Ken Saro-Wiwa - Die Sterne dort unten/A Forest of Flowers

  • Kurzmeinung

    tom leo
    Teils erschreckend realistische Einblicke in das Leben in Nigeria, ca 90iger Jahre. Ausgezeichnet!
  • Der Autor:
    Kenule Beeson Saro-Wiwa (geboren 1941 in Bori) war ein nigerianischer Bürgerrechtler, Fernsehproduzent, Zivilverwalter des Ölhafens in der Nähe von Port Harcourt, Minister für Information, Erziehung und Verkehr im Bundesstaat Rivers State, und vieles mehr, sowie (glücklicherweise) Schriftsteller.
    Bekannt wurde er Anfang der neunziger Jahre mit seinem Buch "Flammen der Hölle", in dem er veröffentlichte, welche Schäden der Mineralölkonzern Shell im Nigerdelta durch Bohrungen verursacht hat, und unter denen das Volk der Ogoni litt.
    Zudem war er Träger des alternativen Nobelpreises (Right Livelihood Award) und wurde am 30. Oktober 1995 zusammen mit acht weiteren Bürgerrechtlern in Port Harcourt hingerichtet (was dazu führte, dass Nigeria aus dem Commonwealth kurzzeitig suspendiert wurde).


    Inhalt:
    Das Buch enthält 19 Kurzgeschichten auf 202 Seiten. Die ersten acht Schilderungen spielen in der Stadt Dukana, die trotz ihrer 9-10 Kirchen, ihrer Grundschule und der Busverbindung (genannt "Fortschritt") zur "modernen Welt" noch immer etwas abseits der zivilisierten, modernen Städte liegt. Die übrigen elf Erzählungen spielen dann an unterschiedlichen Orten, in einer eher städtischen, moderneren Umgebung.


    Meine Meinung:
    Inhaltlich sind die Kurzgeschichten völlig unterschiedlich:
    Insbesondere die ersten drei Geschichten "Heimat bleibt Heimat", "Der Inspektor kommt" und "Die Runderneuerung" sind sehr ironisch, aber liebevoll und mit viel Menschenkenntnis erzählt. Überraschenderweise wurde ich durch das Lesen an die satirischen Erzählungen von Ephraim Kishon erinnert. Es wird bspw. erzählt wie eine junge Frau in ihr ländliches Heimatdorf zurückkehrt und durch Kenntnis "der städtischen, zivilisierten Welt" die Idylle als verschimmelte Lehmhütten erkennt, oder wie sich die Dorfbevölkerung auf die Ankunft des Gesundheitsinspektors vorbereitet.
    Allerdings sind die darauffolgenden Erzählungen deutlich weniger humorvoll. Ziemlich realistisch und teilweise brutal beschreibt Saro-Wiwa die Kluft zwischen dem traditionellen Dorfleben und der sich verändernden Welt. Mord, Bestechung, Ehebruch und Korruption sind üblich und Menschen, die das Land verändern wollen und auf eine bessere Gesellschaft hin arbeiten, scheitern.
    So verschieden die Erzählungen sind, die Schilderungen der Menschen im Dorf und in der Stadt sind allesamt kritisch und zeigen die Diskrepanz zwischen menschlichen Idealen und der enttäuschenden Wirklichkeit.
    Eine wirklich unterhaltsame Sammlung, die ich wärmstens empfehlen kann.

  • Nungesser hat eigentlich genügend gesagt, aber nach acht Jahren will ich das Buch gerne nochmals aus der Versenkung holen. Ich war rundwegs beeindruckt von diesen Erzählungen. Es ist mehr als "verständlich", dass ein Schriftsteller und Bürgerrechtler mit derlei Beschreibungen manch Autoritäten und Lobbys ein Dorn im Auge war. Was für ein bestechend klarer Blick auf Bestechlichkeit, Doppelbödigkeit... Dennoch gibt es hier und da Hoffnungsschimmer durch Einzelne. Doch scheitern sie an den Hürden und Mauern.


    Sehr empfehlenswert!