Lieneke Dijkzeul - In der Stille der Tod / Wat overblijft

  • Klappentext:
    Asli Verkallen meldet ihren Mann Richard bei der Polizei als vermisst. Die junge Frau ist vollkommen aufgelöst. Hatte ihr Mann einen Unfall? Wurde er Opfer eines Verbrechens? Oder hat er wirklich eine Geliebte, mit der er durchgebrannt ist, wie die Polizei vermutet? Mit einem Mal geraten alle Gewissheiten in Aslis Leben ins Wanken. Doch ihre größte Sorge gilt ihrem Sohn: Keja ist dreizehn Jahre alt, Autist und kam ohne Gehör zur Welt. Wer würde ausgerechnet ihm den Vater nehmen? Ein vorsätzliches Verbrechen scheint undenkbar. Eine erste Spur führt Kommissar Paul Vegter und seine Kollegen zu Gemma van Son, mit der Richard tatsächlich viele Jahre ein Verhältnis hatte. Diese leugnet jedoch alles. Sie scheint etwas zu verbergen. (von der Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Lieneke Dijkzeul gilt als eine der wichtigsten Kriminalautorinnen der Niederlande. Für 'Vor dem Regen kommt der Tod' wurde sie für den "Gouden strop", die bedeutendste niederländische Krimi-Auszeichnung nominiert. (von der Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Wat overblijft
    Aus dem Niederländischen übersetzt von Christiane Burkhardt
    Erstmals erschienen 2012 bei Ambo / Anthos Uitgevers, Amsterdam
    Von der inzwischen 5-bändigen Serie um Paul Vegter ist dies der 5. Band, wobei Band 2 und 4 noch nicht übersetzt wurden
    Aus verschiedenen personalen Perspektiven erzählt, meist Paul Vegters und Asli Verkallens.
    319 Seiten


    Eigene Meinung / Bewertung:
    Zuerst kam Band 3 „Vor dem Regen kommt der Tod" auf den deutschen Markt, es folgte Band 1 „Schweigende Sünde“ und jetzt Band 5, wobei Band 4 übersprungen wurde. Leider. Denn es fehlt dem Leser ein ganzes Stück vor allem aus der Privatgeschichte der Ermittler Paul Vegter und Renée Pettersen – wie weit ist ihr privates Techtelmechtel gediehen? Warum hat Renée den Polizeidienst (auf Zeit?) quittiert?
    Man kann sich zwar einige Details zusammenreimen, aber auf dem Laufenden fühlt man sich nicht, sondern bleibt ein Stück weit orientierungslos.


    Diese Buch gehört zu den ruhigen, stillen Krimis und wirkt passagenweise eher wie eine Erzählung, die sich thematisch mit rassistischen Vorurteilen, Gewalt in der Ehe und der Unfähigkeit, mit Behinderungen in der Familie umzugehen, befasst.


    In die erste Szene steigt man mit fulminanter Spannung ein: Wie gelingt es einer schwächlichen Frau, die Leiche eines 1,90 m großen, schwergewichtigen Mannes aus dem Haus zu schaffen? Jeder Handgriff, jeder kleine Schritt, jede neue Idee verfolgt der Leser gebannt mit und spürt die Strapazen und die Atemlosigkeit, sich des schweren leblosen und sperrigen Körpers zu entledigen.
    Für den Kriminalfall weiß man also schon von Beginn an: Es ist eine Frau. Die Ermittler brauchen länger zu dieser Erkenntnis.


    Was die literarischen Krimi-Motive angeht, hat Dijkzeul das Pulver nicht neu erfunden. Sie setzt auf hinlänglich Bekanntes und Bewährtes: Der Mann, der fremd geht. Der nach außen ein völlig anderer war als zuhause. Die vom Zwist bestimmte Familie. Zu guter Letzt


    Auch die polizeiliche Ermittlung wird in ihrer mühevollen und alltäglichen Kleinarbeit mit Spurenanalyse, Versuch und Irrtum dargestellt, bietet also wenig Raum für spannende Elemente.


