
    Briar Damaj, ein 6-jähriger Junge, lebt im kleinen Dorf Bogton. Wegen seiner krasianischen Abstammung und der dunklen Haut nennen ihn die anderen Kinder nur "Mudboy". Als jedoch ein Unglück geschieht kommt Briar zu dem Schluss, dass sein Dorf ohne ihn weitaus besser dran wäre. Er flieht in die Sümpfe, wo nur sein scharfer Verstand und sein Pflanzenwissen ihn beschützen.
    Der Meldereiter Ragen hat beschlossen sich nach 20 Jahren zur Ruhe zu setzen und seine Melderoute an seinen Schützling Arlen Bales abgegeben. Obwohl er sich den Ruhestand verdient hat, weiß er jedoch nichts mit dem Rest seines Lebens anzufangen. Eines Tages erfährt Ragen in einem Brief, dass Briar, der totgeglaubge Sohn seines alten Freundes, noch am Leben ist und sich in den Sümpfen versteckt hält. Ragen ist bereit alle Gefahren auf sich zu nehmen, um Briar zu finden und ihn sicher wieder nach Hause zu bringen.

    Über das Buch

    Messenger’s Legacy ist Peter V. Bretts dritte Novelle, die in der Welt seines international erfolgreichen Dämonenzyklus spielt. Von dem Buch erschienen im November und Dezember 2014 verschiedene Ausgaben in den USA und im Vereinigten Königreich.
    Bisher gibt es jedoch nur die englischen Ausgaben. Die deutsche Übersetzung soll erst am 14. April 2015 unter dem Titel Das Erbe des Kuriers beim Heyne Verlag erscheinen. Übersetzerin ist Ingrid Herrmann-Nytko.


    Die Geschichte umfasst 89 Seiten, zudem enthält das Buch ein Vorwort von Peter V. Brett und im Anhang ein “Ward Grimoire”, ein Verzeichnis mit Erklärungen und Abbildungen bekannter Schutzrunen, die in der Reihe immer wieder erwähnt werden. Die Handlung ist in sechs größere Kapitel unterteilt und diese jeweils wieder in mehrere Unterkapitel. Der Handlungszeitraum im Buch erstreckt sich über neun Jahre und verläuft parallel zu den Ereignissen der bisher erschienenen drei Bände der Hauptreihe.


    Meine Meinung
    Als bekennender Fan von Peter V. Bretts Dämonenzyklus habe auch ich lange auf Messenger’s Legacy warten müssen. Auch wenn die Handlung selbst nur knapp 90 Seiten
    umfasst, so ist der Fantasyroman doch eindeutig ein “echter” Brett. Man taucht bereits mit den ersten Zeilen in die Handlung ein und legt das Buch bis zum Schluss nicht mehr zur Seite. Peter’s fesselnder Schreibstil lies mich nicht los.


    Worum geht’s? In Messenger’s Legacy führt er mit dem Jungen Briar Damaj einen überaus interessanten neuen Charakter in seine von Dämonen heimgesuchte Fantasiewelt ein. Laut Peter’s Aussage sollte das erste Kapitel dieser Kurzgeschichte eigentlich das Eröffnungskapitel zu Die Flammen der Dämmerung werden. Allerdings wollte er die Vorgeschichte von Briar weiter ausbauen und hat sich deshalb für eine separate Novelle entschieden, um der Handlung mehr Raum einräumen zu können. Zum Glück muss ich sagen, denn Briar konnte mich überzeugen. Seine Familie und er gelten in dem kleinen Dorf Bogton als Außenseiter. Viele Dorfbewohner können nicht
    verstehen, dass die Heilkundige des Dorfes vor Jahren einen “dahergelaufenen” Krasianer zum Mann nahm, und die Vorurteile gegenüber dem “Ausländer” und den Kindern mit einer anderen Hautfarbe schwelen untergründig. Manchmal tritt die Abneigung auch offen zu Tage und obwohl die Familie immer wieder versucht sich in die Dorfgemeinschaft zu integrieren, scheint sie nie wirklich ein Teil von ihr zu werden. Ich sehe in dieser Rahmenhandlung klare Parallelen zu Problemen in unserer Welt und Peter V. Bretts Roman somit als offene Kritik an manchen Verhaltensweisen der Gesellschaft. Leider werden Menschen allzu oft aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion oder Hautfarbe gemieden und schlimmstenfalls offen angefeindet. In Messenger’s Legacy nennt man Briar und seine Familie wegen ihrer Hautfarbe abfällig “Mudskins”
    (Schlammhäute). Briars Schimpfname “Mudboy” (Schlammjunge) bezieht sich demnach nicht auf sein Leben in den Sümpfen, wie man eigentlich vermuten könnte, sondern auf seine krasianische Herkunft und dunkle Hautfarbe.


