Kurz zum Autor:
Peter Bieri, geboren 1944 in Bern, ist Professor für Philosophie an der Freien Universität Berlin bei der er einen Lehrstuhl für Sprachphilosophie und Analytische Philosophie innehat. Seine Werke veröffentlicht er unter dem Pseudonym Pascal Mercier.
Nachtzug nach Lissabon
Raimund Gregorius ist Altphilologe, lehrt Griechisch, Latein und Hebräisch an einem Berner Gymnasium. Seine Welt sind schöne Worte, er liebt die alten Sprachen, schätzt sein behäbiges alltäglichen Leben; bis eines Morgens auf dem Weg zur Schule eine Frau, welche auf der Brücke steht, und sich allem Anschein nach ins Wasser stürzen möchte, sein Leben verändert.
Sie bewirkt in ihm etwas, etwas das er nicht erklären kann, vielleicht ist es das wohlklingende Wort „português“, denn das hat er von der Frau erfahren dass sie Portugiesin ist; dass ihn dazu bewegt mitten im zweiten Teil der Schulstunde seinen Mantel zu nehmen und ohne ein Wort zu verlieren die Schule zu verlassen.
Sein Weg führt in zu der spanischen Buchhandlung welche er von früheren Besuchen kennt. Dort entdeckt er das Buch des AMADEU INÁCIO DE ALMEIDA PRADO, „UM OURIVES DAS PALAVRAS“, eines portugiesischen Philosophen , der die Erfahrungen des Lebens beschreibt und dessen Sätze genau Gregorius anzusprechen scheinen und nicht mehr loslassen.
Schon am nächsten Tag sitzt Gregorius im Zug nach Lissabon auf der Suche nach Amadeu Inácio de Almeida Prado.
In Lissabon angkommen fällt es ihm nicht schwer Menschen zu finden welche Amadeu der, wie sich herausstellt, Arzt und Widerstandskämpfer gegen Salazar war und noch vor der Nelkenrevolution an einem Gehirnschlag starb, kannten.
Durch das Lesen in dem Buche, die Gespräche und Begegnungen streift Gregorius immer mehr von seinem alten Leben ab.
Natürlich kehrt er wieder in die Schweiz zurück, wo er nun erkennt, auch wenn man selber Veränderungen durchmacht, bedeutet das nicht das die Umwelt sich im gleichen Masse verändert.
Es ist kein Buch dass man im „Schnellzugtempo“ lesen kann, jedoch nicht mehr aus der Hand legen möchte und es bedauert die letzte Seite erreicht zu haben.
Siebenstein fragt:
ZitatMagst du noch etwas mehr über deinen persönlichen Eindruck schreiben (natürlich ohne zuviel zu verraten)?
Das mache ich natürlich gerne.
Mir gefiel wie sich der Protagonist der sich vom etwas, ja man kann schon sagen „Langweiligen“, behäbigen Mann, je tiefer er sich in das Leben von Amadeu Inácio de Almeida Prado vertieft zu einem Menschen mit grossen Bewussein was das Leben noch bietet entwickelt.
Der Autor wählte eine ungemein schöne, wie soll ich sagen „poetische“ Sprache. Dann die Zitate welche er dem erfundenen Schriftsteller in den Mund legt, ja die regen doch etwas zum Nachdenken an.:
ZitatPALAVRAS NUM SILENCIO DE OURO. WORTE IN GOLDENER STILLE. Wenn ich Zeitung lese, Radio höre oder im Cafe darauf achte, was die Leute sagen, empfinde ich immer öfter Überdruss, ja Ekel ob der immergleichen Worte, die geschrieben und gesprochen werden - ob der immer gleichen Wendungen, Floskeln und Metaphern. Und am schlimmsten ist es, wenn ich mir selbst zuhöre und feststellen muss, dass auch ich die ewiggleichen Dinge sage. Sie sind so schrecklich verbraucht und verwohnt, diese Worte, abgenutzt von millionenfacher Verwendung. Haben sie überhaupt noch eine Bedeutung? Natürlich, der Austausch der Wörter funktioniert, die Leute handeln danach, sie lachen und weinen, sie gehen nach links oder rechts, der Kellner bringt den Kaffee oder Tee. Doch das ist es nicht, was ich fragen will. Die Frage ist: Sind sie noch Ausdruck von Gedanken? Oder nur wirkungsvolle Lautgebilde, welche die Menschen dahin und dorthin treiben, weil die eingravierten Spuren des Geplappers unablässig aufleuchten?
Man darf jedoch nicht vergessen es ist ein Roman, eine fiktive Geschichte. Der Autor schafft es einfach, mit seinen Worten in uns etwas erklingen zu lassen.
Lieben Gruss
Serjena