    Dennoch hat mir das Buch sehr gut gefallen. Das ist jedoch nur möglich, wenn man es nach dem Eingangskapitel als Erzählung einer zutiefst unglücklichen Frau liest, die sich langsam ihrer Stärken besinnt und ihr Leben unter schwierigen Umständen neu zu ordnen beginnt. Manches Klischee muss herhalten, doch im Großen und Ganzen ist der Autorin eine einfühlsame Studie gelungen.
    Sicher trägt auch Paul Vegter zum zufriedenstellenden Lesen bei: Er ist zwar, wie viele seiner literarischen Kollegen, ein einsamer Wolf, verwitwet mit erwachsener Tochter und Katze, der abends allein seine Klassik-CDs hört, dazu ein Glas Wein trinkt, nachdem er ein Fertiggericht gegessen hat. Doch bei all dem erscheint er nicht schwermütig, bedrückt oder von Weltschmerz umfangen, sondern selbstbewusst, freundlich und abgeklärt.
    Seine Liebesgeschichte mit Renée? Man kann dazu aufgrund dieses Bandes nicht viel dazu sagen, weil die Voraussetzungen aus Band 4 nicht bekannt sind.


    Wer stille, ruhige Krimis, gern auch mit besonderen Problemen (hier das autistische Kind und Aslis schwarze Hautfarbe) mag, wird das Buch gern lesen; Liebhaber temporeicher, fesselnder oder blutiger Krimis könnte das Buch enttäuschen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Kurzbeschreibung (Quelle Verlagsseite)
    Asli Verkallen meldet ihren Mann Richard bei der Polizei als vermisst. Die junge Frau ist vollkommen aufgelöst. Hatte ihr Mann einen Unfall? Wurde er Opfer eines Verbrechens? Oder hat er wirklich eine Geliebte, mit der er durchgebrannt ist, wie die Polizei vermutet? Mit einem Mal geraten alle Gewissheiten in Aslis Leben ins Wanken. Doch ihre größte Sorge gilt ihrem Sohn: Keja ist dreizehn Jahre alt, Autist und kam ohne Gehör zur Welt. Wer würde ausgerechnet ihm den Vater nehmen? Ein vorsätzliches Verbrechen scheint undenkbar. Eine erste Spur führt Kommissar Paul Vegter und seine Kollegen zu Gemma van Son, mit der Richard tatsächlich viele Jahre ein Verhältnis hatte. Diese leugnet jedoch alles. Sie scheint etwas zu verbergen …


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)
    Lieneke Dijkzeul gilt als eine der wichtigsten Kriminalautorinnen der Niederlande. Für 'Vor dem Regen kommt der Tod' wurde sie für den "Gouden strop", die bedeutendste niederländische Krimi-Auszeichnung nominiert.


    Allgemeines
    Originaltitel: "Wat overblijft", ins Deutsche übersetzt von Christiane Burkhardt
    Erscheinungstermin der deutschen Ausgabe: 1.Januar 2015, Deutscher Taschenbuch Verlag, 320 Seiten
    Fünfter Band der Serie um Kommissar Paul Vegter, aus der bisher nur drei Bücher ins Deutsche übersetzt wurden
    Erzählung in der dritten Person aus wechselnden Perspektiven, 30 Kapitel
    Die Handlung spielt in den Niederlanden an einigen Tagen kurz vor Weihnachten (Gegenwart)