    Der Junge muss in Bretts Roman so einiges durchmachen, aber er ist ein starker Charakter, voller Mut und Entschlossenheit. Sein einsames Leben in den Sümpfen beginnt er mit sechs Jahren und er wächst in den folgenden neun Jahren der Handlung zu einem überaus interessanten Protagonisten heran. Der Autor überspringt Briars einsame Jahre im Sumpf mit einem großen Satz. Mit 15 ist der Junge zwar älter und stärker geworden, doch er wird immer noch geplagt von Schuldgefühlen und von der Abneigung des Dorfes, dessen Bewohnern er nicht vertrauen kann. Somit ist eine Rückkehr für ihn ausgeschlossen.


    Briar ist in gewisser Weise eine tragische Figur, für die man als Leser von Anfang an nur Mitgefühl haben kann. Gleichzeitig zeigt er aber einen eisernen Überlebenswillen und er ist schlau genug, um als Kind allein im Sumpf groß zu werden und sich nachts vor den Dämonen zu schützen. Der Junge hat Charakter.
    Mehr möchte ich an dieser Stelle auch nicht über den Inhalt des Buches verraten.


    Peter V. Brett hat in einem älteren Interview bereits angedeutet, dass er in Band 4 seiner Reihe (The Skull Throne / Der Thron der Finsternis) einen neuen, interessanten Protagonisten einführen wird und es ist sehr wahrscheinlich, dass Briar diesen Platz einnehmen wird. Peter erwähnt bereits im Vorwort, dass wir Briar im vierten Buch wiedertreffen werden.
    Messenger’s Legacy / Das Erbe des Kuriers fügt sich sehr gut in die Gesamthandlung ein. Ich empfehle unbedingt das Buch vor dem vierten Band zu lesen, da er Briars Vorgeschichte beinhaltet. Ich liebe dieses Buch. :love:


    Mein Fazit
    Mehr noch als die anderen beiden Novellen (The Great Bazaar & Brayan’s Gold) ist diese dritte Kurzgeschichte eigentlich ein Muss für alle Fans von Peter V. Bretts Dämonenzyklus, weil es die Vorgeschichte einer Hauptperson erzählt. Briar ist ein toller Charakter und ich freue mich auch deswegen ganz besonders auf die Veröffentlichung von The Skull Throne / Der Thron der Finsternis (Band 4) im kommenden Jahr.
    Der Schreibstil ist wie immer flüssig und fesselnd, jedoch sollte man nicht allzu viele Wendungen und Überraschungen auf den knapp 90 Seiten erwarten. Das Buch ist jedoch geeignet das lange Warten auf Band 4 zur verkürzen und die Spannung zu erhöhen. Daher meine Leseempfehlung für Das Erbe des Kuriers/Messenger's Legacy.


    Sprachniveau
    Ich habe die englische Originalausgabe des Buches gelesen und es ist gut verständlich. Wenn man einigermaßen Englisch beherrscht, sollte man daher die englische Ausgabe unbedingt der deutschen Überstzung von Frau Herrmann-Nytko vorziehen. Darin wird der arme Junge vermutlich “Matschknabe” heißen. Wer weiß. :roll:


    Quelle: Bücher wie Sterne

  • Hier die bereits erschienene englische Ausgabe von Harper Voyager (UK) mit dem Titel "Messenger's Legacy".

  • Und noch die US-amerikanische "Trade Edition" von Subterranean Press mit dem gleichen Titel.
    Edit: Das angezeigte Cover ist das alte und das gibt es so nicht mehr. Das neue (graue) Cover befindet sich im Anhang.
    Daneben auch noch gleich das Cover der Limited Edition (grün).

  • Ich sollte nun endlich auch diesen Zyklus einmal lesen. Auf jeden Fall wandert auch dieses Büchlein direkt auf meine Wunschliste. Danke für die schöne Rezi. :)

    Gelesen in 2024: 9 - Gehört in 2024: 6 - SUB: 626


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Das Erbe des Kuriers ist ab heute in den Buchhandlungen zu finden. Wer Peter V. Bretts Bücher liest, der kommt um diese Novelle nicht herum, da in ihr eine neue Hauptperson eingeführt wird, die im kommenden vierten Band eine tragende Rolle spielen soll. :)


    El Novelero

  • @El Novelero verzeiht mir sicherlich, wenn ich einiges wiederhole, aber da sich meine Rezension auf die deutsche Ausgabe bezieht, möchte ich sie gern vollständig veröffentlichen :)



    Kurzbeschreibung:


    Angst beherrscht die Welt, denn immer nachts machen Dämonen Jagd auf alles, was lebt. Nur die Kuriere wagen sich noch auf die lebensgefährlichen mehrtägigen Reisen von Dorf zu Dorf und Stadt zu Stadt. Als der alte Ragen, der seine Kurierrouten an den jungen Arlen Bales abgetreten hat, jedoch erfährt, dass der Sohn seines Jugendfreundes verschwunden ist, macht er sich auf seine letzte, beschwerliche Reise. Hinaus in die Wildnis, wo die Dämonen warten … (Quelle: Verlagswebsite)



