Amy Christine Parker - Die letzten 12 Tage / Gated

  • Ein pures Überraschungspaket: realistisch, packend, berührend und Nervenkitzel pur!


    Klappentext
    „Bis vor Kurzem glaubte die siebzehnjährige Lyla, die Gemeinschaft von Mandrodage Meadows, in der sie mit ihrer Familie lebt, bewahre sie vor dem Bösen in der Welt und dem bevorstehenden Weltuntergang. Dann trifft sie Cody, einen Jungen von außerhalb, und stellt fest, dass sie in Wahrheit in einem perfiden Unterdrückungssystem gefangen ist. Doch Lylas Versuch, gegen Pioneer, den ebenso charismatischen wie gefährlichen Führer der Gemeinschaft, zu rebellieren, führt zum Kampf …“


    Gestaltung
    Ich liebe dieses Cover! Die Farben sind so schön warm und erinnern mich an einen Sonnenauf- oder untergang oder an einen eventuellen Brand im Hintergrund. Das Mädchen wird von dem Licht angestrahlt, sodass man nur ihren Schattenumriss sieht. Schön finde ich auch, dass die farbliche Gestaltung unter dem Schutzumschlag auch perfekt zum Cover passt. Ich finde, das Cover versprüht schon gewisse Weltuntergangsstimmung.


    Meine Meinung
    Zunächst habe ich mir nur das Cover angesehen und habe irgendwie sofort an eine Dystopie denken müssen. Mit dieser Erwartung habe ich dann den Klappentext gelesen und erlebte die erste Überraschung. Gewisserweise traf meine Erwartung einerseits zu, Endzeitstimmung, Apokalypse und das bevorstehende Ende der Welt sind Themen dieses Buches. Allerdings spielt die Handlung nicht in der Zukunft, sondern in unserem Hier und Jetzt, sodass es keine unterdrückerische Regierung, keine Widerstandskämpfer und ähnliche dystopische Aspekte gibt.


    Allerdings gibt es da Protagonistin Lyla. Sie ist der Antrieb des ganzen Romans. Nach dem Verschwinden ihrer Schwester lebt sie mit ihren Eltern und einigen anderen Familien in einer Siedlung in der Prärie. Anführer ist ein Mann, den alle nur Pioneer nennen. Die Gemeinschaft erinnert wirklich sehr an Sekten und von ihrem Lebensstil her an die Amish. Diese Nähe zur Realität hat mir besonders gut gefallen. „Gated“ greift die Spannung von Dystopien auf ohne eine Dystopie zu sein. Es ist wirklich realistisch und hat mir die Gänsehaut auf die Arme getrieben!


    Lyla, aus deren Sicht der Leser die Geschehnisse in der Ich-Perspektive erlebt, ist meiner Meinung nach eine besondere Heldin. Sie lebt seit sie klein ist in der Gemeinde, schaut wie alle anderen zu Pioneer auf und kennt kein anderes Leben und dennoch regen sich in ihr Zweifel. Zwiegespalten zwischen ihrem Wunsch, sich an ihre Freunde und Pioneers Erwartungen anzupassen und ihren Bedenken, versucht sie zunächst ihre Weltsicht sowie ihren Glauben an Pioneer aufrecht zu erhalten. Doch im Laufe der Geschichte wird ihr immer bewusster, dass das blinde Vertrauen in Pioneer und das Leben in Mandrodage Meadows auf Lügen geruht hat. Als einzige aus der gesamten Gemeinde hinterfragt sie seine Regeln, die Lebensart und auch das (laut Pioneer) bevorstehende Ende der Welt.


    Lyla entwickelt sich so von einem unsicheren Mädchen, das alle als das schwächste Glied in der Gemeinschaft sehen, zu einer starken Heldin, die als Einzige die bestehenden Missstände erkennt. Sie kämpft für ihre Freiheit (und die Freiheit ihrer Freunde) und das, obwohl sich alle, die sie liebt, gegen sie stellen und ihr Misstrauen. Nicht zuletzt durch Cody, der eine wichtige Rolle in ihrem Erkenntnisprozess spielt, schafft sie es schließlich, sich gegen Pioneer zu stellen und zu erkennen, dass er alle nur manipuliert hat.


