Marc Elsberg - Zero - Sie wissen, was du tust

  • Allsichtbarkeit und Manipulation in der modernen Welt.


    Freemee ist eine Internet-Firma, die Apps für ihre User zur Verfügung stellt, um ihnen sinnvolle Entscheidungen in Alltagssituationen vor zu schlagen. Diese ActApps werden von ihren Usern geliebt und bereitwillig angenommen.
    Und Freemee ist in der Lage durch intelligente Algorithmen über ihre Daten vorhersagen zu können, was eine Person in einer bestimmten Situation tun wird, wie sie sich verhalten wird.
    Zero ist das Pseudonym eines Aktivisten, der darauf hinweist, dass es eine potentielle Gefahr sein kann, wenn eine Firma wie Freemee durch ihre User über Unmengen von persönlichen Daten verfügt.


    Gut fand ich die Idee, dass jeder seine persönlichen Daten selbst "verwalten" kann - diese Daten also nicht einfach von Firmen hinten herum abgegriffen werden - und dass man für die Daten, die man preis gibt, Geld bekommt - schließlich sind die Daten die Ressourcen für die daran interessierten Firmen und Organisationen - eine echte Entlohnung sei also angemessen.


    Bezeichnenderweise ist die Zentrale von Freemee in einem abhörsicheren Bunker mit meterdicken Stahlbetonwänden - ganz entgegen ihren eigenen Statuten: nämlich Transparenz.


    Gut fand ich die Werte-Diskussion der Macher von Freemee über Moral, Werte, Verantwortung, Werbung, technisch Machbares, Manipulation,... - und dass sie den Faden noch weiter gesponnen haben, was wäre, wenn sie über ihre ActApps den Usern bestimmten Marken empfehlen würden, vorher Aktien der entsprechenden Firmen gekauft hätten, und so einen großen Gewinn einstreichen würden; sogar dass sie in der Lage wären, auf diese Weise den nächsten Präsidenten bestimmen könnten.


    Der Autor hat, meiner Meinung nach, gut erkannt und herausgearbeitet, dass es einen Widerstand der Überwachten nicht geben wird, so lange diese einen Vorteil für sich sehen - dies beweisen die vielen Kundenkarten, Bonussysteme und kostenlosen als nützlich erachteten Apps oder Dienste, obwohl inzwischen JEDEM klar sein müsste, womit sie diese Programme und Dienste bezahlt:
    nämlich mit ihren persönlichen Daten!


    Ja, klar, das Thema ist in einen Roman verpackt; d.h. dies ist kein Tatsachenbericht, was beispielsweise die Verfolgungsjagden angeht, die über Glasses und andere Gadgets in Echtzeit veröffentlicht wurden, sondern spannende Unterhaltung, die jedenfalls das Potential zum Reflektieren und Debattieren über das Thema "Umgang und Wert von Daten" hat.


    Spannende Story - spannend aufgebaut - realistisch und nachvollziehbar.


    Lob an den Sprecher: das Hörbuch finde ich sehr gut gesprochen - nicht überbetont, sondern ruhig gesprochen und somit echt angenehm.


    Fazit: Rundherum gelungen !


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Thema und Aktualität
    Wie bereits im Klappentext gesagt ist die Thematik mit der sich "Zero" befasst hochaktuell! Auch wenn es vielen noch sind so ganz bewusst ist, so leben wir doch mittlerweile schon in einer sehr beängstigenden Welt voller Technik und Datensammlern. Mit jedem Tweet oder anderen Beitrag irgendwo hinterlassen wir eine Fußspur. In Zero wird einem das zum Verhängnis.
    Ich finde es sehr wichtig sich zumindest mit diesem Thema auseinanderzusetzten. Völliges Scheuklappendenken bringt einen in unserem Zeitalter nicht mehr weiter.


    Charaktere und Akteure


    Zero vs. Freemee
    Freemee ist ein Soziales Netzwerk auf das sich sehr viele Menschen bereits eingelassen haben. Ich habe es ganz gerne "das Ding" genannt, weil man ständig den Eindruck hatte das Soziale Netzwerk wäre zum Leben erwacht. Bereits bei der Anmeldung dort verhält es sich so, als wäre man in einem Gespräch und die Nutzer geben ihre Informationen ganz frei von sich selbst heraus. Durch die Sammlung der Daten kreiert das Netzwerk eine eigens für die Person aufgestellte Liste von Apps die die Person im Alltag unterstützen sollen. Das Ganze spitzt sich soweit zu, das einige Charaktere im Buch ständig nur das tun, was die Apps ihnen gerade empfehlen. Umso mehr Daten man preisgibt desto höher steigt man im Ranking der Menschen! Es gibt ein Ranking für Menschen!!! Um dort weiter zu steigen rät einem Freemee auch immer wieder Datenbrillen, Smartphones, Uhren die Herzschläge aufzeichnen und ähnliches mit seinem Account zu verknüpfen um seine Daten genauer sammeln zu können. Dabei suggeriert Freemee den Nutzern auch immer wieder man würde die Daten nur für sich selbst sammeln um sich selbst besser zu kontrollieren.