    Autor:


    Peter V. Brett, 1973 geboren, studierte Englische Literatur und Kunstgeschichte in Buffalo und entdeckte Rollenspiele, Comics und das Schreiben für sich. Danach arbeitete er zehn Jahre als Lektor für medizinische Fachliteratur, bevor er sich ganz dem Schreiben von fantastischer Literatur widmete. Mit seinen Romanen und Erzählungen aus der Welt von »Das Lied der Dunkelheit« hat er die internationalen Bestsellerlisten gestürmt. Peter V. Brett lebt in Brooklyn, New York. (Quelle: Verlagswebsite)



    Allgemeines:


    Diese Novelle aus dem Dämonenzyklus ist im April 2014 bei Heyne erschienen. Das Original „Messenger's Legacy“ wurde von Ingrid Herrmann-Nytko aus dem Amerikanischen übersetzt.


    „Des Erbe des Kuriers“ wurde als Taschenbuch mit Klappenbroschur veröffentlicht. Es umfasst 208 Seiten, von denen 164 auf die eigentliche Geschichte entfallen. Angehängt ist ein umfangreiches Grimoire der Siegel sowie ein krasianisches Lexikon. Zudem findet man eine Leseprobe aus „Der Thron der Finsternis“. Vorangestellt ist eine Einführung des Autors, in der erklärt, wie es zu dieser Kurzgeschichte kam.


    Erzählt wird, wie im gesamten Zyklus, aus wechselnden Perspektiven in der 3. Person.



    Meine Meinung:


    »Das Erbe des Kuriers« knüpft an die Ereignisse aus »Das Lied der Dunkelheit« an und ist somit perfekt geeignet, die Wartezeit auf Band 4 des Zyklus zu verkürzen. In seiner Einführung erklärt Peter V. Brett, wie diese Novelle zu Stande kam: er brauchte einfach mehr Raum für einen seiner Charaktere, den er ihm im Zyklus selbst nicht bieten konnte. Allein das zeigt meiner Meinung nach, mit wieviel Herzblut der Autor an seinen Büchern arbeitet, wie sehr er an seinen Figuren hängt.


    Es ist auch wieder ein sehr außergewöhnlicher Charakter, der uns hier nahegebracht wird. Ein kleiner Junge, der sowohl von seinen Geschwistern drangsaliert als auch von der Dorfgemeinschaft ausgegrenzt wird, wird wider Willen zum Helden der Geschichte. Brett zeigt mit ihm, dass auch die Schwachen eine Chance im Leben haben, wenn sie sich nicht aufgeben und anstelle der fehlenden Kraft Cleverness und Klugheit an den Tag legen.


    Ich gehe davon aus, dass wir in dem heißersehnten nächsten Band des Zyklus noch mehr von Dorn, der nun wohl nicht mehr länger der Modderjunge sein wird, lesen können und darauf freue ich mich jetzt schon ganz besonders. Apropos „Dorn“: oftmals sind Übersetzungen von Namen ja nicht sehr glücklich. Diese ist allerdings gut gelungen, da sich der Sinn hinter dem Namen so auch Lesern erschließt, die des Englischen nicht mächtig sind.


    Auch diese Kurzgeschichte erhält von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: , denn nur dafür, dass sie so kurz ist, kann man wohl kaum einen Stern abziehen.



    Fazit:


    Egal ob 1000 Seiten oder 100 – Bretts Geschichten sind magisch, spannend und außergewöhnlich.



    Darin wird der arme Junge vermutlich “Matschknabe” heißen. Wer weiß.

    Nein - er heißt "Modderjunge" und das finde ich völlig in Ordnung, weil es dem Sinn von Mudboy durchaus entspricht :wink:

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  • Nein - er heißt "Modderjunge" und das finde ich völlig in Ordnung, weil es dem Sinn von Mudboy durchaus entspricht

    Ich hab' sowas befürchtet. :totlach:
    Modderjunge (mit zwei D) oder Moderjunge? Matschknabe hätte mir eigentlich besser gefallen. :loool:


    Das man durchaus auch nahe am Original bleiben kann ohne die Namen zu verhunzen, dass zeigt Kirsten Borchardt, die Übersetzerin von Joe Abercrombies Büchern, die ich neulich sogar auf seiner Lesung kennenlernen durfte. :thumleft:

  • Modderjunge (mit zwei D)

    ja, mit zwei D. Der arme modert ja nicht vor sich hin (obwohl man das später dank Eberwurtz wohl annehmen könnte), sondern wird so genannt, weil er aussieht wie durch den Modder (=Schlamm) gezogen. Fand ich jetzt ganz passend (ohne den Namen im Original zu kennen, den ich erst aus deiner Rezi erfahren habe)

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