    Aber nicht nur Lyla ist ein wundervoll ausgestalteter Charakter, auch Cody, ihr Versprochener Will oder ihre beste Freundin Marie sind vielschichtige Figuren, die dem Leser ans Herz wachsen, weil sie tiefgründig sind und es bei ihnen einfach so viele Charakterzüge und Geheimnisse zu entdecken gibt. Vor allem der Anführer Pioneer, als Lylas Gegenspieler, hat mir oftmals eine Gänsehaut über die Arme gejagt. Seine Manipulationen der Bürger sind wirklich greifbar, sodass man als Leser manchmal einfach den Atem anhält und nicht fassen kann, wie die Bürger nicht hinter seine Fassade blicken können. Auf der anderen Seite aber merkt man aber einfach, dass man selbst ihm auch vertrauen würde (trotz des Bewusstseins um seine Machenschaften), sodass ein bedrückendes Gefühl entsteht.


    Packend war auch die Weltuntergangsstimmung, die die ganze Zeit über herrschte. Die Geschichte beginnt eher seicht und ruhig, doch mit einem Ereignis schlägt alles um. In dem Moment ist die Panik der Protagonisten beinah greifbar. Vor allem das Finale ließ mein Herz vor Aufregung schneller schlagen und mich gebannt an den Seiten kleben. Der Spannungsbogen schießt im letzten Drittel von „Gated“ einfach so sehr in die Höhe, dass es kaum auszuhalten ist vor Dramatik und Action.


    Einziger Kritikpunkt, den ich habe, ist, dass Lyla beim großen Showdown etwas sehr dummes tut, von dem ich mir sicher bin, dass die Autorin Lyla dies nur hat tun lassen, damit es zu einer Verfolgungsjagt kommt. Natürlich sollte so die Spannung nur noch mehr gesteigert werden, allerdings wirkte das auf mich ein wenig erzwungen. Über diese kleine Kritik kann ich allerdings leicht hinwegsehen, weil es wirklich meckern auf hohem Niveau ist.


    Fazit
    „Gated“ ist ein Buch, das mich vollends begeistern konnte! Hier stimmt einfach alles von der ersten bis zur letzten Seite. Es gibt eine starke, glaubwürdige, liebenswerte Protagonistin, die aus ihrer Welt auszubrechen versucht. Die gesamte Atmosphäre des Buches lässt den Leser einfach den Atem anhalten. Dieses Buch hat mich wirklich überrascht, da es (ohne eine Dystopie zu sein) alles in sich vereint, was Dystopie-Fans das Herz höher schlagen lässt! Ein Feuerwerk an Realitätsnähe, Action, Nervenkitzel und Spannung!
    5 von 5 Sternen!

    Reihen-Infos

    1. Gated
    2. Astray

  • Von mir bekommt das Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: . Ich finde, @Skyline hat sehr schön wiedergegeben, was ich auch zu dem Buch denke. Es ist sehr packend geschrieben und lässt nach einem seichten Einstieg regelrecht mitfiebern, wie es weiter geht. Auch die Dummheit, von der sie spricht, ist mir aufgefallen, was mich jedoch weniger gestört hat. Mein Grund für einen halben Stern Abzug ist lediglich der etwas lang geratene Einstieg. Es hätte ruhig etwas schneller etwas passieren können. Trotz allem ist es ein wunderschönes Buch und ich freue mich schon, mir den nächsten Teil zu kaufen. :thumleft:

    Viele Grüße :winken:
    kaffee_zum_mitnehmen
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    SuB im Profil


    Es gibt viele Wege zum Glück. Einer davon ist aufhören zu jammern.
    (Albert Einstein)