    Zero habe ich mit einer Enthüllungsplattform verglichen. Ganz zu Beginn des Buches tauchen Videos von Zero im Netz auf. Der Präsident der Vereinigten Staaten wird dabei mit Überwachungsdrohnen verfolgt. Sofort hat Zero alle Aufmerksamkeit die es haben möchte. Im Verlauf des Buches prangert Zero immer wieder die Plattform Freemee an und weist daraufhin, wie leichtfertig wir mit unseren Daten umgehen.


    Als erste wirklich wichtig agierende Person haben wir Cynthia. Und im ganzen Feld der Charaktere die in ihrem Umfeld auftauchen, würde ich auch sagen: Sie ist wirklich der einzige Charakter an dem sich der rote Faden wirklich verfolgen lässt. Alleinerziehende Mutter einer Tochter im Teenageralter arbeitet sie in London als Redakteurin beim britischen Daily. Eigentlich wollte sie sich gar nicht mit der "Zero-Sache" beschäftigen und rutscht da irgendwie so hinein. Und Cynthia ist vermutlich auch nicht gerade die geeignetste dafür, schließlich möchte sie mit neuen Medien und Internet gar nicht so viel zu tun haben. Als sie dann mitbekommt, wie abhängig ihre Tochter eigentlich von Freemee ist und wie stark die Kontrolle über ihre Tochter bereits ist, wird sie doch hellhörig und taucht selbst in Freemee ein.


    In weiteren einzelnen Kapiteln haben wir immer wieder auch noch die Drahtzieher hinter Freemee und Zero, sowie die amerikanische Regierung die Zero unbedingt finden möchte, als Nebenhandlungsstränge. Das weiter aufzudröseln wäre an dieser Stelle aber wohl viel zu kompliziert!


    Umsetzung
    Ich glaube uns allen ins manchmal tatsächlich nicht bewusst, wie stark uns Soziale Netzwerke bereits kontrollieren und was wir da tatsächlich alles im Internet von uns preisgeben. Das Buch "Zero" hält uns in diesem Fall einen Spiegel vors Gesicht und zeigt uns eine zugespitzte Form dessen, was tatsächlich passieren könnte, vielleicht auch bereits passiert? Der Autor weist zu Beginn des Buches explizit darauf hin, dass alle im Buch verwendeten und dargestellten Techniken bereits real existieren - Das kann einem echt schon ein bisschen Angst machen.
    Alles was mit Freemee zusammenhängt wirkt so unglaublich real. Ich glaube es wirkt sogar so wirklich real, da wir Cynthia ja von Beginn an begleiten, wie sie selbst in Freemee abtaucht. An einigen Stellen empfand ich den Effekt so krass, dass ich das Buch sogar kurz zuklappen und weglegen musste, weil ich mich zu sehr darin verfangen hatte. Klasse gemacht! Das Buch hatte mich!


    Der Anfang der Geschichte verlief irgendwie etwas schleppender. Ich meine hier aber wirklich die Geschichte, Handlung, nicht das hereinfinden in das Buch oder der Geschichte. Man war von Anfang an mit dabei. Aber dadurch, dass so viel erst erklärt werden musste und wir mit Freemee beschäftigt waren ging es im Äußeren halt langsamer voran. Das Ganze hätte mich auch absolut nicht gestört. Die Temposteigerung zur Mitte des Buches war absolut in Ordnung und prima gemacht, wenn... ja wenn das Buch mal wieder kein Ende gehabt hätte.


    Das letzte Drittel des Buches lässt mich leider irgendwie völlig unbefriedigt hier zurück. Der Tempoanstieg mit den ständig wechselnden Perspektiven ließ mich irgendwann sagen: Okay ich bin raus. Irgendwann war es für mich an einigen Stellen nicht mehr nachvollziehbar und wirkte dann doch viel zu konstruiert. Ich glaube die Schnelligkeit war tatsächlich so gewollt, allerdings empfand ich es als nicht so geeignet. Dem Buch hätten zudem noch ein paar Seiten mehr echt gut getan, denn es sind bei mir einige Fragen sehr offen geblieben. Da dachte ich mir: Hallo, gehts noch? Offenes Ende schön und gut, aber zu offen darf es auch nicht sein. Denn eine Fortsetzung ist ja offenbar nicht geplant.


    Fazit
    Als ich das Buch zugeklappt habe und fertig war, war ich echt sauer. Bei mir waren so viele offene Fragen und es ging mir im letzten Drittel auch viel zu schnell. Ich befürchte aber dass das eine sehr persönliche Empfindung ist. Die Geschichte an sich war super umgesetzt und sehr nah am realen Leben. Absolut empfehlenswert! :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Lob an den Sprecher


    In diesem Fall sollte der Name genannt werden: Steffen Groth, geboren 1974, bekannt durch seine Hauptrollen in „Doctor’s Diary” und „Großstadtrevier” (bei Amazon zu lesen).

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)