    Zum Inhalt
    Zu Beginn wird geschildert, wie eine namentlich nicht genannte Frau sich bemüht, die Leiche eines Mannes zu entsorgen.
    Paul Vegter und sein Kollege Sjoerd Talsma bekommen es mit einem Vermisstenfall zu tun: Der vierzigjährige Richard Verkallen ist verschwunden. Zunächst scheint das Verschwinden des Mannes aus gutsituierter Familie unerklärlich, im Laufe der Ermittlungen stellt sich allerdings heraus, dass im Leben des Vermissten nicht alles glatt lief. Zwischen ihm und seinem Bruder Peter, mit dem er eine Kette von familieneigenen Autowerkstätten leitet, gibt es gelegentlich Spannungen. Noch strapazierter sind allerdings seine Beziehungen zu seinem patriarchalischen Vater, dem er es nie recht machen kann. Der Vater missbilligt nicht nur das eher künstlerisch veranlagte Naturell seines Sohnes, vor allem hat er es nicht akzeptiert, dass Richard eine Farbige aus Somalia geheiratet hat. Die kompromissbereitere Mutter kann sich nicht gegen ihren dominanten Mann durchsetzen. Auch in Richards eigener Familie gibt es Probleme, denn sein dreizehnjähriger Sohn Keja ist ein gehörloser Autist. Diese beiden Behinderungen sorgen im Familienleben für großes Konfliktpotenzial, da Richards Frau Asli permanent mit der Betreuung des Sohnes beschäftigt ist und es keine Entlastung durch die weitere Familie gibt. Als sich Hinweise auf eine Geliebte des vermissten Familienvaters ergeben, verdichten sich die Befürchtungen, es könne ein Verbrechen vorliegen.


    Beurteilung
    Der Leser ist den Ermittlern voraus und erfährt sehr bald, was Richard Verkallen zugestoßen ist. Das Hauptaugenmerk des Kriminalromans liegt auf den unspektakulären traditionellen Ermittlungen, die sich zunehmend mit der Familienkonstellation der Verkallens beschäftigen. Aufgrund dieses Aufbaus ist "In der Stille der Tod" kein hochspannender Thriller, sondern eher ein ruhiger Kriminalroman, der jedoch durchaus fesselnd ist, wenn der Leser und die Ermittler sich schrittweise in das komplizierte Beziehungsgeflecht der Familienmitglieder eingearbeitet haben. Dabei werden wichtige Informationen quasi nebenbei gegeben, sodass konzentriertes Lesen erforderlich ist. Glaubt man, dem Ermittlungsteam voraus zu sein und die Lösung des Falles schon zu kennen, so sieht man sich am Ende überrascht.
    Die Charakterisierung der Romanfiguren ist gelungen, besonders die Charaktere von Richards somalischer Frau Asli Verkallen und ihrem behinderten Sohn Keja sind sehr detailliert ausgestaltet. Auch Kommissar Paul Vegter wird nicht als "Superheld" dargestellt, sondern als mitunter vorurteilsbehafteter Mensch, der gelegentlich einen zu engen Horizont aufweist. Erst als seine Kollegin Renée Pettersen, die seit einer lebensgefährlichen Konfrontation mit einem Serienmörder in einem vorhergehenden Band der Reihe arbeitsunfähig ist, ihre Arbeit an Vegters Seite wieder aufnimmt, eröffnet sich ein neuer Blickwinkel. Es wäre schön gewesen, wenn Renée nicht erst so spät im Handlungsverlauf aufgetreten wäre. Das Privatleben der Kommissare spielt eine untergeordnete Rolle. Der Leser erfährt Einzelheiten aus dem Leben der Familien Vegter und Talsma, die auf den Informationen aus vorhergehenden Bänden aufbauen, es ist jedoch nicht erforderlich, die beiden bisher in deutscher Sprache erschienenen Bände ("Stille Sünde", "Vor dem Regen kommt der Tod") gelesen zu haben, um hier der Handlung folgen zu können.
    Der Sprachstil der Autorin ist flüssig, anschaulich und einfühlsam, mit großem Geschick präsentiert sie am Beispiel des dreizehnjährigen Keja das Phänomen des Autismus.


    Fazit
    Ein intelligent konstruierter, in sich schlüssiger Kriminalroman der "leiseren Töne", der für Freunde ruhigerer Krimis, nicht jedoch für Leser blutiger Thriller, uneingeschränkt zu empfehlen ist!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998