  • Inhalt

    Der Mann, der sich Pioneer nennt, hat den absoluten Tiefpunkt im Leben von Lylas Eltern abgepasst. Er schleicht sich ins Vertrauen der Familie, als sie um ihre verschwundene Tochter Karen trauert. Pioneer verkündet als selbsternanntes Oberhaupt einer Weltuntergangssekte die Prophezeiungen zweier geheimnisvoller Brüder, die niemand je im realen Leben getroffen hat. Der Einsturz der Twin Towers und der Tsunami im Indischen Ozean bestätigen Pioneers Gefolgschaft darin, dass der Weltuntergang kurz bevorsteht und sie sich deshalb bald mit Gewalt gegen die Flüchtlinge zur Wehr setzen müssen, die aus aller Welt nach Mandrodrage Meadows eindringen werden. Die Struktur der Gruppe, die nach außen „nur“ ein einfaches Leben ähnlich wie die Amish führen will, erfüllt alle Merkmale einer Sekte. Der gefürchtete Feind lauert außerhalb, nur Pioneer verfügt über Zugang zu Fernsehen, Radio und Computer, er fällt alle Entscheidungen allein, Zweifel an seinen Beschlüssen oder die Möglichkeit, dass er mit seiner Interpretation des Weltgeschehens im Irrtum sein könnte, sind nicht zugelassen. Der Schwachpunkt in Pioneers Diktatur sind die wenigen Kontakte seiner Schäfchen zur Außenwelt, wenn für Mandrodrage Meadows eingekauft werden muss. Zwei Jugendliche sind bereits aus der erzwungenen Gemeinschaft geflüchtet.


    Die siebzehnjährige Icherzählerin Lyla hat ihre gesamte Jugend unter Pioneers Herrschaft verbracht. Ihr vorgezeichneter Lebensweg wird die Ehe mit dem gleichaltrigen Will sein, dem Pioneer sie zugeteilt hat. Lyla fehlen alle Voraussetzungen, um auf eigenen Füßen zu stehen, weil sie noch nie eigene Entscheidungen treffen durfte, seit sie in der Sekte lebt. Als der Sheriff des Ortes in Mandrodrage Meadows ermittelt und dazu seinen Sohn Cody mitbringt, löst diese Begegnung eine überaus spannend erzählte Spirale von Ereignissen aus. Bisher hatte Lyla die Widersprüche des Systems Pioneer zwar beobachtet, sich selbst aber als zu schwach eingeschätzt, um allein Veränderungen in Gang setzen zu können. Die Begegnung mit Cody, die ihr ganz anders als Will Kribbeln im Bauch verursacht, setzt in Lyla eine erstaunliche Entwicklung in Gang.


    Fazit

    Der Einsatz eines Icherzählers in einer Romanhandlung birgt häufig die Gefahr, dass aufgrund der eingeschränkten Perspektive dieser Person oder ihrer fehlenden Entwicklung die Handlung zu flach bleibt. „Gated“ hat mich mit einer glaubwürdigen Hauptfigur und deren Entwicklung positiv überrascht. Besonders spannend war für mich, dass ich Lyla ihre erstaunlichen Kräfte früher zugetraut habe als sie sich selbst. An keiner Stelle habe ich eine utopische oder dystopische Geschichte in dem Buch gesehen; denn zu Beginn der einzelnen Kapitel laufen Zitate mit, die zunächst Pioneers Geisteshaltung verdeutlichen, um bald in Zitate von Charles Manson, David Koresh und Jim Jones überzugehen. Dadurch haben Lylas Erlebnisse auf mich beklemmend realistisch gewirkt. Weil die Hauptrollen des Buches mit Jugendlichen besetzt sind und auch die für die Handlung entscheidenden Impulse von Jugendlichen ausgehen, ordne ich „Gated“ als äußerst spannenden Jugendroman für die Altersgruppe ab 14 ein.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

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    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow